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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 23.02.2007
Aktenzeichen: 4 Ta 8/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 5
KSchG § 5 Abs. 2
KSchG § 5 Abs. 3 S. 1
Die Pflicht des Rechtsanwaltes zur Ausgangskontrolle bei Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax endet erst dann, wenn feststeht, dass der Schriftsatz wirklich übermittelt worden ist. Mit Rücksicht auf die Risiken beim Einsatz eines Telefaxgerätes kommt der Rechtsanwwalt seiner Verpflichtung zu einer wirksamen Ausgangskontrolle nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist im elektronischen Fristenkalender erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen.
Sächsisches Landesarbeitsgericht BESCHLUSS

4 Ta 8/07 (7)

Chemnitz, 23.02.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung am 23.02.2007 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bautzen/Außenkammern Görlitz vom 14.12.2006 - 8 Ca 8366/06 - über die nachträgliche Klagezulassung und der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Bautzen, Außenkammern Görlitz, vom 03.01.2007 aufgehoben.

Die Kündigungsschutzklage vom 17.10.2006 wird nachträglich zugelassen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 9.150,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die nachträgliche Zulassung seiner Kündigungsschutzklage vom 17.10.2006.

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, die ca. 25 Mitarbeiter beschäftigt, seit 01.02.1985 als Maschinenbauingenieur bzw. Konstrukteur zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.050,00 € beschäftigt. Er hat seit 01.11.2004 die kommissarische Leitung des Bereiches Werkzeugbau und Konstruktion im Unternehmen der Beklagten inne.

Mit Schreiben vom 27.09.2006, dem Kläger ausgehändigt am selben Tag, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen (vgl. Bl. 5/6 d. A.).

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17.10.2006, beim Arbeitsgericht Bautzen, Außenkammern Görlitz eingegangen am 19.10.2006, Kündigungsschutzklage erhoben und beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 27.09.2006 weder zum 30.04.2007, noch zu einem anderen Zeitpunkt beendet worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Nachdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Bautzen am 02.11.2006 ein für den Kläger widerruflicher Vergleich geschlossen worden war, widerrief diesen der Kläger mit Schriftsatz vom 06.11.2006 und beantragte gleichzeitig im Hinblick auf die Versäumung der Klagefrist des § 4 KSchG "die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand".

Diesem Antrag war der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... beigefügt.

Auf den Wortlaut und den Inhalt der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten wird Bezug genommen (Bl. 16 d. A.).

Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung ist im Wesentlichen damit begründet, dass, nachdem der Kläger am 13.10.2006 in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten war, ihm einen unbedingten Klageauftrag erteilt hatte und die Klage am 15.10.2006 diktiert und am 16.10.2006 der Rechtsanwaltsfachangestellten, ..., zum Schreiben übergeben worden war - wobei dies zwischen den Parteien unstreitig ist - die Rechtsanwaltsfachangestellte von dem Klägervertreter angewiesen worden sei, den Klageschriftsatz unverzüglich anzufertigen und spätestens am 17.10.2006 dem Arbeitsgericht postalisch zuzusenden, wobei ihr aufgetragen worden sei, den Schriftsatz wegen des drohenden Fristablaufes vorab zu faxen und sich den Eingang telefonisch bestätigen zu lassen. Tatsächlich sei die Klage geschrieben, unterschrieben und zur Post gegeben worden, aber nicht gefaxt und ebenfalls der Eingang beim Arbeitsgericht nicht telefonisch abgefragt worden; dies habe die Rechtsanwaltsfachangestellte ..., so ihre eidesstattliche Versicherung vergessen.

Als Fristablauf sei der 18.10.2006 im Fristenkalender, in der Akte und in der computergestützten Aktenverwaltung vermerkt gewesen. Zur Ausgangsfristkontrolle habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers geregelt, in jedem Fall bei der Versendung von Faxen Einzelnachweise auszudrucken und die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen.

