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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 04.02.2005
Aktenzeichen: 3 TaBV 6/03
Rechtsgebiete: BetrVG, WO 2001, UmwG, ArbGG, GmbHG


Vorschriften:

BetrVG § 1 Abs. 1
BetrVG § 1 Abs. 1 Satz 2
BetrVG § 1 Abs. 2
BetrVG § 1 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 5
BetrVG § 87
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 6
BetrVG § 87 Abs. 1
BetrVG §§ 92 ff
BetrVG § 19 Abs. 2
BetrVG § 19
WO 2001 § 20 Abs. 2
WO 2001 § 4 Abs. 3
UmwG § 123 Abs. 3
ArbGG § 12 Abs. 5
ArbGG § 87 Abs. 1
GmbHG § 37
Die gesetzliche Vermutung aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG für einen Gemeinschaftsbetrieb ist dann widerlegt, wenn nachgewiesen wird, dass keine auch nur stillschweigende Führungsvereinbarung vorliegt. Der Nachweis ist dann geführt, wenn sich ergibt, dass jedes Unternehmen seine Arbeitnehmer selbst einsetzt, soweit es um das die Arbeitsleistung konkretisierende Weisungsrecht geht.
Sächsisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS

Chemnitz, 04.02.2005

3 TaBV 6/03

In dem Beschlussverfahren

betreffend Nichtigkeit einer Betriebsratswahl sowie Feststellung eines gemeinsamen Betriebes

hat die 3. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter... und ... auf die Anhörung im Termin am 04.02.2005 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 5. (Betriebsrat) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 30.09.2002 - 13 BV 23/02 - abgeändert.

Der Hauptantrag der Beteiligten zu 1. bis 4. auf Nichtigerklärung der Betriebsratswahl vom 14.03.2002 wird zurückgewiesen.

Auf den Hilfsantrag der Beteiligten zu 1. bis 4. wird die Betriebsratswahl vom 14.03.2002 für unwirksam erklärt.

2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 5. (Betriebsrat) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 05.05.2003 -13 BV 23/02 - wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

1.

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die am 14.03.2002 gemeinsam in den Unternehmen der Beteiligten Ziff. 1. bis 4. durchgeführte Betriebsratswahl nichtig, hilfsweise unwirksam ist. Ferner ist im Streit die hiermit zusammenhängende Frage, ob die Betriebsstätte der Beteiligten Ziff. 1. mit den Betriebsstätten der Beteiligten Ziff. 2. bis 4. mit Ausnahme der von der Beteiligten zu 1. ausgegliederten Abteilung "..." einen gemeinsamen Betrieb i. S. d. BetrVG bildet.

Die durch das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 12.01.2004 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Beschwerden des Beteiligten Ziff. 5. richten sich gegen die (eigentlich: Teil-) Beschlüsse des Arbeitsgerichts vom 30.09.2002 betreffend die Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der Betriebsratswahl sowie vom 05.05.2003 betreffend Feststellung der Eigenschaft eines gemeinsamen Betriebes.

2.

Die Beteiligte zu 1. betreibt ein Druck- und Verlagshaus und gibt u. a. die "..." sowie die "..." heraus. Sie hat ihren Sitz in ... und unterhält mehrere Außenstellen mit jeweils einer Regional- bzw. Lokalredaktion.

3.

Die Beteiligte zu 1 unterhielt in ... und ... jeweils eine Lokalredaktion und Regionalverlage. An beiden Standorten unterhält nunmehr die Beteiligte zu 2., welche im Jahre 1999 errichtet wurde, Betriebsstätten. Wesentliches Geschäftsfeld der Beteiligten zu 2. ist die Erstellung der Lokalteile der "..." für die Regionen ... und ... Im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages verpflichtete sich die Beteiligte zu 2. gegenüber der Beteiligten zu 1. zu entsprechenden redaktionellen Leistungen nach Vorgaben der Beteiligten zu 1. hinsichtlich inhaltlicher und gestalterischer Qualität, Umfang und Zeitpunkt der Lieferung mit den technischen Mitteln der Beteiligten zu 1. Der Chefredakteur der "..." übernimmt dabei die Funktion des Herausgebers der Lokalteile und ist dem jeweils leitenden Redakteur der Lokalteile gegenüber weisungsbefugt, insbesondere hinsichtlich Inhalt und Umfang des redaktionellen Teils. Die Ernennung des leitenden Redakteurs ist an die Zustimmung der Beteiligten zu 1. gebunden. Bei Mängeln der redaktionellen Arbeit hat die Beteiligte zu 2. auf Verlangen der Beteiligten zu 1. sicherzustellen, dass der verantwortliche Redakteur nicht mehr mit redaktionellen Aufgaben beauftragt wird.

Ferner verpflichtet sich die Beteiligte zu 2. zum Betreiben eines SZ-Treffpunktes, zur Entgegennahme von Anzeigen für das Anzeigensystem der Beteiligten zu 1., zur Unterstützung des Vertriebs der Lokalausgaben durch Akquisition von Neukunden und durch Verkauf zu von der Beteiligten zu 1. vorgegebenen Preisen. Bei allen Marketingaktivitäten sind die festgelegten Marketinggrundsätze der Beteiligten zu 1. einzuhalten. Die Verlagsräume hat die Beteiligte zu 1. an die Beteiligte zu 2. untervermietet; sie erledigt auch das Rechnungswesen für die Beteiligte zu 2. Vertragsgegenstand ist weiterhin die Vermietung der Datenverarbeitungsanlage und die freie Nutzung des Archivs der SZ sowie die Vermietung der Foto- und Fotolaborausstattung.

