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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 18.09.2009
Aktenzeichen: 1 A 64/08
Rechtsgebiete: VwVfG, BGB


Vorschriften:

VwVfG § 54
VwVfG § 56
VwVfG § 57
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 A 64/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Feststellung der Unwirksamkeit einer Vereinbarung

hier: Berufung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger ohne weitere mündliche Verhandlung

am 18. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 6. Juni 2007 - 1 K 709/04 - wird geändert. Es wird festgestellt, dass durch die Erklärungen vom 6. Oktober 1998 und 14. Dezember 1998 keine wirksame Vereinbarung zwischen der Gemeinde P........ und dem Beklagten zustande gekommen ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung die Feststellung, dass mit dem Beklagten keine wirksame Vereinbarung zu Anliegerpflichten und der Nutzung von Grundstücken als öffentliche Verkehrsflächen abgeschlossen wurde.

Der Beklagte ist Eigentümer von drei Flurstücken der Gemarkung P........, welche an die S........... Straße angrenzen. Die beiden unmittelbar daneben liegenden und ebenfalls an die S........... Straße angrenzenden Flurstücke gehören seinem Bruder. Bei Baumaßnahmen der Gemeinde P........ im Jahre 1998 - deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist - kam es zu einer teilweisen Überbauung dieser Flurstücke mit einem Gehweg.

Zur Klärung der hieraus folgenden Probleme erstellte der Bürgermeister der Gemeinde P........ unter dem 6.10.1998 den Entwurf eines Vertrages zwischen der Gemeinde P........ und dem Beklagten. Dieser hatte u. a. folgenden Wortlaut:

"... .Gegenwärtig wird der Fußweg in der S........... Straße durch H........ (straßenseitig) und zu den Flurstücken F1....; F2.... und F3.... durch den Gartenzaun der Familie ....... begrenzt. ... . Familie ....... duldet jetzt und künftig den so angelegten Fußweg, da sonst der Fußwegbau wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Breite "Sicherer Schulweg" nicht machbar gewesen wäre. Die Gemeinde P........ hält dafür den Bereich zwischen Fußweg und Gartenzaun entlang der Flurstücke wie bezeichnet sauber."

Der Beklagte ergänzte diese Vertragsurkunde um seinen Bruder ....... ....... als weiteren Vertragspartner. Zugleich fügte er einen "Zusatz" mit dem Wortlaut:

"Die Gemeinde P........ übernimmt für den gesamten Fußwegbereich alle Pflichten, die sonst der Anwohner (Grundstückseigentümer) hat. Nur wenn die Gemeinde dem Zusatz zustimmt, ist die Unterschrift der Eigentümer rechtskräftig."

Diese vom Beklagten und seinem Bruder unter dem 14.12.1998 unterzeichnete Urkunde ging am 17.12.1998 bei der Gemeinde in zweifacher Ausführung ein. Bei einem der beiden Exemplare ist zusätzlich der Satz "Die Gemeinde P........ hält dafür den Bereich zwischen Fußweg und Gartenzaun entlang der Flurstücke wie bezeichnet sauber" gestrichen. An einer der beiden Vertragstexte brachte der Mitarbeiter der Gemeinde P........, Herr ......., am 22.12.1998 den Vermerk an, dass die Zusätze nicht mit der Gemeinde abgestimmt worden seien.

Die Gemeinde P........ wurde zum 1.1.1999 zur Klägerin eingemeindet. In einer hausinternen Mitteilung vom 24.11.1999 zwischen dem Bauamt und dem Bauhof der Klägerin heißt es:

"Nach dem Fußwegbau in der S........... Straße in P........ sind am Grundstück ....... Vermessungsarbeiten durchgeführt worden. Dabei stellte sich nachträglich heraus, dass ein Teil des Fußweges noch zum Grundstück ....... gehört. Durch Vereinbarung zwischen Familie ....... und der Gemeinde P........ wurde deshalb vereinbart, dass der Fußweg so verbleibt, die Gemeinde P........ dafür aber die regelmäßige Reinigung des Fußweges und des Schnittgerinnes, insbesondere im Herbst das regelmäßige Laubhaken mit Abfuhr übernimmt".