Der Kläger ist der Auffassung, ihn treffe weder ein Verschulden daran, die Frist zur Einreichung der Kündigungsschutzklage nicht eingehalten zu haben, noch sei ihm ein Vertreterverschulden zuzurechnen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe die Fristversäumung durch Mängel in der Büroorganisation - insbesondere zur Ausgangskontrolle bei Faxen - verschuldet. Der Kläger müsse sich daher dieses Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen.

Das Arbeitsgericht Bautzen hat mit Beschluss vom 14.12.2006, auf dessen Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 64 bis 72 d. A.), den Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung seiner Kündigungsschutzklage vom 17.10.2006 zurückgewiesen.

Gegen diesen dem Kläger am 20.12.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde vom 02.01.2007. Auf die Beschwerdebegründung vom 02.01.2007 und die weiteren eidesstattlichen Versicherungen von Frau ..., Frau ... und ... wird Bezug genommen (Bl. 85 bis 91 d. A.).

Das Arbeitsgericht Bautzen hat mit Beschluss vom 03.01.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 83/84 d. A.), der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beklagte ist der sofortigen Beschwerde des Klägers mit Schriftsatz vom 22.01.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 100 bis 102 d. A.), entgegengetreten.

II.

1. Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG i. V. m. § 78 Abs. 1 ArbGG) ist begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Klägers auf nachträgliche Klagezulassung zu Unrecht zurückgewiesen.

2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 KSchG ist auf Antrag des Arbeitnehmers die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, wenn er nach der erfolgten Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Dieser Antrag ist gemäß § 5 Absatz 3 Satz 1 KSchG nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig und muss gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG die Angabe der Tatsachen enthalten, die die nachträgliche Zulassung begründen, sowie darüber hinaus die Mittel für deren Glaubhaftmachung benennen.

a) Der Antrag auf nachträgliche Zulassung ist form- und fristgerecht eingelegt.

Wie das Arbeitsgericht richtig ausführt, ist die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 5 Absatz 3 KSchG zwischen der Beseitigung des Hindernisses und der Antragstellung eingehalten. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Frist ist der Gütetermin am 02.11.2006, in dem der Kläger Partei Kenntnis von der verspäteten Klageeinreichung genommen hat.

Der Antrag auf "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" mit Begründung und Glaubhaftmachung datiert vom 06.11.2006 und ist am selben Tag per Fax bei Gericht eingegangen.

Dieser Antrag, der als Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage ausreicht, war auch erforderlich, da die Kündigungsschutzklage einen Tag nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist gemäß § 4 Satz 1 KSchG beim Arbeitsgericht eingegangen ist.

b) Der Kläger war auch entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts vorliegend unverschuldet im Sinne des § 5 Abs. 1 KSchG verhindert, die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG einzuhalten.

aa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts beruht die Unkenntnis des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten vom verspäteten Eingang der Klage auch nicht auf einem Verschulden des Klägers selbst oder einen ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten. Der Ausgangspunkt des Arbeitsgerichts, wonach Ursache der Fristversäumnis des § 4 Satz 1 KSchG hier die fehlende Ausgangs- bzw. Endkontrolle des Klägervertreters bei der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax ist und diese dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen sei, ist unzutreffend.

Unstreitig existiert im Büro des Klägervertreters eine Ausgangskontrolle für Faxe dahingehend, dass in jedem Fall ein Einzelnachweis auszudrucken und die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen ist.

Auch werden Fristabläufe im Fristenkalender, in der Akte und in der computergestützten Aktenverwaltung vermerkt. Hinzu kommt, dass im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers die Anweisung besteht, dass eine Frist erst dann gelöscht werden darf, wenn für den Absender feststeht, dass die beabsichtigte Übermittlung wirklich erfolgt ist.

All dies hat der Klägervertreter auch durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht.

Der Klägervertreter hatte hier auch - dies ist ebenfalls unstreitig und durch die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ..., auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 80 d. A.) auch belegt - der im streitgegenständlichen Fall zuständigen Mitarbeiterin, Frau ..., die Weisung erteilt, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichtes zu löschen.