Schließlich hat die Beteiligte zu 1. einen Beratervertrag mit einer Rechtsanwaltskanzlei zur rechtlichen Beratung der Beteiligten zu 2. abgeschlossen und sich zu Dienstleistungen im Personalwesen verpflichtet. Hierzu gehört die Beratung und Unterstützung der Geschäftsleitung der Beteiligten zu 2. in Fragen des Personalmanagements bei der Einstellung von Personal, bei der Änderung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie bei sonstigen personellen Einzelmaßnahmen unter Beachtung der jeweiligen arbeits- und sozialrechtlichen sowie der steuerlichen Bestimmungen. Es gehört ferner hierzu die Einrichtung und Pflege von Personalakten und eines EDV-gestützten Personalinformationssystems, der Entwurf und die Anpassung von Arbeitsverträgen, die Vorbereitung von Arbeitspapieren, die Erstellung von Entwürfen für sonstige Arbeitgeberschreiben, die Erstellung von periodischen und/oder Einzelauswertungen und Listen aus dem Personalinformationssystem, jeweils nach den Vorgaben der Beteiligten zu 2. Die Personalakten der Beteiligten zu 2. werden getrennt von den Personalakten der Beteiligten zu 1. aufbewahrt.

4.

Die Beteiligte zu 3. besteht seit 2001 und ist eine hundertprozentige Tochter der Beteiligten zu 1. Sie führt einen Verlag, welcher u. a. das Branchenbuch, das Immobilienmagazin, die Motor-Auto-Zeitung, die Studentenzeitung "..." und das Gastronomiemagazin "..." herausgibt. Sie betreibt ferner den Onlinedienst "...". Hierfür werden zum Teil Texte und Bilder aus der "..." und der "..." übernommen. Im Rahmen von Dienstleistungsverträgen hat die Beteiligte zu 1. verschiedene Aufgaben für die Beteiligte zu 3. ähnlich wie im Verhältnis zur Beteiligten zu 2. übernommen.

5.

Die Beteiligte zu 4. ist ebenfalls eine hundertprozentige Tochter der Beteiligten zu 1. die, wie auch die Beteiligte zu 3., ihren Sitz im Gebäude der Beteiligten zu 1. hat. Sie betreibt gemeinsam mit der Beteiligten zu 1. die Abteilung "...".

Sie führt als Franchisenehmer eines Dritten ein Reisebüro mit der Bezeichnung "..." im ...-Center in ... Sie greift hierfür auf Reiseveranstalterdatenbanken zurück und fungiert auch selbst als Reiseveranstalter. Sie stellt hierbei eigene Reisen zusammen, die sie direkt oder über andere Reisebüros als "...-Leserreisen" verkauft.

Sie betreibt außerdem ein Ticketgeschäft.

Der Verkauf der Leserreisen, der Tickets und der Handelsware wie Bücher und CDs sowie die Vermittlung von Anzeigen und Zeitungsabonnements für die "..." und die "..." betreibt die Beteiligte zu 4. in ... zwei Geschäftsstellen.

Ferner obliegt ihr der Wareneinkauf für die eigenen Geschäftsstellen sowie, als Kommissionsgeschäft, für die Geschäftsstellen der Beteiligten zu 1. und 2. Schließlich betreibt die Beteiligte zu 4. ein Call-Center sowohl für die telefonische Anzeigenannahme von Kleinanzeigen für beide Zeitungen der Beteiligten zu 1. als auch für die Annahme von Bestellungen, Abbuchungen oder Beschwerden von Abonnenten, für die Annahme von Ticketbestellungen und Reisebuchungen, für die Abwicklung von Gewinnspielen, für die Telefonwerbung für andere Auftraggeber sowie für die Durchführung von Telefonumfragen für verschiedene Auftraggeber.

Die Geschäftsführung unterliegt einer Geschäftsordnung, wonach bestimmte Maßnahmen und Geschäfte der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter bedürfen, soweit sie nicht bereits im gebilligten Etat enthalten sind. Dies betrifft insbesondere auch den Abschluss, die Änderung oder Beendigung von Arbeitsverträgen mit leitenden Angestellten sowie weitere wesentliche personelle Maßnahmen, darüber hinaus etwa den Erwerb oder die Veräußerung von Betrieben oder Teilbetrieben, die Errichtung oder Aufhebung von Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen. Es existieren Dienstleistungsverträge, die entsprechenden Verträgen zwischen der Beteiligten zu 1. und den Beteiligten zu 2. und 3. entsprechen.

6.

Am 29.10.2001 beschloss der damals bei der Beteiligten zu 1. gebildete Betriebsrat die Bestellung eines Wahlvorstandes. Dieser wandte sich mit einem Schreiben vom 30.01.2002 an die Beteiligte zu 1. und vertrat die Auffassung, es bestünde ein gemeinsamer Betrieb zwischen der Beteiligten zu 1. und den Beteiligten zu 2. bis 4. sowie der ... GmbH. Entsprechend erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben am 30.01.2002.

Die Beteiligte zu 1. forderte sodann mit Schreiben vom 30.01.2002 die Herausnahme der Arbeitnehmer der übrigen Unternehmen sowie die Übergabe der Wählerliste. Zur Übergabe der Liste kam es aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Arbeitsgerichts Dresden.

Am 08.03.2002 gab der Wahlvorstand die endgültige Wählerliste heraus, die mit 784 Personen schloss. Hierin aufgeführt waren auch die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. sowie neun Mitarbeiter der ... GmbH; Letztere nahmen aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Arbeitsgerichts Bautzen nicht an der am 14.03.2002 stattfindenden Wahl des Betriebsrates teil.

Bei der Wahl am 14.03.2002 wurde ein aus 13 Mitgliedern bestehender Betriebsrat, der Beteiligte zu 5., gewählt. Die konstituierende Sitzung fand am 17.03.2002 statt.

7.

