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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2009
Aktenzeichen: 1 B 375/09
Rechtsgebiete: VwGO, BAföG


Vorschriften:

VwGO § 123
BAföG § 7 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 B 375/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Leistungen nach dem Ausbildungsförderungsgesetz; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 14. August 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20. Mai 2009 - 5 L 191/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

1. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag und gemäß § 121 ZPO unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26). Prozesskostenhilfe muss nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchst- oder - bei der Anwendung von Landesrecht - obergerichtlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet einer solchen Klärung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf bereits vorliegende Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchst- oder obergerichtliche Klärung noch aus, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuhalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, a. a. O.).

Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt es dem Beschwerdeverfahren an den hinreichenden Erfolgsaussichten. Die Antragstellerin begehrt unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Bewilligung von Ausbildungsförderung für das erste Jahr ihrer am 1.9.2008 aufgenommenen Ausbildung zur Medizinischen Dokumentationsassistentin beim TÜV Privatschulzentrum in Görlitz. Die von ihr zur Begründung ihrer am 3.6.2009 eingelegten Beschwerde vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass zur Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Der Antragstellerin steht kein Anordnungsanspruch zur Seite.

Die Antragstellerin hat bereits mit dem Wintersemester 2002 an der Fachhochschule ............. ein Studium der Biotechnologie begonnen. Dieses musste sie nach dem Wintersemester 2004/2005 beenden, weil sie die Ausbildungsziele nicht erreichen konnte. Sie wechselte mit dem Sommersemester 2005 unter Anrechnung eines Fachsemesters in die Fachrichtung Chemie. Dieses Studium wurde, wiederum wegen dem Nichterreichen des Ausbildungszieles, mit ihrer Exmatrikulation im Januar 2006 beendet. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezog die Antragstellerin für beide Studiengänge nicht. Mit Bescheid vom 16.3.2009 lehnte der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin auf die Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für die nunmehrige Ausbildung mit der Begründung ab, eine Ausbildungsförderung komme wegen § 7 Abs. 3 BAföG nicht in Betracht. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist nach Kenntnis des Senats bislang nicht entschieden. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, der Antragstellerin stehe kein Anordnungsanspruch zur Seite. Sie habe keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung, weil sie die Fördervoraussetzungen des § 7 Abs. 3 BAföG nicht erfülle.

Nach § 123 Abs. 1, 2. Alternative VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO hat der Antragsteller sowohl den Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund vorzutragen und glaubhaft zu machen.

Die Antragstellerin hat für die am 1.9.2008 begonnene Ausbildung beim ............................. keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung. Sie hat ihr Biotechnologiestudium an der FH ............. erst nach dem Ende des vierten Semesters und ohne einen unabweisbaren Grund abgebrochen, weshalb ihr gemäß § 7 Abs. 3 BAföG kein Anspruch auf Ausbildungsförderung für die nunmehr aufgenommene Ausbildung zur Seite steht. Das endgültige Nichtbestehen von Prüfungen nach Beginn des vierten Fachsemesters stellt keinen unabweisbaren Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG dar (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 5 C 6/03 - zitiert nach juris). Der Senat macht sich für die nähere Begründung die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 20.5.2009 zu Eigen und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von deren nochmaligen Darstellung ab. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Ausbildung i. S. v. § 7 Abs. 3 BAföG jede sich über mindestens ein halbes Jahr erstreckende, planmäßig geordnete Vermittlung allgemeiner oder beruflicher oder wissenschaftlicher Kenntnisse oder Fertigkeiten durch hierzu qualifizierte Personen ist, unabhängig von der Art der Ausbildungsstätten und deren Trägerschaft (Humborg in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Auflage 01/2008, § 7 Rn. 4). Der Umstand, dass die Antragstellerin ein Hochschulstudium abgebrochen und nunmehr eine berufsqualifizierende Ausbildung auf einem niedrigeren Niveau begonnen hat, ist deshalb nicht entscheidungserheblich. Auch die von der Antragstellerin zitierte Änderung des § 60 Abs. 2 und Abs. 3 SGB III bleibt ohne Einfluss auf die - ungeänderte - Ausschlussregelung des § 7 Abs. 3 BAföG.

2. Aus den zur Ablehnung des Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren genannten Gründen ist zugleich die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20.5.2009 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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