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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.06.2009
Aktenzeichen: 1 B 289/09
Rechtsgebiete: SächsNatschG, VwGO


Vorschriften:

SächsNatschG § 26
SächsNatschG § 41
VwGO § 80 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 B 289/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Verfüllung von zwei Gräben; Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

hier: Beschwerde

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 9. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 4. März 2009 - 6 L 1820/08 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 700,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4.3.2009 hat keinen Erfolg. Aus den vom Antragsteller dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich keine Veranlassung für eine Abänderung oder Aufhebung des Beschlusses. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 2.12.2008 erlassene und für sofort vollziehbar erklärte Anordnung, die zwei Gräben auf seinem Flurstück F1... der Gemarkung K...... mit dem ausgehobenen und noch vor Ort lagernden Material zu verfüllen.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines für sofort vollziehbar erklärten Bescheides wiederherstellen, wenn nach der im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bei der Abwägung der Interessen das Suspensivinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse überwiegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei summarischer Prüfung als offen einzuschätzen, ist die Entscheidung aufgrund einer Güterabwägung zwischen den betroffenen Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Suspendierung des Verwaltungsaktes und dem öffentlichen und privaten Interesse an der sofortigen Vollziehung vorzunehmen (so z. B.: SächsOVG, Beschl. v. 7.2.2000 - 1 BS 730/99).

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass das Suspensivinteresse des Antragstellers das Interesse am sofortigen Vollzug der Anordnung nicht überwiegt. Es bestünden keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, dessen Vollziehung auch keine unbillige Härte darstelle. Die Verfügung beruhe auf § 41 Abs. 1 des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Sächsisches Naturschutzgesetz - SächsNatSchG). Die Vorschrift ermächtige die Naturschutzbehörden zum Erlass erforderlicher Anordnungen zum Schutz von Natur und Landschaft und zur Einhaltung von Rechtsvorschriften. Auf dem Flurstück des Antragstellers befinde sich ein Biotop in Form einer seggen- und binsenreichen Nasswiese. Hier seien sämtliche Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder zu sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen führen würden. Die Entwässerung der geschützten Feuchtfläche durch die vom Antragsteller gehobenen Gräben stelle wohl einen solchen Eingriff dar. Umstände, die das Vorgehen des Antragstellers ausnahmsweise rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Das Biotop sei nicht erst infolge vertraglich vereinbarter Bewirtschaftungsbeschränkungen entstanden und seine Zerstörung nicht durch eine Wiederaufnahme der Bewirtschaftung innerhalb von 5 Jahren nach Aufgabe der ursprünglichen Nutzung erfolgt. Auch auf einen Bestandsschutz oder nachwirkenden Bestandsschutz könne der Antragsteller sich nicht berufen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sächsischen Naturschutzgesetzes seien Entwässerungsgräben auf dem Flurstück des Antragstellers jedenfalls nicht vorhanden gewesen. Auf dem Flurstück habe es wohl ursprünglich einen Graben gegeben, dieser sei aber mangels Instandhaltung und der Nutzung der Wiese als Weide zerstört und renaturiert gewesen. Es sei auch zweifelhaft, ob die Wiesenfläche überhaupt stillgelegt worden sei. Auch die besondere Bedeutung der Landwirtschaft für das öffentliche Wohl rechtfertigten die drohende Zerstörung des Biotops nicht. Aus sonstigen Fachgesetzen könne der Antragsteller ebenfalls keinen Anspruch auf die Gewährung von Ausnahmen vom Biotopschutz für sich herleiten. Der Antragsgegner habe das ihm in § 41 SächsNatSchG eingeräumte ermessen erkannt und beanstandungsfrei ausgeübt.

Der Einwand des Antragstellers, er habe abweichend von der vom Verwaltungsgericht geäußerten Vermutung nachweislich etwa 2,3 ha seiner Bruchwiese ursprünglich als Weide genutzt und anschließend über mehrere Jahre hinweg stillgelegt, rechtfertigt keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet sich in der Feststellung, dass das Biotop bereits vor einer - unterstellt werden könnenden - vorübergehenden Nutzungsbeschränkung entstanden war. Damit scheidet die Anwendung der Ausnahmeregelung in § 26 Abs. 4 Satz 3 SächsNatSchG von vornherein aus. Nach dieser Vorschrift gilt das in § 26 Abs. 2 SächsNatSchG normierte Verbot von Handlungen, die zu einer Zerstörung oder zu sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen der besonders geschützten Biotope führen können, ausnahmsweise und nur dann nicht, wenn das Biotop während der Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden und die Wiederaufnahme der ursprünglichen Nutzung innerhalb von fünf Jahren nach Ende der Bewirtschaftungsbeschränkung erfolgt ist.

Auch die Ausführungen des Antragstellers zur Erforderlichkeit der Schutzmaßnahme rechtfertigen keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Über die Darstellung der im Gesetz festgeschriebenen Regelungen und in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze hinaus lassen sie nicht erkennen, welche Erwägungen zur Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht in ihre Entscheidung einzubeziehen gehabt hätten, aber nicht einbezogen haben. Antragsgegner und Gericht haben festgestellt, dass es sich bei der Nasswiese auf dem Flurstück des Antragstellers um ein Biotop i. S. v. § 26 SächNatSchG handelt. Hierin liegt seine grundsätzliche Schutzwürdigkeit begründet. Warum hiervon ausnahmsweise abzuweichen gewesen wäre, begründet der Antragsteller nicht und ist auch für den Senat nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass die vom Antragsteller gezogenen Gräben wegen ihrer Eignung, die Feuchtwiese tatsächlich zu entwässern, eine Gefahr für das Biotop darstellen. Welches mildere Mittel als die Verfüllung der Gräben zu veranlassen gewesen wäre, zeigt der Antragsteller nicht auf.

Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Streitgegenständlich ist die Verpflichtung, zwei Gräben zu verfüllen. Die voraussichtlichen Kosten für die Verfüllung dieser Gräben ergeben den Wert des Rechtsstreites für den Antragsteller. Der Antragsgegner hat für die ersatzweise Ausführung der Arbeiten verschiedene Angebote eingeholt, deren Kosten im Mittelwert bei etwa 1.400,- € liegen. Da es sich vorliegend um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, erscheint es angemessen, diesen Wert zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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