Mit Schreiben vom 19.7.2002 forderte die Klägerin den Beklagten auf, seinen Pflichten aus der Straßenreinigungssatzung der Gemeinde nachzukommen und Verunreinigungen des Randstreifens und des Schnittgerinnes zu beseitigen. Nach dem Hinweis des Beklagten auf die geschlossene Vereinbarung teilte die Klägerin mit, diese nicht akzeptieren zu können. Sie führe zu einer Ungleichbehandlung derer, die ihren Anliegerpflichten nachkämen. Die Anliegerpflichten müssten bei den Grundstückseigentümern verbleiben. Für eine zukünftige Regelung sei ein Gespräch zu führen. Mit Schreiben vom 13.5.2003 bot die Klägerin dem Beklagten den Erwerb der überbauten Grundstücksflächen an. Als Kaufpreis stellte sie 20 % des Bodenwertes in Aussicht, da sich der Erwerb nach den Bestimmungen des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes richte. Dieses Angebot lehnte der Beklagte ab.

Im Anschluss an weitere und erfolglose Einigungsbemühungen erhob die Klägerin am 11.5.2004 Klage beim Verwaltungsgericht. Zur Begründung vertrat sie die Auffassung, dass kein wirksamer öffentlich-rechtlicher Vertrag vorliege, da durch die Vertragszusätze erhebliche Änderungen vorgenommen worden seien. Gemäß § 150 Abs. 2 BGB sei die Annahme eines Vertrages unter Erweiterungen, Einschränkungen und sonstigen Änderungen als Ablehnung, verbunden mit einem neuen Antrag zu werten. An der Annahme dieses neuen Angebots fehle es hingegen. Es habe auch keiner ausdrücklichen Ablehnung dieses Angebots bedurft. Der zeitweise Vollzug des Vertrages sei ausschließlich den Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Gemeindezusammenschluss geschuldet, weshalb hieraus für den Beklagten nichts Günstiges hergeleitet werden könne.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, da sie zwar als Feststellungsklage zulässig, hingegen unbegründet sei. Es liege ein wirksamer öffentlich-rechtlicher Vertrag vor. Er sei formwirksam, da schriftlich abgeschlossen. Sämtliche Erklärungen und auch die Zusätze befänden sich auf einer einheitlichen und von allen Beteiligten unterzeichneten Urkunde. Bedenken bestünden letztlich auch nicht durch die Hinzufügung eines weiteren Vertragspartners und inhaltlichen Zusätzen. In der zivilrechtlichen Rechtsprechung zu § 126 BGB sei geklärt, dass die Schriftform auch bei Änderungen und Ergänzungen des Vertragstextes auf einem bereits unterzeichneten Vertrag genüge getan sei, soweit sie nur dem übereinstimmenden Willen der Vertragsschließenden entsprächen. Dieser Auffassung sei auch für öffentlich-rechtliche Verträge zu folgen, da hier mit der Schriftform keine anderen Zwecke verfolgt würden. Dass die hier vorgenommenen Änderungen mit dem Willen der an ihm Beteiligten übereinstimmten und damit der Vertrag wirksam zustande gekommen sei, stehe zur Überzeugung des Gerichts fest. Zum einen hätten sie dem wohlverstandenen Interesse der Vertragsparteien entsprochen. Dies gelte vor allem für die Einbeziehung des Bruders des Klägers, da sich die Vereinbarung auch auf diesem gehörende Flurstücke erstrecken sollte. Der Zusatz zur Übernahme der Pflichten eines Anliegers durch die Gemeinde, möge zwar für diese eine Belastung dargestellt haben. Andererseits habe sie sich auf diesen einlassen müssen, da nur die Übernahme dieser Pflichten eine nennenswerte Gegenleistung der Gemeinde für die eingeräumte Nutzung der Flurstücke gebildet habe. Die in den Vertragsentwurf aufgenommene Verpflichtung, den Bereich zwischen Fußweg und Gartenzaun entlang der Flurstücke sauber zu halten, hätte jedenfalls den Beklagten und seinen Bruder kaum zu einem Vertragsschluss bewegen können. Denn insoweit habe für beide keine öffentlich-rechtliche Pflicht bestanden, die ihnen von der Gemeinde hätte abgenommen werden können. Zum anderen mache das weitere Geschehen den Willen der Rechtsvorgängerin der Klägerin deutlich, den Vertrag mit seinen Änderungen abzuschließen. So zeige insbesondere die Hausmitteilung vom 24.11.1999, dass sich ihr Bauamt an die Vereinbarungen gebunden fühlte und diese auch über mehrere Jahre ausführte. Der Vermerk vom 22.12.1998, wonach der Zusatz ohne Abstimmung mit der Gemeinde vorgenommen worden sei, könne nicht als Beleg für das Fehlen übereinstimmender Willenserklärungen herangezogen werden. Er weise lediglich darauf hin, dass der Beklagte und sein Bruder die Zusätze nicht zuvor mit der Gemeinde abgesprochen hätten. Einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien schließe dies jedoch nicht aus, weil die Klägerin als Adressantin die Annahme jederzeit noch im Nachhinein habe erklären können. Dem wirksamen Zustandekommen des Vertrages stünden auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen. Es handele sich bei ihm um einen zulässigen Austauschvertrag im Sinne von § 56 Abs. 1 VwVfG, dessen Leistungen in einem angemessenen Verhältnis gestanden hätten. Die Rechtsvorgängerin sei offenbar aufgrund ihrer Personalsituation davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Gehwegbereiche im Rahmen der turnusgemäßen Reinigung der gegenüberliegenden Straßenseite mit erledigt werden könnten, ohne dass dies einen nennenswerten wirtschaftlichen Aufwand verursachte. Ob die Gegenleistung des Beklagten und seines Bruders auch unter den nach der Eingemeindung herrschenden Bedingungen - insbesondere im Hinblick auf einen Wert der betroffenen Grundstücksteile von 1.000,- bis 2.000,- € noch angemessen sei, könne hier dahinstehen, da lediglich ein wirksames Zustandekommen des Vertrages und nicht seine Kündigung oder Anpassung in Rede stehe.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 24.1.2008 zugelassen. Aus ihren Darlegungen ergäben sich ernstliche Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag trotz der vom Beklagten vorgenommenen Vertragsänderungen zustande gekommen sei.

