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Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.03.2003
Aktenzeichen: 9 Sa 842/02
Rechtsgebiete: KSchG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
ZPO § 322
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

Az.: 9 Sa 842/02

Verkündet am 26.03.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 9 - durch den Richter am Arbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 26.03.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 05.09.2002 - Az. 8 Ca 2433/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die 34-jährige Klägerin, verheiratet, einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet, ist bei der Beklagten seit 1988 als Köchin beschäftigt, bis zu Beginn des Jahres 2000 ausschließlich in Kindertageseinrichtungen.

Die Beklagte übertrug im Jahr 1999 fast alle von ihr bis dahin mit eigenen Arbeitnehmern erfüllte technische Dienstleistungen auf private Dienstleistungsfirmen, so auch die Essenversorgung in den Kindertageseinrichtungen. Mit Schreiben vom 15.11.1999 informiert die Beklagte die Klägerin, dass ihr Arbeitsverhältnis wegen Betriebsübergangs zum 01.01.2000 auf die Firma R. übergehe. Die Klägerin widersprach, ebenso wie 99 weitere Arbeiter, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses.

Mit Stadtratsbeschluss vom Februar 2000 strich die Beklagte 709 zum Bereich Technische Dienstleistungen zählende Stellen aus dem Stellenplan und kündigte 80 von 100 dem Betriebsübergang widersprechenden Arbeitnehmern betriebsbedingt, darunter der Klägerin mit Schreiben vom 27.03.2000 zum 30.09.2000. Im darauffolgenden Kündigungsschutzstreit obsiegte die Klägerin. Das Sächsische Landesarbeitsgericht stellte hierzu in seinem Urteil vom 31.05.2002, Aktenzeichen: 3 Sa 8/01 (Bl. 188 bis 193 d. A.) die Sozialwidrigkeit der Kündigung mit der Begründung fest, die Beklagte hätte die Klägerin als Küchenleiterin in dem Städtischen Pflegeheim ... weiterbeschäftigen können. Außerdem ist nach Auffassung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts der Personalrat vor Ausspruch der damaligen Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Beklagte wurde zur vorläufigen Weiterbeschäftigung der Klägerin als Köchin verurteilt. Seit 01.03.2001 arbeitet die Klägerin als Köchin in zum Sozialamt gehörenden Pflegeheimen der Beklagten.

Zum 01.01.2001 gründete die Beklagte den Eigenbetrieb "Kindertageseinrichtungen", dem alle Mitarbeiter des ehemaligen Amtes "Kindertageseinrichtungen" der Beklagten zugeordnet wurden. Im Stellenplan des Eigenbetriebes gab es wegen der 1999 erfolgten Privatisierung keine Stellen für Technische Dienstleistungen. Gleichwohl wies die Beklagte die Klägerin und weitere ursprünglich in Kindertageseinrichtungen beschäftigt gewesene Mitarbeiter, bei denen über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses noch nicht rechtskräftig entschieden war, organisatorisch diesem Eigenbetrieb zu. Dessen Leitung entschied am 28.02.2001 einer dem voraussichtlichen Personalüberhang entsprechende Anzahl von Mitarbeitern im Bereich Technische Dienstleistungen zu kündigen, sofern keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten innerhalb der Beklagten möglich ist.

Mit Schreiben vom 25.03.2002 wurde der Klägerin zum 30.09.2002 betriebsbedingt gekündigt. Das Kündigungsschreiben wurde von Frau ... unterschrieben. Unter ihrer Unterschrift befindet sich der Zusatz "... - Betriebsleiterin".

Bei der Beklagten sind in den einzelnen Dienststellen, darunter dem Eigenbetrieb "Kindertageseinrichtungen" und dem Sozialamt, "örtliche" Personalräte und außerdem ein Gesamtpersonalrat gebildet.

Vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung wurde der Personalrat des Eigenbetriebes schriftlich angehört. Dieser widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 11.03.2002.

