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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 2 Sa 897/02
Rechtsgebiete: InsO, BGB, StGB


Vorschriften:

InsO § 60
InsO § 61
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 266 a
Weitere als im Wirtschaftsleben übliche Erkenntnismöglichkeiten braucht auch ein Insolvenzverwalter nicht zu nutzen, wenn es um die Vertrags- und Kreditwürdigkeit eines Geschäftspartners geht (hier: Auskunft der CREDITREFORM).
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 2 Sa 897/02

Verkündet am 12. November 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 2 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 12.11.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 02.10.2002 - 3 Ca 3132/02 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Revisionszulassung: keine.

Der Kläger nimmt den Beklagten auch im Berufungsverfahren weiter persönlich auf Schadensersatz in Anspruch. Dabei geht es um 1.473,61 Euro brutto als Ersatz für die bislang nicht gezahlte Vergütung für den Monat Januar 2002 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.02.2002. Weiter geht es um 1.101,56 Euro brutto als Ersatz für die ebenfalls bislang ausstehende Vergütung für den Monat Februar 2002 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.03.2002.

Von der erneuten Darstellung des Tatbestandes wird aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG n. F. abgesehen und stattdessen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Hier ist das tatsächliche Vorbringen beider Parteien vollständig und richtig wiedergegeben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz der Vergütung für die Monate Januar und Februar 2002. Deshalb besteht auch kein Zinsanspruch. Das Arbeitsgericht hat die Klage in Ergebnis und Begründung, welcher die Berufungskammer folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG n. F.), abgewiesen. Lediglich zusammenfassend und - mit Blick auf die Berufungsbegründung und die - Verhandlung - ergänzend sind die folgenden Ausführungen veranlasst:

1.

Es ist richtig, dass der Insolvenzverwalter nach § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach der Insolvenzordnung obliegen.

Bereits eine derartige Pflichtverletzung ist nicht festzustellen. Aus § 1 Satz 1 InsO ergibt sich gegenüber den früheren Bestimmungen nach der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung, dass Ziel des Verfahrens auch der Erhalt eines Unternehmens sein kann. Nichts anderes hat der Beklagte hier in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter dadurch verfolgt, dass er umfangreiche vorhandene Aufträge hat abarbeiten lassen. Bereits aus dem Bericht des Beklagten vom 13.12.2001 an das Insolvenzgericht Dresden ergibt sich das Bestreben des Beklagten, den Standort und einen Teil der Arbeitsplätze im Wege einer übertragenden Sanierung zu erhalten. Hier ergibt sich auch, dass nach den Berechnungen des Beklagten die Fortführung des Unternehmens zumindest kostendeckend ablaufen und nicht zur Reduzierung der Insolvenzmasse führen dürfte (S. 6 des Berichts).

2.

Richtig ist weiter, dass dann, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist und aus der Insolvenzmasse nicht erfüllt werden kann, der Verwalter dem Massegläubiger nach § 61 Satz 1 InsO zum Schadensersatz verpflichtet ist. Richtig ist auch, dass nach Satz 2 dieser Bestimmung dieses (nur) dann nicht gilt, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde.

Jedenfalls diese "Exkulpation" leistet das Vorbringen des Beklagten. Die Fa. ... GmbH hat erst Anfang März des Jahres 2002 selbst Insolvenzantrag gestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt verfügte der Beklagte jedenfalls noch über die Auskunft der... vom 30.08. 2001, die hinsichtlich der "Zahlungsweise" dahin lautet, dass Zahlung innerhalb vereinbarter Ziele erfolge. Zur "Kreditfrage" wird mitgeteilt, dass die Geschäftsverbindung zulässig ist. Weitere als im Wirtschaftsleben übliche Erkenntnismöglichkeiten braucht auch ein Insolvenzverwalter nicht zu nutzen, wenn es um die Vertrags- und Kreditwürdigkeit eines Geschäftspartners geht.

3.

Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht dadurch, dass der Beklagte damit gegen ein zum Schütze des Klägers geltendes Gesetz verstoßen hätte, weil von ihm Arbeitsentgelt vorenthalten oder gar veruntreut worden wäre (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 a StGB).

Eine Ersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB kann stets nur im Falle des Verschuldens eintreten (vgl. § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB). Daran fehlt es bereits aus den vorgenannten zu 2. angestellten Erwägungen.