Zur Begründung ihrer Berufung bekräftigt die Klägerin ihre Auffassung, dass es an einer Willensübereinstimmung für ein Zustandekommen des Vertrages fehle. Diese habe sie zudem zum 31.12.2007 gekündigt. Die Vereinbarung sei am 6.10.1998 an den Beklagten übersandt worden. Die nachträglich aufgenommenen Zusätze erhielten selbst die Bestimmung: "nur wenn die Gemeinde dem Zusatz zustimmt, ist die Unterschrift der Eigentümer rechtskräftig". Eine Zustimmung sei aber weder ersichtlich, noch vom Beklagten behauptet. Dem Schweigen der Gemeinde P........ könne man keine Bedeutung beimessen, da es sich hier um wesentliche Vertragsänderungen gehandelt habe, indem ein weiterer Vertragspartner nebst einem erheblichen Zusatz in den Vertrag eingefügt worden sei. Für die Annahme gelte das Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG, ein Verstoß hiergegen führe nach § 62 Satz 2 VwVfG in Verbindung mit § 125 BGB zur Nichtigkeit. Insbesondere fehle es an der Zustimmung eines vertretungsberechtigten Organs der Gemeinde. Insoweit könne die zivilgerichtliche Rechtsprechung auch nicht ohne weiteres übernommen werden. Falls man den Vertrag für schwebend unwirksam halte, fehle es an der nach § 179 Abs. 1 BGB erforderlichen Genehmigung durch die Gemeinde P......... Dies belege die auf dem Vertrag angebrachte Notiz des Mitarbeiters ......., dass der Zusatz nicht mit der Gemeinde abgestimmt gewesen sei. Die spätere Mitteilung des Bauamtes der Beklagten an ihren Bauhof, besage nicht, dass die Gemeinde P........ im Sinne des Zusatzes des Beklagten "alle Pflichten übernimmt", sondern nur "die regelmäßige Reinigung des Fußweges und des Schnittgerinnes, insbesondere im Herbst das regelmäßige Laubharken mit Abfuhr". Namentlich den Winterdienst habe sie offensichtlich nicht übernehmen wollen, weshalb keine Einigung über wesentliche Vertragsinhalte vorliege. Soweit sich das Verwaltungsgericht auf den mutmaßlichen Willen der Beteiligten stütze, sei dieses spekulativ. Im Hinblick auf eine Übernahme des Winterdienstes könne auch nicht behauptet werden, dass die Leistungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Die Berufung auf eine Unwirksamkeit stelle auch in Ansehung der dann ausgeführten Praxis keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. Die Gemeinde habe notgedrungen die Anliegerpflichten und Verkehrssicherungspflichten übernommen, nachdem sich der Beklagte hierzu wegen der vermeintlich wirksamen Vereinbarung zu deren Übernahme geweigert habe. Sie habe eine Gefährdung der Nutzer des Fußweges verhindern müssen. Aus Sicht der Klägerin seien die Anliegerpflichten von ihr nur unter Vorbehalt durchgeführt worden. Dies belege der bereits zitierte Vermerk des Mitarbeiters ........

