Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.06.2009
Aktenzeichen: 1 A 176/09
Rechtsgebiete: VwVfG


Vorschriften:

VwVfG § 25 Abs 2
VwVfG § 49 Abs 3 S 1
VwVfG § 40
VwVfG § 49a Abs 1
Für die Verbindlichkeit der aus einer Richtlinie hergeleiteten Zweckbindung einer Zuwendung genügt es, wenn die Richtlinie in dem Bescheid als Zuwendungsgrundlage benannt wird und ihr näherer Inhalt infolge ihrer Veröffentlichung ohne weiteres zugänglich ist.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 A 176/0

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Anfechtung eines Widerrufs- und Rückforderungsbescheides

hier: Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 25. Juni 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 3. Juni 2005 - 1 K 959/02 - wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte wendet sich mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung gegen die Aufhebung der Bescheide des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung ...... - AfLN - vom 2.7.2001, mit denen es eine dem Kläger gewährte Subvention teilweise widerrufen hat.

Am 16.11.1995 beantragte die Ehefrau des Klägers für sich und den Kläger die "Förderung einer Maßnahme im ländlichen Raum nach den jeweils geltenden Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten" zum Erwerb eines Einfamilienhauses. Unter Ziffer 5.8 des Antrages gaben beide die Erklärung ab: "Ich/Wir habe/n der Bewilligungsbehörde mitzuteilen, wenn der Verwendungszweck (Zweckbindungsfrist beträgt 12 Jahre) oder sonstige für die Bewilligung des Zuschusses maßgebliche Umstände sich ändern oder wegfallen." Am 3.6.1996 wurden der Kläger und seine Ehefrau als Miteigentümer zu je 1/2 des im Antrag benannten Grundstücks eingetragen.

Mit Bescheid vom 14.12.1995 bewilligte das AfLN dem Kläger und seiner Ehefrau eine Zuwendung in Höhe von 50.000,- DM, die sodann ausgezahlt wurde.

Im Januar 2001 teilte die Bevollmächtigte der Ehefrau des Klägers dem AfLN mit, dass diese derzeit vom Kläger getrennt lebe und aus dem ehelichen Wohnhaus ausgezogen sei. Mit Schreiben vom 4.5.2001 teilte sie dann mit, dass auch der Kläger ausgezogen sei und das Wohnhaus von diesen nicht mehr "gehalten" werden könne.

Mit Bescheiden vom 2.7.2001 widerrief das AfLN jeweils gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau den Zuwendungsbescheid vom 14.12.1995, soweit dieser einen Bewilligungsbetrag von 16.354,- DM überstieg und forderte von ihnen jeweils als Gesamtschuldner 33.640,- DM zurück. Zur Begründung führte es aus, dass das Grundstück von diesen nicht mehr als Hauptwohnsitz genutzt werde. Dies verlange Ziffer 4.2 der Richtlinie 74/93, so dass die in Ziffer 4.3 geregelte Zweckbindungsfrist von 12 Jahren von ihnen als Zuwendungsempfänger nicht erfüllt worden sei. Unter Berücksichtigung der vierjährigen Nutzung des Wohnhauses als Hauptwohnsitz, sei nur ein teilweiser Widerruf verhältnismäßig.