Mit am 15.04.2002 eingegangener Klage, zugestellt 19.04.2002, macht die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Die Kündigung sei mangels (neuer) betriebsbedingter Gründe und wegen fehlerhafter Sozialauswahl sowie wegen fehlender Kündigungsvollmacht und Anhörung des unzuständigen Personalrats unwirksam. Im Übrigen bestünden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, zumindest die im Vorprozess schon festgestellte Beschäftigungsmöglichkeit im Pflegeheim ....

Die Klägerin hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 25.03.2002, zugegangen am 26.03.2002, zum 30.09.2002 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1. zu den im Arbeitsvertrag vom 29.03.1988 in der Fassung des Arbeitsvertrages vom 14.01.1992 geregelten Arbeitsbedingungen als Köchin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Entscheidung der Leitung des Eigenbetriebes zum Abbau des Personalüberhanges bedinge die Kündigung der Klägerin. Die Klägerin sei zu Recht dem Eigenbetrieb organisatorisch zugeordnet worden. Die Sozialauswahl durfte auf den Bereich des Eigenbetriebes begrenzt werden. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestünden nicht. Die Klägerin werde lediglich zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung seit 01.03.2001 als Köchin in Pflegeheimen des Sozialamtes vorläufig beschäftigt. Der für die Klägerin zuständige Personalrat des Eigenbetriebes sei ordnungsgemäß angehört worden. Eine Zurückweisung der Kündigung wegen Vollmachtlosigkeit sei nicht möglich, weil die Betriebsleiterin des Eigenbetriebes Frau ... kündigungsbefugt sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.09.2002 der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf das Urteil (Bl. 169 bis 183 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 07.10.2002 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 24.10.2002 Berufung eingelegt und diese, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis 09.01.2003 verlängert worden war, am 09.01.2003 ausgeführt.

Die Beklagte greift das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vertrages erster Instanz mit Rechtsausführungen an. Das Arbeitsgericht, so die Beklagte, halte offensichtlich die Entscheidung des Eigenbetriebes zum Personalabbau für eine die Kündigung grundsätzlich rechtfertigende Unternehmerentscheidung, beurteile jedoch die Sozialauswahl und die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit fehlerhaft. Selbst unter Einbeziehung aller Dienststellen wäre die Sozialauswahl zuungunsten der Klägerin ausgefallen. Falsch sei die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Klägerin für die Besetzung der Stelle als Leiterin der Küche im Pflegeheim ... geeignet wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 05.09.2002 - 8 Ca 2433/02 - wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts mit Rechtsausführungen.

Im Übrigen wird wegen des weiteren Vorbringens im zweiten Rechtszug auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 25.03.2002 nicht aufgelöst worden.

1. Die Kündigung vom 25.03.2002 ist in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Kündigung ist weder nach § 78 Abs. 3 SächsPersVG noch nach § 174 BGB unwirksam.

a) Die Beklagte hat vor Ausspruch der Kündigung am 25.02.2002, zugegangen am 26.02.2002, den Personalrat über die Sozialdaten der Klägerin, Kündigungsart, -frist, -termin sowie die für die Beklagte maßgeblichen Kündigungsgründe informiert. Der Personalrat widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 11.03.2002. Die Beklagte kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 25.03.2002 und damit nach Ablauf der Äußerungsfrist von 10 Arbeitstagen gemäß § 76 Abs. 2 SächsPersVG.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Personalratsanhörung nicht etwa deshalb unwirksam, weil anstelle des angehörten Personalrates des Eigenbetriebes der Gesamtpersonalrat hätte beteiligt werden müssen. Zutreffend ist allerdings, dass die Beteiligung eines unzuständigen Personalrats zur Unwirksamkeit der Personalratsanhörung insgesamt führt (vgl. zutreffend BAG, 27.08.1974 - 1 AZR 505/73 - AP Nr. 1 zu § 72 PersVG Niedersachsen). Ist ein Angestellter nach Schließung seiner Dienststelle noch keiner anderen Dienststelle zugeordnet, muss vor Ausspruch einer Änderungskündigung des Angestellten die Stufenvertretung der Dienststelle beteiligt werden, die die Änderungskündigung ausspricht (vgl. BAG, 14.12.1994 - 7 ABR 14/94 - in NZA 1996, S. 222).

