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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.10.2009
Aktenzeichen: 1 B 292/09
Rechtsgebiete: SächsBO


Vorschriften:

SächsBO § 80
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 B 292/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Nutzungsuntersagung für eine Bowling- und Kegelbahn; Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hier: Beschwerde

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 5. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 9. März 2009 - 4 L 1688/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Beschwerdefrist dargelegten Beschwerdegründe, die gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen sind, bieten keine Veranlassung, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Anordnung vom 22.10.2008, mit dem die Antragsgegnerin dem Antragsteller das Betreiben von 6 Bowling- und 2 Kegelbahnen im östlichen Kellerbereich des Gebäudes ............................... außerhalb der Zeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr untersagte, abgelehnt. Die Anordnung beruhe auf § 80 SächsBO. Danach könne der Betrieb einer Anlage eingeschränkt werden, wenn deren Nutzung in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolge. Die Nutzung der Bowling- und Kegelbahnen in der Zeit nach 22.00 Uhr verstoße gegen § 18 Abs. 2 und Abs. 3 SächsBO 1999 sowie den gleichlautenden § 15 Abs. 2 und 3 SchsBO 2004. Danach müssten Gebäude über einen ihrer Nutzung entsprechenden Schallschutz verfügen. Es seien insbesondere Vorkehrungen zu treffen, damit Erschütterungen und Schwingungen nicht entstehen könnten. Ein ausreichender Schallschutz und eine genügende Dämmung seien gewährleistet, wenn das Gebäude nach den dafür erlassenen Technischen Baubestimmungen - hier der TA Lärm und der DIN 4109 - errichtet werde. Die Grundstückseigentümerin habe mit der Vorlage des Schallschutznachweises den erforderlichen Schallschutz nachgewiesen, den der Antragsteller aber durch die Nutzung des Kellergeschosses als Bowling- und Kegelbahn nicht einhalte. Dies resultiere daraus, dass die Grundstückseigentümerin und Bauherrin die im Schallschutznachweis geforderten Maßnahmen bei der Sanierung des Geschäfts- und Wohnhauses nicht umgesetzt habe. Dabei sei der Schallschutznachweis vom 5.5.1998 Bestandteil der Baugenehmigung. Die Bestandskraft der Baugenehmigung stehe der streitgegenständlichen Anordnung nicht entgegen, denn die derzeitige Nutzung widerspreche dieser Genehmigung. Der Schallschutznachweis vom 5.5.1998 enthalte Vorgaben für den Lärm- und Schallschutz, die nicht nur in Bezug auf das Wohnhaus .............. gelten würden. Es seien dementsprechend die Vorschriften für den Luft- und Trittschallschutz an den Mietgrenzen (Mietgrenzen = Schallübertragung aus fremden Arbeitsbereichen) und die Vorgaben der VDI 3726 einzuhalten. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ........ vom 5.2.2008 ergebe sich, dass die Anforderungen an die Lärm- und Trittschalldämmung nicht erfüllt worden seien. So habe der Sachverständige festgestellt, dass der empfohlene Aufbau der Kegelbahn nicht vorliege, die Fußbodenkonstruktion nicht den Anforderungen der VDI 3726 entspreche, absorbierende Wände aus Faserstoff fehlten, Vorsatzschalen nur im 1. Obergeschoss zur Druckerei hin ausgewiesen seien, im Übrigen Vorsatzschalen fehlten und die Bowling-/Kegelbahnen über Holzleisten direkt auf dem Estrich aufgeschraubt seien. Es handele sich bei den Angaben im Schallschutznachweis auch nicht nur um unverbindliche Hinweise. Es komme nicht darauf an, ob der Schallschutz für die benachbarte Nutzung als Druckerei notwendig gewesen sei, sondern entscheidend sei nur, dass der Bauherr die geforderten Schutzmaßnahmen nicht durchgeführt habe. Der Frage, ob vorliegend die TA-Lärm vom 16.7.1968 heranzuziehen und ein Messabschlag von 3 dB(A) vorzunehmen sei, brauche im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht entschieden werden. Es spreche aber auch viel dafür, dass es sich hier nicht um eine bloße Überwachungsmessung nach Nr. 6.9 TA Lärm i. d. F. von 1998 handele. Des Weiteren seien auch weder die Störerauswahl noch die Ermessensausübung zu beanstanden. Auch der Hilfsantrag habe keinen Erfolg, denn die beiden Kegelbahnen, seien dem Wohnhaus zugewandt. Es sei deshalb nicht ausgeschlossen, dass durch ihre Benutzung die Lärmimmissionen mit verursacht würden. Die Zwangsgeldandrohung sei rechtmäßig.

