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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.06.2009
Aktenzeichen: 1 B 319/09
Rechtsgebiete: VwGO, SächsStrG, SächsPolG


Vorschriften:

VwGO § 123
SächsStrG § 1
SächsPolG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 B 319/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Beseitigung einer Schranke; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 25. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20. April 2009 - 3 L 73/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Die vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 148 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass zur Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20.4.2009. Nach der in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein durchzuführenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage stehen der Antragstellerin weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund für die begehrte (vorläufige) Beseitigung der Schranke auf der Planstraße .. im Bebauungsplangebiet "................." zur Seite. Die Antragstellerin kann aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften keinen Anspruch auf die Beseitigung der streitbefangenen Schranke für sich herleiten. Darüber hinaus fehlt es an der für den Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlichen Eilbedürftigkeit.

Nach § 123 Abs. 1, 2. Alternative VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohenden Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO hat der Antragsteller sowohl den Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund vorzutragen und glaubhaft zu machen.

Die Antragstellerin kann ihr Begehren, die Schranke vor dem Zugang zur Straße "......" zu beseitigen, nicht auf das Straßengesetz für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Straßengesetz - SächsStrG) stützen. Wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat, erstreckt sich der Geltungsbereich des Straßengesetzes - ausschließlich - auf Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen (§ 1 Satz 1 SächsStrG). Die im Bebauungsplangebiet angelegten Planstraßen hingegen sind, das ist zwischen den Beteiligten unstreitig, mangels Widmung i. S. v. § 6 SächsStrG Privatstraßen. Auf diese ist das Sächsische Straßengesetz nicht anwendbar, insbesondere besteht kein Anspruch auf die Gewährung des Gemeingebrauchs gemäß § 14 SächsStrG. Den Eigentümern der Privatstraße steht es vielmehr wie jedem Grundstückseigentümer grundsätzlich frei, über sein Eigentum zu verfügen. Dazu gehört auch das Recht, Dritte in der Nutzung dieses Eigentums zu beschränken. Eventuelle Nutzungsansprüche (z. B. der Anspruch auf die Gewährung eines Notwegerechts) lassen sich nicht aus dem Straßengesetz herleiten, sie sind ausschließlich zivilrechtlicher Natur.

Auch aus dem Bauplanungsrecht kann die Antragstellerin keinen Anspruch auf die Beseitigung der Schranke für sich herleiten. Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe des Baugesetzbuches vorzubereiten und zu leiten (§ 1 Abs. 1 des Baugesetzbuches - BauGB). Ausweislich des in Kopie vorgelegten aktuellen Bebauungsplanes für das "................." ist die nunmehr durch die Schranke versperrte Straße als Privatstraße festgesetzt worden. Mit dieser Festsetzung ist hinreichend klar gemacht, dass Dritten ein Anspruch auf Gemeingebrauch, wie er an öffentlichen Straßen besteht, nicht gewährt werden soll. Wie der Eigentümer dann von seinen Eigentümerrechten Gebrauch macht, bedarf keiner Regelung in der Bauleitplanung. Aus dem Umstand, dass der Bebauungsplan die Einrichtung einer Schranke nicht vorsieht, kann im Übrigen nicht rückgeschlossen werden, dass eine solche nicht errichtet werden darf. Hierzu hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft.

Hilfsweise sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch aus einer Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes keinen Anspruch auf die Beseitigung der Schranke für sich herleiten könnte. Die Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes "................." hier unterstellt, führte dies zur Unwirksamkeit dieses Bebauungsplanes. Das sich aus der Eigentumsgarantie ergebende Recht der Beigeladenen, Dritte in der Nutzung ihrer Privatstraße zu beschränken, würde hierdurch jedoch nicht aufgehoben. Ein öffentliches Recht auf die Nutzung der Planstraßen entstünde für die Antragstellerin auch im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes nicht.

Schließlich kann die Antragstellerin ihren Anspruch auf die Beseitigung der Schranke auch nicht mit einem Verweis auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung durchsetzen. Nach § 3 Abs. 1 des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen (SächsPolG) kann die Polizei i. S. v. § 64 SächsPolG innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, soweit die Befugnisse der Polizei nicht besonders geregelt sind. Die streitbefangene Schranke verursacht keine solche abzuwehrende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Das ergibt sich bereits aus Folgendem: Wegen der die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkenden Wirkung der polizeirechtlichen Generalklausel ist Voraussetzung für das polizeiliche Eingreifen das Vorliegen einer konkreten Gefahr. Diese ist gegeben, wenn der Eintritt eines Schadens als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.05.1980, s. o.). Eine Sachlage oder ein Verhalten müssen bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut schädigen (SächsOVG, Beschl.v. 19.11.2007 - 3 B 665/05). Je höherwertiger das bedrohte Rechtsgut ist, umso geringere Anforderungen sind an das Maß der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen. Die erforderliche Feststellung, ob ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist, erfordert eine zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose, d. h. hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Das gilt auch dann, wenn die erwarteten Schäden im Ergebnis ausbleiben können (BVerwG, Urt. v. 28.06.2004 - 6 C 21/03). Das Vorliegen einer solchen konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung hat die Antragstellerin weder vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, noch ist sie dem Senat sonst ersichtlich.

Auf die Frage, ob und wie das Grundstück der Antragstellerin vor der Aufstellung des Bebauungsplanes erschlossen wurde, kommt es im vorliegenden Fall nicht an.

Der Antragstellerin steht darüber hinaus auch kein Anordnungsgrund zur Seite. Die Beigeladene hat die streitbefangene Schranke unstreitig bereits im Juli 2007 in Betrieb genommen. Die Antragstellerin hat sich bislang mit dieser Situation arrangiert. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, warum es ihr nunmehr unzumutbar sein soll, eine Entscheidung über ihr Begehren mit Hilfe einer Verpflichtungsklage herbeizuführen. Der bloße Verweis auf lange Verfahrenslaufzeiten am Verwaltungsgericht ist jedenfalls nicht geeignet, die Eilbedürftigkeit der Sache zu begründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind für erstattungsfähig zu erklären, da sie sich durch eigene Antragstellung dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 63 Abs. 2, § 45 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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