In vorliegender Sache ist jedoch beachtlich, dass mit den "Technischen Dienstleistungen" nur ein Teil der Dienststelle, in der die Klägerin bis 1999 beschäftigt gewesen ist, auf einen anderen Inhaber überging. Die damalige Dienststelle der Klägerin "Amt Kindertageseinrichtungen" bestand weiter. Beachtlich ist außerdem, dass die Beklagte mit einer Organisationsverfügung vom 25.01.2001 die Klägerin dem Eigenbetrieb "Kindertageseinrichtungen" zuordnete. Diese Zuordnung ist durch das Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Dieser Zuordnung entgegenstehende tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen bestehen nicht. Ob die Zuordnungsentscheidung willkürlich ist und deshalb die durch den Eigenbetrieb folgend ausgesprochene Kündigung unwirksam macht, hat keinen Einfluss auf die personalvertretungsrechtliche Zuordnung der Klägerin. Schließlich ist auch beachtlich, dass die Kündigung der Klägerin durch die Leiterin des Eigenbetriebes, die dazu befugt war, ausgesprochen wurde. Damit handelt es sich um eine personelle Angelegenheit des Eigenbetriebes zu der, der beim Eigenbetrieb gebildete Personalrat und nicht der Gesamtpersonalrat, zu beteiligen war (Umkehrschluss aus § 87 Abs. 1 und 3 SächsPersVG).

b) Die Kündigung ist nicht gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam.

Die Kündigung vom 25.03.2002 ist unterschrieben von Frau ..., die als Bevollmächtigte im Sinne des § 174 Satz 1 BGB gilt. Dem Kündigungsschreiben war keine Vollmacht beigefügt und die Klägerin hat die ihr am 26.03.2002 zugegangene Kündigung deswegen mit Schreiben vom 05.04.2002 zurückgewiesen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübung des Zurückweisungsrechts unverzüglich erfolgte. Die verstrichene Zeit von 10 Tagen spricht eher dagegen. Das zwischen Zugang der Kündigung und Zurückweisung liegende Osterfest im Jahr 2002 mit mehreren Feiertagen, kann die an sich zögerliche Zurückweisung andererseits wieder unverzüglich machen.

Die Beklagte hat die Klägerin in gehöriger Form über die Bevollmächtigung der Frau ... zur Kündigung in Kenntnis gesetzt. Das Zurückweisungsrecht ist damit ausgeschlossen (§ 174 Satz 2 BGB). Sowohl die Satzung des Eigenbetriebes, die u. a. dem Eigenbetrieb die Personalverwaltung überträgt, als auch die Ernennung Frau ... als Betriebsleiterin, hat die Beklagte im Amtsblatt der Stadt Dresden veröffentlichen lassen. Darüber hinaus hat die Kündigung Frau ... unter Zufügung ihrer Funktion "Betriebsleiterin" unterschrieben. Eine Betriebsleiterin nimmt in der Betriebshierarchie eine Stellung ein, die typischer Weise mit einer Vollmacht zur Kündigungsbefugnis der zum Betrieb gehörenden Mitarbeiter verbunden ist.

2. Die streitgegenständliche Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, weil sozialwidrig. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Berufungskammer sieht, wie das Arbeitsgericht auch, dass die Ursache für die hier zu beurteilende Entscheidung zum Personalabbau vor der Bildung des Eigenbetriebes lag. Der Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, dass die Sozialauswahl deshalb hätte nicht auf den Eigenbetrieb beschränkt werden dürfen und sich die Sozialwidrigkeit der Kündigung aus § 1 Abs. 3 KSchG ergibt, hält die Berufungskammer allerdings für unzutreffend. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozialwidrig, weil ein entsprechendes dringendes betriebliches Erfordernis von der Beklagten nicht dargelegt wurde.