Mit Schreiben vom 17.7.2001 erhoben der Kläger und seine Ehefrau jeweils Widerspruch. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass Ziffer 4.3 der Förderrichtlinie nur einen Verkauf während der Zweckbindungsfrist untersage. Ein Verkauf sei aber derzeit noch nicht abzusehen. Eine Verpflichtung zur Nutzung des geförderten Objektes als Hauptwohnsitz verlange die Förderrichtlinie nicht. Zudem sei das AfLN bei der Berechnung der tatsächlichen Nutzungsdauer von einem falschen Zeitraum ausgegangen, soweit es den Auszug der Klägerin am 15.4.2000 zur Grundlage gemacht habe. Er selbst sei bis zum 1.2.2001 dort gemeldet gewesen.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 2.5. und 6.5.2002 wurden die Widersprüche des Klägers und seiner Ehefrau zurückgewiesen. Nach den allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen für Projektförderung (ANBest-P) dürfe die Zuwendung nur für den im Zuwendungsbescheid bestimmten Zweck verwandt werden. Mit der Richtlinie zur Förderung von Wohneigentum in ländlich geprägten Dörfern solle es jungen Familien erleichtert werden, in einem eigenen Haus zu leben und zudem solche Dörfer durch junge Familien wieder belebt werden. Dieses Ziel sei durch den Auszug aus dem Wohngebäude nicht mehr erreichbar. Die Zweckbindungsfrist betrage insoweit 12 Jahre. Darüber hinaus sei es nicht maßgeblich, ob das Wohngebäude auch weiterveräußert worden sei. Da keiner der beiden Zuwendungsempfänger mehr das Gebäude bewohne, liege eine Zweckverfehlung vor, so dass der Bescheid zu Recht auf § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG gestützt worden sei. Die Festlegung des Zeitpunktes der nicht mehr zweckentsprechenden Nutzung auf den 15.4.2000 sei ermessensfehlerfrei.

Der Kläger hat am 7.6.2002 Klage erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen bekräftigt und vertieft.

Mit Urteil vom 3.6.2005 hat das Verwaltungsgericht Leipzig die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt. Die Bescheide seien rechtswidrig, da die Voraussetzungen für ihren Widerruf nicht vorgelegen hätten. Es läge weder eine zweckwidrige Verwendung im Sinne von § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG, noch die Nichterfüllung von Auflagen nach § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG vor. Bei der Zweckbestimmung sei auf den sich aus dem Bescheid selbst ergebenden Zweck abzustellen. Dabei sei ein unmittelbarer Rückgriff auf die Bestimmungen der Richtlinie 74/93 nicht möglich. Eine zweckwidrige Verwendung liege nicht vor. Als unmittelbar im Zuwendungsbescheid vom 14.12.1995 ausgewiesener Zuwendungszweck lasse sich der Erwerb von Wohneigentum feststellen. Denn in dem Bescheid heiße es wörtlich: "Maßnahme: Erwerb Wohneigentum; Bestandteile: Grundstückskauf". Weiter werde unter "Besonderer Hinweis: Subventionsrechtliche Tatsachen im Sinne von § 267 (7) des Strafgesetzbuches sind:" die "Nichteinhaltung der Zweckbindungsfrist von 12 Jahren" aufgeführt. Darüber hinaus lasse aber der Wortlaut des Bescheides eine Einbeziehung der Richtlinie 74/93 zur weiteren Bestimmung der Zweckbestimmung nicht zu. Im Zuwendungsbescheid heiße es einleitend, dass dem Kläger und seiner Ehefrau auf ihren Antrag "nach der geltenden ,Richtlinie für die Förderung von Wohneigentum in ländlich geprägten Dörfern' des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten eine Zuwendung als Anteilsfinanzierung gewährt" werde. Hierbei handele es sich nur um einen allgemeinen Hinweis auf die Rechtsgrundlage für die Gewährung der Zuwendung, der aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit nicht ausreichend sei, um die Vorschrift zur Zweckbestimmung heranziehen zu können. Der Gesetzeswortlaut des § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG verweise ausdrücklich auf den "in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck". Zwar komme zur Zweckbestimmung grundsätzlich auch ein ausdrücklicher Verweis im Zuwendungsbescheid auf eine Richtlinie in Betracht. Dieser könne, um den Anforderungen des § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG zu genügen, entweder durch Beifügung der Richtlinie als Anlage zum Bescheid erfolgen oder, wenn dem Empfänger die Richtlinie bekannt sei, durch eine eindeutige Bezugnahme auf die konkret bezeichnete Richtlinie. Beides sei hier jedoch nicht erfüllt. In den Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid vom 14.12.1995 werde unter Ziffer 1 ausgeführt: "Die beigefügte(n) Anlage(n) sind Bestandteil des Zuwendungsbescheides", wobei als Anlagen nur die "Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)" und ein Antrag an das Grundbuchamt benannt seien. Dem Bescheid könne nicht in unmissverständlicher Weise entnommen werden, dass der Zweck der Zuwendung sich auch aus der Richtlinie 74/93 ergeben solle. Ein Rückgriff auf diese Richtlinie verbiete sich aber auch deshalb, weil diese im Zuwendungsbescheid nicht eindeutig und konkret benannt sei. Denn für den Zuwendungsempfänger müsse ein Zugriff auf die Rechtsgrundlage, deren Voraussetzungen zur Zweckbestimmung herangezogen werden sollen, zumindest ohne tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten möglich sein. Dazu gehöre neben der Angabe des Namens der Förderrichtlinie auch die Benennung der Richtliniennummer mit Datum der geltenden Fassung und ggfs. die Angabe der Veröffentlichung. Dies sei umso notwendiger, wenn - wie hier nach Angabe des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - Änderungen der Richtlinie unter Beibehaltung der Richtliniennummer erfolgten. Da es die Behörde in der Hand habe, die vom Gesetz geforderte Zweckbindung im Zuwendungsbescheid klar zu formulieren, müssten Zweifel bei der Bestimmung des Zuwendungszweckes zu ihren Lasten gehen. Der Hinweis des Beklagten auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden (Urt. v. 5.4.2000 - 14 K 736/99) greife nicht durch. Diesem liege zumindest insoweit ein anderer Sachverhalt zu Grunde, als in dem dort zu prüfenden Zuwendungsbescheid die Richtlinie zumindest noch mit der Richtliniennummer benannt worden sei. Auch dem hierzu ergangenen Nichtzulassungsbeschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts lasse sich die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung nicht entnehmen, da dieser sich zu der Frage, ob die Benennung der Rechtsgrundlage für die Gewährung zureichend sei, um diese zur Zweckbestimmung heranziehen zu können, nicht verhalte. Ein weitergehender Zweck als der des Erwerbs von Wohneigentum lasse sich auch den Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid nicht entnehmen. Die Widerrufsvoraussetzungen des § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG wegen Nichterfüllung einer Auflage lägen ebenfalls nicht vor, da die Richtlinie kein Bestandteil des Zuwendungsbescheides geworden sei.