Der Antragsteller wendet ein, die Eigentümerin des Gebäudes ............................... habe am 26.10.1998 von der Antragsgegnerin eine Baugenehmigung erhalten, die auch die Nutzung des Kellergeschosses zum Kegeln und Bowlen umfasse. Der Baufreigabeschein sei am 23.3.1999 erteilt worden. Die Baugenehmigung sei bestandskräftig. Der Schallschutznachweis enthalte bezüglich der betriebenen Bowling-/Kegelbahnen für den Bereich des Kellergeschosses zum Nachbargebäude .............. keine bindenden Vorgaben für Schallschutzmaßnahmen. Das Verwaltungsgericht habe verfahrensfehlerhaft angenommen, dass der Schallschutz nicht den Anforderungen der DIN 4109 entspreche. Zu dieser Feststellung fehle ihm aber die Sachkunde. Die Beurteilung dieser Frage obliege der Beurteilung durch einen Sachverständigen. Zu berücksichtigen sei vielmehr, dass Dipl.-Ing. ........ in seinem Gutachten vom 5.2.2008 festgestellt habe, dass im Zeitpunkt des Errichtung 1998/1999 die Bowlinganlage dem Stand der Technik entsprochen habe, da in schützenswerten Räumen keine unzumutbaren Belästigungen aufgetreten seien. Das Gericht hätte deshalb darlegen müssen, warum es aus eigener Sachkunde zu einer anderen Bewertung gekommen sei. Dieser Verfahrensfehler sei auch ergebnisrelevant. Die formelle und materielle Bestandskraft der Baugenehmigung stünde der streitgegenständlichen Anordnung entgegen, wenn die Anlage entsprechend dem Stand der Technik errichtet worden sei. Der Schallschutznachweis sei auch nicht Teil der Baugenehmigung. Es fehle an einem entsprechenden Vermerk und dem "grünen Stempel". Der Schallschutznachweis könne deshalb nicht zur Begründung einer abweichenden Ausführung des Bauvorhabens herangezogen werden. Die Frage, ob das Vorhaben abweichend von der Baugenehmigung ausgeführt worden sei, beurteile sich allein nach den vorgelegten Plänen und Skizzen. Im Übrigen ergebe die Auslegung des Schallschutznachweises aber auch nicht, dass für den Bereich zur Druckerei besondere Schallschutzanforderungen gestellt worden seien. Die Entscheidung sei zudem ermessenfehlerhaft.

