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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: 9 Sa 1/09
Rechtsgebiete: SächsPÜG


Vorschriften:

SächsPÜG § 2 Abs. 1
SächsPÜG § 2 Abs. 3 Satz 1
1. § 2 Abs. 1 SächsPÜG stellt keine gesetzliche Regelung dar, nach der die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer unmittelbar kraft Gesetzes auf die kommunalen Körperschaften übergehen.

2. Ohne Umsetzung mit den Mitteln des Arbeitsrechts vermag auch eine Übergabeverfügung der Verwaltung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SächsPÜG einen solchen Übergang nicht zu begründen.


Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 9 Sa 1/09

Verkündet am 27. August 2009

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 9 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 27. August 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 20.11.2008 - 9 Ca 3341/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob über den 01.08.2008 hinaus ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen besteht, sowie um die Prozessbeschäftigung des Klägers.

Der am ...1955 geborene, verheiratete und einem volljährigen Sohn gegenüber zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 23.04.1993 ab dem 01.05.1993 beim Beklagten als vollbeschäftigter Angestellter eingestellt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Der Kläger ist Diplom-Geograph und Diplom-Tropentechnologe. Vor dem 01.08.2008 war er beim Beklagten zuletzt in der Landesdirektion ... im Referat Abteilungsmanagement ... beschäftigt. Seine monatliche Bruttovergütung lag bei durchschnittlich ca. 4.500,00 €.

Am 29.01.2008 beschloss der Sächsische Landtag das Gesetz über den Personalübergang vom Freistaat Sachsen auf die kommunalen Körperschaften (im Folgenden: SächsPÜG). Dieses lautete - soweit hier von Interesse - wie folgt:

"§ 2 Übergang der Arbeitnehmer und Auszubildenden

(1) Die nach § 3 des Gesetzes zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen (Sächsisches Kreisgebietsneugliederungsgesetz - SächsKrGebNG) vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl S. 102) neu gebildeten Landkreise, die Kreisfreien Städte und der Kommunale Sozialverband Sachsen treten zu dem Zeitpunkt, zu dem die staatlichen Aufgaben auf die kommunalen Körperschaften übergehen, frühestens zum 01. August 2008, kraft Gesetzes und nach Maßgabe der folgenden Vorschriften in die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers oder Ausbildenden der übergehenden Arbeitnehmer und Auszubildenden ein.

(2) Der Freistaat Sachsen, die nach § 2 Abs. 1 SächsKrGebNG aufzulösenden Landkreise, die Kreisfreien Städte ..., ... und ... und der Kommunale Sozialverband Sachsen bestimmen bis zum 15. Mai 2008 im Einvernehmen miteinander, welche Arbeitnehmer und Auszubildenden auf die kommunalen Körperschaften übergehen. Der Freistaat Sachsen unterbreitet den kommunalen Körperschaften zuvor einen namentlich konkreten Auswahl- und Verteilungsvorschlag. Der Arbeitnehmer oder Auszubildende ist vorher anzuhören. Kommt innerhalb der in Satz 1 bestimmten Frist kein oder kein vollständiges Einvernehmen zustande, entscheidet der Freistaat Sachsen über den Übergang der Arbeitnehmer und Auszubildenden.

(3) Der Freistaat Sachsen setzt gegenüber den Arbeitnehmern und Auszubildenden den neuen Arbeitgeber oder Ausbildenden durch Übergabeverfügung fest. Die Übergabeverfügung wird mit Zustellung an den Arbeitnehmer oder Auszubildenden wirksam. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Übergabeverfügung haben keine aufschiebende Wirkung.

...

§ 3

Anzahl, Auswahl und Verteilung der übergehenden Beamten, Arbeitnehmer und Auszubildenden

(1) Auf die Landkreise, Kreisfreien Städte und den Kommunalen Sozialverband Sachsen gehen für die Wahrnehmung der auf die Kommunen übertragenen staatlichen Fachaufgaben sowie der anteiligen Querschnittsaufgaben zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung Beamte, Arbeitnehmer und sonstiges Personal (Bedienstete) in folgendem Umfang über:

1. Beamte und vergleichbare Arbeitnehmer

a) höherer Dienst 389,8 Vollzeitäquivalente,

b) gehobener Dienst 938,0 Vollzeitäquivalente,

c) mittlerer Dienst 1164,3 Vollzeitäquivalente,

d) einfacher Dienst 12,1 Vollzeitäquivalente,

2. sonstiges Personal 1640,4 Vollzeitäquivalente.

