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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.08.2009
Aktenzeichen: 1 B 364/09
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 123 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 1 B 364/09
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Anordnung eines dinglichen Arrests; Antrag nach § 123 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann
am 19. August 2009
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 18. Mai 2009 - 4 L 235/09 - wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 56.506,39 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zwar zulässig (vgl. VGH BW, Beschl. v. 4.7.1988, NVwZ-RR 1989, 586; BayVGH, Beschl. v. 16.7.1992, ZBR 1993, 29; VG München, Beschl. v. 31.1.2006 - M 12 S 05.5925 -, zitiert nach juris), jedoch mangels Anordnungsgrundes unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, im Wege einer einstweiligen Anordnung einen dinglichen Arrest über das gesamte Vermögen des Antragsgegners anzuordnen und in Vollziehung des Arrestes eine Sicherungshypothek für sein Grundstück in , Flurstück Nr. F1 einzutragen, abgelehnt. Der Antragstellerin sei es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ohne die Anordnung eines dinglichen Arrestes ihr Zugriff in das Vermögen des Antragsgegners wesentlich erschwert oder vereitelt werde. Es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verschlechterung seiner Vermögenslage vor, die auch zu einer verschlechterten Vollstreckungsprognose führe. Im Hinblick auf eine so genannte stille Liquidation der GmbH, habe die Antragstellerin bereits nicht glaubhaft gemacht, dass und welche Vermögenswerte diese besaß, die jetzt dem Zugriff ihrer Gläubiger entzogen seien. Darüber hinaus fehle es an einem Vortrag dazu, was mit der vom Antragsgegner durch die Veräußerung erzielten Gegenleistung geschehen sei. Anhaltspunkte für eine drohende Vollstreckungsvereitlung seien auch nicht darin zu sehen, dass der Antragsgegner seine Immobilien in und insbesondere das von ihm bewohnte Einfamilienhaus zum Kauf angeboten habe. Dabei könne dahin stehen, ob eine Verkaufsabsicht bestand oder besteht oder er nur den Marktwert seiner Immobilien erkunden wollte, da allein die "Umschichtung" des Vermögens keine Anordnung eines dinglichen Arrestes rechtfertige. Es bedürfe vielmehr darüber hinaus der Darlegung, welche nachteiligen Folgen aus der Veräußerung durch den Schuldner für die Vollstreckungsmöglichkeiten des Gläubigers resultieren. Es sei nicht erkennbar, dass der Antragsgegner sein Vermögen verwerte, weil er es einer Zwangsvollstreckung entziehen wolle. Die bloße Vermutung der Antragstellerin, der Antragsgegner wolle sich in das Ausland "absetzen", weil er wegen seiner geschäftlichen Kontakte nach und hierzu in der Lage sei, reiche nicht aus, um eine drohende Vollstreckungsvereitelung anzunehmen. Auch der Verkauf einer selbst genutzten Immobilie sei nicht ungewöhnlich. Aus diesem Umstand könne nicht der Schluss gezogen werden, der Antragsgegner wolle mit seinem Vermögen ins Ausland ziehen. Ungeachtet der Frage, ob er Fördergelder für nicht erbrachte Leistungen entgegengenommen habe und ob ein hinreichender Tatverdacht in Bezug auf die Begehung eines Vermögensdeliktes bejaht werden könne, gebe es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Gläubiger, der sich bereits einmal vertragswidrig oder strafbewehrt verhalten habe, grundsätzlich zur Vollstreckungsvereitelung bereit sei.
Die Antragstellerin wendet ein, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden seien. Das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen, die an die Glaubhaftmachung zu stellen seien, überspannt. Sie habe im Hauptsacheverfahren ausgeführt, dass das Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Baupreisermittlung und Abrechnung im Hoch- und Ingenieurbau belege, dass der Antragsgegner erbrachte Leistungen nicht abgerechnet und er für diese Leistungen Fördergelder bezogen habe. Ein solches Gutachten sei zur Glaubhaftmachung ausreichend. Im Hauptsacheverfahren hätte sie auch eine Verletzung der vertraglichen Vereinbarung durch den Antragsgegner dargelegt. Der Antragsteller habe zudem gegen bau- und denkmalschutzrechtliche Vorschriften verstoßen. Das Verwaltungsgericht habe sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Es habe nicht beachtet, dass die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen im Zusammenhang mit insolvenzbedrohten Gesellschaften ausschließlich den Zweck habe, Gläubigerinteressen zu vereiteln. Der bisherige Geschäftsführer - hier der Antragsgegner - ziehe aus der Übertragung den weiteren Nutzen, dass er im weiteren Geschäftsverkehr nicht mit dem Makel der Insolvenz behaftet sei. Das Gepräge des Unlauteren erhalte die rechtlich zulässige Vorgehensweise, wenn Umstände, wie eine Sitzverlegung, eine Übertragung von Geschäftsanteilen auf "Strohmänner" oder eine postalische Unerreichbarkeit des neuen Geschäftsführers hinzu kämen. Diese Kriterien seien von ihr glaubhaft gemacht worden. Dem Antragsgegner sei auch keine werthaltige Gegenleistung für den Anteilsverkauf zugeflossen. Vielmehr ließen sich die so genannten Firmenbestatter ihre Arbeit gut bezahlen. Die Firma ................ GmbH habe für verschieden Gewerke bei dem Objekt .............. in Aufträge erhalten und Werkverträge abgeschlossen. Materialbestellungen der genannten Firma bei anderen Firmen seien nicht bezahlt worden. Die Gläubiger der offenen Forderungen hätten aufgrund des Geschäftsanteilsverkaufs und aufgrund der Sitzverlegung keine Aussicht mehr, ihre Gelder einzutreiben. Der Antragsgegner weiche durch eine geschickte Gestaltung von Gesellschaftsverträgen berechtigten Forderungen aus. Sie habe Bauverträge mit der ................ GmbH vorgelegt. Auch habe die ................ GmbH bereits 88.960,- € abgerechnet. Dieser Betrag sei auch zur Förderung angemeldet worden; ob dann Fördermittel an die ................ GmbH geflossen seien, könne sie nicht sagen. Das Verwaltungsgericht habe die Umstände des Einzelfalls fehlerhaft gewichtet. Dieses habe auch nicht alle vorgetragenen Fakten bei seiner vorgenommen Bewertung berücksichtigt.
