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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.07.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 286/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, BAT-O


Vorschriften:

ZPO § 256
ZPO § 258
BGB § 151
BAT-O § 11 Satz 2
BAT-O § 22
BAT-O § 22 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

6 Sa 286/06

Verkündet am 26.07.2007

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 6 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 26.07.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 22.03.2006 - 3 Ca 5807/05 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.03.2004 Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT-O nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den jeweils rückständigen Monatsdifferenzbeträgen, beginnend mit dem 01. des jeweiligen Folgemonats, frühestens aber am 29.12.2005, zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 11.600,00 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin verfügt über einen Schulabschluss als Lehrerin für untere Klassen mit Lehrbefähigung für die Fächer Deutsch, Mathematik und Kunst. Des Weiteren verfügt sie über ein Zeugnis in der sonderpädagogischen Fachrichtung Sprachbehindertenpädagogik und hat die unbefristete Lehrerlaubnis zur Erteilung von Unterricht an Förderschulen für Sprachbehindertenpädagogik erworben. Ein unter dem 17.02.2006 gestellter Antrag auf Gleichwertigkeit ihrer Abschlüsse mit der in den Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (SächsLehrerRL) im Abschnitt C, Lehrkräfte im Unterricht an Förderschulen, Vergütungsgruppe II a, 2. Anstrich BAT-O genannten Abschlusskombination wurde seitens des Beklagten abgelehnt.

Seit dem 01.03.2002 - unbefristet seit dem 01.03.2004 - ist die Klägerin bei dem Beklagten als Fachberaterin in der Fachrichtung Sprachheilschule beschäftigt.

Im Änderungsvertrag vom 11.09.1991 haben die Parteien u. a. vereinbart

"§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung."

Unter dem 18.02.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit:

"... Ihnen wird die Funktion einer Fachberaterin für den Zeitraum 01.03.2002 bis zum 29.02.2004 übertragen.

Damit haben Sie einen Anspruch auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II a BAT-O.

Das zuständige Landesamt für Finanzen wird durch uns angewiesen, die Zahlung als Direkteingruppierung vom 01.03.2002 bis zunächst zum 29.02.2004 zu veranlassen. ..."

Die Klägerin erhielt im Folgenden Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O; mit Wirkung zum 01.03.2004 wurde die Klägerin jedoch wieder nach Vergütungsgruppe III BAT-O vergütet. Darauf macht die Klägerin mit undatiertem Schreiben (vgl. Bl. 9 d. A.) die Weiterführung der Vergütungsgruppe II a BAT-O geltend und erhob mit Schreiben vom 03.05.2004 (Bl. 10 d. A.) nochmals "Einspruch" gegen die Rückgruppierung.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe über den 29.02.2004 hinaus Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O zu. Dies ergebe sich aus der Vorbemerkung Nr. 8 SächsLehrerRL, wonach Fachberater an öffentlichen Schulen wie Lehrkräfte mit der Lehrbefähigung für zwei ordentliche Unterrichtsfächer der entsprechenden Schulform (Schulart) eingruppiert seien. Unabhängig davon stelle sich das rückgruppierende Verhalten des Beklagten jedoch auch als widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich dar, da ihr im Bewerbungsgespräch im Januar 2002 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O zugesichert und sie auch zwei Jahre nach dieser Vergütungsgruppe vergütet worden sei. Schließlich stelle sich ihr Abschluss als gleichwertig mit dem eines Diplomlehrers für eine sonderpädagogische Fachrichtung dar.

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.03.2004 Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT-O zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweils rückständigen monatlichen Bruttodifferenzbeträgen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt

Klageabweisung.

Er hat gemeint, die Klägerin sei in dem Zeitraum vom 01.02.2002 bis zum 29.02.2004 irrtümlich und fehlerhaft in Vergütungsgruppe II a BAT-O eingruppiert worden. Ihr habe aufgrund der für die Eingruppierung maßgebenden arbeitsvertraglich vereinbarten Richtlinien nur ein Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O zugestanden. Vorbemerkung Nr. 8 der SächsLehrerRL ersetze nicht die für eine Eingruppierung in Vergütungsgruppe II a BAT-O geforderte pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrer für eine sonderpädagogische Fachrichtung; auch sei der Abschluss der Klägerin nicht mit einem Abschluss als Diplomlehrer gleichwertig, da die Klägerin über keine Lehrberechtigung, sondern nur über eine Lehrerlaubnis für eine sonderpädagogische Fachrichtung verfüge. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liege nicht vor, da die fehlerhafte Eingruppierung der Klägerin in dem Zeitraum vom 01.03.2002 bis zum 29.02.2004 aufgrund einer fehlerhaften Bewertung der Abschlüsse der Klägerin irrtümlich erfolgt sei.