(2) Die Verteilung der Anzahl der Vollzeitäquivalente auf die Landkreise und Kreisfreien Städte erfolgt nach Verteilungskriterien. Diese sind abhängig von den Aufgaben, welche von den staatlichen Behörden auf die kommunalen Körperschaften übertragen werden. Bei der Verteilung der Bediensteten, denen die im Weiteren bezeichneten Aufgaben ganz oder teilweise übertragen sind, sind unter Berücksichtigung der Vollzeitäquivalente die folgenden Verteilungskriterien zugrunde zu legen:

...

(3) Die Bediensteten, die vollständig die in Absatz 1 genannten Aufgaben wahrnehmen, sind von den kommunalen Körperschaften zu übernehmen. Die Verteilung erfolgt nach Absatz 6.

(4) Die Bediensteten, die teilweise die in Absatz 1 genannten Aufgaben wahrnehmen, sind bis zur Höhe der Vollzeitäquivalente von den kommunalen Körperschaften zu übernehmen. Die Auswahl der Bediensteten je Behörde und deren Verteilung erfolgen nach Absatz 6.

(5) Die Staatsministerien bereiten die Auswahl und Verteilung der Bediensteten zum Zwecke der Erstellung eines Auswahl- und Verteilungsvorschlages vor. Sie können diese Befugnis ganz oder teilweise delegieren.

(6) Bei der Auswahl und Verteilung von vergleichbaren Bediensteten sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. Umfang der Wahrnehmung der in Absatz 1 genannten Aufgaben bei der Auswahl von vergleichbaren Bediensteten,

2. betreuungspflichtige Kinder, die bis zum 1. August 2008 das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,

3. Erziehung von im Haushalt des Bediensteten lebenden Kindern allein durch den Bediensteten,

4. dauerhafte Pflege einer pflegebedürftigen Person durch den Bediensteten,

5. Erwerbsminderung des Bediensteten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,

6. Schwerbehinderung oder eine gleichgestellte Behinderung,

7. Entfernung zwischen Wohnung und künftiger Dienststelle,

8. Familienstand.

Vergleichbar sind diejenigen Bediensteten einer Dienststelle, welche aufgrund ihrer Qualifikation und der ausgeübten Tätigkeit fachlich geeignet sind, die Aufgabe bei der jeweiligen kommunalen Körperschaft wahrzunehmen. Unberührt bleibt die einvernehmliche Verteilung von Bediensteten einer Vergleichsgruppe, welche eine Freiwilligkeitserklärung abgegeben haben.

..."

Mit Schreiben vom 15.05.2008 teilte das Regierungspräsidium ... dem Kläger mit, dass die Auswahl und Verteilung der Bediensteten nach § 3 Abs. 6 und 7 SächsPÜG erfolgt sei. Aufgrund der erreichten Gesamtpunktzahl von 44 Punkten sei der Kläger aus seiner Vergleichsgruppe für den Personalüberhang ausgewählt worden. Die Personalverteilung habe ergeben, dass er beginnend ab dem 01.08.2008 beim Landkreis ... am Dienstort ... eingesetzt werden solle.

Der zuständige Hauptpersonalrat stimmte dem beabsichtigten Übergang nicht zu, so dass die Einigungsstelle beim Sächsischen Staatsministerium ... angerufen wurde. Die Einigungsstelle gab mit Schreiben vom 24.07.2008 die Empfehlung ab, dass mit dem Beschäftigten ein Gespräch mit dem Ziel des einvernehmlichen Wechsels des Arbeitgebers geführt werden solle; hierbei sollten weitere Einsatzoder Verwendungsmöglichkeiten, die über das SächsPÜG hinausgehen würden, einbezogen werden.

