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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 847/05
Rechtsgebiete: BAT-O, SächsPersVG, BPersVG
Vorschriften:
BAT-O § 8 Abs. 1 Satz 1 | |
BAT-O § 19 | |
DÜG § 1 | |
SächsPersVG § 8 | |
SächsPersVG § 46 Abs. 5 | |
BPersVG § 8 | |
BPersVG § 46 |
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL
Az.: 2 Sa 847/05
Verkündet am 29. März 2007
In dem Rechtsstreit
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 29.03.2007
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 20. Juli 2005 - 8 Ca 1105/05 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Revision ist für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren unverändert darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin seit 01.07.2004 Vergütung nach Vergütungsgruppe III der Anlage 1 a zum BAT-O zu zahlen. Außerdem geht es weiter um einen Zinsanspruch.
Die am ...1958 geborene Klägerin steht bei der Beklagten in einem aufgrund der Neuberechnung der Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O vom 06.10.1992 seit 27.02.1977 rechnenden Arbeitsverhältnis.
Nach einem abgeschlossenen Fachschulstudium als Kindergärtnerin war die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten seit 01.08.1976 als solche tätig. Ab 01.08.1988 wurde sie zur stellvertretenden Leiterin einer Kindertageseinrichtung berufen. Seit dem 01.01.1992 ist die Klägerin als Personalratsmitglied (zunächst des Personalrats des Jugendamtes) freigestellt. Im Mai 1995 wurde sie zur Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats der Stadtverwaltung der Beklagten gewählt. Im Jahre 1999 wurde sie zur Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats sowie gleichzeitig zur Vorsitzenden des Personalrats der Stadtverwaltung wiedergewählt. Ihre vollständige Freistellung dauert seit dem 01.01.1992 bis heute an.
Die Klägerin wurde mit Wirkung vom 01.08.1992 infolge Bewährungsaufstiegs von Vergütungsgruppe V b BAT-O Fallgruppe 8 höhergruppiert. Von einer im Jahre 1994 vorgesehenen Herabgruppierung von Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 8 in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 11 mit 6 % Vergütungsgruppenzuschlag wegen des Absinkens der Kinderzahl in der Kindertageseinrichtung, deren stellvertretende Leiterin die Klägerin war, wurde aufgrund des Status der Klägerin als Personalratsvorsitzende abgesehen. Im Rahmen der fiktiven Nachzeichnung ihrer beruflichen Entwicklung wurde die Klägerin mit Wirkung vom 01.04.2000 von Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 8 in Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 4 höhergruppiert.
Mit Schreiben vom 06.04.2004 bewarb sich die Klägerin auf die intern ausgeschriebene Stelle als Abteilungsleiter/in Hallen- und Freibäder. Die Ausschreibung hatte folgenden Inhalt:
"Das Aufgabengebiet umfasst:
- fachliche und wirtschaftliche Gesamtverantwortung für alle städtischen Hallen- und Freibäder;
- Kontrolle, Erarbeitung und Umsetzung von arbeitsorganisatorischen und verwaltungstechnischen Aufgaben im Verantwortungsbereich;
- Verantwortlichkeit für die Haushaltsplanung und Controlling des Haushaltsbudgets für den Fachbereich;
- Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht für gegenwärtig 95 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter;
- Durchsetzung der Unternehmerpflichten;
- strategische Weiterführung und konzeptionelle Umsetzung des Bäderkonzeptes;
- Konzeption und Umsetzung von Marketing- und Eventaktivitäten;
- Erarbeitung entscheidungsreifer Vorgänge und Vorlagen;
- Öffentlichkeitsarbeit.
Das Aufgabengebiet erfordert:
- Führungsqualitäten mit mehrjähriger Leitungserfahrung;
- fundierte Fach- und Verwaltungskenntnisse;
- Erfahrung im Personalmanagement;
- überdurchschnittliche Belastbarkeit und Flexibilität;
- Organisationstalent und Kreativität;
- sicheres kunden- und dienstleistungsorientiertes Auftreten;
- Überzeugungskraft sowie umsatz- und kostenbewusstes Denken und Handeln;
- Kontaktfreudigkeit, Durchsetzungsvermögen und die Befähigung zur teamorientierten Mitarbeiterführung;
- technischer Sachverstand.