Dies ist nach der Rechtsprechung für eine wirksame Ausgangskontrolle bei Fristsachen ausreichend. Soll nämlich ein fristwahrender Schriftsatz per Telefax übermittelt werden, so setzt eine sorgfältige Ausgangskontrolle voraus, dass eine Frist erst dann gelöscht werden darf, wenn für den Absender feststeht, dass die beabsichtigte Übermittlung wirklich erfolgt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10.10.2006 - Aktenzeichen XI ZB 27/05; Beschluss vom 23.05.2006 - Aktenzeichen VI ZB 77/05; Beschluss vom 26.01.2006 - Aktenzeichen I ZB 64/05; Beschluss vom 09.11.2005 - Aktenzeichen XII ZB 270/04; Beschluss vom 19.11.1997 - Aktenzeichen VIII ZB 33/97 - jeweils m. w. N.). Nach dieser Rechtsprechung, die zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ergangen und insoweit auf die verwandte nachträgliche Klagezulassung übertragbar ist (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht - Kiel, 7. Auflage, § 5 KSchG, Rnr. 1), endet die Pflicht des Rechtsanwaltes zur Ausgangskontrolle bei Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax erst dann, wenn feststeht, dass der Schriftsatz wirklich übermittelt worden ist. Mit Rücksicht auf die Risiken beim Einsatz eines Telefaxgerätes kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zu einer wirksamen Ausgangskontrolle nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichtes zu löschen.

Im vorliegenden Fall hat jedoch die Rechtsanwaltsfachangestellte ... in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 02.01.2007 glaubhaft dargelegt, dass der Klägervertreter ihr obige Anweisung erteilt habe, sie jedoch hingegen dieser Anweisung den Fristablauf im elektronischen Fristenkalender sofort nach Fertigung bzw. Niederschrift des Diktats gelöscht habe.

Aufgrund dieser Tatsache konnte hier bei einer eventuellen Fristenkontrolle die Frist aufgrund ihrer Löschung gar nicht gesehen werden und die fehlende Versendung vorab per Fax auch nicht bei der telefonischen Nachfrage des Rechtsanwaltes ... am Nachmittag des 17. Oktober 2006 in seinem Büro bemerkt werden, so dass dem Klägervertreter die Fristversäumnis nicht vorzuwerfen ist.

Nach den im Beschwerdeverfahren überreichten eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiterinnen ... und ... ist glaubhaft dargelegt, dass in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers eine allgemeine Anweisung an die Angestellten dahingehend existiert, dass Fristen erst dann gelöscht werden dürfen, wenn bei der Versendung per Telefax ein vom Faxgerät des Absenders ausgedruckter Einzelnachweis vorliegt, der die ordnungsgemäße Übermittlung belegt.

Mit dieser Einzelanweisung genügte der Klägervertreter seiner Überwachungspflicht. Dass die Rechtsanwaltsfachangestellte ... hier den Fristablauf im elektronischen Fristenkalender sofort nach der Niederschrift des Diktats und nicht erst nach Kontrolle des Sendeberichts der gefaxten Kündigungsschutzklage gelöscht hat, ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht als Verschulden zuzurechnen.

Es ist ständige Rechtsprechung, dass fristgebundene Schriftsätze per Telefax fristwahrend übermittelt werden können (BAG 14. September 1994 - 2 AZR 95/94 - AP 1977 § 233 Nr. 34; BAG 30. März 1005 - 2 AZR 1020/94 - BAGE 79, 382). Dabei darf der Anwalt das Absenden der Telekopie auch einer zuverlässigen, hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft übertragen (BAG 30. März 1995 aaO; BGH NJW 1994, 329). Es handelt sich insoweit um eine einfache Tätigkeit, die der Prozessbevollmächtigte nicht selbst verrichten muss, sondern einer hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft überlassen kann (BGH NJW 1994, 329; Müller NJW 2000, 322, 329; Pape/Notthoff NJW 1996, 417, 421). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, seine Weisungen, etwa über die Absendung von Schriftsätzen per Telefax, befolgt; es besteht keine Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung zu vergewissern (BGH NJW 1997, 1930).