Dieser Empfehlung der Einigungsstelle schloss sich das Sächsische Staatsministerium ... nicht an. Mit Übergabeverfügung vom 29.07.2008, dem Kläger zugestellt am 31.07.2008, teilte das Regierungspräsidium ... dem Kläger vielmehr mit, dass gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SächsPÜG als neuer Arbeitgeber des Klägers der Landkreis ... festgesetzt werde. Daraus ergebe sich, dass das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.08.2008 übergehe. Unter der Überschrift "Rechtsbehelfsbelehrung" wurde dem Kläger zudem mitgeteilt, dass er gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch einlegen könne, gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 SächsPÜG Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Übergabeverfügung jedoch keine aufschiebende Wirkung hätten.

In der Folge konnte mit dem Landkreis ... kein Einvernehmen über den Übergang des Klägers hergestellt werden. Die deshalb vom Landkreis ... angerufene Schiedsstelle sprach ebenfalls eine Empfehlung dahingehend aus, eine Verständigung zu suchen. Zudem wandte sich der Landkreis ... mit Schreiben vom 15.09.2008 an den Staatsminister ... persönlich und bat diesen nochmals um Unterstützung im Falle des Klägers. Der Landkreis ... verfüge im Bereich ... über keine fachlich äquivalente Einsatzmöglichkeit in der Gehaltsgruppe des Klägers. Der Beklagte verblieb gleichwohl bei seiner Entscheidung.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, seine Hauptaufgabe als Referent in der Abteilung ... beim früheren Regierungspräsidium ... habe in der Bearbeitung des Themas "Touristischer Gewässerverbund in der Region ..." bestanden. Diese Aufgaben, die zu 100 % in der Landesdirektion verbleiben würden, hätten in etwa 75 % seiner Tätigkeit ausgemacht. Er sei Geograph und als solcher mit Fragen des Naturschutzes, namentlich der Errichtung des Gewässerverbundes, befasst gewesen. Der Landkreis ... benötige derartige Beschäftigte aber gar nicht und sei deshalb auch nicht bereit, ihn zu übernehmen. Es gebe also bereits nicht im Ansatz ein Interesse des Beklagten, ihn an den Landkreis ... abzugeben, und dies unabhängig davon, dass der Beklagte auch soziale Belange wie etwa seinen Erstwohnsitz in ... unberücksichtigt gelassen habe.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Übergabeverfügung des Beklagten vom 29.07.2008 auf den Landkreis ... nicht übergegangen ist,

2. den Beklagten zu verurteilen, ihn bei der Landesdirektion ... zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Behauptung des Klägers, er habe zu 75 % Aufgaben des Gewässerverbundes wahrgenommen, sei nicht richtig. Vielmehr habe er zu über 65 % Serviceaufgaben als sog. Querschnittsaufgaben wahrgenommen, die aber sehr wohl kommunalisiert worden seien.

Bei der Übergabeverfügung vom 29.07.2008 handele es sich im Übrigen um einen Verwaltungsakt, an den die Arbeitsgerichte gebunden seien. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes obliege ausschließlich den Verwaltungsgerichten. Die Bindungswirkung der Arbeitsgerichte entfalle nur dann, wenn der Verwaltungsakt nichtig sei; Anhaltspunkte hierfür seien jedoch nicht ersichtlich.

Mit Urteil vom 20.11.2008 hat das Arbeitsgericht nach den Klageanträgen erkannt. Bezüglich der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf das Urteil (Bl. 94 bis 105 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 04.12.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 02.01.2009 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.03.2009 - mit am 03.03.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Er greift das erstinstanzliche Urteil mit umfangreichen Ausführungen an. Die Regelungen des SächsPÜG seien verfassungsrechtlich unbedenklich. Die zwingend angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse nach § 2 Abs. 3 SächsPÜG sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Regelungen des SächsPÜG würden schließlich in ausreichender Weise die Verpflichtung des Gesetzgebers berücksichtigen, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Exekutive zu überlassen.