Erforderliche Qualifikation:
- Hochschulabschluss auf betriebswirtschaftlichem Gebiet oder
- Fachhochschulabschluss auf betriebswirtschaftlichem Gebiet in Verbindung mit langjährigen Fähigkeiten und Erfahrungen im beschriebenen Aufgabengebiet oder
- Abschluss des A II in Verbindung mit langjährigen Fähigkeiten und Erfahrungen im beschriebenen Aufgabengebiet."
Der in der Stellenausschreibung erwähnte "Abschluss des A II" meint den sog. Angestellten-Lehrgang II. Diesen hat die Klägerin in der Zeit vom 11.06.1996 bis 07.01.1998 ebenso erfolgreich absolviert wie den Angestellten-Lehrgang I in der Zeit vom 21.11.1994 bis 15.09.1995. Die Klägerin hat am 05.03.1998 die Angestelltenprüfung II abgelegt und mit dem Gesamtergebnis "befriedigend" bestanden. Die Klägerin hat ferner an verschiedenen Weiterbildungsseminaren teilgenommen.
Neben der Bewerbung der Klägerin gingen vier weitere Bewerbungen ein, von denen eine am 12.05.2004 zurückgezogen wurde. Zwei Bewerber erfüllten die Voraussetzungen für die Stellenbesetzung nicht.
Mit der Klägerin sowie mit einer weiteren Bewerberin wurden Vorstellungsgespräche geführt. Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 24.05.2004 zu der Sitzung des Verwaltungsausschusses der Beklagten am 04.06.2004 eingeladen. Mit Schreiben der Beklagten vom 24.06.2004 durch den Leiter des Personalamtes wurde der Klägerin Folgendes mitgeteilt:
"...
in vorbezeichneter Angelegenheit und unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung teile ich Ihnen mit, dass das Personalauswahlverfahren für die Stelle 'Abteilungsleiter/in Bäder' im Sportamt abgebrochen worden ist.
Die Stelle wird in Kürze im Mitteilungsblatt bzw. Intranet nochmals ausgeschrieben.
Für den Abbruch des Auswahlverfahrens liegen mehrere Gründe vor.
1. Der Verwaltungsausschuss hat die betreffende Vorlage zur Besetzung der Stelle 'Abteilungsleiter/in Bäder' ohne Entscheidung über die Stellenbesetzung an die Verwaltung zurückverwiesen.
Anlass für diese Entscheidung war, dass Sie auf Nachfrage im Verwaltungsausschuss mitteilten, Ihr Mandat als Personalrätin, insbesondere in Ihrer Funktion als freigestellte Vorsitzende des Personalrats, weiter zu führen und die mit der Abteilungsleitung verbundenen Aufgaben mit Freiwerden der Stelle nicht übernehmen werden.
2. Die Beantwortung der Frage im Verwaltungsausschuss deckt sich nicht mit Ihrer diesbezüglichen Mitteilung gegenüber dem Amtsleiter des Personalamtes Herrn ... und dem Leiter des Sportamtes Herrn ....
Im Vorfeld der Ausschusssitzung äußerten Sie Herrn ... gegenüber Ende Mai und Herrn ... gegenüber in einem Gespräch am 01.06.2004 auf klare Nachfrage, dass Sie Ihre Mandate niederlegen und vollumfänglich für das neue Amt als Abteilungsleiterin Bäder zur Verfügung stehen.
Auf Grund der Antworten im Verwaltungsausschuss steht fest, dass Sie gegenüber beiden benannten Amtsleitern bewusst unzutreffende Antworten gegeben haben.
Es haben sich daher aus Sicht der Verwaltung auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse im Verwaltungsausschuss persönliche Eignungsmängel Ihre Person betreffend ergeben, da deutlich geworden ist, dass Offenheit und Loyalität Ihrerseits nicht gewährleistet werden.
3. Die Größe der Abteilung macht es unabdingbar erforderlich, diese Stelle ohne jeglichen zeitlichen Verzug zu besetzen und zu Gunsten der Mitarbeiter zu gewährleisten, dass mit der Abteilungsleitung ein Ansprechpartner ständig zur Verfügung steht. Mit Ihrer Person ist dies auf Grund Ihrer Auskünfte im Verwaltungsausschuss nicht mehr möglich.
Aus diesen sowie weiter vorliegenden sachlichen Gründen wird das Personalauswahlverfahren daher abgebrochen und die Stelle, wie Ihnen bereits oben mitgeteilt, erneut ausgeschrieben.
