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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 07.05.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 40/04
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG, SGB III


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2 n. F.
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 3
SGB III § 121 Abs. 4 Satz 4
SGB III § 121 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 2 Sa 40/04

Verkündet am 07. Mai 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 04.12.2003 - 2 Ca 2375/03 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Revisionszulassung: keine.

Tatbestand:

Die Parteien streiten auch im Zweiten Rechtszug unverändert darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, aus dringenden betrieblichen Erfordernissen heraus erklärter Arbeitgeberkündigung der Beklagten vom 12.08.2003, dem Kläger zugegangen am 18.08.2003, mit Ablauf des 31.03.2004 sein Ende gefunden hat.

Wegen des Tatbestandes kann aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG n. F. zunächst und im Wesentlichen Bezug genommen werden auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des vom Kläger angegangenen Arbeitsgerichts Bautzen. Denn hier ist das Vorbringen beider Parteien vollständig und im Wesentlichen richtig beurkundet.

Festzuhalten ist lediglich, dass seitens des Klägers bereits im Ersten Rechtszug mit Schriftsatz vom 27.10.2003 erklärt wurde, die ihm angesonnene Änderung der Arbeitsbedingungen werde von seinem Vorbehalt nicht mehr gedeckt. Dieser Abstandnahme hat die Beklagte ebenfalls bereits im Ersten Rechtszug mit Schriftsatz vom 04.11.2003 zugestimmt. Weiter ist über den Tatbestand des Urteils des Ersten Rechtszugs hinaus festzuhalten, dass der Kläger im Ersten Rechtszug bestritten hat, dass eine Beteiligung des für den Betrieb der Beklagten errichteten Betriebsrates in der erforderlichen Form stattgefunden habe.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigung wegen fehlender Bestimmtheit für unwirksam gehalten und eine fehlerhafte Auswahl des Klägers nach sozialen Gesichtspunkten erkannt.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 15.12.2003 zugestellte und der Klage entsprechende Urteil des Arbeitsgerichts am 14.01.2004 Berufung eingelegt und diese am 13.02.2004 begründet.

Die Beklagte weist darauf hin, dass aufgrund ihres Einverständnisses mit der Rücknahme des Vorbehalts durch den Kläger streitgegenständlich eine Beendigungs-, nicht eine Änderungskündigung sei. Allerdings gelte für diese der Maßstab, an dem sich eine Änderungskündigung auszurichten habe.

Von seiner Ausbildung her komme der Kläger nicht aus dem kaufmännischen, sondern aus dem technischen Bereich. Für seine Tätigkeit seien sowohl kaufmännische als auch technische Kenntnisse erforderlich gewesen. Seine Kenntnisse und Fähigkeiten hätten sich durch seine langjährige Tätigkeit im Vertrieb für die Produkte, die in L... und R... hergestellt wurden, auf diese konzentriert, die aber nicht mehr hergestellt würden. Die Betriebsstätten in L... und R... seien - und das ist auch nicht strittig - mit Wirkung zum 31.12.2003 endgültig geschlossen worden.

Bei einer Kündigung des Vertriebsmitarbeiters, der das vormalige Gebiet Nr. 250 betreute, hätte dem Kläger das neue Gebiet M 3 zugewiesen werden können. Für denjenigen, dem das Gebiet M 3 zugewiesen wurde, hätten sich jedoch wesentliche Änderungen ergeben. Gegen den Willen eines der Mitarbeiter hätte schon wegen der wesentlich längeren Wege und dem Verhältnis zwischen Fahrzeiten und effektiver Arbeitsleistung keine Zuweisung des Gebietes erfolgen können.

Von der Größe her mit dem bisherigen Gebiet des Klägers vergleichbare Gebiete lägen nur im west- und südwestdeutschen Raum.

Die Gebiete M 1 bis M 5 - insbesondere das Gebiet M 3 - seien nicht nur wesentlich größer und damit mit erheblichem Mehraufwand zu bereisen. Auch die Produkte hätten sich erheblich verändert.