Die Beklagte beruft sich auf innerbetriebliche Umstände, aus denen sich das betriebliche Erfordernis für die Kündigung der Klägerin ergebe.

Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken, insbesondere, ob das Bedürfnis an seiner Tätigkeit wegfällt (vgl. zutreffend BAG, 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - in NZA 1999, 1098). Eine solche unternehmerische Entscheidung ist selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG, a. a. O.). Auch der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers ist eine Unternehmerentscheidung. Sie muss sich aber an den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes messen lassen und ist deshalb keine freie Unternehmerentscheidung. Aus der Kündigungsentscheidung ergibt sich nicht, inwieweit das betriebliche Erfordernis zur Kündigung "dringend" sein soll. Demgegenüber kann die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den Beschäftigungsbedarf entfallen lassen (BAG, a. a. O.). Reduziert sich die Organisationsentscheidung zur Personalreduzierung praktisch auf den Kündigungsentschluss, sind diese beiden Unternehmerentscheidungen ohne nähere Konkretisierung nicht voneinander zu unterscheiden. Deshalb sind wegen der Nähe zum bloßen Kündigungsentschluss, dessen Durchsetzung wegen § 1 Abs. 2 KSchG nicht bloß auf Unsachlichkeit oder Willkür zu überprüfen ist, die Anforderungen an den gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG vom Arbeitgeber zu erbringenden Tatsachenvortrag, der die Kündigung bedingen soll, erheblich gesteigert (vgl. im Einzelnen zutreffend BAG, a. a. O.).

Unter Beachtung vorgenannter Grundsätze ist festzustellen, dass die Unternehmerentscheidung des Eigenbetriebs für sich allein nicht den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin begründet, unter Beachtung der zuvor erfolgten Zuordnung der Klägerin durch den Oberbürgermeister der Beklagten in den Eigenbetrieb die Unternehmerentscheidung willkürlich ist und darüber hinaus die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Klägerin auf der Stelle "Küchenleiter ..." der Kündigung der Klägerin entgegensteht.

a) Die Personalabbauentscheidung des Eigenbetriebes hat für sich genommen keinen Einfluss auf die Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin.

Die Betriebsleitung des Eigenbetriebes hat im Februar 2001 die Unternehmerentscheidung getroffen, eine dem voraussichtlichen Personalüberhang entsprechende Anzahl von Arbeitnehmern abzubauen. Der Personalüberhang ergab sich aus einem Vergleich zwischen den dem Eigenbetrieb zugewiesenen Stellen und den dem Eigenbetrieb zugeordneten Mitarbeitern. "Voraussichtlich" nannte der Eigenbetrieb den Personalüberhang, weil noch andere Dienststellen nach freien Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten befragt werden sollten. Die Nachfrage verlief ergebnislos.

Die Unternehmerentscheidung des Eigenbetriebes reduziert sich damit auf den Kündigungsentschluss. Der Eigenbetrieb hatte weder auf die Anzahl der zugewiesenen Stellen noch auf die der zugewiesenen Arbeitnehmer Einfluss. Stellen und Arbeit für Mitarbeiter Technischer Dienstleistungen gab es im Eigenbetrieb nicht, wohl aber waren Arbeitnehmer, die arbeitsvertraglich solche Leistungen schuldeten, so auch die Klägerin, zugewiesen. Haushaltsrechtliche Gründe verbieten es zudem der Beklagten Stellen auszubringen, für die keine gemeindlichen Aufgaben und Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind. Im Eigenbetrieb gab und gibt es keine Beschäftigungsmöglichkeit für Köche, weil diese Leistungen seit dem Jahr 2000 privaten Anbietern übertragen sind. Der Personalüberhang war daher keinem Personalkonzept des Eigenbetriebes geschuldet, sondern der Überhang war mit jedem zugewiesenen "technischen" Angestellten vorgegeben. Die Entscheidung des Eigenbetriebes, den Personalüberhang abzubauen, war für die Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin im Eigenbetrieb ohne Belang. Ein Zusammenhang zwischen der Unternehmerentscheidung des Eigenbetriebes und dem Wegfall der Arbeit für die Klägerin gibt es nicht.

b) Die Entscheidung des OBM der Beklagten, die Klägerin in dem Eigenbetrieb organisatorisch einzufügen und die dann folgende Personalabbauentscheidung des Eigenbetriebes, stellen gemeinsam betrachtet eine willkürliche Maßnahme dar, die eine darauf gestützte Kündigung unwirksam macht.

