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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.12.2003
Aktenzeichen: 3 Sa 721/03
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1 Ziff. 1
Sind in einem auf § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG gestützten befristeten Arbeitsverhältnis überwiegend Daueraufgaben zu verrichten, so ist die Befristungsabrede nur dann wirksam, wenn die Daueraufgaben lediglich eine dienende, die vorübergehende Aufgabe unterstützende Funktion haben.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

3 Sa 721/03

Verkündet am 12.12.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 3 - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden, die ehrenamtliche Richterin Frau ... und den ehrenamtlichen Richter Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 12.12.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 24.06.2003 - 7 Ca 917/03 - unter Wiedereinsetzung der Klägerin in den vorigen Stand abgeändert.

a) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrages vom 07./20.02.2002 beendet worden ist.

b) Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Lehrkraft weiterzubeschäftigen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen zum 31.01.2003.

Die 1969 geborene Klägerin, verheiratet, ein Kind, stand seit 15.09.1999 mittels mehrerer befristeter Arbeitsverträge in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten als Lehrkraft am Fachsprachenzentrum der T Die Klägerin war u. a. zuständig für die Entwicklung einer Lehrkonzeption der Italienisch-Ausbildung. Hinter grund war, dass in den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften/Verkehrswissenschaften und Soziologie Doppelstudiengänge der T. und der Universität ... eingerichtet wurden, die mit dem Diplom beider Universitäten abschlossen. In diesem Zusammenhang waren die deutschen Studenten auf das Hauptstudium an der Universität ... auch sprachlich vorzubereiten. Zu ihren Aufgaben gehörten auch die Prüfung der Lehrbeauftragten sowie die eigene Lehrtätigkeit.

Die ersten beiden Befristungsabreden für die Zeiten vom 15.09.1999 bis 15.03.2000 und vom 01.08.2000 bis 30.01.2002 gemäß den Arbeitsverträgen vom 26.08./14.09.1999 (Bl. 4 d. A.) und vom 21.06./04.07.2000 (Bl. 3 d. A.) wurden "auf der Grundlage des § 1 BeschFG sowie im Rahmen eines kulturellen Austauschprogrammes" abgeschlossen.

Mit Arbeitsvertrag vom 07./20.02.2002 (Bl. 2 d. A.) vereinbarten die Parteien eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom 31.01.2002 bis 31.01.2003 "als Lehrkraft für besondere Aufgaben im Sinne des § 49 Sächsisches Hochschulgesetz" zur "Absicherung der Evaluierungs- und Überarbeitungsphase der fach- und studienbezogenen Lehrkonzeptionen". Ferner vereinbarten die Parteien eine Halbtagstätigkeit mit Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O.

Der Tätigkeit ab 01.08.2000 lag eine Arbeitsplatzbeschreibung vom 02.05.2000 (Bl. 57 bis 59 d. A.) zugrunde mit folgenden Teiltätigkeiten

1. Lehre: Vermittlung sprachlicher Fertigkeiten/Fähigkeiten und Kenntnisse in italienischen (Fach-) Sprache 65 %

2. Lehrkonzeption: Erarbeitung von Lehrkonzeptionen und Lehrmaterialien für die unter 1) beschriebene Lehre einschließlich UNICERT 20 %

3. Lehrorganisation

- Gewinnung, Anleitung und Betreuung von Lehrbeauftragten

- Abnahme von Prüfungen 15 %.

Die Semesterferien hatte die Klägerin weitgehend eigenverantwortlich zu nutzen und, neben der Prüfungsteilnahme, wahrzunehmen zum Abschluss des alten und zur Vorbereitung des neuen Semesters, zur Weiterbildung und für "Projekte und individuelle Aufgaben". Es waren Arbeitspläne vorzulegen (siehe beispielhaft Bl. 75 und 76 d. A.).

Während der Beklagte auf dem Standpunkt steht, das Arbeitsverhältnis sei kraft Ablauf der Befristung zum 31.01.2003 beendet worden, hat die Klägerin mit am 14.02.2003 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage die Ansicht verfochten, der Befristungsgrund gemäß Arbeitsvertrag vom 07./20.02.2002 sei unzutreffend, sie sei mit 75 % der Arbeitszeit mit Lehrtätigkeit, also einer Dauertätigkeit, befasst gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die in dem zwischen den Parteien am 07.02.2002 bzw. 20.02.2002 abgeschlossenen Dienstvertrag enthaltene Befristung für den Zeitraum vom 31.01.2002 bis zum 31.01.2003 rechtsunwirksam ist,