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 6. Juni 2007 - 1 K 709/04 - zu ändern und festzustellen, dass durch die Erklärungen vom 6. Oktober 1998 und 14. Dezember 1998 keine wirksame Vereinbarung zwischen der Gemeinde P........ und dem Beklagten zustande gekommen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Schriftformerfordernis für gewahrt. Die Vereinbarung stelle nur die schriftliche Fixierung einer zuvor bereits mündlich getroffenen Einigung dar. Im Herbst 1998 habe es ein Gespräch zwischen dem Bürgermeister der Gemeinde P........, dem Beklagten und dessen Bruder gegeben, bei dem die genauen Vertragsmodalitäten geklärt worden seien. Der dann übersandte Entwurf habe aber - wohl versehentlich - nicht sämtliche Punkte der zuvor mündlich getroffenen Einigung enthalten. Diese Punkte seien dann lediglich vom Beklagten im Vertragstext ergänzt worden. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass auch im Lichte von § 150 Abs. 2 BGB eine erneute schriftliche Bestätigung eine reine Förmelei gewesen wäre. Dies stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Der Zusatz "Nur wenn die Gemeinde dem Zusatz zustimmt, ist die Unterschrift der Eigentümer rechtskräftig" lasse nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts keine andere Auslegung zu. Die Vertragsergänzung sei bereits vom Willen des Bürgermeisters bei seiner Unterzeichnung gedeckt gewesen. Dementsprechend habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Vertrag auch widerspruchslos jahrelang vollzogen. Eine ordnungsgemäße Vertretung nach außen nebst einer auf den Abschluss der Vereinbarung gerichteten Willenserklärung habe demnach - zumindest konkludent - vorgelegen, wodurch den Anforderungen des § 57 VwVfG in Verbindung mit § 126 BGB als auch des § 150 Abs. 2 Abs. 2 BGB Genüge getan sei. Besonderheiten gegenüber der zivilgerichtlichen Rechtsprechung lägen nicht in dem Umstand begründet, dass ein Vertragsschluss durch den zur Vertretung berechtigten Bürgermeister erfolgen müsse. Den Vertrag nach jahrelangem Vollzug nunmehr als unwirksam darzustellen, sei rechtsmissbräuchlich und verstoße gegen Treu und Glauben. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Winterdienst nicht Gegenstand des Vertrages gewesen sein solle. Der Vereinbarung selbst lasse sich entnehmen, dass "sonst der Fußwegbau wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Breite "Sicherer Schulweg" nicht machbar gewesen wäre". Von einer Unangemessenheit der Leistungen könne deshalb keine Rede sein.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsvorgänge der Klägerin und die Gerichtsakten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet ohne weitere mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten hiermit für den Fall des Scheiterns einer gütlichen Einigung einverstanden erklärt haben (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO). Die Beteiligten haben dem Senat übereinstimmend das Scheitern einer gütlichen Einigung schriftsätzlich angezeigt.

Auf die zulässige Berufung der Klägerin ist das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern. Der Klägerin steht ein Recht auf die gerichtliche Feststellung zu, dass durch die Erklärungen der Gemeinde P........ und des Beklagten vom 6.10.1998 und 14.12.1998 kein wirksamer öffentlich-rechtlicher Vertrag i. S. v. § 54 VwVfG i. V. m. § 56 VwVfG geschlossen wurde.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Klage als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig ist. Diese Ausführungen macht sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen und verweist auf diese. An der Zulässigkeit ändert die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung der Vereinbarung durch die Klägerin nichts, da deren Wirksamkeit zwischen den Beteiligten streitig ist und zudem mit Wirkung frühestens zum 31.12.2007 ausgesprochen wurde.