Den Prozessbevollmächtigten, der die Absendung fristwahrender Schriftsätze seinem Büropersonal überlässt, trifft jedoch die anwaltliche Pflicht, eine hinreichende Ausgangskontrolle sicherzustellen. Mit Rücksicht auf die Risiken beim Einsatz eines Telefaxgerätes kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (BAGE 79, 379, 382; BGH 19. November 1997 - VIII ZB 33/97 - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 55; BGH NJW-RR 1998, 1361 links; BGH NJW 2000, 1043, 1044; Müller NJW 2000, 322, 334; Pape/BNotthoff NJW 1996, 417, 424; Henneke NJW 1998, 2194, 2195). Hat der Anwalt allerdings durch allgemeine organisatorische Maßnahmen eine wirksame Ausgangskontrolle sichergestellt und Fehlerquellen bei der Versendung von fristwahrenden Schriftsätzen per Telefax in größtmöglichem Umfang ausgeschlossen, so muss er nicht über die wirksam angeordnete Ausgangskontrolle durch das Büropersonal hinaus selbst den Sendebericht des Fax überprüfen (BGH VersR 2000, 338, 339). Der Prozessbevollmächtigte darf sich dann darauf verlassen, dass seine Anweisungen auch befolgt werden.

Hat der Prozessbevollmächtigte - wie vorliegend - durch allgemeine organisatorische Maßnahmen eine wirksame Ausgangskontrolle sichergestellt und Fehlerquellen bei der Versendung von fristwahrenden Schriftsätzen per Telefax in größtmöglichem Umfang ausgeschlossen, so darf er sich dann darauf verlassen, dass seine Anweisungen auch befolgt werden.

Denn ein Prozessbevollmächtigter kann auch mit einer genauen Einzelanweisung an eine zuverlässige Angestellte eine wirksame Ausgangskontrolle bei der Versendung von Telekopien sicherstellen und damit eine Fristwahrung gewährleisten (BGH NJW 1999, 429). Solche Einzelanweisungen müssen aber wie die zuvor erwähnten allgemeinen organisatorischen Maßnahmen über ihre Eignung, den gewünschten Erfolg herbeizuführen, hinaus hinreichende Gewähr dafür bieten, dass eine Fristversäumung zuverlässig verhindert wird. Die Einzelanweisung an eine zuverlässige Angestellte eine Klageschrift per Telefax zu übersenden und den Ausgang anhand des Sendeberichts zu kontrollieren, reicht dabei regelmäßig auch im Fall des kurz bevorstehenden Ablaufs der Klagefrist aus, ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung auszuschließen. Nur beim Vorliegen besonderer Umstände (längerer Zeitraum zwischen Einzelanweisung und Erledigungsdatum, vgl. BGH NJW 1999, 429) ist eine weitere Überprüfung durch den Rechtsanwalt erforderlich.

Der Kläger hat vorliegend, wie bereits oben ausgeführt, durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, dass in seinem Büro eine allgemeine Arbeitsanweisung hinsichtlich der Überprüfung des Sendeprotokolls bei der Übersendung fristwahrender Schriftsätze per Telefax bestand. Diese entsprach der einschlägigen Rechtsprechung hinsichtlich einer wirksamen Ausgangskontrolle. Die Übersendung der Klageschrift im vorliegenden Verfahren und die Abgleichung zwischen Schriftsatz und Sendeprotokoll gemäß dieser Anweisung mit anschließender Streichung der Frist im Fristenkalender durfte der Prozessbevollmächtigte des Klägers seiner Angestellten überlassen, bei der es sich, wie glaubhaft gemacht ist, um eine hinreichend geschulte und überwachte, zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte handelte.

bb) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Kläger mit seinem Vorbringen in der Beschwerdeinstanz und den hierzu vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiterinnen ..., ... und ... nicht gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG ausgeschlossen.

Nach § 5 Abs. 2 KSchG muss der Antrag die Angabe der die nachträgliche Zulassung begründenden Tatsachen enthalten und die Mittel für deren Glaubhaftmachung. Die Mittel der Glaubhaftmachung brauchen nur angeboten zu werden. Dabei reicht es aus, wenn die Antragsschrift einen Hinweis auf das oder die Mittel der Glaubhaftmachung enthält. Anders als nach § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO können die Gründe und die Mittel für deren Glaubhaftmachung auch noch innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG angegeben werden. Werden sie erst danach vorgebracht, darf das Gericht sie bei der Entscheidung nicht mehr berücksichtigen, es sei denn, es handele sich nur um die Konkretisierung von bereits vorgetragenen Tatsachen (vgl. Stahlhacke/Preis/Vossen, 9. Auflage, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis § 1 Rz. 1860 a m. w. N.).