2. für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsrechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als Lehrkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei wirksam, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis 31.01.2003 sei durch die Evaluierung und Überarbeitung der von der Klägerin entwickelten Lehrkonzeptionen und im Kontinuitätserhalt der Fremdsprachenlehre in den Doppelstudiengängen begründet gewesen. Es seien Korrekturen in der italienischen Ausbildung erforderlich gewesen. Die Lehrtätigkeit habe dazu gedient, praktische Erfahrungen bei der Anwendung der Lehrkonzeption zwecks Überprüfung und Nachbesserung dieser Konzeption zu machen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.06.2003 die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sowie den Streitwert auf Euro 5.250,00 festgesetzt. Es hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 83 bis 85 d. A.), u. a. ausgeführt, die Befristungsabrede des letzten Arbeitsvertrages sei wirksam, es habe ein vorübergehender Mehrbedarf an der Arbeitskraft der Klägerin im Zusammenhang mit dem Aufbau des vom Beklagten angeführten Studienganges bestanden, die Evaluierungs- und Überarbeitsphase sei mit dem 31.01.2003 abgeschlossen gewesen, die Klägerin sei im Rahmen des Befristungsgrundes eingesetzt worden. Dass die Klägerin das von ihr erstellte und angepasste Lehrkonzept selbst im Unterricht umgesetzt hätte, stünde dem Befristungsgrund nicht entgegen (Praxiskontrolle).

Gegen dieses ihr am 17.07.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.08.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am 18.09.2003 ausgeführte Berufung der Klägerin.

Die Klägerin führt aus, sie habe zu insgesamt 65 % eine Lehrtätigkeit ausgeübt, ferner sei sie bei Prüfungen, insbesondere bei den sogenannten "UNIcert-Prüfungen", eingesetzt worden, habe ferner Zweitkorrekturen übernommen und als Beisitzerin an zahlreichen mündlichen Prüfungen der sonstigen Lehrkräfte mitgewirkt. Sie habe auch Koordinierungsaufgaben für alle Studiengänge in ihrer Sprachrichtung übertragen erhalten, und in Absprache mit den sieben Lehrbeauftragten Einsatzpläne erstellt. Für diese Lehrbeauftragten habe sie auch die Einschreibung der Studierenden abgewickelt. Ihr hätte ferner die Studienberatung mit Sprechstunden für die Studenten oblegen. Sie habe auch die Pflicht gehabt, sich fortzubilden. Darüber hinaus seien ihr weitere Service-Aufgaben übertragen worden, so die Sichtung von ca. 100 Büchern auf ihre Eignung für Lehrveranstaltungen.

Es habe ferner nur eine normale Fortschreibung der Lehrkonzeption gegeben (siehe Vergleich zwischen der Konzeption "alt" Bl. 140 bis 148 d. A., Anlage KB 5, und der Konzeption "neu", Bl. 149 bis 153 d. A., Anlage KB 6). Eine Evaluierung sei weder geplant noch ausgeführt worden. Eine Überarbeitungsphase, die über die normale Weiterentwicklung der Konzeption hinausginge, sei weder definiert noch geplant worden. Der Klägerin hätten somit ausschließlich Daueraufgaben oblegen. Das Wiedereinsetzungsgesuch mit Eingang bei Gericht am 26.09.2003 wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist begründet die Klägerin wie folgt: Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe die Rechtsanwaltsfachangestellte ... am 05.08.2003 nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub beauftragt, die Berufungsbegründungsfrist für den 17.09.2003 und eine Vorfrist für den 10.09.2003 einzutragen. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe Frau ... jedoch die Berufungsbegründungsfrist für den 18.09.2003 und die Vorfrist auf den 11.09.2003 notiert. Die Akte sei dem Prozessbevollmächtigten am 11.09.2003 vorgelegt worden, der jedoch wegen anderer vorrangiger Eilverfahren und wegen Notwendigkeit einer Zuarbeit der Klägerin die Akte nicht sofort hätte bearbeiten können. Die Akte sei ihm daraufhin erst am 18.09.2003 vorgelegt worden. Hierbei sei dem Prozessbevollmächtigten der Fristablauf am 17.09.2003 aufgefallen. Bei Frau ... handele es sich um eine ausgebildete, berufserfahrene und sehr zuverlässige Angestellte, die bei Beginn ihrer Tätigkeit über den Umgang mit Fristen belehrt worden sei und regelmäßig kontrolliert werde. Seit Beginn ihrer Tätigkeit im April 2002 habe sie den Fristenkalender sorgfältig und fehlerfrei geführt.