Mit Urteil vom 22.03.2006 - wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 132 ff. d. A. zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird - hat das Arbeitsgericht Dresden die Klage abgewiesen. Die gegen das ihr am 10.04.2006 zugestellte Urteil gerichtete Berufung ist am 19.04.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen und mit einem am 03.07.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet worden. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin unter vertiefender Darlegung ihrer Rechtsansicht ihr Höhergruppierungsbegehren mit Wirkung zum 01.03.2004 weiter.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 22.03.2006 - 3 Ca 5807/05 - abzuändern und

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.03.2004 Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den jeweils rückständigen Monatsdifferenzbeträgen, beginnend jeweils mit dem 01. des jeweiligen Folgemonats, frühestens aber mit dem 29.12.2005, zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte begehrt - ebenfalls unter Vertiefung seiner rechtlichen Ausführungen - die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Entscheidungsgründe:

Die nach dem Beschwerdewert statthafte (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

Ihr ist auch in der Sache Erfolg beschieden. Die Klägerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II a BAT-O (auch) für den Zeitraum ab 01.03.2004.

1. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage stehen keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Zwar ist grundsätzlich für eine Feststellungsklage kein Raum, wenn das Klagebegehren mit einer Leistungsklage verfolgt werden kann (BAG, Urteil vom 27.06.1988 - 5 AZR 244/87 -, AP Nr. 83 zu § 242 Gleichbehandlung unter I der Gründe m. w. N.). Soweit die Klägerin Vergütung für die Zukunft begehrt, ist jedoch eine Bezifferung nicht möglich, weil sich die Vergütungssätze ändern können. Eine Klage auf zukünftige Leistungen kann die Klägerin deswegen nicht erheben, weil § 258 ZPO nur wiederkehrende Leistungen aus einseitigen Verpflichtungen erfasst, nicht aber das von einer Arbeitsleistung abhängige Arbeitsentgelt (BAG, Urteil vom 13.11.1987 - 7 AZR 559/86 -, AP Nr. 61 zu § 37 BetrVG 1972 m. w. N.; Zöller/Stephan, ZPO, § 258 Rn. 1 m. w. N.). Im Übrigen handelt es sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Feststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit gemäß § 256 ZPO nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG, Urteil vom 29.01.1986 - 4 AZR 465/84-, AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975) Bedenken nicht bestehen. Dies gilt zumindest solange, als davon auszugehen ist, dass auch ein Feststellungsurteil geeignet ist, die zwischen den Parteien bestehenden rechtlichen Differenzen endgültig zu bereinigen.

2.

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ab 01.03.2004 einen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O.

2.1.

Der Klägerin steht die begehrte Eingruppierung nicht bereits kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung zu. Der Arbeitsvertrag kommt als vertragliche Grundlage schon deshalb nicht in Betracht, weil in dessen letzter Fassung (Bl. 58 d. A.) die dort ausgewiesene Vergütungsgruppe IV a BAT-O nicht die von der Klägerin begehrte Vergütung ist. Auch die weiteren Mitteilungen über die Eingruppierung sind nicht dahingehend auszulegen, dass der Beklagte unabhängig von den tariflichen Bestimmungen ein Angebot auf eine übertarifliche Vergütung abgegeben hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist, hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses wie vorliegend aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme nach den BAT-O und den diesen ergänzenden Tarifverträgen bestimmt, die Bezeichnung der Vergütungsgruppe in dem Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung grundsätzlich nicht dahingehend auszulegen, dass dem Angestellten ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine bestimmte Vergütung zustehen soll. Vielmehr wird damit nur wiedergegeben, welche Vergütungsgruppe der Arbeitgeber bei der Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsbestimmung als zutreffend ansieht, ohne dass daraus eine eigenständige Vergütungsvereinbarung mit dem Inhalt zu entnehmen ist, die angegebene Vergütung solle unabhängig von den tariflichen Bestimmungen, ggf. als übertarifliche Vergütung gezahlt werden. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände kann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine solche Bedeutung der Angabe der Vergütungsgruppe schon deshalb nicht entnehmen, weil der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung, sondern nur das begehren will, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zusteht (BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 -, AP NachwG § 2 Nr. 3; BAG, Urteil vom 09.07.1997 - 4 AZR 635/99 -, AP Nr. 233 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Individuelle Absprachen oder Gesichtspunkte, die ein hiervon abweichendes Auslegungsergebnis rechtfertigen können, sind dem Parteivorbringen - insbesondere dem der insoweit darlegungs- und ggf. beweispflichtigen Klägerin - nicht zu entnehmen.