Mit am 28.03.2002 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift haben die Beteiligten zu 1. bis 4. u. a. geltend gemacht, der Betriebsbegriff sei willkürlich verkannt worden, es bestünde kein gemeinsamer Betrieb, da weder eine Führungsvereinbarung noch ein einheitlicher Leitungsapparat existiere. Die Beteiligten Ziff. 2. bis 4. würden ausschließlich durch deren Geschäftsführer geleitet, die insbesondere die Entscheidung in personellen und sozialen Angelegenheiten der Arbeitnehmer allein und in eigener Verantwortung träfen. Bei den in der jeweiligen Geschäftsordnung geregelten Zustimmungsvorbehalten handele es sich nur um die gesellschaftsrechtlich vorgesehenen Entscheidungsbefugnisse der Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern. In den Dienstleistungsverträgen seien nur Aufgaben des administrativen Vollzugs der von den Geschäftsführern getroffenen Entscheidungen, wie auch bei Fremdfirmen, insbesondere im Konzern, üblich, enthalten.

Zu Unrecht seien deshalb über 60 Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. in die Wählerliste zur Betriebsratswahl aufgenommen worden. Darüber hinaus seien 91 Personen, die freie Mitarbeiter seien, aufgenommen worden, ferner fünf Arbeitnehmer, die ausgeschieden seien, sieben Personen, die der Personalabteilung nicht bekannt seien, sowie acht leitende Angestellte. Im Wahlausschreiben sei die Zahl der erforderlichen Unterschriften für einen Wahlvorschlag zu Unrecht mit 50 angegeben. Ferner sei der Anteil der Geschlechter unrichtig angegeben worden. Die Zahl der Betriebsratsmitglieder laute nicht 13, sondern richtig 11. Die Reihenfolge der Kandidaten in der einzigsten Vorschlagsliste entspräche nicht der Reihenfolge der Bewerber in den Stimmzetteln. Zu einem Großteil der in die Wählerliste aufgenommenen oder gestrichenen Personen fehlten entsprechende Beschlüsse des Wahlvorstandes.

Die Beteiligten zu 1. bis 4. haben beantragt,

die im Betrieb der Beteiligten zu 1. am 14.03.2002 durchgeführte Betriebsratswahl für nichtig zu erklären, hilfsweise die bei der Beteiligten zu 1. am 14.03.2002 durchgeführte Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären.

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben beantragt,

festzustellen, dass die Beteiligte zu 1. keinen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes mit den Betriebsstätten der... bildet und sich die Zuständigkeit des Beteiligten zu 5. nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht auf die Arbeitnehmer der ... mbH erstreckt.

Die Beteiligten zu 1. und 3. haben beantragt,

festzustellen, dass die Beteiligte zu 1. keinen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes mit der ... bildet und sich die Zuständigkeit des Beteiligten zu 5. nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht auf die Arbeitnehmer der ... GmbH erstreckt.

Die Beteiligten zu 1. und 4. haben beantragt,

festzustellen, dass die Beteiligte zu 1. und die ... und ... GmbH, ..., mit Ausnahme der von der Beteiligten zu 1. ausgegliederten Abteilung "..." keinen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes bilden und sich die Zuständigkeit des Beteiligten zu 5. nach dem Betriebsverfassungsgesetz mit Ausnahme der Abt. Kundendienst nicht auf die Arbeitnehmer der... und ... GmbH erstreckt.

Der Beteiligte zu 5. hat beantragt,

1. Den Antrag der Beteiligten zu 1. bis 4. auf Nichtigerklärung, hilfsweise Unwirksamerklärung der Betriebsratswahl vom 14.03.2002 zurückzuweisen,

2. festzustellen, dass die Beteiligte zu 1. einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes mit den Betriebsstätten der Beteiligten zu 2. bis 4. bildet und sich die Zuständigkeit des Beteiligten zu 5. nachdem Betriebsverfassungsgesetz auf die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. erstreckt.

Der Beteiligte zu 5. hat u. a. entgegnet, das Wahlausschreiben sei auch in den Betrieben der Beteiligten zu 2. bis 4. ausgehängt worden. Richtig sei, dass der Wahlvorstand auch die Mitarbeiter, die nach Ansicht der Beteiligten zu 1. freie Mitarbeiter seien, in die Wählerliste aufgenommen habe, denn diese seien in den Arbeitsablauf eingebunden und wirtschaftlich von der Beteiligten zu 1. abhängig. Entsprechende Beschlüsse zur Änderung der Wählerliste seien gefasst worden.

Der Wahlvorstand habe den Begriff des gemeinsamen Betriebes nicht verkannt. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen, organisatorischen, faktischen Verhältnisse seien die Beteiligten zu 1. bis 4. unter einer einheitlichen Geschäftsleitung geführt worden. Insbesondere bestünde eine gemeinsame Leitungsmacht in personellen und sozialen Angelegenheiten. Sämtliche sachlichen und immateriellen Mittel bei der Beteiligten zu 1. würden von den Beteiligten zu 2. bis 4. genutzt. Alle Betriebsführungsaufgaben seien durch die Dienstleistungsverträge auf die Beteiligte zu 1. übertragen worden. Die Möglichkeit eigener Entscheidungsfindung durch die Geschäftsführer der Beteiligten zu 2. bis 4. sei ausgeschlossen.

8.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 30.09.2002 zunächst die am 14.03.2002 durchgeführte Betriebsratswahl für nichtig erklärt.

Es hat in den Gründen, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 845 bis 847 d. A.), u. a. ausgeführt, dass die Nichtigkeit im Falle eines gemeinsamen Betriebes sich daraus ergäbe, dass ein Großteil der bei den Beteiligten zu 2. bis 4. tätigen Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß hätten an der Wahl teilnehmen können. Das Wahlausschreiben hätte nämlich keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. wahlberechtigt seien, weil von einem gemeinsamen Betrieb ausgegangen würde. Aus dem Wahlausschreiben allein hätten die Arbeitnehmer nicht ohne weiteres ihre Wählbarkeit und Wahlberechtigung erkennen können. So hätte auch die einzige Vorschlagsliste keinen Kandidaten aus Kreisen der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. enthalten.