Die Berufung der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde P........ ist begründet. Durch die Erklärungen vom 6.10.1998 und 14.12.1998 ist kein wirksamer öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Gemeinde P........ und dem Beklagten zustande gekommen. Es fehlt ihm an der für ihn gemäß § 57 VwVfG erforderlichen Schriftform. Die Schriftform ist hier einschlägig, da nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts durch Rechtsvorschrift keine andere Form vorgeschrieben ist.

Das Schriftformerfordernis verlangt, dass sich die wesentlichen Vertragsinhalte aus dem schriftlichen Vertragstext ergeben müssen und dass die Vertragsparteien bezeichnet sind. Unklare oder mehrdeutige Formulierungen des Vertragstextes können unschädlich sein, wenn sich die aus ihnen ergebenden Zweifel im Wege der Auslegung behoben werden können (vgl. nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 57 Rn. 8 m. w. N.). Insoweit teilt der Senat auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die zivilrechtliche Rechtsprechung herangezogen werden kann, wonach die Schriftform auch bei Änderungen und Ergänzungen des Vertragstextes auf einem bereits unterzeichneten Vertragsentwurf gewahrt ist, wenn und soweit die Änderung dem übereinstimmenden Willen der Vertragsschließenden entspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.1994, NJW 1994, 2300).

Hiervon ausgehend lässt sich nicht feststellen, dass die Änderungen des Beklagten im Vertragsentwurf der Gemeinde P........ einem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entsprachen. Hiergegen spricht bereits die vom Kläger am Ende seines Zusatzes aufgestellte Forderung, dass die Unterschriften von ihm und seinem Bruders nur für den Fall "rechtskräftig" sprich wirksam sein sollen, dass die Gemeinde P........ dem Zusatz zustimmt. Hiermit hat er deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht davon ausging, dass seine den Entwurf ändernden Zusätze vom Willen der Gemeinde zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung des Vertragsentwurfs mit umfasst waren. Andernfalls wäre es fern liegend, eine Zustimmung zur Änderung des Vertragstextes ausdrücklich zu verlangen. Bei dem vom Kläger angebrachten Zusatz handelt es sich um eine wesentliche Änderung des ihm übersandten Vertragsentwurfs. Dabei enthält der Vertragsentwurf bereits eine Fehlbezeichnung der von der Gemeinde P........ zu übernehmenden Pflicht, indem er "den Bereich zwischen Fußweg und Gartenzaun" als betroffene Fläche bezeichnet. Gemeint war hingegen der Bereich des Fußweges selbst, welcher wegen seines Überbaus auf das Grundstück des Klägers den Anlass für die angestrebte vertragliche Regelung gegeben hatte. Gegenüber der Verpflichtung, diesen Bereich "sauber zu halten" stellt es hingegen eine wesentliche Vertragsänderung dar, wenn die Gemeinde sämtliche Anliegerpflichten für diesen übernimmt. Insbesondere dürfte die hiermit verbundene Übernahme des Winterdienstes nicht mehr von dem Begriff des "sauber haltens" mit umfasst sein.

Für eine auch vom Kläger als vom bisherigen Willen der Vertragsparteien nicht umfasste Änderung angesehene Vertragsfassung spricht auch die Hinzufügung seines Bruders als weiterem Vertragspartner. Hierdurch würde sich die Gemeinde P........ gegenüber einem weiteren Grundstückseigentümer zur Übernahme der Anliegerpflichten verpflichten, was von ihrem Vertragsentwurf nicht vorgesehen war. Auf die Frage, ob die Erstreckung ihrer Verpflichtung auf den Bruder des Klägers als weiteren betroffenen Grundstückseigentümer dem wohl verstandenen Interesse der Gemeinde P........ entsprach, kommt es nicht an. Für die Feststellung eines bereits im Zeitpunkt der Änderung vorhandenen übereinstimmenden Willen kommt es nicht darauf an, was eine Vertragspartei vernünftigerweise hätte wollen und erklären sollen. Maßgeblich ist vielmehr, was sie tatsächlich gewollt und erklärt hat. Der von der Gemeinde P........ vorgeschlagene Vertrag sah nur den Beklagten als Vertragspartner vor. Das Verlangen des Beklagten nach einer Zustimmung der Gemeinde P........ zu seinen Änderungen bekräftigt auch in diesem Zusammenhang, dass er nicht von einem bestehenden übereinstimmenden Willen zur Einbeziehung seines Bruders in die vertraglichen Regelungen ausging.