..."
Die zu besetzende Stelle wurde in der Folge - wie in dem Schreiben angekündigt - erneut ausgeschrieben. Auf diese Ausschreibung hin hat sich die Klägerin nicht beworben.
Die Klägerin hatte sich im Jahre 2001 für die Stelle eines Sachbearbeiters Personalentwicklung, bewertet mit Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a, Bewährungsaufstieg III beworben. Diese Bewerbung zog die Klägerin mit Schreiben vom 08.03.2001 aus persönlichen Gründen zurück.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die ausgeschriebene Stelle allein deswegen nicht übertragen bekommen, weil sie vor dem Verwaltungsausschuss die Frage, ob sie ihre Freistellung mit dem Antritt der Stelle aufgeben würde, verneint habe. Dies stelle eine Behinderung und eine Benachteiligung eines freigestellten Personalratsmitglieds dar, was unzulässig sei. Sie habe daher einen Anspruch auf Vergütung entsprechend Vergütungsgruppe III BAT-O.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Vergütung gemäß Vergütungsgruppe III der Vergütungsordnung zum BAT-O rückwirkend seit dem 01.07.2004 zu zahlen;
2. weiter festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbetrag ab 09.03.2005 mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt
Klageabweisung.
Die Beklagte hat die Klage für unschlüssig gehalten. Der für die Klägerin günstige Verwaltungsvorschlag sei lediglich auf der Basis von Qualifikationsnachweisen und Fortbildungsbescheinigungen erfolgt, welche eine Eignung der Klägerin erahnen ließen. Zuständig gewesen für die Entscheidung in dieser Angelegenheit sei jedoch der "Verwaltungs- und Finanzausschuss", welcher die Sache - aus welchen Gründen auch immer - unentschieden zurückgegeben habe. Daraufhin sei das Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen worden. Aufgrund dieses Verlaufs könne die Klägerin aus diesem Vorgang keinerlei Substanz für ihr Begehren ziehen. Das abgebrochene Personalauswahlverfahren enthalte keinerlei Darlegungen, die in die begehrte Höhergruppierung münden würden.
Die Beklagte hat weiter gemeint, dass die Klägerin im Hinblick auf ein Nachzeichnen ihrer hypothetischen beruflichen Entwicklung in ihrem vor der Freistellung ausgeübten Beruf bereits im Jahre 2000 eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV a BAT-O erfahren habe. Als ausgebildete Erzieherin entspräche die Vergütungsgruppe IV a der beruflichen Entwicklung einer erheblich überdurchschnittlichen Erzieherin und dem Status einer Kindertagesstättenleiterin einer Einrichtung mit hoher Kinderzahl. Es gäbe nur wenige Erzieherinnen, die höher vergütet würden als vorstehend bezeichnet.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 10.10.2005 zugestellte Urteil am 02.11.2005 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis 12.01.2006 am 09.01.2006 ausgeführt.
Die Klägerin macht weiter geltend, sie sei als Personalratsmitglied benachteiligt worden. Die Frage nach der beabsichtigten weiteren Inanspruchnahme der Freistellung sei unzulässig gewesen und hätte deshalb auch unwahr beantwortet werden dürfen. Bereits bei ihrer Bewerbung im Jahre 2001 für die Stelle eines Sachbearbeiters Personalentwicklung habe sie den - nicht nachweisbaren - Verdacht gehabt, als Personalrätin behindert worden zu sein.
Nach Auffassung der Klägerin kommt es wegen der sich ihres Erachtens ergebenden Benachteiligung auf eine fiktive Laufbahnnachzeichnung zur Begründung ihres Klageanspruchs nicht an. Sie bezieht sich allerdings vorsorglich auf ihre berufliche Laufbahn und ihres Erachtens vergleichbare berufliche Laufbahnen einer Frau ... und einer Frau ..., welche die begehrte Vergütung erreicht hätten.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 20.07.2005 - 8 Ca 1105/05 -
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr mit Wirkung seit 01.07.2004 Vergütung nach Vergütungsgruppe III der Anlage 1 a zum BAT-O zu zahlen;
2. weiter festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die sich hieraus jeweils ergebenden monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen den Vergütungsgruppen III und IV a der Anlage 1 a zum BAT-O jeweils ab dem Monatsletzten (der Sache nach) Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Kausal für den Abbruch des Besetzungsverfahrens sei nicht die beabsichtigte Fortführung der Tätigkeit der Klägerin als freigestelltes Personalratsmitglied gewesen. Maßgebend sei vielmehr die Divergenz zwischen den Äußerungen der Klägerin gegenüber Personalamt einerseits und Verwaltungsausschuss andererseits. Denn daraus sei auf eine fehlende Eignung der Klägerin für die erstrebte Stelle zu schließen.