Der Kläger hätte sich somit erhebliche Produktkenntnisse aneignen müssen. Diese Kenntnisse bezögen sich nicht nur auf die Eigenschaften der Produkte, sondern auch auf Preislisten, Rabatte und ähnliche vertriebsspezifische Besonderheiten.

Vor diesem Hintergrund sei überlegt worden, welche Belastungen für den Kläger eher tragbar seien. Gleichgültig, ob es sich um eine Übertragung des Gebietes M 3 oder um eine Übertragung der Technikertätigkeiten in den Produktionsbetrieben handelte, hätte sie, die Beklagte, in jedem Fall eine Übertragung der Tätigkeiten gegen den Willen des Klägers nur durch eine Änderungskündigung durchsetzen können. Die von dem Arbeitsgericht in den Vordergrund gestellte Alternative der Übertragung des Gebietes M 3 habe vor diesem Hintergrund eine ganz andere rechtliche Wertigkeit als von dem Gericht angenommen.

Bei einer Übertragung des Gebietes M 3 wären sicherlich nicht in dem Umfang Belastungen durch Fahrzeiten entstanden wie bei einer Übertragung der Gebiete S 5, SW 3 oder SW 11. Das diesbezügliche Grundproblem wäre dasselbe geblieben. Erhebliche Fahrzeiten hätten zu weit größeren Belastungen des Klägers geführt als in der Vergangenheit.

Diese Fahrzeiten hätten dem Kläger zu einem erheblichen Teil notwendige Zeit geraubt, sich in die neuen Produkte und die neuen Kunden einzuarbeiten.

Dies gelte zwar auch für den Mitarbeiter, der bisher das Gebiet 250 betreut habe. Dieser Mitarbeiter stehe jedoch nicht kurz vor dem Renteneintrittsalter und habe deshalb wesentlich mehr Zeit, sich in die Problematik einzuarbeiten.

Sie, die Beklagte, habe auch den Gesundheitszustand des Klägers richtig eingeschätzt. Auch jetzt befinde sich der Kläger in stationärer Behandlung. Die Arbeitsunfähigkeit sei dabei nicht auf aktuelle Belastungen durch eine Betätigung für sie, die Beklagte, zurückzuführen. Solche Tätigkeiten habe der Kläger nämlich seit geraumer Zeit nicht mehr erbracht. Schon zum 14.07.2003 sei er vorübergehend freigestellt worden. Sodann sei zwischen den Parteien abgesprochen worden, den Kläger mit der größtmöglichen Rücksichtnahme weiterzubeschäftigen, was insbesondere beinhalte, die Abwesenheitszeiten von zu Hause bzw. die Fahrzeiten möglichst klein zu halten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom 04.12.2003 - 2 Ca 2375/03 - abzuweisen.

Der Kläger beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Auch er, der Kläger, könne nicht nachvollziehen, warum das Arbeitsgericht - nachdem sich die Parteien zwischenzeitlich darauf verständigt hatten, dass Streitgegenstand nur noch eine Beendigungskündigung sei - allein auf die Änderungskündigung abgestellt habe. Dies könne im Ergebnis aber dahingestellt bleiben, weil auch für eine Beendigungskündigung seitens der Beklagten eine soziale Rechtfertigung nicht habe dargelegt werden können.

Allerdings sei der Beklagten zu konzedieren, dass sie in dem von ihr angegebenen Umfang einen drastischen Personalabbau vorgenommen habe, woraus aber nicht notwendigerweise das Erfordernis einer Umstrukturierung der Gebiete der Außendienstmitarbeiter mit der Folge des Wegfalls seines Arbeitsplatzes resultiere.

Für den Fall, dass es gleichwohl auf die Änderung der Arbeitsbedingungen und damit auf die Zuweisung anderer Gebiete ankommen sollte, wäre dies für ihn, den Kläger, angesichts der weiten Entfernungen, seines Alters und seines Gesundheitszustandes jedenfalls unzumutbar.

Es sei richtig, dass er von seiner Ausbildung her nicht aus dem kaufmännischen, sondern aus dem technischen Bereich komme. Das habe ihn aber - abgesehen von Fehlzeiten wegen Erkrankungen - bislang nicht daran gehindert, seine Aufgaben erfolgreich zu erfüllen.