Die Klägerin legt eine Eidesstattliche Versicherung der Frau ... vom 26.09.2003 vor(Bl. 168 & 169 d.A.).

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Dresden vom 24.06.2003 - 7 Ca 917/03 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrags vom 07.02.2002 bzw. 20.02.2002 nicht beendet worden ist,

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin bis zur Rechtskraft einer Entscheidung im vorliegenden Verfahren als Lehrkraft für besondere Aufgaben zu unveränderten Beschäftigungsbedingungen weiterzubeschäftigen,

hilfsweise,

1. unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Dresden vom 24.06.2003 - 7 Ca 917/03 - festzustellen, dass die in dem zwischen den Parteien am 07.02.2002 bzw. 20.02.2002 abgeschlossenen Dienstvertrag enthaltene Befristung für den Zeitraum vom 31.01.2002 bis zum 31.01.2002 rechtsunwirksam ist,

2. die Beklagte im Falle des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsrechtsstreites zu unveränderten Bedingungen als Lehrkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, mit dem vereinbarten Befristungsgrund seien auch die Aufgaben der Klägerin vereinbart worden. Ab 01.01.2002 hätte die Klägerin die von ihr erarbeitete Lehrkonzeption abschließend überarbeiten sollen. Hierbei hätten Erfahrungen aus der Lehrtätigkeit und des Studentenaustausches der ersten beiden Jahre bewertet werden und in die Konzeption einfließen sollen. Vor Vertragsschluss hätten der Direktor des Lehrzentrums Sprachen und Kulturen und die Direktorin des Fachsprachenzentrums eingeschätzt, dass die Überarbeitung und Evaluierung innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein würde. Nach Beendigung dieser Überarbeitungsphase hätte die von der Klägerin entwickelte Konzeption die Grundlage der weiteren Sprachausbildung bieten können.

Diese Prognose habe sich auch bestätigt, wie aus einem Schreiben der Direktorin des Fachsprachenzentrums vom 05.03.2003 (Bl. 202 d. A.) hervorgehe. Die Klägerin habe dies selbst in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 22.05.2003, Seite 7 und 8 (Bl. 37/38 d. A.) bestätigt.

So habe die Klägerin auch ihre ursprüngliche Konzeption in der letzten Befristungszeit überarbeitet und sei zu gravierenden Änderungen gekommen. Eine Überarbeitung sei auch Inhalt des Vortrags der Klägerin in erster Instanz (Schriftsatz vom 22.05.2003, Seite 3, Bl. 33 d. A.) gewesen. Die Klägerin habe keine Zeitanteile einer anderweitigen Tätigkeit vorgetragen. Unstreitig sei sie für Lehrveranstaltungen, Prüfungen, Koordinierung des Einsatzes der Lehrbeauftragten und als Ansprechpartnerin für diese, mit Sprechstunden für Studenten, einem dienstlichen Aufenthalt in ..., mit der Durchsicht von Lehrbüchern auf ihre Brauchbarkeit hin eingesetzt worden. Diese Tätigkeiten stünden im Zusammenhang mit der Evaluierung und Überarbeitung der Lehrkonzeption.

Bei einer Berechung unter Einbezug der vorlesungsfreien Zeit sei für die Lehre nur ein Zeitanteil von ca. 45 % aufgewendet worden (Gesamtarbeitszeit 920 Stunden, hiervon 420 Stunden für die Lehre.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze bei den Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden.

Jedoch wurde die Begründungsfrist versäumt.

Der Klägerin war auf ihren Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der §§ 233 ff. ZPO sind vorliegend gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525 ZPO anzuwenden. Die Antragsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO ist eingehalten. Gemäß § 233 ZPO ist bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die betroffene Partei an der Fristeinhaltung ohne ihr Verschulden verhindert war. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht hierbei dem Verschulden der Partei gleich, § 85 Abs. 2 ZPO. Ein Verschulden der Partei selbst scheidet hier aus. Auch ihr Prozessbevollmächtigter hat in der gegebenen Situation die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um die Frist einzuhalten. So hat er insbesondere konkrete und zutreffende Fristenanweisungen an sein Kanzleipersonal gegeben. Dieses war auch dahin geschult, welche Fristeneintragungen und Vorlegungspflichten vorzunehmen sind. Die Eintragung von Fristen und die Vorlegung der Akten gehören gerade zu den einfachen Verrichtungen, welche der Anwalt zur eigenständigen Erledigung auf sein Büropersonal übertragen darf. Hier besteht eine Pflicht zur Gegenkontrolle grundsätzlich nicht. Die Frist wurde hier versäumt, da die Büroangestellte, eine geschulte Anwaltsfachangestellte, entgegen der Weisung den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist fehlerhaft mit dem 18.09.2003 notierte und erst an diesem Tage die Akte wieder vorlegte.