Unabhängig davon wäre die Frage nach beabsichtigter weiterer Inanspruchnahme der Freistellung auch nicht unzulässig gewesen.
Auf Frau ... und Frau ... könne sich die Klägerin nicht beziehen. Frau ... habe die erstrebte Vergütungsgruppe lediglich im Wege des Bewährungsaufstiegs erreicht. Ein Hinweis auf im Ergebnis lediglich Frau ... verkenne, dass die überwiegende Anzahl der bei ihr - der Beklagten - Beschäftigten mit einem ähnlichen beruflichen Werdegang wie die Klägerin demgegenüber weder in Vergütungsgruppe III noch in Vergütungsgruppe IV a eingruppiert seien, was die Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht in Abrede gestellt hat.
In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin auf die diesbezügliche Frage erklärt, im Personalamt absichtlich die Unwahrheit gesagt zu haben, um mit ihrer Bewerbung berücksichtigt zu werden. Einen anderen Weg hätte sie nicht gewusst.
Für die Beklagte ist darauf hingewiesen worden, dass die Klägerin von vornherein die Wahrheit hätte sagen und - bei unterbliebener Berücksichtigung ihrer Bewerbung - die Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Besetzung der Stelle mit einem anderen Mitarbeiter im Wege der arbeitsrechtlichen Konkurrentenklage hätte klären können.
Wegen der Einzelheiten des tatsächlichen Vorbringens der Parteien und ihrer umfangreichen Rechtsausführungen wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die mit ihrem Feststellungsantrag ihrerseits zulässige Klage ist unbegründet. Es ist nicht festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin seit 01.07.2004 Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O zu zahlen. Deswegen besteht auch kein Zinsanspruch.
1. Nach §§ 8, 46 Abs. 5 SächsPersVG darf der berufliche Werdegang eines freigestellten Personalratsmitglieds "wegen" seiner Freistellung nicht "beeinträchtigt" werden. Diese Vorschriften enthalten über das darin geregelte Benachteiligungsverbot hinaus ein an den Arbeitgeber gerichtetes Gebot, dem Personalratsmitglied eine berufliche Entwicklung zukommen zu lassen, wie sie ohne Freistellung verlaufen wäre. Auf entsprechende Maßnahme des Arbeitgebers zur Erfüllung dieses Gebots hat das freigestellte Personalratsmitglied nach der zu §§ 8, 46 BPersVG ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vom 29.10.1998 - 7 AZR 676/96 - EzA Art. 33 GG Nr. 20) einen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch. Deshalb kann danach ein Personalratsmitglied, das ohne seine Freistellung in eine höhere Position aufgestiegen wäre, den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der Differenz zwischen seiner derzeitigen und einer höheren Vergütungsgruppe in Anspruch nehmen (BAG vom 29.10.1998 a. a. O.).
Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind aus mehreren selbständig tragenden Gründen hier nicht erfüllt:
a) Aus dem Merkmal "wegen" ergibt sich, dass ein Zusammenhang zwischen der Freistellung der Klägerin und ihrer unterbliebenen Beförderung festzustellen sein müsste, was aber nicht der Fall ist.
Zwar erweckt das Schreiben der Beklagten vom 24.06.2004 auf den ersten Blick den Eindruck einer beabsichtigten Benachteiligung der Klägerin wegen (allerdings divergierender) Antworten hinsichtlich ihrer Planungen als Personalratsmitglied, und zwar bezüglich der Fortführung der Tätigkeit an sich sowie auch hinsichtlich der Inanspruchnahme weiterer Freistellung.