Auch für den Fall, dass kein gemeinsamer Betrieb vorläge, ergäbe sich aufgrund der Vielzahl der Verstöße gegen das Wahlverfahren die Nichtigkeit. So hätte der Wahlvorstand mit nicht nachvollziehbarer Begründung sämtliche bei der Beteiligten zu 1. beschäftigten 91 freien Mitarbeiter in die Wählerliste aufgenommen.

Ferner hätte der Wahlvorstand eine wesentlich überhöhte Zahl von Stützunterschriften für Vorschlagslisten bekannt gegeben. Denn selbst bei den im Wahlausschreiben genannten 757 Wahlberechtigten hätte lediglich eine Zahl von 38 Unterschriften ausgereicht.

Ferner läge ein Verstoß gegen § 20 Abs. 2 der Wahlordnung 2001 vor, da auf dem Wahlzettel nicht die Reihenfolge der Vorschlagsliste übernommen worden sei.

Auch nach Ablauf der Einspruchsfrist, also nach dem 13.02.2002, seien noch Personen in die Wählerliste aufgenommen worden, ohne dass Voraussetzungen für die nachträgliche Aufnahme gemäß § 4 Abs. 3 der Wahlordnung vorgelegen hätten.

Insgesamt könne nicht mehr vom Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl ausgegangen werden.

Dieser Beschluss ging dem Beteiligten zu 5. am 05.02.2003 zu.

Gegen ihn richtet sich die am 03.03.2003 beim Landesarbeitsgericht eingelegte und, nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 05.05.2003, am 04.05.2003 ausgeführte Beschwerde des Beteiligten zu 5.

9.

Im Übrigen hat das Arbeitsgericht nach Vernehmung der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2. bis 4. sowie des Personalleiters der Beteiligten zu 1. mit Beschluss vom 05.05.2003 festgestellt, dass die Beteiligte zu 1. keinen gemeinsamen Betrieb im Sinne des BetrVG mit den Betriebsstätten der Beteiligten zu 2. bis 4. mit Ausnahme der Abteilung "..." bildet.

Es hat in den Gründen dieser Entscheidung, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 980 bis 984 d. A.), u. a. ausgeführt, aufgrund der Dienstleistungsverträge und der Beweisaufnahme zur tatsächlichen Zusammenarbeit sei die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 2 BetrVG widerlegt. Bei der Beteiligten zu 2. verfüge die Beteiligte zu 1. über keine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung. Beide Geschäftsführer hielten mehr als 50 % der Anteile.

Aus den Dienstleistungsverträgen ginge hervor, dass Maßnahmen im Regelungsbereich des §§ 87, 92 ff BetrVG von den Geschäftsführern geregelt würden. Lediglich würden entweder Rahmenbedingungen durch die Beteiligte zu 1. im Wege unternehmerischer Zusammenarbeit vorgegeben oder Entscheidungen der Beteiligten zu 2. bis 4. in der Personalabteilung der Beteiligten zu 1. umgesetzt. Übereinstimmend hätten die Aussagen der vernommenen Personen ergeben, dass sämtliche personellen Entscheidungen eigenständig von den Geschäftsführern getroffen würden. Die Beteiligte zu 1. erledige lediglich die entsprechenden Formalien. Die Vorgaben der unternehmerischen Zusammenarbeit der Beteiligten zu 1. und 2. ließen Raum für Vereinbarungen mit dem Betriebsrat in Mitbestimmungsangelegenheiten.

Dieser Beschluss ging dem Beteiligten zu 5. am 16.07.2003 zu. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ging beim LAG am 23.07.2003 ein. Sie wurde nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 06.10.2003 am 05.10.2003 ausgeführt.

10.

Der Beteiligte zu 5. trägt zur Begründung der Beschwerde gegen den Beschluss vom 30.09.2002 (Nichtigkeit der Betriebsratswahl) u. a. vor, bei den formellen Fehlern, die geschehen seien, handele es sich nicht um grobe und offensichtliche Verstöße. Bei der Angabe der Zahl der Stützunterschriften sei es zu einem Übertragsfehler gekommen. Das Wahlausschreiben sei auch in allen Außenstellen der Beteiligten zu 1. ausgehängt worden. Die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. hätten an der Wahl teilgenommen; sie hätten die Informationen am schwarzen Brett auf sich bezogen. In die Wählerliste seien nur die "freien Mitarbeiter" aufgenommen worden, die in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt würden.

Die Berufung auf den angeblichen Nichtigkeitsgrund, der Wahlvorstand habe noch nach dem 13.02.2002 Personen in die Wählerliste aufgenommen, sei rechtsmissbräuchlich. Denn die Beteiligte zu 1. habe die Wählerlisten für die Beteiligten zu 2. bis 4. nicht herausgegeben.

Die Beteiligten zu 1. bis 4. entgegnen hierauf u. a., das Wahlausschreiben sei in den Betriebsstätten der Beteiligten zu 2. bis 4. nicht ausgehängt worden. Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. bis 4. hätten sich durch das Wahlausschreiben nicht angesprochen gefühlt.

Im Rahmen seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.05.2003 (kein gemeinsamer Betrieb) führt der Beteiligte zu 5. u. a. aus: Die Vermutung aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG sei nicht widerlegt. Das Arbeitsgericht hätte die Auswirkungen der Dienstleistungsverträge unzutreffend gewürdigt. Es werde diesbezüglich Bezug genommen auf die Schriftsätze aus erster Instanz, insbesondere vom 16.06.2002, 13.12.2002 und 23.04.2003.

