Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 382/07
Rechtsgebiete: EMRK, Richtlinie 77/187/EWG, GG, TVG, BGB
Vorschriften:
EMRK Art. 11 | |
Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14.02.1977 Art. 3 Abs. 1 | |
GG Art. 9 Abs. 3 | |
TVG § 3 | |
BGB § 613 a Abs. 1 Satz 1 |
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL
Az.: 2 Sa 382/07
Verkündet am 27. Februar 2008
In dem Rechtsstreit
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 27.02.2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 25.04.2007 - 4 Ca 4032/07 - wird auf Kosten der Beklagten mit der ändernden Maßgabe zurückgewiesen, dass von den im Ersten Rechtszug von der Beklagten zu tragenden Kosten ausgenommen sind diejenigen, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Dresden entstanden sind. Diese trägt der Kläger.
Revision ist für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf die nach einem Betriebsübergang vereinbarten Erhöhungen des tariflichen Arbeitsentgelts.
Der Kläger stand sei 01.10.2003 als Fernmeldemonteur in einem Arbeitsverhältnis mit der ... & ... GmbH.
In dem unter dem 18.09.2003 unterzeichneten Arbeitsvertrag war u. a. Folgendes abgemacht:
"Für Ihr Arbeitsverhältnis gelten die tariflichen Bestimmungen für die gewerblichen Arbeitnehmer der Metallindustrie in Nordwürttemberg und Nordbaden sowie die betrieblichen Regelungen in ihren jeweils gültigen Fassungen.
Zusätzlich finden auf Ihr Arbeitsverhältnis die Regelungen des Ergänzungstarifvertrages in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
...
Entsprechend den tariflichen Vorschriften werden Sie in Lohngruppe 9 eingruppiert.
Ihr am letzten Werktag eines jeden Kalendermonats fälliger Bruttolohn in Höhe von 2.310,17 € teilt sich wie folgt auf:
Monatsgrundlohn/Lohngruppe L 9 | EUR 2.044,40 € |
Montagezulage | EUR 265,77 € |
Verdienstausgleich | EUR 0,00 € |
..."
Am 01.02.2006 ist dieses Arbeitsverhältnis aufgrund Betriebsinhaberwechsels auf die Beklagte übergegangen, die im Gegensatz zur vorherigen Betriebsinhaberin nicht tarifgebunden ist.
Die Beklagte zahlte an den Kläger bis zum 31.03.2007, dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, unverändert ein Grundgehalt in Höhe von 2.116,75 €, eine 5%ige Leistungszulage, eine weitere 10%ige Leistungszulage "Kennzeichenvergleich" sowie einen 13%igen Monatszuschlag, jeweils bezogen auf das Grundgehalt.
Eine Erhöhung des Entgelts entsprechend dem Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für Beschäftigte und Auszubildende in der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 25.04.2006, gültig ab 01.03.2006, nahm die Beklagte nicht vor.
Nach § 2 des genannten Tarifvertrages erhöhten sich die Entgelte mit Wirkung ab 01.06.2006 um 3 %. Rechnerisch unstreitig ergibt sich zu der dem Kläger monatlich gezahlten Vergütung daraus eine Differenz von 81,27 € brutto. Außerdem ist für die Monate März, April und Mai 2006 ein Erhöhungsbetrag von insgesamt 310,00 € brutto zu zahlen, der mit der Abrechnung für den Monat Mai 2006 auszuzahlen gewesen wäre.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge. Aufgrund des Betriebsinhaberwechsels sei nunmehr die Beklagte an diese vertragliche Abmachung gebunden.
Mit der Klage hat der Kläger die Entgeltdifferenzen für den Zeitraum von Juni 2006 bis März 2007 (also 10 x 81,27 € brutto, mithin 812,70 € brutto) sowie den Erhöhungsbetrag (mithin 30,00 € brutto), insgesamt mithin 1.122,70 € brutto verlangt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.122,70 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 878,80 € brutto seit 18.01.2007 (Zustellung der Klageschrift) und aus 243,81 € brutto seit 26.03.2007 (Zustellung eines die Klage erweiternden Schriftsatzes) zu bezahlen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung
beantragt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, als tarifungebundene Arbeitsvertragspartei aus Gründen des Europarechts und aus Gründen des deutschen Verfassungsrechts die streitgegenständlichen Vergütungserhöhungen nicht zu schulden. Sie macht geltend, anderenfalls unzulässigerweise in ihrer negativen Koalitionsfreiheit beeinträchtigt zu werden.