Wegen des tatsächlichen Vorbringens beider Parteien und der von ihnen geäußerten Rechtsansichten wird im Übrigen auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die - ihrerseits zulässige - Klage ist unbegründet. Denn es ist nicht festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung nicht mit Ablauf des 31.03.2004 aufgelöst worden ist. Denn die Kündigung ist rechtswirksam. Aufgrund der (zulässigen) einvernehmlichen Rücknahme des Vorbehalts, unter dem die geänderten Arbeitsbedingungen zunächst angenommen waren, beendet die streitgegenständliche Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Kündigungstermin.

1. Die Kündigung ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam.

Richtig ist allerdings, dass eine Kündigung unwirksam sein kann, weil sie hinsichtlich des Beendigungszeitpunktes nicht hinreichend bestimmt ist. Einer Kündigungserklärung fehlt die erforderliche Bestimmtheit und Eindeutigkeit jedenfalls dann, wenn in ihr mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. BAG vom 21.10.1981 - 7 AZR 407/79 -, dok. in JURIS; KR-Friedrich, § 13 KSchG Rdnr. 298 a [hier ist die Entscheidung nach einem falschen Aktenzeichen zitiert]).

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist die streitgegenständliche Kündigung nicht unbestimmt. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 12.08. 2003 ist sie zum 31.03.2004 erklärt.

Der Kündigungstermin wird auch nicht dadurch unbestimmt, dass dem Kläger ein Anstellungsvertrag für die Zeit ab dem 01.09.2001 angeboten wurde. Die Angabe eines in der Vergangenheit liegenden Jahres ist ein offensichtlicher Fehler. Dadurch wird der in dem Kündigungsschreiben angegebene Termin weder zurückgenommen noch relativiert. Aus dem Kündigungsschreiben ergibt sich, dass dem Kläger eine Änderung der Arbeitsbedingungen für die Zukunft angesonnen wird. Dass dies nicht der 01.04.2004, sondern der Sache nach der 01.09.2003 sein soll, lässt die Bestimmtheit der Kündigungserklärung jedoch unberührt.

2. Die Kündigung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil das Änderungsangebot auf den 01.09.2003 und nicht auf den 01.04.2004 lautet.

Allerdings kann eine Änderungskündigung unwirksam sein, wenn sie von einem Angebot begleitet wird, das dem Arbeitnehmer weniger zugesteht als er beanspruchen kann. Denn dies widerspricht der Rechtslage (vgl. BAG vom 03.07.2003 - 2 AZR 617/02 -, dok. in JURIS, für den Fall eines Änderungsangebots, dessen Inhalt den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt).

Das von der Beklagten unterbreitete Änderungsangebot widerspricht jedoch der Rechtslage nicht deshalb, weil damit dem Kläger geänderte Arbeitsbedingungen noch vor Ablauf der Kündigungsfrist angesonnen würden. Aufgrund der zum 31.03.2004 ausgesprochenen Kündigung ist ersichtlich, dass die Beklagte die Änderungen frühestens zum 01.04.2004 hätte durchdrücken können. Selbst wenn seitens der Beklagten mit unzureichender Frist - etwa auf den 31.08.2003 - gekündigt worden wäre, hätte dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht beeinträchtigt. Sie hätte vielmehr im Zweifel zu dem nächst zulässigen Termin gewirkt (KR-Spilger, § 622 BGB Rdnr. 140 m. w. N.). Für die offensichtlich fehlerhafte Wahl des Zeitpunktes, zu dem sich die Arbeitsbedingungen ändern sollen, gilt nichts anderes.

3. Es besteht auch ein Kündigungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Senats des Bundesarbeitsgerichts ist bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung selbst bei Ablehnung des Änderungsangebots (oder, wie hier, bei einvernehmlicher Rücknahme des zunächst erklärten Vorbehalts) zunächst das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Grund zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (vgl. BAG vom 27.03.2003 - 2 AZR 74/02 -, AP Nr. 72 zu § 2 KSchG 1969 m. w. N.). Der Prüfungsmaßstab bleibt - m. a. W. - unverändert, auch wenn es an einem Vorbehalt fehlt oder dieser wegfällt und nunmehr nicht lediglich die Änderung der Arbeitsbedingungen, sondern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sich in Streit steht (vgl. KR-Rost, § 2 KSchG Rdnr. 92 m. z. N.).