Die Ausgangslage sei durch das Gericht bestätigt worden. So gäbe es eine unternehmerische Zusammenarbeit für die Erstellung der Lokalteile; es habe eine Ausgliederung von Betriebsteilen stattgefunden.

Es sei unerheblich, dass die Beteiligte zu 1. nur Minderheitsgesellschafterin sei und die Geschäftsführer selbst über Betriebsvereinbarungen bestimmen könnten. Es könne jedoch z. B. im EDV-Bereich aufgrund der Vorgaben der Beteiligten zu 1. keine abweichende Vereinbarung im Rahmen des § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG getroffen werden. Über das Eingehen von Tarifbindungen könnten die Beteiligten zu 2. bis 4. nicht selbst entscheiden sondern, entsprechend den Gesellschaftsverträgen, nur mit Zustimmung der Beteiligten zu 1. Die Geschäftsführer hätten wesentliche Vorgaben der Beteiligten zu 1. zu beachten, die bis in den personellen und sozialen Bereich hineinwirkten.

Die Dienstleistungsverträge regelten sehr ausführlich das Zusammenleben und -wirken der Unternehmen und Belegschaften, damit das einheitliche Produkt (SZ und Regionalausgaben) erscheinen könne. Die Rahmenbedingungen im Bereich der personellen und sozialen Angelegenheiten gäbe die Beteiligte zu 1. vor. Sie habe nicht nur Befugnisse im Zusammenhang mit der Berufung der leitenden Redakteure. Vielmehr gäbe sie auch Regelungen der Arbeitszeit, des äußeren Auftretens der Beschäftigten, Vergütungsfragen, Abmahnungen, Vorbereitung von personellen Maßnahmen durch ihre Personalabteilung vor. Die Beteiligten zu 2. bis 4. seien nicht in der Lage, die EDV eigenständig zu gestalten.

Die Chefredaktion bzw. die Geschäftsführung der Beteiligten zu 1. sei berechtigt, gegenüber Redakteuren und Mitarbeitern der Beteiligten zu 3. Weisungen zu erteilen.

Die Beteiligten zu 1. bis 4. erwidern hierauf u. a.:

Die Dienstleistungsverträge belegten, dass die Maßnahmen im Regelungsbereich der §§ 87, 92 ff BetrVG von den Geschäftsführern der Beteiligten zu 2. bis 4. zu regeln seien. Vorgaben in den Dienstleistungsverträgen seien nur solche der unternehmerischen Zusammenarbeit, die nicht die Möglichkeit nähmen, zu vereinbaren, wie das unternehmerische Konzept auf betrieblicher Ebene umzusetzen sei. In Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG seien die Beteiligten zu 2. bis 4. jeweils eigenständig entscheidungsbefugt. In den Dienstleistungsverträgen würden keine "Rahmenbedingungen" im Regelungsbereich der §§ 87, 92 ff BetrVG vorgegeben, auch keine Regelungen der konkreten Arbeitszeit und des "äußeren Auftretens" der Beschäftigten. Es ginge dort lediglich um das äußere Erscheinungsbild wie z. B. die Leuchtwerbung. Im Bereich der Vergütungsfragen und der Abmahnung gäbe es lediglich Vorgaben für die Beteiligte zu 2. Ansonsten sei die Beteiligte zu 1. lediglich Auftragnehmerin für die Abwicklung personeller Maßnahmen, etwa im Bereich der Buchhaltung. Ein Weisungsrecht des Chefredakteurs bestünde nur in seiner Funktion als Herausgeber des redaktionellen Inhalts. Es gäbe keine personellen Weisungsbefugnisse seitens der Beteiligten zu 1.

Schließlich läge keine gemeinsame Betriebsstätte, kein gemeinsamer arbeitstechnischer Zweck, keine gemeinsame Nutzung wesentlicher materieller und immaterieller Betriebsmittel vor.

Die Beteiligten zu 2. bis 4. seien nicht im Wege der Spaltung gemäß § 123 Abs. 3 Umwandlungsgesetz ("Ausgründung"), sondern unabhängig von der Beteiligten zu 1. durch Dritte, deren Anteile später die Beteiligte zu 1. erworben habe, gegründet und geführt worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze bei den Akten Bezug genommen.

11.

Der Beteiligte zu 5. beantragt,

1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 30.09.2002 - 13 BV 23/02 - (Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 14.03.2002) abzuändern und die Anträge zurückzuweisen,

2. den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 05.05.2003 - 13 BV 23/02 - abzuändern und festzustellen, dass die Beteiligte zu 1. einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes mit den Betriebsstätten der Beteiligten zu 2. bis 4. bildet und sich die Zuständigkeit des Beteiligten zu 5. nach dem Betriebsverfassungsgesetz auf die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. erstreckt.

Der Beteiligte zu 5. erklärt zu dem Antrag Ziff. 2, dieser sei als Hilfsantrag nur für den Fall zu verstehen, dass über die Anträge der Beteiligten zu 1. bis 4. keine Sachentscheidung erginge.

Die Beteiligten zu 1. bis 4. beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

II.

1.

Die Beschwerden des Beteiligten zu 5. sind gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Der Beschwerdeantrag Ziff. 2 ist dahin auszulegen, dass in erster Linie die Zurückweisung der Anträge der Beteiligten 1. bis 4. auf Feststellung, dass keine gemeinsamen Betriebe mit der Beteiligten zu 1. vorlägen, und nur hilfsweise für den Fall, dass über die diesbezüglichen Anträge der Beteiligten zu 1. bis 4. keine Sachentscheidung erginge, die positive Feststellung des gemeinsamen Betriebes begehrt werde.

Dies macht die Beschwerde insgesamt zulässig. Auch der Beschwerdeantrag Ziff. 2 beruht auf der Beschwer des Beteiligten zu 5.