Auch unter Berücksichtigung dieser Einwände geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass ein Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist. Das Verwaltungsgericht hat die insoweit geltenden Grundsätze beachtet. Die Antragstellerin hat hingegen in Bezug auf ihren Vortrag zur Vermögenssituation des Antragsgegners und zu einer Vollstreckungsprognose im Wesentlichen nur Behauptungen aufgestellt, ohne den von ihr prognostizierten Verlauf im Einzelnen glaubhaft machen zu können.
Die einstweilige Anordnung dient hier dazu, die zivilrechtliche Funktion des dinglichen Arrestes (§§ 916, 917 ZPO) zu sichern. Sie ist zu erlassen, wenn die Gefahr besteht, dass die Vollstreckung eines Urteils über den behaupteten Anspruch ohne seine Verhängung vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 123 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 917 Abs. 1 ZPO). Der Anordnungsgrund ist glaubhaft zu machen (§ 920 ZPO; vgl. auch VGH BW, Beschl. v. 23.6.1998 - 8 S 1435/98 -, zitiert nach juris). Voraussetzung ist insoweit, dass eine Verschlechterung der Vermögenslage droht und diese zu einer verschlechterten Vollstreckungsprognose führt. Eine verschlechterte Vollstreckungsprognose liegt vor, wenn die bisher bestehende Chance, den Anordnungsanspruch nach seiner Titulierung im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen durch die bevorstehende Vermögensentwicklung des Schuldner wesentlich erschwert wird (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.1975, WM 1975, 641; FG Hamburg, Urt. v. 6.9.1999 - IV 86/89 -, zitiert nach juris). Zu beurteilen ist dies vom objektiven Standpunkt eines verständigen, gewissenhaft prüfenden Menschen (vgl. KG Berlin, Urt. v. 13.6.2002, WM 2003, 242, vgl. hierzu auch BayVGH, Beschl. v. 16.7.1992, a. a. O.). Insoweit reichen für sich genommen weder eine fehlende Zahlungsfähigkeit oder eine unverändert schlechte Vermögenslage noch die drohende Konkurrenz anderer Gläubiger oder ein bewusst vertragswidriges Verhalten des Gläubigers aus (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.7.2006 - I-7 U 68/06, zitiert nach juris). Lassen aber die Gesamtumstände des Einzelfalls den Schluss zu, dass der Schuldner die Zwangsvollstreckung vereiteln oder erschweren könnte, ist ein Anordnungsgrund anzunehmen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.7.1992, a. a. O.; OLG Hamm, Urt. v. 16.8.2006 - 20 U 84/06; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.7.2006, a. a. O.). Zu berücksichtigende Aspekte können hier das Beiseiteschaffen von Vermögen oder Gegenständen, die Verschleierung ihres Verbleibs oder der allgemeinen Vermögensverhältnisse sein.
Gemessen daran hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Denn weder ihre Behauptung, der Antragsgegner wolle seine Immobilien in veräußern, noch der Verkauf seiner Geschäftsanteile sowie das Eintragen der Briefgrundschuld über 150.000,- €, das behauptete vertragswidrige Verhalten oder die zu betrachtende Gesamtschau der vorgetragenen Umstände reichen hier zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes aus.