Vorgenannte Voraussetzungen liegen hier vor. Die Werke L... und R... produzieren nicht mehr. Deren Produkte waren Absatzschwerpunkt im Verkaufsgebiet des Klägers. Damit stand die Beklagte vor der Wahl, dem Kläger entweder ein anderes Verkaufsgebiet zuzuweisen oder ihn mit der Aufgabe als Anwendungstechniker in ... zu betrauen.

Dabei hat die Beklagte diejenige Lösung gewählt, die der Kläger billigerweise hätte hinnehmen müssen. Aufgrund der Herkunft des Klägers aus dem technischen Bereich leuchtet es ein, dass eine Beschäftigung als Anwendungstechniker näher liegt als eine eher kaufmännisch geprägte Tätigkeit im Außendienst.

Damit ist der Beschäftigungsort ... an sich schon vorgegeben. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte außerhalb ihres Unternehmenssitzes in ... Anwendungstechniker oder Personen mit technischem Hintergrund beschäftigt.

Auch die Ortswahl ist billig. Die Beklagte hat ihre Gründe dazu, warum eine Beschäftigung in einem anderen Verkaufsgebiet für sie und insbesondere aber auch den Kläger nicht tragbar wäre, in ihrer im Tatbestand wiedergegebenen Berufungsbegründung ausführlich dargelegt. In seiner Berufungsbeantwortung trägt der Kläger selbst vor, dass ihm die Zuweisung anderer Gebiete angesichts der weiten Entfernungen, seines Alters und seines Gesundheitszustandes jedenfalls unzumutbar wäre. Damit bleibt auch nach seinem eigenen Vorbringen im Grunde nur noch ... als Beschäftigungsort übrig.

Unabhängig davon und selbständig tragend ist es so, dass dem Kläger nicht das Gebiet M 3 zugewiesen werden musste. Allein auf dieses Gebiet kann es ankommen. Denn mit dem bisherigen Gebiet des Klägers vergleichbare Gebiete liegen nur im west- und südwestdeutschen Raum. Dadurch hätte der Kläger von seinem Wohnort aus noch weitere Wegstrecken zurückzulegen gehabt oder gar umziehen müssen. Hingegen ist ... ohne Umzug mit ca. dreistündiger wöchentlicher Hin- und Rückfahrt über gut ausgebaute Verkehrswege und mit schnellen Verkehrsmitteln erreichbar.

Demgegenüber hätte das Gebiet M 3 nur mit einem im Vergleich zu früher erheblichen Mehraufwand bereist werden müssen. Auch die Produkte haben sich verändert. Daneben hätte der Kläger sich mit vertriebsspezifischen Besonderheiten vertraut machen müssen. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte zu Recht berücksichtigt, dass die Fahrzeiten dem Kläger zu einem erheblichen Teil die notwendige Zeit geraubt hätten, sich in die neuen Produkte und die neuen Kunden einzuarbeiten.