2.2.

Der Klägerin ist ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung auch nicht aus betrieblicher Übung erwachsen.

Zwar ist anerkannt, dass die regelmäßige, mindestens dreijährige Wiederholung einer Leistung durch den Arbeitgeber als konkludentes Angebot ausgelegt (§§ 133, 157 BGB) und dieses durch den Arbeitnehmer nach § 151 BGB angenommen werden kann. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer für die Zukunft einen vertraglichen Anspruch auf Leistung erhält (BAG, Urteil vom 14.08.1996, AP Nr. 47 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; Urteil vom 21.01.1997, AP Nr. 64 zu § 77 BetrVG 1972, sog. Vertragstheorie). Dies setzt auch voraus, dass die Leistungen in einem vertraglich nicht geregelten Bereich erbracht werden (BAG, Urteil vom 27.06.1985, AP Nr. 14 zu § 77 BetrVG 1972). Die Vergütungszahlung nach Maßgabe des arbeitsvertraglichen in Bezug genommenen BAT-O kann vom Arbeitnehmer so nicht als Angebot auf eine höhere Vergütung, sondern nur dahingehend ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber die tariflich geschuldete Vergütung zahlen will (Bergwitz, Anmerkung zu BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - a. a. O. m. w. N.; Wirges, ZTR 1998, 62, 63 f.).

Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man zur Begründung der betrieblichen Übung auf das Vertrauen des Arbeitnehmers abhebt, das dieser an der Fortsetzung der betrieblichen Übung habe und dass deren Beendigung als ein gegen Treu und Glauben verstoßendes widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers erscheinen lasse (grundlegend Canares, Das vertrauenshafte und deutsches Privatrecht, S. 387 ff.; sog. Vertrauenshaftungstheorie). Denn allein daraus, dass sich der Arbeitnehmer darauf verlassen hat, die durch den Arbeitgeber vorgenommene Eingruppierung sei korrekt und bleibe auch in Zukunft bestehen, lässt sich kein im Sinne der betrieblichen Übung schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers herleiten (vgl. Bergwitz, Anmerkung zu BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - a. a. O. m. w. N.). Ein Anspruch besteht aus betrieblicher Übung nicht, wenn sich der Arbeitgeber - für den Arbeitnehmer erkennbar - lediglich tarifgerecht verhalten und nicht besonders verpflichten will (BAG, Urteil vom 31.01.1969, AP Nr. 26 zu § 1 Feiertagslohnzahlungsgesetz; Urteil vom 21.04.1982, AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn).

Besondere Anhaltspunkte für einen Verpflichtungswillen des Beklagten sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Auch wenn dem Beklagten wegen des häufigen Umgangs mit dem Tarifvertrag eine besondere Beurteilungskompetenz zukommt, so ist er jedoch gegen Irrtum nicht gefeit. Die Klägerin konnte daher die Eingruppierungsmitteilung als Äußerung des Beklagten über die seiner Auffassung nach zutreffende Eingruppierung verstehen, sich aber nicht auf dessen Korrektheit verlassen. Der Beklagte setzte keinen Rechtsschein einer übertariflichen Entlohnung, sondern allenfalls den eines höheren Tarifentgelts (vgl. Bergwitz, Anmerkung zu BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - a. a. O. m. w. N.).

2.3.

Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Beklagte sie ursprünglich in die begehrte Vergütungsgruppe eingruppiert hatte. Den aus diesem Umstand folgenden Darlegungslasten ist der Beklagte gerecht geworden.