Auf den Antrag des Freistaates Sachsen ist die Berufung mit Beschluss vom 28.11.2007 - 3 B 589/05 - wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zugelassen worden. Derartige Zweifel habe der Beklagte unter Berufung auf den Senatsbeschluss vom 17.1.2003 - 3 BS 482/00 - dargelegt.

Zur Begründung seiner Berufung führt der Beklagte aus: Durch den Betreff "Maßnahme: Erwerb Wohneigentum" werde deutlich, dass nicht allein der schlichte Eigentumserwerb und dessen Erhaltung für die Dauer der Zweckbindungsfrist zur Verwirklichung des Zuwendungszweckes genügten. Vielmehr habe es darüber hinaus auch der Nutzung zu Wohnzwecken durch den Kläger und seine Ehefrau bedurft. Die Förderung sei personengebunden und mit dem Ziel gewährt worden, dass sich die Zuwendungsempfänger im ländlichen Raum ansiedelten. Wenn man darüber hinaus für die Verbindlichkeit dieser Zweckbindung die Einbeziehung der Richtlinie für erforderlich halte, liege auch diese Voraussetzung vor. Auf diese Richtlinie werde in der Einleitung des Zuwendungsbescheides ausdrücklich Bezug genommen. Schon hierdurch sei eine eindeutige Identifizierung und ein Rückgriff auf diese Richtlinie möglich. So habe es auch das Verwaltungsgericht Dresden in einem vergleichbaren Fall gesehen, der sich nur durch die Zitierung der Richtliniennummer vom vorliegenden Fall unterscheide. Dem Kläger und seiner Ehefrau sei die Richtlinien-Nr. zudem aufgrund des von seiner Ehefrau unterschriebenen Antragsformulars bekannt. Nach der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts werde die Kenntnis von einer Richtlinie durch deren Veröffentlichung indiziert. Wenn jedoch eine Richtlinie durch ihre Veröffentlichung - wie vorliegend im Sächsischen Amtsblatt vom 22.9.1994, Nr. 52, S. 1214 ff. geschehen - als bekannt gewertet werde, müsse konsequenter Weise die Angabe der Veröffentlichung als entbehrlich angesehen werden. Zudem bedürfe es für die Einbeziehung der Richtlinie nicht der explizierten Angabe der insoweit geltenden Fassung. Wenn eine Zuwendung nach der geltenden Richtlinie gewährt werde, könne allein die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltende Fassung gemeint sein. Ausgehend von einer Zweckverfehlung sei der Widerruf insbesondere ermessensfehlerfrei, da er den Zeitraum der zweckentsprechenden Verwendung der Fördermittel berücksichtige. Zudem liege auch die Widerrufsvoraussetzung der Nichterfüllung einer Auflage vor.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 3. Juni 2005 - 1 K 959/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bekräftigt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es an einer wirksamen Einbeziehung der Richtlinie in den Bewilligungsbescheid fehle. Im Übrigen habe er aber auch die Maßgaben dieser Richtlinie erfüllt. Er sei in das geförderte Objekt eingezogen und habe dort vom 12.2.1996 bis zum 1.2.2001 gewohnt. Die Zweckbindungsfrist sei auch eingehalten. Das Wohngrundstück sei innerhalb des Zeitraumes von 12 Jahren nicht verkauft worden. Seine Zwangsversteigerung am 30.9.2004 erfülle nicht den Tatbestand des Verkaufs. Die dauerhafte Nutzung des Wohngrundstücks als Hauptwohnsitz stelle keinen aus dem Zuwendungsbescheid ersichtlichen Zweck dar. Untersagt werde durch die Richtlinie lediglich eine Weiterveräußerung für den Zeitraum von 12 Jahren.