Die vom Beklagten geforderte und auch nach den vorstehenden Grundsätzen zur Wahrung der Schriftform erforderliche Zustimmung der Gemeinde P........ zu dem geänderten Vertragsinhalt liegt nicht vor. Der Vertragsentwurf ist weder von einem vertretungsberechtigten Mitarbeiter der Gemeinde P........, noch des ihre Rechtsnachfolgerin darstellenden Klägerin unterzeichnet worden. Auf den Umstand, dass die Klägerin den Beklagten erst mit Schreiben vom 19.7.2002 zu einer Erfüllung seiner Anliegerpflichten anhielt und das Bauamt gegenüber dem Bauhof der Klägerin mit Schreiben vom 24.11.1999 die Auffassung äußerte, dass eine Vereinbarung über die regelmäßige Reinigung des Fußweges geschlossen worden sei, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Beide Umstände sind nicht geeignet, den Mangel der Schriftform zu überwinden. Hierzu weist das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hin, dass die Gemeinde P........ und die Klägerin die Willenserklärungen des Beklagten und seines Bruders, die als neues Angebot einzuordnen wären, im Nachhinein jederzeit hätte erklären können. Eine nachträgliche Erklärung der Zustimmung in einer dem Schriftformerfordernis genügenden Form lässt sich hingegen nicht feststellen.

Eine Berufung auf den fehlenden Vertragsabschluss ist auch nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen (§ 62 Satz 2 VwVfG i. V. m. § 242 BGB). Die Formnichtigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages führt grundsätzlich dazu, dass er von den Vertragsparteien nicht erfüllt werden muss. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch - wie im Zivilrecht - für den Fall, dass es nach Maßgabe der Beziehung der Beteiligten zueinander und aller Umstände des Einzelfalls nicht bloß unbefriedigend, sondern nach Treu und Glauben unvertretbar wäre, den Vertrag an dem bloßen Formmangel scheitern zu lassen. Insoweit kann es von Belang sein, dass etwa die Vertragsparteien den Vertrag zumindest fahrlässig in fehlerhafter Form abgeschlossen, ihn aber gleichwohl als gültig behandelt und abredegemäß erfüllt haben. Bedeutsam ist auch, ob ein öffentliches Interesse an der Vertragserfüllung und -durchführung besteht und in welchem Maße die Schutzzwecke der Schriftform (Abschluss- und Inhaltsklarheit, Beweissicherung und Übereilungsschutz) tangiert sind (vgl. VGH BW, Urt. v. 10.5.1989, 3 S 3437/88, Rn. 57 ff.). Nach den vorstehenden Ausführungen liegt hier hingegen nicht ein bloßer Formmangel vor. Es fehlt darüber hinaus auch an einer Einigung der Beteiligten über den maßgeblichen Vertragsinhalt sowie die Vertragsparteien. Schon deshalb kann die Geltendmachung eines nicht wirksam zustande gekommenen Vertrages durch die Klägerin nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben aufgefasst werden. Die Beklagte hat den vermeintlichen Vertrag auch nicht über einen so langen Zeitraum "gelebt", dass ihr Verhalten nunmehr als grob widersprüchlich und deshalb treuwidrig angesehen werden müsste. Sie hat bereits rund dreieinhalb Jahre nach dem vermeintlichen Abschluss des zeitlich unbefristeten Vertrages erstmals die Erfüllung der Anliegerpflichten gegenüber dem Beklagten angemahnt. Der Beklagte kann zudem für sich keinen gefestigten Vertrauenstatbestand in Anspruch nehmen. Denn die von ihm für einen wirksamen Vertragschluss geforderte Zustimmung der Gemeinde P........ ist weder von dieser noch von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin erklärt worden. Allein ein faktischer Vollzug - in welchem Umfang und zeitlichen Abständen auch immer - über einen Zeitraum von wenigen Jahren genügt für eine treuwidrige Berufung auf einen fehlenden Vertragsschluss im vorliegenden Fall nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Für die Höhe des wirtschaftlichen Interesses folgt der Senat der Schätzung des Verwaltungsgerichts, welche von den Beteiligten nicht in Frage gestellt worden ist.

Dieser Beschuss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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