Nach Verweisung des Rechtsstreits durch das vom Kläger zunächst angegangene Arbeitsgericht Dresden an das Arbeitsgericht Bautzen hat dieses die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.122,70 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem (der Sache nach) jeweiligen Basiszinssatz aus 878,89 € brutto seit dem 18.01.2007, aus 162,54 € brutto seit dem 27.03.2007 und aus 81,27 € brutto seit dem 01.04.2007 zu bezahlen. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht wegen einer geringfügigen Zuvielforderung im Zinsbereich abgewiesen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.05.2007 zugestellte Urteil am 11.06.2007 Berufung eingelegt und diese am 11.07.2007 ausgeführt.
Sie macht unter Beweisantritt geltend, dass Hintergrund für die in Rede stehende arbeitsvertragliche Regelung "in ihrem Hause" gewesen sei, dass nicht tarifgebundene Mitarbeiter nicht anders behandelt werden sollten als tarifgebundene Mitarbeiter. Es habe also die Gefahr gebannt werden sollen, dass die Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt werden müssten, je nach dem, ob sie ...-Mitglied waren oder nicht.
Sie beanstandet die Anwendung der angekündigten und mittlerweile vollzogenen Rechtsprechungsänderung betreffend die Auslegung von früher so verstandenen Gleichstellungsabreden nunmehr als dynamische Bezugnahmeklauseln unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Sie macht weiter geltend, dass diese Auslegung jedenfalls aus Gründen des Europarechts und des deutschen Verfassungsrechts nicht dazu führen dürfe, dass sie nach Betriebsübergang erfolgten tariflichen Regelungen unterworfen werde. Insoweit bezieht sich die Beklagte - wie bereits im Ersten Rechtszug - erneut auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichts.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 25.04.2007 - 4 Ca 4032/07 - abzuweisen.
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Der Kläger bleibt bei seinem Vorbringen im Ersten Rechtszug und verteidigt das angefochtene Urteil. Der Berufung angeschlossen (wegen der teilweisen Klageabweisung) hat er sich nicht.
Wegen der Einzelheiten des tatsächlichen Vorbringens beider Parteien und der von ihnen geäußerten Rechtsansichten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die - ihrerseits zulässige - Zahlungsklage ist begründet.
Das Arbeitsgericht ist aus zutreffenden Erwägungen, denen die Berufungskammer folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), davon ausgegangen, dass dem Kläger die streitgegenständliche Erhöhung der Vergütung zusteht. Deshalb besteht jedenfalls auch der ausgeurteilte Zinsanspruch.
Lediglich mit Blick auf das Berufungsverfahren sieht sich das Landesarbeitsgericht zu folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst:
I.
Der Anspruch auf die Vergütungserhöhung ergibt sich aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien, unterzeichnet unter dem 18.09.2003, i. V. m. § 2 Nr. 2.1 und 2.4 des Tarifvertrags über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für Beschäftigte und Auszubildende in der Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 25.04.2006.
Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut auch den genannten Tarifvertrag. Die Bezugnahmeklausel ist nach Maßgabe der geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, da nach dem 01.01.2002 verabredet, nicht als bloße Gleichstellungsabrede, sondern i. S. einer dynamischen Bezugnahme zu verstehen (vgl. BAG vom 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32; BAG vom 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35).
Daran ändert sich nichts dadurch, dass die arbeitsvertragliche Klausel im Hause der Beklagten i. S. einer Gleichstellungsabrede verstanden worden sein mag. Denn entscheidend ist nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (vom 18.04.2007 a. a. O.), ob eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer (Unterstreichung durch die Kammer) erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht ist. Daran fehlt es hier. In dem unter dem 18.09.2003 geschlossenen Arbeitsvertrag findet sich keine Regelung des Inhalts - und zwar weder ausdrücklich noch der Sache nach -, wonach die Bezugnahme mit der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers steht oder mit der Tarifungebundenheit des Arbeitgebers fällt.
