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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 23.06.2003
Aktenzeichen: 4 Ta 31/03
Rechtsgebiete: BetrVG, BRAGO, GKG, BGB
Vorschriften:
BetrVG § 113 | |
BetrVG § 113 Abs. 3 | |
BetrVG § 613 a V | |
BRAGO § 23 | |
GKG § 19 Abs. 4 | |
BGB § 613 a Abs. 5 |
Sächsisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS
Chemnitz, 23.06.2003
In dem Streitwertbeschwerdeverfahren
hat die 4. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung am 23.06.2003 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägervertreters/Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 07.01.2003 - 8 Ca 2951/02 - abgeändert:
1. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers/Beteiligten zu 1. wird für das Verfahren im Allgemeinen (Prozess-, Verhandlungs- und Erörterungsgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 BRAGO) auf 14.816,15 festgesetzt.
2. Für die Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO wird der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers/Beteiligten zu 1. auf 37.371,90 festgesetzt.
3. Im Übrigen wird die weitergehende Beschwerde des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger, der seit 01.09.1978 bei der Beklagten als Abteilungsleiter Maler zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt 2.863,23 beschäftigt war, hat zuletzt folgende Anträge gestellt:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 30.04.2002, zugegangen am 30.04.2002, zum 30.11.2002 nicht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.11.2002 hinaus fortbesteht.
3. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag Ziffer 1 wird die Beklagte verurteilt, das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung zu den im Arbeitsvertrag vom 20.06.1997 genannten Bedingungen anzunehmen.
4. Hilfsweise für den Hilfsantrag zu Ziffer 1 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Nachteilsausgleich nach Maßgabe von §§ 113 BetrVG, 10 KSchG zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
5. Hilfsweise für den Fall, dass der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 abgewiesen wird, wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
6. Im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
7. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den im Arbeitsvertrag vom 20.06.1997 geregelten Arbeitsbedingungen als Abteilungsleiter bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.
8. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger in Textform zu unterrichten über
- den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
- den Grund für den Übergang,
- die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
- die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen,
- im Hinblick auf den Betriebsübergang der Fa. ... auf die Fa. ....
Der Klageantrag zu Ziffer 2 wurde in der letzten mündlichen Verhandlung vom 28.10.2002 zurückgenommen.
Das Verfahren endete durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht Dresden vom 11.11.2002. Bezüglich des Wortlauts des Vergleichs wird auf Bl. 198 d. A. verwiesen. Das Arbeitsgericht hat auf Antrag des Klägervertreters den ursprünglich durch Beschluss vom 07.01.2003, der dem Beteiligten zu 1. am 20.01.2003 zugestellt wurde, für die Prozess-, Verhandlungs- und Erörterungsgebühr auf 14.466,15 festgesetzten Streitwert mit Beschluss vom 19.02.2003 dahingehend abgeändert, dass die Vergleichsgebühr auf 20.192,61 festgesetzt wird. Im Übrigen hat es die im Beschluss vom 07.01.2003 erfolgte Festsetzung der Prozess-, Verhandlungs- und Erörterungsgebühr in Höhe von 14.466,15 aufrechterhalten.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 22.01.2003.
Er vertritt die Auffassung, dass entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts der Antrag auf Nachteilsausgleich für die Streitwertbemessung ebenfalls berücksichtigt werden müsse.
Das Arbeitsgericht Dresden hat der sofortigen Beschwerde des Beteiligten zu 1. insoweit nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Die seitens des Beteiligten zu 1. eingelegte Beschwerde ist statthaft, da sie - wie sich aus der Beschwerdebegründung eindeutig ergibt - eine Streitwertheraufsetzung zum Ziel hat. Die im Übrigen zulässige Beschwerde (§§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 3 BRAGO, 25 Abs. 3 Satz 1 GKG) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden hat auch teilweise Erfolg.
a) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Dresden war vorliegend der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Nachteilsaugleich gemäß § 113 BetrVG streitwertmäßig zu berücksichtigen. Er führt hier zu einer Erhöhung der Vergleichsgebühr um 17.179,38.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Instanzgerichte und der überwiegenden Meinung in der Literatur, dass, wer in demselben Prozess einerseits die Bestandskraft der Kündigung zur Überprüfung stellt und hilfsweise die Leistungen aus dem Sozialplan oder Rationalisierungsschutzabkommen bzw. den Nachteilsausgleich i. S. des § 113 BetrVG verlangt, unterschiedliche Streitgegenstände anhängig macht, die getrennt zu bewerten sind (Rationalisierungsschutzabkommen: LAG Hamm 15.10.1981 - 8 Ta 137/81 - EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 8; 21.10.1982 - 8 Ta 275/82 - MDR 1983, 170; Sozialplan: LAG Hamburg 15.02.1984 - 2 Ta 3/84 - AnwBl. 1984, 315; Abfindung nach § 113 BetrVG: LAG Köln 14.09.2001 - 13 Ta 214/01 - AR-Blattei ES 160, 13 Nr. 229 = ARST 2002, 44 L; LAG Bremen 15.03.1983 - 4 Sa 265/82 - EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 22; LAG Düsseldorf 17.01.1985 - 7 Ta 267/84 - LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 33; Germelmann/ Matthes/ Prütting/Müller-Glöge § 12 Rdnr. 116; Hillach/Rohs S. 447; KR-Friedrich § 4 KSchG Rdnr. 282 m. w. A.; Hecker AnwBl. 1984, 116 [123]; Wenzel BB 1984, 1494 [1496])
Denn die Vorschrift des § 12 Abs. 7 Satz 1 kommt dann nicht zur Anwendung, wenn die Abfindung - wie hier - auf einer eigenen Anspruchsgrundlage beruht, die nicht von dem Ausgang des Kündigungsschutzrechtsstreits abhängig ist. In diesem Fall handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände, so dass eine Streitwertaddition erfolgen kann, die Bestimmung des § 19 Abs. 4 GKG kann nicht angewendet werden (LAG Hamburg vom 15.01.1984, AnwBl. 1984, 315; LAG Hamm vom 15.10.1981, DB 1981, 2388). § 12 Abs. 7 Satz 1 kommt daher nicht zur Anwendung, wenn ein Abfindungsanspruch nach § 113 Abs. 3 BetrVG geltend gemacht wird (LAG Bremen vom 15.03.1983, EzA Nr. 222 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; LAG Düsseldorf vom 17.01.1985, LAGE Nr. 33 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert).
b) Hinsichtlich der Höhe des Gegenstandswerts für den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Nachteilsausgleich war ein Viertel Bruttomonatsgehalt des Klägers pro Beschäftigungsjahr anzusetzen. Dies ergibt bei einer Beschäftigungszeit des Klägers vom 01.09.1978 bis 30.11.2002 und einem Bruttomonatsgehalt des Klägers in Höhe von 2.863,23 eine Regelabfindung in Höhe von 17.179,38 (2.863,23 : 4 x 24 Jahre).
2.
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Dresden waren für den unter Ziffer 8 geltend gemachten Auskunftsanspruch gemäß § 613 a Abs. 5 BGB nicht lediglich 150,00 , sondern 500,00 anzusetzen.
Es handelt sich hier nicht um ein Arbeitspapier im weiteren Sinne, wie das Arbeitsgericht meint, so dass eine Wertung des Auskunftsanspruchs wie ein Arbeitspapier hier nicht in Betracht kommt.
Der hier gemäß § 613 a Abs. 5 BGB geltend gemachte Auskunftsanspruch betrifft von seinem Inhalt her spezielle Auskünfte des Arbeitgebers, die nur dieser weiß und weitere, andere Ansprüche des Arbeitnehmers vorbereiten soll, so dass lediglich die Bewertung mit 225,00 zu niedrig ist und ein Wert in Höhe von 500,00 durchaus angemessen ist.
3.
Die im Übrigen vom Arbeitsgericht allgemein festgesetzten Gegenstandswerte für die Klageanträge zu Ziffer 1 bis 3 und 5 bis 7 waren hier - wie das Arbeitsgericht richtig ausgeführt hat - mit 14.316,15 anzusetzen.
Nachdem der Beteiligte zu 1. diese Wertfestsetzung mit seiner Beschwerde nicht angegriffen hat, ist hier von 14.316,15 auszugehen, da der Beteiligte insoweit nicht beschwert ist. Außerdem hat der Beteiligte zu 1. in seiner Beschwerde Gründe, die gegen diese Wertfestsetzung sprechen, weder vorgetragen noch sind solche vorliegend ersichtlich.
Gleiches gilt hier auch für die geltend gemachte Vergleichsgebühr. Nachdem der Beteiligte zu 1. hier ausdrücklich lediglich die unterlassene Gebührenfestsetzung für den hilfsweise geltend gemachten Nachteilsausgleich bei der Festsetzung der Vergleichsgebühr angriffen hatte, war nur in diesem Umfang von einer Beschwer des Beteiligten zu 1. auszugehen.
Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers/Beteiligten zu 1. für das Verfahren im Allgemeinen (Prozess-, Verhandlungs- und Erörterungsgebühr) auf 14.816,15 und für die Vergleichsgebühr auf 37.371,99 festzusetzen ist.
Nach alledem war daher der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. entsprechend abzuändern und die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 4 GKG).
Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen (§§ 568 Satz 1 ZPO i. V. m. § 53 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 7 ArbGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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