Auch unter Berücksichtigung dieser Einwände ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers nicht wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 VwGO). Denn die Anordnung der Antragsgegnerin vom 14.10.2008/22.10.2008 dürfte voraussichtlich rechtmäßig sein. Nach § 80 Satz 2 SächsBO 2004 kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung einer baulichen Anlage - teilweise - untersagen, wenn diese in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgt. Dies ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Nutzung der Bowling- und Kegelbahnen durch den Antragsteller in Widerspruch mit der Baugenehmigung vom 26.10.1998 steht. Diese beruhte auf § 70 SächsBO i. d. F. vom 26.7.1994. Voraussetzung für die Erteilung der damaligen Baugenehmigung war, dass das Gebäude über einen seiner Nutzung entsprechenden Schallschutz (§ 18 Abs. 2 SächsBO 1994) sowie über eine ausreichende Dämmung verfügt (§ 18 Abs. 3 SächsBO), damit von der im Gebäude errichteten Anlage keine Erschütterungen oder Schwingungen ausgehen, die zu Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen führen. Inhalt der Baugenehmigung war auch, dass die Vorschriften für den Luft- und Trittschallschutz an den Mietgrenzen, so wie sie im Schallschutznachweis vom 5.5.1998 genannt sind, eingehalten werden. Zwar ist der Schallschutznachweis nicht deshalb Bestandteil der Baugenehmigung, weil es in den Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 26.10.1998 unter II Nr. 2 heißt: "Vor Erteilung der Gesamtfreigabe muss die bautechnische Prüfung hinsichtlich Standsicherheit, Schallschutz sowie Feuerwiderstand abgeschlossen werden". Denn aus dieser Formulierung ergibt sich nicht, dass die Baugenehmigungserteilung von der Frage des Schallschutzes abhängig sein sollte. Ihr lässt sich nur entnehmen, dass die Gesamtbaufreigabe noch vom Ergebnis der bautechnischen Prüfung abhing. Da hier keine Auflagen mehr erteilt wurden, ist davon auszugehen, dass diese Prüfungen keine weiteren erforderlichen Maßnahmen ergeben haben. Dass bedeutet aber nicht, dass die bestandskräftige Baugenehmigung vom 26.10.1998 keine Schallschutzmaßnahmen für die Bowling-/Kegelanlage enthielt, auch wenn die Baugenehmigung vom 26.10.1998 insoweit keine Auflagen bestimmte. Denn die Eigentümerin und Bauherrin hatte sich bereits mittels ihres Bauantrages und den in diesem Zusammenhang von ihr vorgelegten Erläuterungsbericht, der auf den Schallschutznachweis verweist, verpflichtet, das Büro- und Geschäftshaus ............................... im Rahmen der Sanierung an das Niveau der allgemein geltenden Regeln der Technik heranzuführen und damit die Forderungen der DIN 4109 und VDI 3726 zu beachten. Die Baugenehmigung vom 26.10.1998 ist der ............................................... auf ihren Antrag vom 26.10.1998 erteilt worden. Das bedeutet, dass sich die Bauherrin an den Angaben in diesem Antrag festhalten lassen muss. Der Antragsteller kann sich deshalb gegenüber der angefochtenen Nutzungsbeschränkung auf die Bestandskraft der Baugenehmigung erst dann berufen, wenn die in der Baugenehmigung festgelegten Baumaßnahmen umgesetzt worden sind. Inhalt des Baugenehmigungsantrags war nach der Rubrik "Sonstige ergänzende Angaben" auch der Erläuterungsbericht. Dieser nimmt unter dem Gliederungspunkt 10 auf die angestrebte Nutzung, die in einem Mischgebiet zulässig sei, Bezug und verweist hinsichtlich der Lärmemissionen der Bowlinganlage im Kellergeschoss durch Luftschall auf die Umgebungsbebauung sowie durch Körperschall auf die angrenzenden Funktionsräume auf den schallschutztechnischen Nachweis. Hierdurch hat der Bauherr den Erläuterungsbericht und Schallschutznachweis zur Grundlage seines Bauantrages gemacht. Infolge der antragsgemäßen Entscheidung sind diese Erklärungen zum Gegenstand der Genehmigung geworden. Mit dem Schallschutznachweis hat die Bauherrin bereits in der "Zielstellung" erklärt, dass mit der Sanierung des Gebäudes angestrebt werde, diese an das Niveau der allgemein geltenden Regeln der Technik heranzuführen und damit die Forderungen der DIN 4109 zu beachten. Aus weiteren Punkten dieses Nachweises folgt zudem, dass durch den Betrieb der Bowlinganlage keine unzumutbaren Lärmbelästigungen für die Umgebung entstehen sollten (Ziffer 5.2.3). Dem Schallschutznachweis lässt sich ferner entnehmen, dass der geforderte Schallschutz nicht nur im Zusammenhang mit dem Wohngebäude .............. gelten soll. Dies ergibt sich aus der "Zielstellung", den danach genannten Schwerpunkten, dem Hinweis auf die Zulässigkeit der Nutzung in dem vorhandenen Mischgebiet und insbesondere auch aus dem Hinweis auf die Einhaltung der Vorschriften für den Luftschall- und Trittschallschutz an den Mietgrenzen und die Empfehlungen innerhalb der Mietgrenzen sowie die Bezugnahme auf die VDI 3726 für den Betrieb einer Bowling-/Kegelanlage. In Ziffer 5.2.3 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach der VDI 3726 für Kegel-/Bowlingbahnen Norm-Trittschallpegel im Spiegel- und Kugelfangbereich von 13 dB(A) gefordert wird. Dies werde mit 25 mm fugenversetzt verlegten Faserdämmplatten, einer 25 mm starken Holzwolle-Leichtbauplatte und einer 100 mm starken Betonplatte, Faserdamm-Dämmstreifen sowie mit Lagerhölzern, die auf körperschalldämmenden Unterlagen verlegt werden, erreicht. Des Weiteren sollten die Deckenbereiche in den besonders lauten Räumen schallabsorbierend ausgeführt werden. Dass diese Maßgaben wohl so nicht eingehalten wurden, folgt aus dem Gutachten des Dipl.-Ing. ........ vom 5.2.2008. Dabei ist ohne Belang, dass er der Auffassung ist, dass das Gebäude nach dem damaligen Stand der Technik entsprechend saniert worden sei. Es trifft insoweit auch zu, dass sich in dem Gebäude .............. im angrenzenden Bereich damals keine besonders schützenswerten Räumlichkeiten befanden. Jedoch hatte sich der Antragsteller mit seinem Bauantrag, dessen Bestandteil der Erläuterungsbericht und der Schallschutznachweis sind, verpflichtet, das Gebäude so zu sanieren, dass es an das Niveau der allgemein anerkannten Regeln der Technik herangeführt wird und auch die Forderungen der DIN 4109 gerade im Bereich der Mietgrenzen und für die Bowling-/Kegelbahn die VDI 3726 mit den in Ziffer 5.2.3 des Schallschutznachweises genannten Anforderungen Beachtung finden sollten.

Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind nicht zu beanstanden, da der nach der Baugenehmigung gebotene Schallschutz nicht vorhanden ist. Durch diesen fehlenden Schallschutz werden die Interessen der Nachbarn in besonderem Maße verletzt, weil ihre Nachtruhe durch von der Bowling- und Kegelanlage ausgehenden Lärm beeinträchtigt und damit ihre Gesundheit gefährdet wird (vgl. auch Ziffer 6.2 TA Lärm). Dafür, dass von den Kegelbahnen aufgrund ihrer besonderen Lage kein zusätzlicher Lärm ausgehen kann, ist nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nichts ersichtlich. Vielmehr liegen sie ebenfalls - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt - dem Gebäude .............. zugewandt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 1.5 und 9.4 Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327 = DVBl. 2004, 1525 = VBlBW 2004, 467). Hinsichtlich der zu bemessenen Schadenshöhe folgt der Senat dem vom Verwaltungsgericht in Ansatz gebrachten Betrag, gegen den die Beteiligten nichts Substanzielles eingewandt gaben.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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