Unabhängig hiervon sei eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen aber auch tatsächlich und rechtlich unmöglich. Nach der Umsetzung der Verwaltungsreform habe sich auch die Struktur der Landesdirektion ... zum 01.08.2008 geändert. Der Kläger könne in seinem ursprünglichen Aufgabengebiet im Referat ... nicht mehr eingesetzt werden, weil dieses Referat nicht mehr existiere.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 20.11.2008 - 9 Ca 3341/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet er bei, den Ausführungen des Beklagten im Berufungsrechtszug tritt er entgegen.

Zwar sei nach den vom Beklagten angezogenen letzten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts in der Tat davon auszugehen, dass durch Landesgesetze Rechtsträger des öffentlichen Rechts umstrukturiert werden könnten und solche Gesetze auch vorsehen könnten, dass die Arbeitsverhältnisse der in den umstrukturierten Bereichen Beschäftigten auf einen neuen Rechtsträger übergeleitet werden, ohne dass den Arbeitnehmern ein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse einzuräumen sei. Allerdings bestehe im vorliegenden Fall ein gravierender Unterschied beispielsweise insoweit, als dass die vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fälle die Überleitung der Arbeitsverhältnisse durch Gesetz betroffen hätten, während hier schlichtes Verwaltungshandeln ausreichen solle. Dies aber begegne erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Soweit der Beklagte behaupte, es fehle an der tatsächlichen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger, so sei dies organigrafische Augenwischerei. Selbstverständlich habe sich die Landesdirektion ihre Umweltaufgaben erhalten. Im Übrigen zeige auch die - insoweit unstreitige - derzeitige tatsächliche Weiterbeschäftigung des Klägers nach dem erstinstanzlichen Urteil in der Abteilung 3 "Infrastruktur und Verkehr" im Referat 37 "Raumordnung Stadtentwicklung", dass eine solche sehr wohl möglich sei.

Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung vom 27.08.2009.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG an sich statthafte, gemäß den §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete, insgesamt daher zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Klageanträgen stattgegeben. Der Vortrag des Beklagten im Berufungsrechtszug rechtfertigt auch in seiner Gesamtheit keine andere Beurteilung. Zusammenfassend gilt daher Folgendes:

1. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht auf den Landkreis ... übergegangen.

a) Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht aufgrund einer gesetzlichen Regelung übergegangen; insbesondere folgt ein solcher Übergang nicht aus der landesgesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 1 SächsPÜG.

aa) Der sächsische Landesgesetzgeber wäre grundsätzlich dazu berechtigt gewesen, Bestimmungen zur bundesrechtlich nicht geregelten gesetzlichen Überleitung von Arbeitsverhältnissen zu treffen.

Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verliehen worden sind. Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG steht den Ländern im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Befugnis zur Gesetzgebung zu, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG das Arbeitsrecht. Von seiner Gesetzgebungskompetenz hat der Bund auf diesem Gebiet, soweit es die gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen betrifft, keinen Gebrauch gemacht, sondern nur den rechtsgeschäftlichen Übergang nach § 613 a BGB geregelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es deshalb grundsätzlich möglich, dass durch landesgesetzliche Bestimmungen der Übergang von Arbeitsverhältnissen von Angestellten des Landes auf einen anderen Rechtsträger geregelt werden kann, ohne dass dem Arbeitnehmer insoweit ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden muss (vgl. BAG, Urteile vom 18.12.2008 - 8 AZR 660/07 -, bisher nicht amtlich veröffentlicht und daher zitiert nach JURIS, vom 28.09.2006 - 8 AZR 441/05 -, AP Nr. 26 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge sowie vom 02.03.2006 - 8 AZR 124/05 -, AP Nr. 25 zu § 419 BGB Funktionsnachfolge, alle m. w. N.). Diesen Entscheidungen des 8. Senats war gemein, dass der Verlust des Arbeitsplatzes beim beklagten Land jeweils als unmittelbare und zwingende Folge des Gesetzes eintrat. Weiterer Übertragungsakte bedurfte es daneben nicht. Mit dem Inkrafttreten des jeweiligen Landesgesetzes war klar, dass damit auch eine eindeutig abgrenzbare Struktureinheit auf einen anderen Träger überging, ohne dass es noch einer Auswahl der übergehenden Arbeitnehmer bedurft hätte.

bb) Der zu entscheidende Fall ist dagegen völlig anders gelagert.