2.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.05.2003 ist unbegründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass die Beteiligte zu 1. einen gemeinsamen Betrieb weder mit der Beteiligten zu 2. noch mit der Beteiligten zu 3. noch mit der Beteiligten zu 4. führt.

a) Das Betriebsverfassungs-Reformgesetz 2001 hat mit § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG klargestellt, dass unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Betriebsräte auch in gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen gewählt werden können. Damit ist die Rechtsprechung des BAG aufgegriffen und bestätigt worden. Allerdings enthält das Gesetz keine Legaldefinition. Es wird lediglich in § 1 Abs. 2 BetrVG für das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen im Sinne des BetrVG eine Vermutensregelung aufgestellt. Hiermit soll der Nachweis, etwa für Wahlvorstände und Betriebsräte, erleichtert werden. Für die Prüfung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Gemeinschaftsbetriebes ist im Übrigen weiterhin die Rechtsprechung des BAG maßgeblich.

b) Die Gleichsetzung des "Betriebes" mit dem "gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen" in § 1 Abs. 1 BetrVG setzt voraus, dass der einheitliche Betrieb auch einen einheitlichen Leitungsapparat hat. Dieser muss in der Lage sein, die Gesamtheit der für die Erreichung der arbeitstechnischen Zwecke eingesetzten personellen, technischen und immateriellen Mittel zu lenken (vgl. z. B. BAG vom 31.05.2000 in AP Nr. 12 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb). Eine bloße unternehmerische Zusammenarbeit aufgrund von etwa auch Beherrschungsverträgen reicht hierfür nicht aus.

Für einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes notwendig ist es, dass gerade der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (vgl. auch BAG vom 18.10.2000, AP Nr. 49 zu § 15 KSchG 1969). Denn dem Betriebsrat müsste ein funktionsfähiger Gesprächspartner gegenüberstehen, der für die Wahrnehmung der Rechte als Arbeitgeber eine letztlich zuständige Instanz darstellte (vgl. auch Richardi, BetrVG, 9. Auflage, § 1 Rz. 67).

Nicht erfüllt wäre diese Voraussetzung, wenn lediglich gesellschaftsrechtliche Weisungsbefugnisse der Gesellschafter, und seien diese auch personenidentisch, gegenüber den Geschäftsführern der in Form von GmbH's betriebenen Unternehmen gemäß § 37 GmbHG ausgeübt würde.

Die beteiligten Unternehmen müssen sich vielmehr zur gemeinsamen Führung des Betriebs rechtlich verbunden haben, wobei auch eine durch konkludentes Handeln zum Ausdruck kommende stillschweigende Vereinbarung genügt.

Hier greift die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, auf welche sich auch der Beteiligte zu 5. beruft, ein. Bereits die Rechtsprechung des BAG hatte auf den Nachweis einer Führungsvereinbarung in der Praxis verzichtet und ging von einer Vermutensregelung aus, die an das äußere Erscheinungsbild anknüpft. Aufzufassen ist die gesetzliche Vermutensregelung allerdings dahin, dass es nicht um den gemeinsamen "Einsatz", sondern um die gemeinsame "Nutzung" von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern geht (vgl. auch Fitting u. a., BetrVG, 22. Auflage, § 1 Rz. 85).

Für die Vermutung genügend sind Indizien, die auf eine gemeinsame Nutzung schließen lassen. Dann wird eine einheitliche Leitung im genannten Sinne vermutet.

Eine einheitliche Leitung kann sich auch aus personellen Verpflichtungen ergeben, etwa aus der Leitung durch dieselbe Person. Auch können gleichlautende Weisungen der Konzernspitze eine Rolle spielen. Dann kann eine einheitliche Leitung im genannten Sinne vermutet werden.

Zwar können auch weitere tatsächliche Umstände außerhalb der Vermutung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG für einen Gemeinschaftsbetrieb sprechen, wie etwa die Verknüpfung der Arbeitsabläufe, eine gemeinsame räumliche Unterbringung, eine gemeinsame Lohnbuchhaltung (vgl. auch BAG vom 24.01.1996 in AP Nr. 8 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb). Hinzukommen muss, dass Arbeitnehmer unternehmensübergreifend "eingesetzt" werden (vgl. Richardi, a. a. O., Rz. 74).

Widerlegt ist die gesetzliche Vermutung dann, wenn nachgewiesen wird, dass keine Führungsvereinbarung (auch keine stillschweigende) vorliegt. Hierfür ist der Nachweis erforderlich, dass jedes Unternehmen seine Arbeitnehmer selbst einsetzt, soweit es um das die Arbeitsleistung konkretisierende Weisungsrecht geht.

3.

Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die Beteiligten zu 2. bis 4. technische und immaterielle Betriebsmittel und Räume gemeinsam mit der Beteiligten zu 1. nutzen, Arbeitsabläufe mit der Beteiligten zu 1. verknüpft sind, sonstige Einrichtungen wie etwa die Lohnbuchhaltung gemeinsam mit der Beteiligten zu 1. genutzt wird.

Denn wesentlich ist, dass die Arbeitnehmer in jedem Unternehmen der Beteiligten zu 2. bis 4. einer eigenen Leitung unterstellt sind und von dieser eingesetzt werden, soweit es um das die Arbeitsleistung konkretisierende Weisungsrecht geht. Diese Leitung stellt auch jeweils das Gegenüber eines bei dem jeweiligen Unternehmen existierenden Betriebsrats dar; sie ist in der Wahrnehmung der Arbeitgeberstellung im Rahmen der §§ 87, 92 ff BetrVG nicht eingeschränkt. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligten zu 2. bis 4. selbständig eine Tarifbindung eingehen könnten. Dies ist für die selbständige Ausübung der Befugnisse nach dem BetrVG irrelevant.

a) Bei der Beteiligten zu 2. sprechen die mit der Beteiligten zu 1. getroffenen Vereinbarungen (Bl. 530 bis 557 d. A.) nicht gegen die Eigenständigkeit der Geschäftsführung der Beteiligten zu 2., beim Personaleinsatz. In § 4 des Dienstleistungsvertrages vom 21.10.1999 (Bl. 551/552 d. A.) hat die Beteiligte zu 1. die Erledigung der Lohn-/Gehaltsbuchhaltung, die Beratung in Personalfragen sowie die Einrichtung und Pflege von Personalakten und eines EDV-gestützten Personalinformationssystems für die Beschäftigten der Beteiligten zu 2. übernommen.