Der Arbeitgeber muss bei der korrigierenden Rückgruppierung im Streitfall zunächst darlegen, inwieweit ihm bei der ursprünglichen Eingruppierung ein Irrtum unterlaufen ist und dafür entweder einen Rechtsirrtum dartun oder substantiiert die Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Eingruppierung des Arbeitnehmers begründen (BAG, Urteil vom 28.05.1997 - 10 AZR 383/95 - [nicht veröffentlicht]; BAG, Urteil vom 11.06.1997 - 10 AZR 724/95 - AP Nr. 6 zu § 20 BMT-G II; BAG, Urteil vom 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 - AP Nr. 2 zu § 23 b BAT; BAG, Urteil vom 18.02.1998 - 4 AZR 581/96 - AP Nr. 239 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = BAGE 88,69).

Wenn die Mitteilung der Vergütungsgruppe - wie hier - keine bewusste Zubilligung einer übertariflichen Vergütung ist, so hat der Arbeitgeber zur Begründung der korrigierenden Rückgruppierung die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe, d. h. die fehlerhafte Bewertung der Tätigkeit im tarifvertraglichen Vergütungsgefüge und die dieser korrigierten Bewertung zu Grunde liegenden Tatsachen darzulegen und, so sie hinreichend bestritten werden, zu beweisen. Die objektive Fehlerhaftigkeit beinhaltet, dass sich der Arbeitgeber insoweit bei der Rechtsanwendung "geirrt" hat, als er unzutreffende Tatsachen zu Grunde gelegt und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung vorgenommen hat. In der Sache geht es bei der Eingruppierung i. S. des § 22 Abs. 2 BAT-O nicht um einen rechtsgestaltenden Akt, insbesondere nicht um eine Willenserklärung, sondern um eine bewertende Subsumtion, nämlich die Zuordnung der überwiegend auszuübenden Tätigkeit zu einer der in Betracht kommenden Vergütungs- und/oder Fallgruppen des BAT-O (ebenso BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - a. a. O. m. w. N.).

Da die vom Arbeitgeber darzulegende Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung bereits gegeben ist, wenn auch nur eine der tariflichen Voraussetzungen für die bisherige Eingruppierung fehlt, muss der Arbeitgeber nicht notwendigerweise zu allen Voraussetzungen vortragen. Insoweit ist der Umfang seiner Darlegungslast ein anderer als bei einem Arbeitnehmer, der grundsätzlich zu allen Voraussetzungen der von ihm begehrten höheren Eingruppierung substantiiert vortragen muss. Der Arbeitgeber erfüllt seine Darlegungslast bereits dann, wenn sich aus seinem Vorbringen einschließlich des unstreitigen Sachverhalts ergibt, dass jedenfalls wegen einer der tariflichen Voraussetzungen die mitgeteilte Eingruppierung nicht zutreffend war (BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - a. a. O. m. w. N.).

Weil der Arbeitgeber die tarifliche Bewertung nach § 22 Abs. 2 BAT-O vorzunehmen hat, trifft ihn die Darlegungs- und ggf. Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten, nunmehr zu korrigierenden Eingruppierung. Zu einer Änderung der mitgeteilten Vergütungsgruppe ist er nur berechtigt, wenn die bisherige tarifliche Bewertung fehlerhaft war. Deshalb ist es folgerichtig, dass er diese objektive Fehlerhaftigkeit als Voraussetzung für die korrigierende Rückgruppierung darlegen muss. Weil die vom Arbeitgeber mitgeteilte Eingruppierung nach § 22 BAT-O grundsätzlich keine vertragliche Festlegung der Vergütung, sondern Normenvollzug ist, ist der Arbeitgeber auf Grund seiner Sachnähe und Kompetenz verpflichtet, die Eingruppierung sorgfältig und korrekt vorzunehmen. Damit wäre nicht vereinbar, wenn der Arbeitgeber bei einem Streit um die Berechtigung einer Rückgruppierung keine Begründung für die behauptete Fehlerhaftigkeit der bisherigen Vergütung geben müsste und er den Arbeitnehmer darauf verweisen könnte, seinerseits im Einzelnen alle Voraussetzungen für die ursprünglich vom Arbeitgeber als zutreffend angesehene Eingruppierung darzulegen (siehe BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - a. a. O. m. w. N.).