(1) Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 SächsPÜG, dass die neu gebildeten Landkreise, die Kreisfreien Städte und der Kommunale Sozialverband Sachsen zu dem Zeitpunkt, zu dem die staatlichen Aufgaben auf die kommunalen Körperschaften übergehen, kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers der übergehenden Arbeitnehmer eintreten. Dies erfolgt aber lediglich "nach Maßgabe der folgenden Vorschriften". Nach § 2 Abs. 2 SächsPÜG entscheidet der Freistaat Sachsen über den Übergang der Arbeitnehmer. Nach § 2 Abs. 3 SächsPÜG setzt dieser gegenüber den Arbeitnehmern den neuen Arbeitgeber durch Übergabeverfügung fest. Die Übergabeverfügung soll danach mit Zustellung an den Arbeitnehmer wirksam werden, Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Übergabeverfügung haben keine aufschiebende Wirkung. Bei genauerer Betrachtung der Regelungen in § 2 SächsPÜG ergibt sich folglich, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer nicht kraft Gesetzes übergehen, sondern die Verwaltung darüber befindet, welcher Arbeitnehmer übergeht und welcher nicht (ebenso bereits Sächs. LAG, Urteil vom 17.12.2008 - 2 SaGa 23/08 - in ZTR 2009, 268 f.).

(2) Die Tatsache, dass der Gesetzgeber in § 3 SächsPÜG einen quantitativen Rahmen vorgegeben und auch Auswahlkriterien festgelegt hat, ändert ebenfalls nichts daran, dass die Regelungen des SächsPÜG nicht in ausreichender Weise die Verpflichtung des Gesetzgebers berücksichtigen, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Exekutive zu überlassen. Der gegenteiligen Rechtsprechung des 2. Senats des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 10.11.2008 - 2 B 340/08 - in SächsVBl. 2009, 122 ff.) vermag sich die erkennende Kammer dagegen nicht anzuschließen.

(2.1) Die Annahme des SächsOVG, dass die Exekutive bei der Durchführung des Auswahlverfahrens an die in § 3 Abs. 6 SächsPÜG genannten Kriterien gebunden sei, die die Personalauswahl an strenge, nachprüfbare Voraussetzungen knüpfen würden, trifft - jedenfalls bezogen auf den vorliegenden Fall - nicht zu.

Zu Recht hat bereits das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 20.11.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vom Beklagten seiner Entscheidung zugrunde gelegten Auswahlkriterien schon deswegen weder hinreichend nachvollziehbar noch überprüfbar seien, weil sämtliche verglichenen Arbeitnehmer in den entsprechenden Anlagen geschwärzt gewesen seien. Selbst diesen insoweit eigentlich unmissverständlichen Hinweis des Arbeitsgerichts hat der Beklagte jedoch auch im Berufungsrechtszug nicht zum Anlass genommen, ungeschwärzte Anlagen zur Gerichtsakte nachzureichen. Inwieweit diese Tatsache möglicherweise der Rechtsauffassung des Beklagten geschuldet ist, dass die Arbeitsgerichte an die streitgegenständliche Übergabeverfügung vom 29.07.2008 gebunden seien und die Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts ausschließlich den Verwaltungsgerichten obliege, kann an dieser Stelle offen bleiben. Fest steht jedenfalls, dass mangels Nachreichung ungeschwärzter Anlagen auch dem Berufungsgericht eine Überprüfung des vom Beklagten vorgenommenen Auswahlverfahrens nicht möglich ist.

(2.2) Der Ansicht, wonach der Verwaltung nach den gesetzlichen Vorgaben allenfalls ein geringer eigener Spielraum verbleibe, vermag das Landesarbeitsgericht ebenfalls nicht zu folgen.