Nach der von der Beklagten vorgetragenen Abrede der Parteien war es insbesondere auch darum gegangen, Abwesenheiten des Klägers von zu Hause bzw. die Fahrzeiten möglichst klein zu halten. Dabei ergibt sich zwar eine Abwesenheitszeit von einer Arbeitswoche bei einer Tätigkeit in .... Allerdings wäre der Kläger auch bei der Bereisung des Gebietes M 3 nicht ohne auswärtige Übernachtungen hingekommen. Jedenfalls die Fahrzeiten streiten für das Angebot in ..., selbst wenn sich dadurch die Abwesenheitszeit erhöht. Die Beklagte musste zwischen den Faktoren Abwesenheiten/Fahrzeiten einen den Kläger schonenden Ausgleich finden. Dies ist - nicht zuletzt aufgrund der angesonnenen Tätigkeit als Anwendungstechniker - mit ... aber besser erreicht als durch eine Übertragung des Gebiets M 3.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger im Falle seiner Arbeitslosigkeit unter den Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 Satz 4 SGB III sogar ein Umzug oder nach Maßgabe des § 121 Abs. 5 SGB III eine getrennte Haushaltsführung zumutbar wäre. Diese Vorschriften sind sicherlich nicht der arbeitsrechtliche Maßstab für die Beurteilung der Billigkeit eines Änderungsangebots. Es wird jedoch deutlich, dass zur Erlangung von Beschäftigung auch Umzug und/oder doppelte Haushaltsführung erforderlich werden können. Dabei ist im Falle des Klägers in Rechnung zu stellen, dass sich die mit einer Tätigkeit in ... verbundenen Unannehmlichkeiten aufgrund seiner Nähe zum Renteneintrittsalter auf einen überschaubaren Zeitraum von wenigen Jahren beschränkt hätten.

4. Eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten war hier nicht zu treffen.

Es ist zwar richtig - wie das Arbeitsgericht auch ausführt -, dass der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers die Gründe anzugeben hat, die zu einer getroffenen sozialen Auswahl geführt haben (§ 1 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 KSchG).

Hier fehlt es jedoch bereits an einem auswahlrelevanten Personenkreis derjenigen Mitarbeiter, mit denen der Kläger seine Sozialdaten vergleichen könnte. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass und welches Gebiet dem Kläger, insbesondere das Gebiet M 3, durch Arbeitgeberweisung hätte zugeteilt werden können. Auch ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, ob den Reisenden anderer Gebiete die Tätigkeit des Klägers hätte angewiesen werden können (zur Voraussetzung der einseitigen Um- oder Versetzbarkeit vgl. BAG vom 17.09.1998 - 2 AZR 725/97 -, AP Nr. 36 zu § 1 KSchG Soziale Auswahl). Ungeachtet der sich aus § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 KSchG ergebenden Unterrichtungspflicht obliegt es aufgrund der Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG dem Arbeitnehmer, die Tatsachen vorzutragen und im Streitfall zu beweisen, die die Kündigung wegen einer fehlerhaften Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten ungerechtfertigt erscheinen lassen. Dazu gehört zunächst die Bestimmung des auswahlrelevanten Personenkreises. Dies wird nicht durch die bloße Rüge der Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl - wie aber hier - ersetzt.

5. Auch die Betriebsratsanhörung ist in Ordnung.

Unter dem 11.08.2003 ist für den Betriebsrat eine Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung dahingehend abgegeben worden, dass er dazu keine Ausführungen mache. Es ist nicht strittig, dass dem Betriebsrat das als "Anhörung des Betriebsrates vor Änderungskündigung" überschriebene Schreiben der Beklagten vom 04.08.2003 vorgelegen hat. Aus dem Schreiben ergeben sich aber alle Umstände, die nach der Auffassung der Beklagten die Kündigung tragen. Es wird die Absicht mitgeteilt, dem Kläger, dessen sämtliche Sozialdaten angegeben sind, zum 31.03.2004 zu kündigen. Mitgeteilt ist das Angebot einer Weiterbeschäftigung als Anwendungstechniker im Raum .... Ausgeführt ist, dass die Stelle des Klägers als Außendienstmitarbeiter ersatzlos wegfalle, da die Werke L... und R... nicht mehr produzierten und die Produkte aus diesen Werken Absatzschwerpunkt im Verkaufsgebiet des Klägers dargestellt hätten. Schließlich wird mitgeteilt, dass es vergleichbare Arbeitsplätze im Verkaufsgebiet des Klägers nicht gäbe.

Diese Anhörung ist das Substrat dessen, was von der Beklagten zur Begründung der Kündigung auch im Rechtsstreit vorgetragen wurde.

II.

Aufgrund der Regelung in § 91 Abs. 1 ZPO hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er unterlegen ist.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Revision ist nicht zuzulassen, weil es an Zulassungsgründen fehlt.



Ende der Entscheidung

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