Ein eigenes Verschulden des Rechtsanwaltes rührt auch nicht daher, dass die Berufungsbegründung anlässlich der ersten Vorlage am 11.09.2003 noch nicht bearbeitet wurde. Hierfür hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin triftige Gründe vorgetragen. Eine Frist kann auch noch am letzten Tage ausgenutzt werden. Dies hatte hier der Prozessbevollmächtigte vor. Wäre der Fristablauf zutreffend eingetragen und wäre die Akte am letzten Tag dieser zutreffenden Frist vorgelegt worden, so wäre es dem Prozessbevollmächtigten noch möglich gewesen, die Berufungsbegründung rechtzeitig bei Gericht einzureichen. Dass dies nicht geschehen konnte, beruht nicht auf ein Versehen des Rechtsanwaltes, sondern auf einem solchen seiner Kanzleifachangestellten. Diese soll eingehend belehrt, geschult und regelmäßig kontrolliert worden sein. Das ist anwaltlich und von der Anwaltsfachangestellten eidesstattlich versichert worden und glaubhaft.

II.

Die Berufung ist begründet. Die Klage ist mit den in zweiter Instanz formulierten Hauptanträgen (der Hauptantrag Ziff. 2. wird als eventual-kumuliert verstanden) zulässig und begründet. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass die von der Klägerin als Hilfsanträge verstandenen weiteren Anträge nicht in einem Eventualverhältnis zu den Hauptanträgen stehen. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses gemäß Arbeitsvertrag vom 07./20.02.2002 ist unwirksam. Die Klägerin hat Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen.

1.

Die Unwirksamkeit der Befristung ist in Übereinstimmung mit § 17 TzBfG ordnungsgemäß geltend gemacht worden, so dass die Wirksamkeitsfiktion gemäß den §§ 17 TzBfG, 7 KSchG nicht eingetreten ist.

2.

Der vom Beklagten reklamierte Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG - nur dieser käme hier in Betracht - liegt nicht vor. Eine sachgrundlose Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG war aus Gründen des Anschlussverbotes des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht in Betracht zu ziehen.

3.

Der Befristungsgrund des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Arbeitgeber aufgrund greifbarer Tatsachen mit hinreichender Sicherheit annehmen kann, dass der Arbeitskräftebedarf in Zukunft wegfallen wird. Dies ist etwa auch dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer lediglich für eine zeitlich befristete Arbeitsaufgabe bzw. für ein bestimmtes Projekt eingestellt wird. Die Prognose muss sich vor allem auf den Befristungsgrund selbst beziehen und seine zeitliche Begrenzung absichern. Die Befristungsdauer muss sich wiederum an dem Befristungsgrund orientieren und zumindest überwiegend mit diesem im Einklang stehen (vgl. BAG, Urteil vom 12.05.1999 - 7 AZR 1/98 -). Der vereinbarten Befristungsdauer kommt Bedeutung bei der Prüfung des Sachgrundes insoweit zu, als die vereinbarte Dauer der Befristung neben anderen Umständen darauf hinweisen kann, der Sachgrund für die Befristung sei nur vorgeschoben (vgl. BAG, Urteil vom 11.11.1998 -7 AZR 328i/97 - in NZA Nr. 155 zu § 620 BGB).

4.

Der Arbeitgeber kann dann für ein bestimmtes Projekt einen Arbeitnehmer befristet einstellen, wenn er nach seinem unternehmerischen Ermessen dafür hält, dieses Projekt könne und solle nicht vom Stammpersonal (mit-) erledigt werden. Eine solche Unternehmerentscheidung ist von den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich als bindend hinzunehmen (vgl. auch BAG, Urteil vom 07.06.1984 - 2 AZR 773/83 -).

Zu prüfen ist allerdings, ob ein das befristete Arbeitsverhältnis tragendes Projekt vorliegt und nicht etwa lediglich Daueraufgaben verrichtet werden (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.1991 - 7 AZR 170/91 - in NZA 111 zu § 620 BGB), ob Projektumfang und Befristungsdauer zumindest überwiegend in Einklang stehen.

5.