In Anwendung der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass der Kläger bereits mit der Antragsschrift das Glaubhaftmachungsmittel der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... angeboten hat. Denn er hat die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... bereits mit dem Antragsschrift vom 06.11.2006 vorgelegt.

Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass diese eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... vom 06.11.2006 sich nicht zu der konkreten Anweisung des Prozessbevollmächtigten, sich nach Übersendung der Klageschrift per Fax einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, um auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen, verhält. Dies erfolgte vielmehr erst mit der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... vom 02.01.2007.

Gleichwohl handelt es sich hier lediglich um die Konkretisierung der bereits vorgebrachten Tatsachen bzw. um ein entsprechendes ergänzendes Vorbringen des Klägervertreters, zumal zwar die Angabe der Mittel zur Glaubhaftmachung nur innerhalb der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG nachgeholt werden können, die Glaubhaftmachung jedoch selbst dem Antrag aber nicht beigefügt sein muss. Sie ist an die Zwei-Wochen-Frist nicht gebunden und kann während des Verfahrens nachgeholt werden, spätestens im Beschwerdeverfahren (so zutreffend KR-Friedrich, 7. Auflage 2004, § 5 KSchG Rz. 84, 86 und 95).

In Anwendung der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass der Kläger bereits mit der Antragsschrift das Glaubhaftmachungsmittel der eidesstattlichen Versicherung angeboten hat und dort die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... zu entnehmen ist, mag sie auch unvollständig gewesen sein.

Der Kläger hat zwar die weitere eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... vom 02.01.2007 erst mit Schriftsatz vom 02.01.2007 und damit erst im Beschwerdeverfahren und weit außerhalb der Zwei-WochenFrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG eingereicht. Dies ist entsprechend den obigen Ausführungen jedoch unschädlich für die Fristwahrung, da der Kläger das Glaubhaftmachungsmittel mit Schriftsatz vom 06.11.2006 fristgemäß angeboten hat und diese lediglich mit der weiteren eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... vom 02.01.2007, die sich nun zu der Anweisung des Klägervertreters, dass die Fristwahrung erst nach Ausdrucken des Sendeberichts vermerkt bzw. die Notfrist gelöscht werden darf, verhält, konkretisiert bzw. ergänzt hat.

In diesem Zusammenhang kann man dem Klägervertreter nicht unterstellen, dass er die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... hier "getürkt" hat, nachdem sowohl dem Klägervertreter als auch seiner Rechtsanwaltsfachangestellten die rechtliche Bedeutung ihrer eidesstattlichen Versicherung und die Möglichkeit der Strafbarkeit einer falschen Versicherung an Eides Statt durchaus bewusst sind.

Nach alledem war daher der Beschluss des Arbeitsgerichts Bautzen vom 14.12.2006 aufzuheben und dem Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung seiner Kündigungsschutzklage stattzugeben.

Die Beklagte als die unterlegene Verfahrensbeteiligte hat die Kosten des durch § 5 KSchG als selbständig ausgestalteten Verfahren zu tragen (§§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO; a.A. Wenzel, in: Bader/Bram/Dörner/Wenzel, KSchG, § 5 Rz. 187).

Der Wert des Beschwerdegegenstands ist in entsprechender Anwendung des § 42 IV 1 GKG festzusetzen. Im Hinblick auf die Beschäftigungsdauer des Klägers ist das wirtschaftliche Interesse der von dem Kläger beantragten Feststellung mit drei Monatsgehältern zu je 3.050,00 €, insgesamt mit 9.150,00 € zu bewerten.

Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen (§§ 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG, 567 I Nr. 1, 568 Satz 1 ZPO, 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 S. 1 ArbGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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