Damit ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht auf die Beteiligte zu 1. (bzw. auf eine gemeinsame Leitungsebene) übertragen worden. Soweit Arbeiten übertragen wurden, handelt es sich um die technische Abwicklung ohne Entscheidungsbefugnis. In der Beratungstätigkeit liegt keine Entscheidungskompetenz.

Darüber hinaus hat der Personalleiter der Beteiligten zu 1., der Zeuge ..., in der Vernehmung vor dem Arbeitsgericht im Anhörungstermin am 05.05.2003 (Bl. 967 d. A) den eher technischen Charakter der übernommenen Arbeiten - er nannte diese Arbeiten "Personalbetreuung" - bestätigt und ausgesagt, eine Beratung fände statt, wenn dies gewünscht werde, dies sei jedoch eher selten.

Die Entscheidungsbefugnis in personellen Angelegenheiten verbleibt bei der Beteiligten zu 2., wie sich auch aus der Aussage des Geschäftsführers der Beteiligten zu 2., Herrn ..., ergibt (Bl. 968 d. A.).

b) Ähnlich verhält es sich bei der Beteiligten zu 3. Mit Vertrag vom 01.07.2002 (Bl. 558 bis 560 d. A.) hat die Beteiligte zu 1. Arbeiten der Lohn-/Gehaltsbuchhaltung für die Beteiligte zu 3., die Personalaktenpflege so wie die Beratung in Personalfragen übernommen. Die eigenständige Entscheidung in Personalfragen obliegt weiterhin bei der Beteiligten zu 3., wie sich aus der Aussage des Geschäftsführers im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht ergibt (Bl. 965 d. A).

c) Auch bei der Beteiligten zu 4. verbleiben die Entscheidungen im Personalsektor bei dieser. Mittels Vertrages (Bl. 724 bis 726 d. A.) hat die Beteiligte zu 1. gleiche Pflichten übernommen wie bei den Beteiligten zu 2. und 3. Es gilt das dort Ausgeführte. Die Vernehmung der beiden Geschäftsführerinnen der Beteiligten zu 4. im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht hat ergeben, dass die Arbeitgeberentscheidungen in Personalfragen bei diesen verblieben sind.

d) Nicht darauf ankommen kann es, dass sich die Beteiligte zu 1. in Fragen der Berufung leitender Redakteure ein Mitsprache wenn nicht sogar ein Mitentscheidungsrecht vorbehalten hat. Hierbei handelt es sich um leitende Angestellte im Sinne des § 5 BetrVG. Diese unterfallen nicht dem BetrVG; der Betriebsbegriff des BetrVG kann deshalb nicht von der Frage ihrer Ersetzbarkeit abhängen.

e) Soweit in den Verträgen zwischen der Beteiligten zu 1. und den Beteiligten zu 2. bis 4. bestimmte (Laden-) Öffnungszeiten (nur hierum geht es, nicht etwa allgemein um Arbeitszeiten der Beschäftigten) sowie ein äußeres Erscheinungsbild von Geschäftsstellen geregelt ist, handelt es sich um Fragen, die mit der ordnungsgemäßen Erfüllung des erteilten Auftrages direkt zusammenhängen. Sie haben lediglich eine Ausstrahlung auf das Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern wie auch auf andere Einzelheiten der übertragenen Aufgaben.

f) Vorgaben hinsichtlich Vergütung und Abmahnung, wie vom Beteiligten zu 5. behauptet, sind nirgends ersichtlich.

Allerdings kann die vereinbarte Beratungstätigkeit der Beteiligten zu 1. in Personalfragen Personalentscheidungen der Beteiligten zu 2. bis 4. beeinflussen.

Darin entfaltet jedoch jede Beratungstätigkeit ihren Sinn. Die Entscheidung verbleibt bei den Beteiligten zu 2. bis 4.

III.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 5. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 30.09.2002 ist dagegen teilweise begründet. Die Betriebsratswahl vom 14.03.2002 ist nicht für nichtig, sondern lediglich für unwirksam zu erklären. Es liegen nur die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit vor.

1.

Eine Betriebsratswahl ist dann nichtig, wenn gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt (vgl. ständige Rechtsprechung des BAG, z. B. Beschluss vom 19.11.2003, in AP Nr. 54 zu § 19 BetrVG 1972).

Dies folgt bereits aus der gesetzlichen Regelung. Denn die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Das Gesetz kennt nur die Anfechtung der Wahl bei wesentlichen Verstößen gegen Wahlvorschriften. Diese führen nur zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl ex nunc, wenn die Anfechtung innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgt, § 19 Abs. 2 BetrVG. Andernfalls ist grundsätzlich auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat bis zum Ablauf der regelmäßigen Amtszeit mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt.

Es besteht allerdings Veranlassung, hiervon eine Ausnahme zu machen, allerdings nur dann, wenn bei der Wahl des Betriebsrats so grob und offensichtlich gegen Wahlvorschriften verstoßen wurde, dass auch nur von dem Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr gesprochen werden kann und dies jedem mit dem betrieblichen Verhältnissen vertrauten Dritten sofort ohne weiteres erkennbar ist. Nur in diesem Ausnahmefall ist die Wahl von Anfang an nichtig.