Auch aus der Nachweisrichtlinie und dem NachwG ergibt sich keine weitergehende Darlegungslast des Beklagten als nach den dargelegten Grundsätzen zu korrigierenden Rückgruppierung. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 04.12.1997 (AP Nr. 3 zu EWG Richtlinie Nr. 91/533) wiederholt betont, dass durch die Richtlinie die nationalen Beweisregeln bzw. Beweisregeln nicht berührt werden. Darüber hinaus ändern die Nachweisrichtlinie bzw. das Nachweisgesetz nichts daran, dass der Mitteilung über die Eingruppierung nach § 22 BAT-O nur eine deklaratorische Bedeutung zukommt.

Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Beklagten grundsätzlich gerecht. Allerdings irrt der Beklagte, wenn er die erfolgte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II a BAT-O für fehlerhaft hält.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung Anwendung. Damit sind für die Eingruppierung der Klägerin für den Klagezeitraum folgende Bestimmungen heranzuziehen:

a) "§ 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991

...

3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 I I fallen, beschäftigt sind. Diese Angestellten sind - gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien - in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. ...

b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 I I BAT-O) Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 - Geltungsbereich -

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen)

Protokollnotiz

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

Nr. 3 a

Zu §§ 23 bis 25 - Eingruppierung -

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppe eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung ergeben. Soweit in der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

..."

Die Klägerin ist - auch wenn sie derzeit als Fachberaterin tätig ist - Lehrkraft im Sinne dieser tariflichen Bestimmungen. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.

Die nach § 2 Nr. 3 Satz 2 Änderungs-TV Nr. 1 i. V. m. Nr. 3 a Unterabsatz 1 SR 2 I I BAT-O für die Eingruppierung von Lehrern maßgebende Anlage 1 zur 2. BesÜV galt gemäß Art. 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung vom 23. August 1994 (BGBl. I Seite 2186) nur "bis zur entsprechenden Ergänzung des Landesrechts weiter, längstens jedoch bis zum 01. Juli 1995."

Eine landesrechtliche Regelung ist bei dem Beklagten nicht erfolgt. Die Geltung der 2. BesÜV lief daher mit Ablauf des 01. Juli 1995 aus. Da bei dem Beklagten keine beamtenrechtlichen Regelungen über die Einstufung von Lehrkräften bestehen, geht die Verweisung in Nr. 3 a SR 2 l l und § 2 Nr. 3 Änderungs-TV Nr. 1 ins Leere. Demnach sind ab diesem Zeitpunkt Lehrer entsprechend der tariflichen Regelung in § 2 Nr. 3 Satz 2 Änderungs-TV Nr. 1 nach näherer Maßgabe von Richtlinien einzugruppieren (BAG, Urteil vom 07. August 1997 - 6 AZR 716/05 -, AP Nr. 62 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG, Urteil vom 15. März 2000 - 10 AZR 119/99 -, zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmt).

Die Anwendung dieser Richtlinien kommt aber nur dann in Betracht, wenn sie von den Arbeitsvertragsparteien zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gemacht worden sind (BAG, Urteil vom 28. September 1994 - 4 AZR 717/93 -, AP Nr. 2 zu § 11 BAT-O; BAG, Urteil vom 15. März 2000 - 10 AZR 119/99 -, zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmt). Im Arbeitsvertrag vom 11.08.1991 haben die Parteien vereinbart, dass für die Eingruppierung der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die in Anlage 1 a nicht erfassten Angestellten, die unter dem Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweils gültigen Fassung gilt.

Diese Lehrerrichtlinien - Ost wendet der Beklagte seit dem 01. Juli 1995 an. Zu diesem Zeitpunkt hat der Beklagte auch die Richtlinien des Freistaates Sachsen zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer in Kraft gesetzt. Deren Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist im Arbeitsvertrag vom 11.08.1991 allerdings nicht vereinbart worden. Die Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt jedoch, dass die Arbeitsvertragsparteien auch diese Arbeitgeberrichtlinien - in der jeweils gültigen Fassung - zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses machen wollten (ebenso: BAG, Urteil vom 25. November 1998 - 10 AZR 518/97 -, AP Nr. 743 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG, Urteil vom 15. März 2000 - 10 AZR 119/99 -, zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmt).

Die danach zur Anwendung kommenden Sächsischen Lehrerrichtlinien lauten - soweit hier von Interesse - in der Fassung vom 01.07.1999 wie folgt:

"Vorbemerkung:

...

