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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.08.2003
Aktenzeichen: 2 Sa 652/02
Rechtsgebiete: BRTV-Bau, ArbGG, BGB


Vorschriften:

BRTV-Bau § 8 Nr. 8
BRTV-Bau § 16 Nr. 1 a. F.
ArbGG § 69 Abs. 2 n. F.
BGB § 255
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

2 Sa 652/02

Verkündet am 13. August 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 13.08.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 31. Mai 2002 - 4 Ca 4034/02 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Revisionszulassung: keine.

Tatbestand:

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren weiter darüber, ob der Beklagte dem Kläger zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet ist, der daraus resultiert, dass der Kläger gegen die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) keinen Entschädigungsanspruch nach § 8 Nr. 8 BRTV-Bau hat, weil seitens des Beklagten keine Beiträge für die Urlaubsansprüche geleistet worden sind. Dabei geht es hier um die vom Arbeitsgericht ausgeurteilte Hauptforderung über 1.865,94 EUR sowie einen Zinsanspruch.

Von der erneuten Darstellung des Tatbestands wird aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG n. F. abgesehen. Denn das arbeitsgerichtliche Urteil beurkundet in seinem Tatbestand das tatsächliche Vorbringen beider Parteien vollständig und richtig. Deswegen kann auf diesen Tatbestand Bezug genommen werden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zwar zulässig (1.). Sie erweist sich jedoch als unbegründet (2.).

1.

Die Berufung ist nicht deshalb unzulässig, weil der Beklagte das anzufechtende Urteil mit unrichtigem Datum bezeichnet hat. Denn genannt hat er das Aktenzeichen des anzufechtenden Urteils. Aufgrund dieser Bezeichnung sind die entsprechenden Akten des Ausgangsverfahrens durch das Landesarbeitsgericht angefordert und vom Arbeitsgericht innerhalb der Frist für die Begründung der Berufung - und zwar am 14.08.2002 - vorgelegt worden. Damit war für das Berufungsgericht zu diesem Zeitpunkt klar, dass sich der Beklagte gegen das Urteil vom 31.05.2002, nicht gegen ein solches vom 31.05.2001, wendet.

Die Berufung ist auch nicht wegen des Fehlens eines expliziten Berufungsantrages unzulässig. Denn aus der Berufungsbegründung vom 10.09.2002 ergibt sich, dass sich der Beklagte jedenfalls gegen die Verurteilung in Höhe der Hauptforderung wendet. Damit wendet er sich im Ergebnis auch gegen die Zinsforderung. Denn der Zinsanspruch ist abhängig von dem Bestehen der Hauptforderung.

2.

Allerdings erweist sich die Berufung als unbegründet. Denn die ausgeurteilte Hauptforderung besteht, mithin auch der Zinsanspruch.

Das Berufungsgericht folgt im Wesentlichen den Gründen der angefochtenen Entscheidung, weswegen von der erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG n. F.).

Lediglich mit Blick auf die Berufungsbegründung sowie die Berufungsverhandlung sind die folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst:

a) Das Arbeitsgericht hat zu Recht eine dem Beklagten dem Kläger gegenüber bestehende Nebenpflicht des Inhalts angenommen, die Beiträge für die Urlaubsansprüche des jeweiligen Urlaubsjahres zu leisten. Dazu ist der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - ähnlich wie bei Abzügen vom Lohn oder Gehalt des Arbeitnehmers und der korrekten Berechnungsweise hierbei - kraft seiner Fürsorgepflicht gehalten (vgl. BAG vom 11.10.1989 - 5 AZR 585/88 -, NZA 1990, 309).