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte nach Maßgabe der zu einer Kündigung ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.03.2006 (2 AZR 343/05, EzA § 17 KSchG Nr. 16) Vertrauensschutz des Inhalts genießt, wonach sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegungsregel zur Gleichstellungsabrede nicht ändere. Zum einen war diese Rechtsprechung angesichts des klaren Wortlauts von Klauseln der auch hier in Rede stehenden Art schon seit langem in der Kritik (vgl. die vom BAG vom 14.12.2005 a. a. O. nachgewiesene Auseinandersetzung mit abweichenden Auffassungen). Zum anderen war die bisherige Auslegungsregel nicht mehr haltbar, nachdem sich aufgrund Art. 229 (weitere Überleitungsvorschriften) § 5 (Allgemeine Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001) Satz 1 EGBGB für die ab 01.01.2002 begründeten Schuldverhältnisse - mithin auch für den vorliegenden Arbeitsvertrag - die Kontrolldichte auch arbeitsvertraglicher Abreden nach Maßgabe der Vorschriften über die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 bis 310 BGB) erhöht hatte.
Zu den genannten Regelungen gehörte für die ab dem 01.01.2002 abgeschlossenen Arbeitsverträge auch die Regelung in § 307 (Inhaltskontrolle) Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach sich eine unangemessene Benachteiligung einer Vertragspartei auch daraus ergeben kann, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dies traf - und trifft - auf früher als Gleichstellungsabreden verstandene Klauseln aber zu, wenn sie - wie ebenfalls hier - offen lassen, ob sie die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers voraussetzen oder nicht.
Zweifel an der Wirksamkeit der Regelung in Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB erhebt die Beklagte selbst nicht. Solche Zweifel könnten im Übrigen lediglich dadurch begründet sein, dass die Norm sich ihrerseits als verfassungswidrig erwiese, weil sie einen Eingriff in bestehende Schuldverhältnisse begründete (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG).
Darauf kommt es hier jedenfalls aber deshalb nicht an, weil die strittige arbeitsvertragliche Regelung erst nach Inkrafttreten der Schuldrechtsmodernisierung und sogar noch nach der gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB bis 31.12.2002 gesetzten Anpassungsfrist begründet wurde.
Nach dem Vorstehenden spielt es im Ergebnis keine Rolle, dass das Bundesarbeitsgericht erst nach Vertragsschluss eine Rechtsprechungsänderung angekündigt und diese erst nach Vertragsschluss auch vollzogen hat.
II.
Der Arbeitsvertrag des Klägers mit der ... & ... GmbH ist aufgrund der Regelung in § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB aufgrund Betriebsinhaberwechsels mit seinem bis dahin geltenden Inhalt auf die Beklagte übergegangen. Auch im Verhältnis zu ihr ist mithin die strittige arbeitsvertragliche Klausel als dynamische Bezugnahme u. a. auf den Tarifvertrag zu verstehen, auf welchen der Kläger seinen Anspruch auf Teilnahme an der Vergütungserhöhung stützt.
III.
Der im vorstehenden Sinne zu verstehende Inhalt des Arbeitsvertrages hat sich nicht wegen Überganges des Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsinhaberwechsels ab 01.02.2006 nur deshalb geändert, weil die Beklagte nicht tarifgebunden ist.
1. Aus der angezogenen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 09.03.2006 (C-499/04 [Werhof] EzA § 613 a BGB 2002 Nr. 44) ergibt sich Derartiges nicht. Der Gerichtshof hatte eine hier nicht maßgebende Frage des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf nach der Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14.02.1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen zu beantworten. In diesem Zusammenhang wird nach dem - sprachlich etwas unübersichtlichen - Tenor in der Entscheidung des Gerichtshofs lediglich ein Negativergebnis mitgeteilt, wonach die genannte Regelung in Art. 3 Abs. 1 "dem" nicht entgegenstehe, dass der Erwerber, der nicht Partei eines den Veräußerer bindenden Kollektivvertrages ist, auf den der Arbeitsvertrag verweist, durch Kollektivverträge, die dem zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges geltenden nachfolgen, nicht gebunden ist.
Darum geht es hier nicht. Denn die ... & ... GmbH war bereits arbeitsvertraglich gebunden. In diese Bindung ist die Beklagte aufgrund Erwerbs des Betriebes und nicht aufgrund eines den Veräußerer bindenden Kollektivvertrags eingetreten. Schon gar nicht wird ein Kollektivvertrag für die Beklagte aus Gründen des kollektiven Arbeitsrechts in Geltung gesetzt. Und schon gar nicht geschieht dies durch nationales Recht, das hier europarechtskonform auszulegen wäre.