Ist eine bewertende Gesamtwürdigung oder eine Beweisaufnahme zur Ermittlung der Tatsachen erforderlich, so kann hiervon nicht gesprochen werden (vgl. auch BAG, Beschluss vom 15.11.2000 - 7 ABR 23/99 -). Rechtfertigt bei einzelnen Verstößen jeder Mangel für sich genommen die Anfechtung der Betriebsratswahl, lässt diese aber nicht als nichtig erkennen, so kann weder die addierte Summe der Fehler noch eine Gesamtwürdigung zur Nichtigkeit führen (vgl. BAG, Beschluss vom 19.12.2003 - 7 ABR 24/03 - in AP Nr. 54 zu § 19 BetrVG 1972).

2.

Vorliegend geht es um Mängel, die für sich genommen wesentliche Verstöße gegen Wahlvorschriften darstellen, jedoch nicht die Nichtigkeit der Wahl erkennen lassen.

a) Die Verkennung des Betriebsbegriffs stellt einen wesentlichen Mangel der Wahl dar.

Dieser war jedoch nicht so grob und offensichtlich, dass er einem mit den Verhältnissen vertrauten Dritten sofort ohne weiteres erkennbar gewesen wäre und auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorgelegen hätte.

Verwobenheit der Betriebszwecke miteinander, die Zuarbeit füreinander, die teilweise gemeinsame Verwendung von Betriebsmitteln boten Anhaltspunkte für die Vermutung eines gemeinsamen Betriebes. Erst aufgrund genauerer Untersuchungen und einer bewertenden Gesamtwürdigung sowie auch einer Beweisaufnahme stellte sich der Mangel deutlich heraus. Damit war der Mangel nicht ohne weiteres sofort erkennbar.

Er begründet deshalb lediglich eine Anfechtung gemäß § 19 BetrVG.

b) Auch im Übrigen liegen Verstöße gegen Wahlvorschriften vor, die zwar wesentlich sind, der Wahl jedoch nicht den bloßen Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nehmen.

Das gilt zunächst für die nur lückenhafte Bekanntgabe des Wahlausschreibens. Zwar hätte der Wahlvorstand, da er auch die Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. bis 4. in die Wählerliste aufgenommen hatte, das Wahlausschreiben auch vollständig in den Betriebsstätten der Beteiligten 2. bis 4. aushängen müssen. Dies war nicht geschehen.

Darüber hinaus war dem Wahlausschreiben nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass auch die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. zur Wahl aufgerufen sind. Allerdings lässt Ziff. 13 des Wahlausschreibens ("für folgende Betriebsteile und Kleinstbetriebe hat der Wahlvorstand die schriftliche Stimmabgabe beschlossen (§ 24 Abs. 3 WO): Alle Außenredaktionen und Treffpunkte außerhalb Dresdens") eine gewisse Erstreckung der Wahl erkennen. Zudem enthält die Wählerliste auch die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. Ferner sollen nach unbestrittenem Vortrag des Beteiligten zu 5. Beschäftigte der Beteiligten zu 3. und 4. den Wahlvorstand auf die Beteiligung angesprochen haben. Schließlich arbeiten die Beschäftigten der Beteiligten zu 2. und 3. im Gebäude ... der Beteiligten zu 1. und konnten somit die Aushänge an den schwarzen Brettern dort erkennen.

Dies alles heilt zwar nicht die beschriebenen Mängeln, führt aber lediglich zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit der Wahl.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die unrichtige Angabe der Stützunterschriften für Wahlvorschläge im Wahlausschreiben auf einem Schreibfehler beruht. Unabhängig von den Ursachen dieses Fehlers liegt auch hier lediglich ein zwar wesentlicher, aber nicht ohne weiteres offensichtlicher Verstoß gegen Wahlvorschriften vor, der der Wahl den Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nähme.

Das gleiche gilt für die Aufnahme freier Mitarbeiter in die Wählerliste. Hierzu hat der Beteiligte zu 5. vorgetragen, er habe jeweils den Status dieser Mitarbeiter eigenständig geprüft. Das konnte nicht widerlegt werden. Sollten Fehler vorliegen, so nehmen auch diese der Wahl nicht den bloßen Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl. Sie machen die Wahl lediglich anfechtbar. Weitere Verstöße gegen Wahlvorschriften, nämlich die unzulässige nachträgliche Aufnahme von Personen in die Wählerlisten, die Änderung der Reihenfolge der Kandidaten auf dem Wahlzettel gegenüber der Vorschlagsliste, die unrichtige Angabe der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die falsche Angabe des Verhältnisses von Männern und Frauen, die fehlende Angabe der Zeit der Stimmenauszählung, die fehlende Bekanntmachung der Vorschlagslisten, die Aufnahme von acht unbekannten Personen in die Wählerliste, die Aufnahme von sechs bereits ausgeschiedenen Personen in die Wählerliste, die Aufnahme von acht leitenden Angestellten in die Wählerliste, fehlende Beschlüsse über die Aufnahme von Personen in die Wählerliste, eine etwaig fehlende Beteiligung der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. bis 4. und der ... GmbH an der Bestellung des Wahlvorstandes, eine etwaige Verweigerung der Einsicht in die Wählerliste sowie eine etwaig verzögerte Bearbeitung von Wahleinsprüchen sind zwar in den meisten Fällen für sich genommen, so sie denn vorgekommen sind, wesentliche Verstöße gegen Wahlvorschriften. Auch sie nehmen jedoch der Wahl nicht den Anschein einer gesetzlichen Wahl, bei welcher evident würde, dass ein wirksam gewählter Betriebsrat nicht bestünde.

3.

Die Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 BetrVG ist eingehalten.

IV.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 12 Abs. 5 ArbGG gerichtskostenfrei.

V.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass. Die Entscheidung bewegt sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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