Unabhängig davon und selbständig tragend hat ein Kläger, der eine Forderung auf § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 a StGB stützt, die Darlegungs- und Beweislast für die Zahlungsfähigkeit des in Anspruch genommenen (vgl. BGH vom 11.12.2001 - VI ZR 350/00 - dok. in JURIS). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Unterlassen einer Zahlung bei fehlender Zahlungsfähigkeit weder einen strafrechtlichen noch einen zivilrechtlichen Schuldvorwurf begründen kann. Anderenfalls würde bestraft oder gehaftet für Sachverhalte, die von dem Bestraften oder von dem in Haftung genommenen nicht beeinflussbar sind.

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich auch nach der Berufungsverhandlung und dem diesbezüglichen Hinweis nichts zur Zahlungsfähigkeit des Beklagten.

4.

Unabhängig von dem Vorstehenden und selbständig tragend hat der Kläger nach keiner der vorstehend genannten möglichen Anspruchsgrundlagen (derzeit) einen ersatzfähigen Schaden.

a) Aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 a StGB würde lediglich ein Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden bestehen, die durch das Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt entstanden sind.

Dabei geht es nach § 266 a StGB der hier noch anwendbaren alten Fassung einmal um Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung oder zur Bundesanstalt für Arbeit (jetzt: zur Sozialversicherung einschließlich der "Arbeitsförderung" [richtig müsste es im Gesetz "Arbeitslosenversicherung" heißen]), die der Arbeitgeber der Einzugsstelle vorenthält. Deren Höhe lässt sich hier nicht bestimmen. Der Kläger schlüsselt seine Klageforderung nicht auf. Auch legt er nicht wenigstens seine sozialversicherungsrechtlichen und arbeitslosenversicherungsrechtlichen Merkmale offen.

Anderes ergibt sich auch nicht nach dem weiteren Tatbestand des § 266 a Abs. 2 StGB. Hier geht es um Teile des Arbeitsentgelts, die für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen sind. Um welche Teile der Klageforderung es sich hier handelt, trägt der Kläger selbst nicht vor.

b) Hinsichtlich sämtlicher Anspruchsgrundlagen macht der Kläger im Übrigen selbst geltend, dass ihm - hätte er nicht fortgearbeitet - jedenfalls ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zugestanden hätte.

Wenn der Beklagte als Schadensersatzpflichtiger den Zustand herzustellen hätte, der bestehen würde, wenn das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre (§ 249 Satz 1 BGB [a. F. nach Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB]), hätte der Kläger lediglich einen Anspruch auf Ersatz des Betrages, der ihm als Arbeitslosengeld zu zahlen gewesen wäre. Auch insofern ergibt sich jedoch zur Höhe der Forderung auch nach dem Hinweis in dem angefochtenen Urteil des Arbeitsgerichts nichts Genaueres. Mangels Kenntnis der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Merkmale des Klägers kann auch die Berufungskammer die Forderungshöhe nicht ermitteln.

c) Da nach den vorstehenden Gründen, welche die Entscheidung unabhängig voneinander und selbständig tragen, der Zeitpunkt der Entstehung einer etwaigen Forderung nicht in Rede steht, ist auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 16.01.2003 - 27 U 45/02 -, dok. in JURIS, irrelevant.

Selbst wenn es auf den Zeitpunkt des Eintritts eines Schadens ankäme, würde sich auch dann kein anderes Ergebnis einstellen, wenn der Entscheidung zu folgen wäre. Denn das Oberlandesgericht Hamm hatte den Fall einer Masseunzulänglichkeit zu entscheiden. Der Kläger bestreitet jedoch, dass dem so sei (Schriftsatz des Klägers vom 12.09.2002). Auch auf diesen Umstand ist er bereits in dem angefochtenen Urteil hingewiesen worden.

Der Kläger hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen. Bei dem angezogenen Urteil des Oberlandesgerichts Hamm handelt es sich um keine für die Landesarbeitsgerichte divergenzfähige Entscheidung. Auch spielt sie hier nach dem Vorstehenden keine Rolle. Deshalb hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung. Es wird darauf hingewiesen, dass die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht ihrerseits durch Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde) angefochten werden kann. Möglich ist dies unter den in § 72 a ArbGG genannten Voraussetzungen.

Ende der Entscheidung

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