Aufgrund der Verwaltungsneuordnung ist nunmehr der Landkreis Nordsachsen als Beklagter in das Verfahren eingetreten.

Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 23.4.2009 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwaltes bewilligt. Dem Senat liegen die Verwaltungsvorgänge des AfLN sowie die Gerichtsakten aus dem Klage- und dem zweitinstanzlichen Verfahren vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 3.6.2005 ist zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des AfLN vom 2.7.2001 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 6.5.2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der teilweise Widerruf des Zuwendungsbescheides vom 14.12.1995 ist zu Recht auf § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG gestützt worden. Hiernach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht mehr für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. Diese Voraussetzungen lagen hier ab dem Auszug der Ehefrau des Klägers aus dem geförderten Objekt am 15.4.2000 nicht mehr vor. Zweck der Förderung war die Selbstnutzung des vom Kläger und seiner Ehefrau erworbenen Wohnhauses als Hauptwohnsitz über einen Zeitraum von 12 Jahren. Diese Zweckbindung ergibt sich aus der Richtlinie zur Förderung von Wohneigentum in ländlich geprägten Dörfern, Richtlinien-Nr. 74/93, veröffentlich im Sächsischen Amtsblatt vom 22.9. 1994, Nr. 52, S. 1214 ff., welche Bestandteil des Bewilligungsbescheides war.

Für die Beurteilung der Einhaltung der Zweckbestimmung bei der Verwendung von Fördermitteln ist der im Zuwendungsbescheid ausgewiesene Zuwendungszweck maßgebend. Wegen der besonderen Bedeutung des Zuwendungszwecks für den Widerrufstatbestand des § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG muss die Zweckbestimmung im Bescheid selbst mit hinreichender Bestimmtheit zum Ausdruck kommen. Hiervon ausgehend wird der Zuwendungszweck in dem Zuwendungsbescheid vom 14.12.1995, nämlich die Bildung von selbst genutztem Haus- und Grundeigentum im ländlich geprägten Raum durch junge Familien noch hinreichend bestimmt umschrieben. In diesem Zuwendungsbescheid wird einleitend ausgeführt, dass die Zuwendung nach der geltenden "Richtlinie für die Förderung von Wohneigentum in ländlich geprägten Dörfern" des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten als Anteilsfinanzierung gewährt wird. Als Maßnahme ist der "Erwerb Wohneigentum" genannt und unter dem Begriff "Bestandteile" als "Grundstückskauf ... ..................................................................... Straße...." näher umschrieben.