In Rede steht - nochmals - die privatrechtliche Abrede in einem Arbeitsvertrag und die Rechtsfolge eines allein privatrechtlich begründeten Betriebsinhaberwechsels.
Auch das Bundesarbeitsgericht hat in einer jüngeren und erst jetzt veröffentlichten Entscheidung (vom 19.09.2007 - 4 AZR 711/06 - dok. in JURIS) der Sache nach darauf abgestellt, dass die negative Koalitionsfreiheit i. S. von Art. 11 EMRK durch die Implementierung einer kollektiv-rechtlichen Norm in das Arbeitsverhältnis auf dem Wege über eine einzelvertragliche Verweisungsklausel nicht beeinträchtigt werde.
2. Durch die arbeitsvertragliche Bindung an die Vergütungserhöhung wird auch der Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. negativen Koalitionsfreiheit berührt. Denn dadurch wird kein faktischer Zwang oder erheblicher Druck der Beklagten zum Beitritt in einen tarifvertraglichen Arbeitgeberverband ausgeübt (zu dieser Voraussetzung BVerfG vom 11.07.2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202).
Jedenfalls ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt erwogen hätte oder erwöge, aufgrund der strittigen rein arbeitsvertraglich vermittelten "Tarifbindung" dem tarifvertragschließenden Arbeitgeberverband mit dem Ziel beizutreten, für sie günstigere Tarifabschlüsse zu erzielen oder darauf wenigstens hinzuwirken.
Unabhängig von dem Vorstehenden und selbständig tragend ergibt sich aus der angezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (a. a. O.), dass das Grundrecht der sog. negativen Koalitionsfreiheit nicht einmal dagegen schützt, dass der Gesetzgeber die Ergebnisse von Koalitionsvereinbarungen zum Anknüpfungspunkt gesetzlicher Regelungen nimmt, durch die jemand den Vereinbarungen fremder Tarifvertragsparteien unterworfen wird. Insoweit ist nicht ersichtlich, warum sich nicht erst recht Arbeitsvertragsparteien und Betriebserwerber aufgrund vertraglicher Abreden einem für sie fremden Tarifvertrag unterwerfen können sollten.
3. Die sog. negative Koalitionsfreiheit der Beklagten ist auch nicht dadurch eingeschränkt, weil sie wie in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.09.2006 (1 ABR 2/06, EzA Art. 9 GG Nr. 88) verpflichtet wäre, auf Dauer Mitglied eines Arbeitgeberverbandes zu bleiben. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aus dem vorliegenden schriftlichen Arbeitsvertrag weder ausdrücklich noch der Sache nach. Im Übrigen ist die Beklagte auch nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes und mithin auch nicht verpflichtet, in ihm zu bleiben.
IV.
Die Höhe der ausgeurteilten Hauptforderung steht außer Streit. Es kann dahinstehen, ob dem Kläger gegen die Beklagte Zinsen aus 162,54 € brutto erst seit 27.03.2007 - wie ausgeurteilt - oder nicht bereits seit 26.03.2007 (wie der Sache nach vom Arbeitsgericht partiell ebenfalls abgewiesen) zustehen. Denn dies war nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
B.
Die Beklagte hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.
Auszunehmen von dem von der Beklagten im Ersten Rechtszug zu tragenden Kosten sind diejenigen, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Dresden entstanden sind. Diese trägt nach §§ 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO, 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG der Kläger, auch wenn er in der Hauptsache obsiegt.
Die Revision ist für die Beklagte zuzulassen, weil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Denn die angezogene Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 09.03.2006 (a. a. O.) bedarf der höchstrichterlichen Interpretation, die sich jedenfalls aus der ebenfalls angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.09.2007 (a. a. O.) nicht mit Sicherheit entnehmen lässt. Zwar ging es auch dort um einen Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber. In Rede standen allerdings in einem Tarifvertrag geregelte Rechte und Pflichten, die für das Arbeitsverhältnis mit dem Veräußerer aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit galten. Auch war dort lediglich über Regelungen zu entscheiden, die in der Vergangenheit getroffen worden waren, Wirksamkeit jedoch erst zu einem Zeitpunkt entfalten sollten, der nach dem Betriebsübergang lag. Hier hingegen geht es um die - aus Sicht der Kammer: lediglich - arbeitsvertragliche Bindung der Betriebserwerberin, allerdings auch hinsichtlich nach dem Betriebsübergang liegender Änderungen.
Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Im Folgenden wird über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form belehrt.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.