Die Organisationsverfügung, mit der die Klägerin dem Eigenbetrieb zugeordnet wurde, stellt sich unter Beachtung des Umstandes, dass in diesem Betrieb keine Stellen und keine Arbeit für Köche vorhanden waren, eine willkürliche Maßnahme dar, weil die Beklagte wusste, dass eine Kündigung der Klägerin folgen musste. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin bereits zuvor dem Amt "Kindertageseinrichtungen" zugeordnet und mit Bildung des Eigenbetriebes sozusagen automatisch bei diesem verblieb. Unstreitig ist der Arbeitsplatz der Klägerin im Amt "Kindertageseinrichtungen" im Zuge der Privatisierung zum 01.01.2000 auf die Firma ... übergegangen. Damit entfiel zum 01.01.2000 die grundsätzliche Zuordnung der Klägerin zum Amt. Aus diesem Grund wurde von der Beklagten im Zusammenhang mit der vorangegangenen Kündigung der Klägerin nach Auffassung der Berufungskammer in zutreffender Weise eine Dienststellen übergreifende Sozialauswahl zwischen allen Arbeitnehmern der Technischen Dienstleistungen vorgenommen. Sachgrundlos ordnete die Beklagte die Klägerin nach Erhebung der Kündigungsschutzklage im Vorprozess einer Dienststelle zu, in der es für sie weder eine Stelle noch eine Beschäftigung gab. Der Beklagten stand alternativ zumindest die Möglichkeit zur Verfügung, die Klägerin keiner Dienststelle zuzuordnen, allerdings dann wohl mit der Folge, dass eine Dienststellenübergreifende Sozialauswahl und die Anhörung des Gesamtpersonalrats vor erneuter Kündigung hätte erfolgen müssen.

c) Die Kündigung vom 25.03.2002 ist auch deshalb nach § 1 Abs. 2 KSchG sozialwidrig, weil die Klägerin zu geänderten Bedingungen hätte weiterbeschäftigt werden können. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestand auf dem Arbeitsplatz als Küchenleiterin im Pflegeheim .... Dies hat das Sächsische Landesarbeitsgericht im Vorprozess rechtskräftig festgestellt. In den Entscheidungsgründen verwirft das SLAG die Argumentation der Beklagten, die Klägerin sei für diesen Arbeitsplatz nicht geeignet.

Aufgrund der Feststellungen des SLAG im Vorprozess zur Geeignetheit der Klägerin für die Küchenleiterstelle, ist die Beklagte nunmehr präkludiert erneut zu behaupten, die Klägerin sei für diese Stelle nicht geeignet. Die Präklusion mit diesem Vortrag ergibt sich nach Auffassung der Berufungskammer als Folge der Rechtskraftwirkung (§ 322 ZPO). Andere als die Frage der Geeignetheit berührende Gründe, z. B. Wegfall der Küchenleiterstelle im Pflegeheim ..., die gegen die Weiterbeschäftigung der Klägerin auf diesem Arbeitsplatz sprechen könnten, sind von der Beklagten nicht vorgetragen.

3. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht fort. Die Klägerin hat Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung (vgl. BAG, 1 GS 1/84 in EzA Nr. 9 zu § 611 BGB).

Im Ergebnis zutreffend hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage und dem Weiterbeschäftigungsanspruch stattgegeben. Die Berufung musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.

Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich aus der Einschätzung einer unternehmerischen Entscheidung als willkürlich, aber auch wegen der Präklusion des Vertrages zur fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit.

Ende der Entscheidung

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