Erfolglos geblieben ist die Bewerbung der Klägerin aber deshalb, weil das Bewerbungsverfahren - aus welchen Gründen auch immer - abgebrochen worden ist, welche Verfahrensweise allein die Klägerin im Wege einer arbeitsrechtlichen Konkurrentenklage hätte überprüfen lassen können. Das ist nicht geschehen. Die Klägerin macht auch nicht wenigstens der Sache nach geltend, der Abbruch des Bewerbungsverfahrens sei ohne sachlichen Grund erfolgt. Ergebnis ist, dass die Klägerin in Ermangelung eines weiter offenen Bewerbungsverfahrens nicht geltend machen kann, in dessen Rahmen wegen ihrer beabsichtigten weiteren Freistellung beeinträchtigt worden zu sein.
Jedenfalls war der Abbruch des Besetzungsverfahrens unter Berücksichtigung der klägerischen Bewerbung sachlich gerechtfertigt, nachdem die Klägerin ihren künftigen Vorgesetzten und den Leiter des Personalamtes hinsichtlich ihrer wirklichen Absichten nicht die Wahrheit gesagt hat. Nachdem sich aufgrund der (hier noch anwendbaren) Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 BAT-O der Angestellte so zu verhalten hat, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird, wäre es im Rahmen einer Beurteilung der Eignung eines Bewerbers auf eine leitende Stelle in der öffentlichen Verwaltung schwer erträglich, wenn sich ausgerechnet hier das Prinzip der Lüge als das optimalere herausstellen würde.
Dabei war die Klägerin nicht gehalten, die Unwahrheit zu sagen, um die Stelle (und vor allem deren Vergütung) zu erlangen. Für die Beklagte ist in der Berufungsverhandlung zu Recht darauf hingewiesen worden, dass eine arbeitsrechtliche Konkurrentenklage im Falle einer Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Freistellung bei gleicher Eignung mit dem ihr vorgezogenen Mitbewerber Erfolg gehabt hätte. Oder anders: Auch bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der nach beabsichtigter weiterer Freistellung gerichteten Frage hätte die Klägerin die erstrebte Vergütungsgruppe erreicht, ohne dass es überhaupt auf die Zulässigkeit der Frage angekommen wäre.
Unabhängig von dem Vorstehenden und selbständig tragend war die der Klägerin gestellte Frage nach beabsichtigter weiterer Freistellung zulässig und hätte demgemäß wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen. Die festzustellende unrichtige Beantwortung - wie hier - begründet mit Blick auf § 8 Abs. 1 Satz 1 BAT-O in der Tat einen Eignungsmangel für eine Beschäftigte im öffentlichen Dienst.
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der Konsequenz der unrichtigen Beantwortung unzulässiger Fragen betraf in der Vergangenheit sämtlich Fälle der Einstellungssituation und Sachverhalte, in denen es aus persönlichen, wirtschaftlichen oder politischen Umständen und Verhältnissen des Arbeitnehmers ergebende Rechte (auch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG) zu schützen galt (beispielsweise bei Fragen nach der Schwangerschaft, nach einer Körperbehinderung, nach einer Schwerbehinderteneigenschaft, nach der Familienplanung, nach der Gewerkschafts- oder einer Parteizugehörigkeit).
In einer derartigen Situation befand sich die Klägerin nicht. Es ging nicht um ihre Einstellung, sondern um eine erstrebte Höhergruppierung oder Beförderung. Auch stehen keine sich aus der persönlichen Lebenssphäre der Klägerin stehende Rechte in Rede, sondern ihre vom Gesetz geschützte Freistellung als Personalratsmitglied. In dieser Situation könnte sich ein privater Arbeitgeber - um den es sich bei der Beklagten nicht handelt - mit gutem Grund auf seine ebenfalls (durch Art. 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG) geschützte Vertragsabschlussfreiheit berufen und geltend machen, für bestimmte Positionen sei auch deren tatsächliche Besetzung (wie auch hier von der Beklagten der Sache nach eingestanden) unabdingbar.
Zu Recht weist die Beklagte deshalb darauf hin, dass eine Frage nach der beabsichtigten weiteren Freistellung nicht notwendig unzulässig ist. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat seit je her für Einstellungen ein Fragerecht des Arbeitgebers anerkannt, als dieser ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis hat (BAG vom 05.10.1995 - 2 AZR 923/94 - EzA § 123 BGB Nr. 41).