Dies gilt bereits deshalb, weil § 3 Abs. 6 SächsPÜG zum einen keine abschließende Aufzählung der Auswahlkriterien beinhaltet, was aus dem Wort "insbesondere" folgt, zum anderen auch eine Gewichtung der Kriterien im Gesetz nicht erfolgt ist. Sowohl die Gewichtung als auch die abschließende Festlegung aller zu berücksichtigenden Kriterien erfolgt daher durch die Verwaltung selbst.

Auch eine räumliche Eingrenzung enthält das SächsPÜG nicht. Vielmehr bleibt es dem Beklagten hiernach bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen unbenommen, bei Übergang der entsprechenden Aufgaben durch Übergabeverfügung einen neuen Arbeitgeber im gesamten Gebiet des Freistaates Sachsen festzusetzen, also das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers etwa auf den Landkreis ... oder aber auch auf den Landkreis ... übergehen zu lassen. Zwischen diesen beiden Städten liegen freilich deutlich mehr als 200 km. Etwa für Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - ihren Hauptwohnsitz noch in den alten Bundesländern haben, kann es jedoch von erheblicher Bedeutung sein, ob am Wochenende für Hin- und Rückfahrt insgesamt über 400 km mehr oder weniger zu bewältigen sind. Auch insoweit besteht im Übrigen ein entscheidender Unterschied zwischen dem hier zu beurteilenden Sachverhalt und den bereits vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen (Fundstellen s. o. unter 1. a aa): Außer dem Wechsel des Vertragspartners wurden dort weitere arbeitsvertragliche Veränderungen gerade nicht gesetzlich angeordnet, insbesondere änderte sich der Arbeitsort der übergehenden Arbeitnehmer nicht.

b) Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die Übergabeverfügung vom 29.07.2008 beendet worden. Dies gilt selbst dann, wenn mit dem Beklagten im Folgenden davon ausgegangen werden soll, dass es sich bei dieser Übergabeverfügung um einen Verwaltungsakt i. S. des § 35 VwVfG gehandelt hat.

Bei der zwischen den Parteien am 23.04.1993 getroffenen Vereinbarung handelt es sich ohne jeden vernünftigen Zweifel um einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag. Dies wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt, so dass auf weitere Ausführungen hierzu verzichtet werden kann. Im Arbeitsverhältnis vermag ein Handeln des öffentlichen Arbeitgebers durch Verwaltungsakt belastende Rechtsfolgen jedoch nicht auszulösen. Dafür bedarf es vielmehr der Umsetzung öffentlichrechtlicher Vorgaben mit den Mitteln des Arbeitsrechts (zu diesem Erfordernis vgl. etwa BAG, Urteil vom 17.01.2006 - 9 AZR 226/05 -, AP Nr. 6 zu § 24 BAT-O im Anschluss an BAG, Urteil vom 16.09.1998 - 5 AZR 181/97 -, AP Nr. 56 zu § 611 BGB Direktionsrecht).

An einer solchen Umsetzung fehlt es jedoch vorliegend. Der Kläger war gerade nicht damit einverstanden, dass der bestehende Arbeitsvertrag inhaltlich geändert werden bzw. auf den Landkreis ... übergehen sollte. Aufgrund Rechtsgeschäfts ist das Arbeitsverhältnis der Parteien daher weder beendet worden noch auf einen Dritten übergegangen. Eine arbeitsrechtliche Beendigungs- oder Änderungskündigung ist ebenfalls nicht erklärt worden, zudem hat auch kein rechtsgeschäftlicher Betriebsinhaberwechsel mit der Folge des Übergangs des Arbeitsverhältnisses nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB stattgefunden. Unbehelflich ist schließlich der Hinweis des Beklagten, wonach es sich bei der Übergabeverfügung um einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt mit hinzunehmender Bindungswirkung handele. Denn auch dadurch würde nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der die erkennende Kammer keine Veranlassung sieht abzuweichen, eine Umsetzung mit den Mitteln des Arbeitsrechts nicht entbehrlich (ähnlich bereits Sächs. LAG, Beschluss vom 17.12.2008 - 2 SaGa 23/08 -, a. a. O.).