Richtig ist auch, dass eine Verletzung der bezeichneten Pflicht einen Schadensersatzanspruch begründen kann. So ist beispielsweise nach jahrzehntelanger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Arbeitgeber nach den insbesondere auch vom Arbeitsgericht angewendeten Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung einstandspflichtig, wenn einem Arbeitnehmer durch die fälschlich zu niedrig vorgenommene Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen ein Versorgungsschaden entsteht (vgl. hierzu etwa BAG vom 14.04.1971 - 4 AZR 168/70 -, AP Nr. 47 zu § 256 ZPO). Für die unterlassene Beitragszahlung für die Urlaubsansprüche gilt nichts anderes, wenn aus dem Unterlassen - wie hier - ein Schaden resultiert.

b) Die Pflicht zur Beitragsleistung hat der Beklagte auch verletzt. Denn er hat keine Beiträge geleistet.

c) Die Pflichtverletzung indiziert die Vertrags- und damit Rechtswidrigkeit des Tuns des Beklagten. Rechtfertigungsgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Die Ursachen der unterbliebenen Beitragsleistung bedürfen keiner Aufklärung. Da es sich um Geldschulden handelte, hatte der Beklagte das Unterbleiben der Beitragsleistung selbst dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last gefallen sein sollte (§ 279 BGB a. F.).

Demgemäß kommt es auch nicht auf ein etwaiges Mitverschulden des Klägers an, der seinen Urlaub nicht in Natur genommen hat. Unabhängig davon und selbständig tragend stellt es kein Verschulden dar, wenn Urlaub nicht beantragt worden sein sollte. Denn anderenfalls wäre die tarifvertraglich vorgesehene Umwandlung des Anspruchs auf Gewährung von Urlaub in Natur in einen Urlaubsabgeltungsanspruch, der wertmäßig dem Urlaubsanspruch entspricht, nicht zu erklären.

e) Dem Kläger ist auch ein Schaden erwachsen. Denn ihm steht derzeit kein Entschädigungsanspruch gegen die ULAK nach § 8 Nr. 8 BRTV-Bau zu, weil seitens des Beklagten keine Beiträge für die Urlaubsansprüche geleistet worden sind.

Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Beklagte mittlerweile zur Beitragsleistung verurteilt worden sein soll. Denn insoweit ist schon nicht ersichtlich, für welche Urlaubsansprüche die Verurteilung erfolgt wäre. Jedenfalls hat der Beklagte nicht wenigstens Beiträge nachentrichtet, was nach der Neuregelung in § 8 Nr. 8 BRTV-Bau einen Entschädigungsanspruch noch nachträglich begründen könnte.

Die durch das Arbeitsgericht erfolgte Verurteilung führt auch nicht dazu, dass der Beklagte zweimal zahlen muss. Hier geht es um einen Schadensersatzanspruch wegen eines nicht realisierbaren Entschädigungsanspruches gegen die Urlaubskasse. Anderweit verurteilt (durch das Arbeitsgericht Berlin) worden ist der Beklagte bestenfalls zu Beitragsleistungen für Urlaubsansprüche. Das eine ist mit dem anderen nicht kongruent. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte der Beklagte gegen den Kläger im Rahmen des Schadensausgleichs Anspruch aus § 255 BGB (entsprechend) dahin, dass dieser ihm einen nachträglich durch Bei2tragsleistung entstehenden Entschädigungsanspruch gegen die Urlaubskasse in Höhe des Schadensersatzanspruchs abzutreten hätte.

f) Der hier allein streitgegenständliche Schadensersatzanspruch ist nicht nach § 16 Nr. 1 BRTV-Bau (a. F.) verfristet. Danach verfristen zwar alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

Verfall ist hier nicht eingetreten. Denn der hier allein streitgegenständliche Schadensersatzanspruch konnte frühestens nach seiner Entstehung fällig werden. Entstehen wiederum konnte er frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Kläger von der Urlaubskasse Entschädigung verlangen konnte. Dies war hier das Jahr 2001 (1999 Entstehen des Urlaubsanspruchs/2000 Umwandlung in den Urlaubsabgeltungsanspruch/danach nur noch Entschädigungsanspruch). Ist der Schadensersatzanspruch jedoch erst mit Ablauf des Jahres 2001 entstanden, konnte er auch frühestens mit Ablauf des Jahres 2001 fällig werden. Gemessen daran ist die Verfallfrist von zwei Monaten mit dem dem Beklagten am 09.01.2002 zugestellten Mahnbescheid über die streitgegenständliche Forderung gewahrt.

II.

Der Beklagte hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es an Zulassungsgründen fehlt. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht ihrerseits durch Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde) angefochten werden kann. Möglich ist dies unter den in § 72 a ArbGG genannten Voraussetzungen.

Ende der Entscheidung

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