Die Klägerin hat mit einem überwiegenden Anteil ihrer Arbeitszeit Daueraufgaben verrichtet. Dies ergibt sich auch dann, wenn der Vortrag des Beklagten zugrunde gelegt wird. Selbst wenn, die Zeit der Semesterferien eingerechnet, die Lehrtätigkeit der Klägerin nicht den überwiegenden Anteil ausgemacht haben soll, so kämen Daueraufgaben wie Prüfungstätigkeit, Betreuung von Studenten, Koordinierungsaufgaben hinzu, so dass insgesamt ein weit überwiegender Teil der Arbeit der Klägerin auf die Daueraufgaben fiel. Bereits die vom Beklagten erstellte Arbeitsplatzbeschreibung für den Zeitraum ab 01.08.2000 (Beginn des zweiten befristeten Arbeitsvertrages) weist einen Anteil an Dauertätigkeiten von 80 % aus.

Zwar kann es sich bei dem restlichen Teil der Arbeitsaufgabe, nämlich der Überprüfung der Konzeption für die Italienisch-Ausbildung im Fachgebiet Wirtschaft und Soziologie, um eine vorübergehende Aufgabe gehandelt haben, welche zum Anlass einer Befristung hätte genommen werden können. Voraussetzung wäre, dass die Übertragung von Daueraufgaben nur eine dienende, unterstützende Funktion zur Verrichtung der vorübergehenden Aufgabe gehabt hätten.

Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Klägerin hatte im Rahmen eines früheren befristeten Arbeitsverhältnisses eine Lehrkonzeption entwickelt. Die Überprüfung und Anpassung ist ständige Aufgabe einer für die Curricula zuständigen Lehrkraft. Die Aufgabe ergibt sich als Beiwerk im Rahmen der Lehrtätigkeit. Zudem oblag der Klägerin, als weiterer inhaltlicher Schwerpunkt, die Koordinierung der Italienisch-Ausbildung. Auch dies ist eine Daueraufgabe. Dies zeigt sich auch an den von der Klägerin vorgenommenen Änderungen ihrer Konzeption. Die Konzeption "neu" zeichnet sich gegenüber der Konzeption "alt" dadurch aus, dass sie auf einer etwas anderen Struktur aufbaut (Grundstufe/Mittelstufe) und eine andere Gliederung enthält. Das geringe Ausmaß der Änderungen zeigt, dass sie lediglich Ausfluss der Daueraufgaben der Klägerin waren.

6.

Darüber hinaus hat der Beklagte auch nicht plausibel gemacht, weshalb ein Befristungsgrund "Überarbeitung und Evaluierung der Konzeption einer Italienisch-Ausbildung" die vereinbarte Befristungsdauer von einem Jahr prognostisch rechtfertigen sollte. Die Abfolge der Ausbildungsinhalte in der ursprünglichen Konzeption spiegelt für eine Sprachausbildung gängige Inhalte wider. Hierfür gibt es viele beispielhafte Curricula anderer Sprachausbildungen. Es kamen lediglich einige Besonderheiten im Rahmen des Doppeldiploms mit der Universität ... hinzu. Es ist nicht dargelegt worden, weshalb - wenn schon die Überarbeitung und Anpassung eines Curriculums nicht als ständige Aufgabe begriffen wird - ausgerechnet die Dauer von einem Jahr als notwendig prognostiziert worden ist.

7.

Danach ergibt sich, dass die Klägerin im Wesentlichen Daueraufgaben erledigt hat, die auch nach ihrem Ausscheiden weiterhin anfallen und von anderen Arbeitskräften verrichtet werden müssen.

Dieses Ergebnis wird unterstützt durch § 2 des Arbeitsvertrages vom 7./20.02.2002. Danach waren der Klägerin "die in §§ 49 Sächsisches Hochschulgesetz genannten Aufgaben" übertragen. Hierbei handelt es sich um die überwiegende Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Kenntnisse, "die nicht die Einstellungsvoraussetzungen für Professoren erfordert". Es ist nichts dafür vorgetragen, dass es sich im vorliegenden Fall hierbei um vorübergehende Aufgaben gehandelt haben soll.

8.

Die Klage ist auch mit dem eventual-kumulierten Weiterbeschäftigungsantrag begründet.

Die vom Großen Senat des BAG (Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/ 84 - in EzA Nr. 9 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) aufgestellten Grundsätze über den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits gelten entsprechend auch dann, wenn um die Wirksamkeit einer Befristung gestritten wird (vgl. auch BAG, Urteil vom 13.06.1985 - 2 AZR 410/84 - in EzA Nr. 16 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

Gründe, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen könnten, hat der Beklagte nicht vorgetragen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

IV.

Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision für den Beklagten zugelassen. Auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung wird Bezug genommen.



Ende der Entscheidung

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