8. Lehrkräfte in der Funktion als Fachleiter oder Fachberater an öffentlichen Schulen werden wie Lehrkräfte mit der Unterrichtsbefähigung für zwei ordentliche Schulfächer der entsprechenden Schulform (Schulart) bzw. den gleichgestellter Lehrkräfte eingruppiert.

..."

Abschnitt C lautet wie folgt:

"...

Lehrkräfte im Unterricht an Förderschulen

Vergütungsgruppe II a

Lehrer

- mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer für Hilfsschulen (Universität ...)

- mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für die unteren der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen (Klassen 1 bis 4) und einer abgeschlossenen pädagogischen Hochschulausbildung als Diplomlehrer für eine sonderpädagogische Fachrichtung

- mit nicht abgeschlossener dreijähriger pädagogischer Fachschulausbildung zum Lehrer für die unteren Klassen mit zusätzliche abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer für eine sonderpädagogische Fachrichtung 1)

- mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit einer Lehrbefähigung für ein Fach der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule mit einem Zusatzstudium und abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer für eine sonderpädagogische Fachrichtung

- mit abgeschlossner pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer mit einer Lehrbefähigung für zwei Fächer der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule mit einem Zusatzstudium und abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer für eine sonderpädagogische Fachrichtung

- mit dem Abschluss der 1. und 2. Staatsprüfung für das Lehramt an Förderschulen 1) Nach mindestens sechsjähriger Lehrtätigkeit und Bewährung seit 01. August 1991 nach Maßgabe der Vorbemerkung Nr. 6.

..."

Die Klägerin erfüllt keine der in Abschnitt C der Richtlinien genannten Voraussetzungen für die Eingruppierung als Lehrkraft im Unterricht an Förderschulen nach Vergütungsgruppe II a BAT-O. Sie hat weder eine pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrer für Hilfsschulen oder eine sonderpädagogische Fachrichtung erfolgreich absolviert noch die 1. und 2. Staatsprüfung für das Lehramt an Förderschulen bestanden. Dennoch ist sie nach Maßgabe der Vorbemerkung Nr. 8 der SächsLehrerRL aufgrund ihrer Funktion als Fachberater an einer Förderschule so einzugruppieren, wie dies bei Lehrkräften mit Lehrbefähigung für zwei ordentliche Unterrichtsfächer der entsprechenden Schulform (hier: Förderschule) der Fall ist. Förderschullehrer mit einer entsprechenden Lehrbefähigung werden jedoch sämtlich - wie Abschnitt C der SächsLehrerRL deutlich macht - nach Vergütungsgruppe II a BAT-O eingruppiert.

Die erkennende Kammer ist nicht der in dem Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 12.05.2006 - 2 Sa 114/05 - geäußerten Auffassung, dass die Vorbemerkung Nr. 8 ausschließlich eine möglicherweise fehlende Lehrbefähigung für zwei ordentliche Unterrichtsfächer eingruppierungsrechtlich ersetzt; diese Auslegung lässt nämlich außer Acht, dass die Vorbemerkung Nr. 8 der SächsLehrerRL auf die Gleichstellung mit Lehrkräften der entsprechenden Schulform abstellt. Damit werden nach Auffassung der erkennenden Kammer über die Anzahl der Lehrbefähigungen auch weitere schulformspezifische Eingruppierungsmerkmale ersetzt. Dieses Ergebnis rechtfertigt sich bereits daraus, dass die Vorbemerkung Nr. 8 der SächsLehrerRL sich nicht lediglich darauf beschränkt, Fachberater vergütungstechnisch Lehrkräften im Allgemeinen gleichzusetzen, sondern vielmehr eine in Gleichstellung mit Lehrkräften in der jeweils beschäftigenden Schulart vorsieht. Dies kann nur so verstanden werden, dass der Fachberater nicht geringer vergütet werden soll, als es die von ihm beratenen und ausgebildeten Lehrkräfte sind. Da es sich im Falle der Klägerin um Förderschullehrer handelt, also (Diplom)Lehrer mit einer Hochschulausbildung für mindestens eine sonderpädagogische Fachrichtung und eben diese nach Vergütungsgruppe II a BAT-O vergütet werden, steht auch der Klägerin ein Vergütungsanspruch nach Vergütungsgruppe II a BAT-O zur Seite.

Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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