Die Beklagte befindet sich in keiner anderen Situation als ein privater Arbeitgeber, wenn sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts privatrechtliche Anstellungsverträge schließt oder im Wege eines Änderungsvertrages eine höher bewertete Stelle auswirft. Sie hat ein - von der Klägerin auch gar nicht in Abrede gestelltes - Interesse daran, dass die Stelle der Abteilungsleiterin ihres Sportamtes angesichts der Größe des Amtes und der Zahl seiner Beschäftigten auch tatsächlich ausgefüllt wird. Es muss ihrer Einschätzungsprärogative überlassen bleiben, ob dann, wenn für die ausgeschriebene Stelle auch ein freigestelltes Personalratsmitglied in Betracht kommt - wie hier die Klägerin -, die Stelle anderweitig besetzt wird und dem Personalratsmitglied unter den gesetzlichen Voraussetzungen die gleiche Vergütung gezahlt wird wie dem Stelleninhaber, oder ob die Unwägbarkeiten der Planungen des freigestellten Personalratsmitglieds hinsichtlich seiner Freistellung und ggf. sogar seine Abwesenheit auf Zeit oder auf Dauer in Kauf genommen werden. Eine Überprüfung dieser Möglichkeiten ist unmöglich, wenn sich ein Stellenbewerber in der Situation der Klägerin nicht zu seinen wahren Absichten bekennt.
b) Die mittlerweile erfolgte anderweitige Besetzung der Stelle ist schon keine "Beeinträchtigung" der Klägerin. Denn sie hat sich auf die neuerliche Ausschreibung nicht beworben.
2. Ungeachtet einer Benachteiligung in einem konkreten Stellenbesetzungsverfahren kann ein freigestelltes Personalratsmitglied einen Zahlungsanspruch aus §§ 8, 46 Abs. 5 SächsPersVG (zu §§ 8, 46 BPersVG vgl. BAG vom 29.10.1998 a. a. O.) auch darauf stützen, dass der öffentliche Arbeitgeber Angestellte mit bestimmten Laufbahnvoraussetzungen nach feststehenden Maßstäben und/oder Zeitabläufen auf frei werdende oder neu zu schaffende Stellen befördert und das freigestellte Personalratsmitglied wegen seiner Freistellung davon ausnimmt.
Auf einen derartigen Sachverhalt beruft sich die Klägerin nicht. Die von ihr angesprochenen Mitarbeiterinnen ... und ... befanden sich bei dem Erreichen der erstrebten Vergütungsgruppe nicht in der Situation der Klägerin. Auch sonst kann sich die Klägerin auf diese beiden Mitarbeiterinnen nicht beziehen. Bei Frau ... handelt es sich ersichtlich um einen Einzelfall und Frau ... hat die erstrebte Vergütungsgruppe lediglich im Wege des Bewährungsaufstiegs erreicht, worum es hier aber nicht geht. Außerdem hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die übrigen bei ihr Beschäftigten mit einem ähnlichen beruflichen Werdegang wie die Klägerin weder in der Vergütungsgruppe IV a geschweige denn in der Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert sind. Richtigerweise hätte die Klägerin im Übrigen 1994 sogar zurückgruppiert werden und mit der Bewerbung von Vergütungsgruppe V c nach Vergütungsgruppe III "springen" müssen, was einen - zumindest - ungewöhnlichen Vorgang darstellt.
Unabhängig von dem Vorstehenden und selbständig tragend hat die Klägerin auch nicht zu den Einzelmerkmalen vorgetragen, die nach der Stellenausschreibung das Aufgabengebiet erfordert bzw. das Erfüllen der Qualifikationsanforderungen dargelegt, soweit dies aufgrund des Umstands der langjährigen Freistellung (welcher eben auszublenden wäre) nicht ohnehin unmöglich ist. Immerhin ist sie mit ihrer Bewerbung ein in die Sphäre der Hochschulabschlüsse reichendes Stellenprofil angegangen.
II.
Die Klägerin hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.
Die Revision ist zuzulassen, weil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Das Bundesarbeitsgericht hat bislang nicht die Frage entschieden, ob der Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens jedenfalls die Kausalität einer möglicherweise beabsichtigten Beeinträchtigung eines Personalratsmitglieds wegen seiner Freistellung entfallen lässt und - im Falle des Verneinens - ob die Frage nach geplanter Inanspruchnahme weiterer Freistellung durch ein Personalratsmitglied zulässig ist.
Im Folgenden wird über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts sowie die einzuhaltende Frist und Form belehrt.
Ende der Entscheidung
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