Der Umstand, dass der Antragsgegner einen Teil seiner Immobilien über Makler zum Kauf angeboten hat, rechtfertigt nur den Schluss, dass er diese möglicherweise verkaufen wollte. Das steht ihm als deren Eigentümer aber grundsätzlich frei. Aus einer Verkaufsabsicht kann nicht der Schluss gezogen werden, dass er den erzielten Erlös in das Ausland schaffen will. Nichts anderes gilt auch vor dem Hintergrund, dass er in und geschäftlich tätig ist. Zum einen gibt es keinen Anhaltspunkt für ein solches Verhalten in der Vergangenheit und zum anderen hat der Antragsgegner eine solche Absicht auch bestritten, sowie an Eides statt versichert, dass er einen Verkauf seiner Immobilien zurzeit nicht beabsichtige, weil er nach Abzug der auf ihnen lastenden Verbindlichkeiten keinen Gewinn mit ihnen erzielen könne. Im Übrigen besitzt der Antragsgegner weiteres Vermögen in Deutschland, was von ihm ebenfalls an Eides statt versichert und von der Antragstellerin auch nicht substanziell bestritten wurde. Nach den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung ist der Antragsgegner nämlich auch Eigentümer eines Bürohauses in , welches nur mit 35.000,- € belastet ist. Zwar ist auf Veranlassung des Antragsgegners in der Zwischenzeit die Eintragung einer Briefgrundschuld über 150.000,- € hinsichtlich seines Wohngrundstücks erfolgt. Aber auch aus diesem Umstand lässt sich nicht entnehmen, dass er auf diesem Wege versucht, eine Zwangsvollstreckung zu vereiteln. Vielmehr hat er insoweit glaubhaft gemacht, dass die Briefgrundschuld dazu dienen soll, das Bauvorhaben .............. in fertig zu stellen. Für diese Annahme spricht dabei auch sein bisheriges Verhalten. Denn gemeinsam mit der Antragstellerin - was von dieser nicht bestritten wird - sucht er nach einer Lösung für das Bauvorhaben .............. in sowie deren Rückzahlungsbegehren im Zusammenhang mit den gewährten Städtebaufördermitteln.
Auch aus dem Geschäftsanteilsverkauf vom 6.3.2009 und der Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit lässt sich nichts für eine Verschlechterung seiner persönlichen Vermögenssituation entnehmen. Vielmehr hat er sich damit von einer nach seinem Vorbringen erfolglosen Gesellschaft getrennt. Dabei ist der Verkauf von Geschäftsanteilen an einen Dritten und die Aufgabe der Geschäftsführerstellung grundsätzlich zulässig, auch wenn die Gesellschaft wirtschaftlich nicht erfolgreich war. Diese Umstände geben auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Antragsgegner bereit ist, sich grundsätzlich vertragswidrig zu verhalten oder Vermögenstransaktionen rechtswidrig zu verschleiern. Dabei kann ihm das vorgetragene Verhalten des neuen Geschäftführers dieser Gesellschaft bereits nicht angelastet werden, insoweit fehlt es jedenfalls an einem substanziellen Vortrag für ein Zusammenwirken mit dem neuen Geschäftsführer. Hinzu kommt, dass das Verhalten des neuen Geschäftsführers für die private Vermögenssituation des Antragsgegners ebenso ohne Belang ist, wie der Umstand, dass die Antragsstellerin nicht mehr gegen ihn als Gesellschafter dieser Firma vorgehen kann. Denn die Antragsgegnerin hat die Fördergelder aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, den sie mit dem Antragsgegner persönlich geschlossen hat, ausgereicht. Dementsprechend macht sie einen Rückforderungsanspruch im Hauptsacheverfahren auch ihm gegenüber persönlich mit einer Leistungsklage geltend und nicht etwa gegenüber der ................ GmbH. Nichts anderes gilt auch vor dem Hintergrund, dass seitens der ................ GmbH zu diesem Zeitpunkt offene Verbindlichkeiten bestanden, die aus Rechtsgeschäften mit dem Antragsgegner resultierten oder die GmbH & Co KG, deren Geschäftsführer der Antragsgegner ist, von der Insolvenz der ................ GmbH aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen betroffenen sein könnte.
Soweit die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung eines vertragswidrigen Verhaltens des Antragsgegners im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Fördergelder darauf hinweist, sie habe im Hauptsachverfahren u. a. ausgeführt, dass das Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Baupreisermittlung und Abrechnung im Hoch- und Ingenieurbau belege, dass der Antragsgegner erbrachte Leistungen nicht abgerechnet und er für diese Leistungen Fördergelder bezogen habe, genügt dieser Vortrag bereits nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 VwGO, da es sich dabei nicht um die unmittelbare Begründung des im vorliegenden Verfahrens gestellten Antrags handelt (vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschl. v. 17.3.2008 - 18 B 388/08 -). Im Übrigen kann auch hier nicht aus einem etwaigen Fehlverhalten geschlossen werden, dass der Antragsgegner bei einem Unterliegen im Hauptsacheverfahren nicht bereit wäre, dafür einzustehen, sondern vielmehr beabsichtigt, im Vorfeld sein Geld ins Ausland zu schaffen. Das Ausnutzen von rechtlich zulässigen gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten im Rahmen seiner Berufstätigkeit und das Vertreten anderer Rechtsansichten im Hauptsacheverfahren lassen diesen Schluss jedenfalls nicht zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt der Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten nichts vorgetragen haben.
Ende der Entscheidung
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