c) Nach alledem bleibt zusammenfassend festzustellen, dass es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zwar möglich ist, dass durch landesgesetzliche Bestimmungen der Übergang von Arbeitsverhältnissen von Angestellten des Landes auf einen anderen Rechtsträger geregelt wird, ohne dass dem Arbeitnehmer insoweit ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden muss. Eine solche Vorschrift enthält das SächsPÜG jedoch nicht. Vielmehr ist die Überleitung des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf den Landkreis ... nicht durch das SächsPÜG, sondern durch eine daraus abgeleitete Übergabeverfügung des Beklagten vorgenommen worden. Ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis kann aber nicht durch einen Verwaltungsakt geändert werden. Vielmehr bedarf es der Umsetzung des Verwaltungsaktes in das Arbeitsverhältnis etwa durch eine entsprechende Einigung der Parteien. Eine solche liegt aber unstreitig nicht vor.

d) Hatte der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Übergabeverfügung des Beklagten vom 29.07.2008 nicht auf den Landkreis ... übergegangen ist, bereits aus den vorgenannten Gründen Erfolg, so kam es nicht mehr darauf an, ob die angeordnete Überleitung auch verhältnismäßig im engeren Sinne gewesen wäre.

Zumindest ungewöhnlich dürfte insoweit allerdings sein, dass sowohl die beim Sächsischen Staatsministerium ... errichtete Einigungsstelle als auch die nach § 5 SächsPÜG eingerichtete Schiedsstelle die Empfehlung abgegeben hatten, eine einvernehmliche Verständigung zu suchen, ohne dass der Beklagte dem gefolgt wäre. Nicht weiter vertieft werden musste auch die Frage, warum beim Beklagten offensichtlich keine Bereitschaft bestand, bei seiner Entscheidung den vom Landkreis ... in seinem Schreiben vom 15.09.2008 an den Innenminister geäußerten Bedenken gegen die Zuordnung des Klägers Rechnung zu tragen.

2. Der Antrag des Klägers, den Beklagten zu verurteilen, ihn bei der Landesdirektion ... zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss weiterzubeschäftigen, ist ebenfalls begründet.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht, da nunmehr auch zweitinstanzlich der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit dem Beklagten festgestellt wurde und seitens des Beklagten auch im Berufungsrechtszug keine besonderen Umstände vorgetragen wurden, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers zu begründen vermöchten, den Kläger nicht weiter zu beschäftigen (zu diesem Erfordernis grundlegend BAG, Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84 -, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich nach der Umsetzung der Verwaltungsreform auch die Struktur der Landesdirektion geändert hat und es seit diesem Zeitpunkt ein Referat ... nicht mehr gibt. Der Beklagte ist erstinstanzlich nicht verurteilt worden, dem Kläger seinen unveränderten alten Arbeitsbereich zuzuweisen, sondern lediglich dazu, ihn zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen bei der Landesdirektion ... weiter zu beschäftigen. Dass dies dem Beklagten möglich ist, zeigt bereits die derzeitige tatsächliche Weiterbeschäftigung des Klägers in der Abteilung 3 im Referat 37 (...). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Rechtsstreit auch entscheidend von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 17.12.2008 zugrunde lag (2 SaGa 27/08), auch wenn der Beklagtenvertreter in der letzten mündlichen Verhandlung gleich mehrfach auf diese Entscheidung hingewiesen hat. Dort hatte der Weiterbeschäftigungsantrag deshalb keinen Erfolg, weil die komplette Behörde untergegangen war, also gar nicht mehr existierte. Dies ist bei der Landesdirektion ... aber unstreitig nicht der Fall.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war für den Beklagten die Revision zuzulassen.

Es steht die Interpretation höchstrichterlicher Entscheidungen verschiedener Senate des Bundesarbeitsgerichts durch das Landesarbeitsgericht in Rede. Zudem sind in der sächsischen Arbeitsgerichtsbarkeit noch ca. 30 Hauptsacheverfahren anhängig, in denen es um die Wirksamkeit der Übergabeverfügungen des Beklagten geht.

Ende der Entscheidung

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