Um welche genaue Richtlinie es sich hier handelte, war dem Kläger und seiner Ehefrau bekannt. Auf dem von der Ehefrau des Klägers - und mit dessen schriftlicher Vollmacht - bei der Antragstellung ausgefülltem und unterschriebenen Formular zur Ermittlung des Einkommens ist die Richtlinien-Nr. der hier einschlägigen Richtlinie genannt. Zwar ist der Inhalt der Richtlinie weder - zumindest auszugsweise - in dem Bewilligungsbescheid wiedergegeben, noch eine Kopie derselben dem Kläger oder seiner Ehefrau ausgehändigt worden, was zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten wie hier vorliegend sicherlich wünschenswert wäre und auch im Hinblick auf die Auskunftspflicht nach § 25 Satz 2 VwVfG geboten erscheint. Im Hinblick auf eine Verbindlichkeit der genannten Richtlinie für den Kläger und seine Ehefrau teilt der Senat jedoch die Auffassung des 3. Senats des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 17.1.2003 - 3 B 482/00), dass es für die Zurechenbarkeit einer Kenntnis vom Inhalt der Richtlinie genügt, wenn diese - wie hier - im Zuwendungsbescheid ausdrücklich als Grundlage für die Zuwendung benannt wird und ihr näherer Inhalt infolge ihrer Veröffentlichung, hier im Sächsischen Amtsblatt, ohne weiteres zugänglich ist. Für diesen Fall bedarf es anders als im Fall nicht veröffentlichter Zuwendungsbestimmungen keiner Beifügung einer Kopie der Richtlinie zum Zuwendungsbescheid und auch keiner zitatweisen Wiedergabe ihres Inhalts in diesem Bescheid. Dem Zuwendungsempfänger ist es in diesem Fall zuzumuten, sich Kenntnis von der veröffentlichten Fassung der Richtlinie zu verschaffen. Unterlässt er dieses, hindert dieser Umstand eine Verbindlichkeit des in der Richtlinie festgeschriebenen Zuwendungszwecks für den Zuwendungsempfänger nicht. Welche Fassung der Richtlinie für den Zuwendungsbescheid maßgeblich sein soll, ergibt sich ohne weiteres aus der dort verwandten Formulierung, dass die Zuwendung nach der "geltenden" Richtlinie gewährt wird, sprich die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheides geltenden Fassung (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG).

Durch die Aufgabe der Eigennutzung des auf der Grundlage des Zuwendungsbescheides erworbenen Wohnhauses haben der Kläger und seine Ehefrau die ihnen bewilligte Zuwendung von 50.000,- DM im Sinne von § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck der Zuwendung, sprich dem sich aus der Richtlinie ergebenden Zuwendungszweck, verwendet. Dieser Zweck wird dort zunächst allgemein mit der Bildung von Haus- und Bodeneigentum für junge Familien umschrieben. Es soll die Investitionsbereitschaft im Ländlichen Raum verbessert, eine breite Eigentumsstreuung ermöglicht und der drohenden Abwanderung entgegengewirkt werden (Ziffer 1 Satz 1 und 2). Deshalb wird der Zuwendungsempfänger in Ziffer 4.2 zum Bezug des erworbenen Objektes als Hauptwohnsitz innerhalb von 6 Monaten nach Auszahlung der Fördermittel oder, wenn Baumaßnahmen an der eigengenutzten Wohnung durchgeführt werden, innerhalb von 3 Jahren verpflichtet. Schon hieraus wird nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont deutlich, dass die Zuwendung für die Eigennutzung zweckbestimmt ist. Dies bestätigt sich durch einen Blick in Ziffer 2.1, wonach zuwendungsfähig Aufwendungen "zur Schaffung von selbstgenutztem Wohnraum" sind. Eine insbesondere auch auf die Eigennutzung gerichtete Zweckbestimmung wird nicht in Frage gestellt durch die Regelungen im Zusammenhang mit der Zweckbindungsfrist. Hierzu regelt Ziffer 4.3, dass die Zweckbindungsfrist 12 Jahre beträgt (Satz 1). Bei einem Weiterverkauf innerhalb der Frist ist die gewährte Förderung zurückzuzahlen (Satz 2). Diese Regelung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass allein der Weiterverkauf des geförderten Objekts innerhalb der Zweckbindungsfrist einen Widerruf der Zuwendung rechtfertigen soll. Dieser Auffassung steht systematisch schon der Umstand entgegen, dass nach § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG als Rechtsgrundlage für den Widerruf von begünstigenden Verwaltungsakten die Zweckverfehlung stets einen Widerrufstatbestand darstellt. Insoweit steht der Widerruf allerdings im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen wird durch Ziffer 4.3 Satz 2 der Richtlinie in der Art einer vorweggenommenen Ermessensausübung durch eine Verwaltungsvorschrift für den Fall auf Null reduziert, dass eine Weiterveräußerung innerhalb der Zweckbindungsfrist erfolgt. Für die weitergehende Annahme, dass hierdurch ein im Ermessen stehender Widerruf nach § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG ausgeschlossen werden soll, bietet diese Regelung keine Anhaltspunkte.

Liegt hiernach eine Verfehlung des Zwecks ab dem Zeitpunkt der Aufgabe einer Selbstnutzung des geförderten Objekts innerhalb der Zweckbindungsfrist durch die Ehefrau des Klägers vor, hat das AfLN das ihm eingeräumte Widerrufsermessen (§ 40 VwVfG) auch rechtmäßig ausgeübt. Eine Behörde hat sich bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nach dem Zweck der sie hierzu ermächtigenden Vorschrift zu verhalten und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes. Hier hat das AfLN sowohl erkannt, dass ihm für den Widerruf des Zuwendungsbescheides Ermessen zusteht und dieses auch in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Es hat zutreffend ausgeführt, dass dem öffentlichen Interesse an der Rückforderung von nicht zweckentsprechend verwendeten Fördermitteln grundsätzlich der Vorrang vor dem Interesse des Zuwendungsempfängers am Fortbestand des Zuwendungsbescheides einzuräumen ist. Zugunsten des Klägers und seiner Ehefrau hat es in seine Erwägung eingestellt, dass diese bis zum Auszug der Ehefrau des Klägers die Zuwendung durch Eigennutzung des Objekts zweckentsprechend verwandt haben und insoweit ihr Vertrauen in den Bestand der Zuwendung als schutzwürdig angesehen. Folglich hat es die Interessen dahingehend abgewogen, dass ein vollständiger Widerruf unverhältnismäßig sei und den Widerruf nur für den Teil der Zuwendung ausgesprochen, der anteilig auf den auf den Auszug der Ehefrau des Klägers folgenden Zeitraum der Zweckbindungsfrist entfällt.

Rechtsgrundlage für die im Widerrufsbescheid vom 29.3.2001 zugleich festgesetzte - anteilige - Erstattung der Zuwendung ist § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen wurde, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (§ 49a Abs. 1 Satz 2 VwVfG), was durch den angefochtenen Bescheid geschehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 3. Juni 2005 - 1 K 959/02 - für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 21.499,83 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 GKG, die Abänderung auf § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Danach ist für die Streitwertfestsetzung sowohl im Verfahren erster Instanz als auch für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht die Höhe des widerrufenen Bewilligungsbetrages zuzüglich eines Viertels des Erstattungsbetrages maßgebend. Ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt im Sinne von § 52 Abs. 3 GKG ist auch der Verwaltungsakt, der einen eine Geldleistung zusprechenden Verwaltungsakt aufhebt. Einem solchen Verwaltungsakt kommt, was die Festsetzung des Streitwertes angeht, dieselbe wirtschaftliche Bedeutung zu, wie dem aufgehobenen Verwaltungsakt (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 29.6.2001, NVwZ-RR 2002, 77). Soweit ein Antragsteller daneben die Aufhebung eines mit Leistungsbescheid festgesetzten Erstattungsbetrages begehrt, ist der Streitwert um ein Viertel dieses Betrages zu erhöhen (SächsOVG, Beschl. v. 4.2.2008 - 1 B 217/07 -). Die Festsetzung der Erstattung stellt eine selbständige Beschwer für den Adressaten dar, weil dieser Leistungsbescheid einen vollstreckbaren Titel beinhaltet. In Anwendung dieser Grundsätze beläuft sich der Streitwert auf 21.499,83 € (17.199,86 € + 4.299,96 €).

Ende der Entscheidung

Zurück