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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 07.02.2007
Aktenzeichen: 1 B 583/06
Rechtsgebiete: SächsBO, SächsBauO, BauNVO


Vorschriften:

SächsBO § 62
SächsBauO § 70 Abs. 1 Satz 1 a. F.
SächsBauO § 90 Abs. 1
BauNVO § 4 Abs. 3 Nr. 1
BauNVO § 4 Abs. 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 583/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erteilung einer Baugenehmigung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Dahlke-Piel, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 7. Februar 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte wendet sich mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, dem Kläger eine am 18.10.2002 beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Der Kläger ist ein ehemaliger Bundesvorsitzender der ( ). Er erwarb im Rahmen einer Versteigerung im Jahr 2001 das Grundstück straße , B. , Flurstück F1 der Gemarkung G. . Das Grundstück ist mit dem ehemaligen Gasthof G. bebaut. Seit dem 3.12.2001 ist der Kläger als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Der ehemalige Gasthof wurde entsprechend der Genehmigung der Königlichen Amtshauptmannschaft F. vom 19.10.1874 errichtet. Später wurden weitere Erweiterungs- und Anbauten sowie die Einrichtung eines Tanzsaales genehmigt.

In einer von der Beigeladenen übersandten Chronik wird zur Geschichte des Gasthofes Folgendes ausgeführt:

"... 1963 übernahm die H. dieses Objekt und deklarierte den Gasthof als Kinderferienlager. Der Zuspruch dieser Gaststätte ließ bedingt durch längere Schließzeiten leider immer mehr nach. 1972 übernahm der VEB D. den Gasthof als Ferienheim, bis es dann schließlich 1983 in die Rechtsträgerschaft des G. (=G. überging. Recht sehr groß war das Interesse der für einen Urlaub im kaum bekannten G. nicht. ...

Seit einigen Jahren schon ist der Gasthof G. scheinbar für immer geschlossen. Tatsache ist, dass die Bürger des Ortsteils G. über keine gastronomische Einrichtung mehr verfügen und der Gebäudekomplex nunmehr total dem Verfall preisgegeben ist..."

Einem der ehemaligen Eigentümer erteilte der Rat des Kreises B. 1989 eine Gewerbegenehmigung zur Bewirtschaftung des Gasthofes unter Auflagen. Dieser betrieb die Gaststätte bis zum 31.12.1990.

Mit Schreiben vom 16.1.2002 wandte sich der Kläger an den Beklagten - Abteilung Gaststätten/Ordnungsamt (Hygiene) -. In dem Schreiben hieß es:

"Hier: vereinfachter Gaststätten - Kioskbetrieb am Mai d. J.

... Als einer der nächsten Schritte ist die Sanierung der Küche geplant ..."

Im E. brief N1 führt der Kläger aus:

"Den Gedanken, ein Begegnungs- und Freizeitzentrum für Deutschbewusste jeglichen Alters zu schaffen, hatte ich schon lange gehegt - bereits seit Mitte der 80er Jahre - und mit dem 'Objekt A. (1) zu verwirklichen versucht.

Dieser Versuch scheiterte, weil der Verkäufer eine Agrargenossenschaft als LPG-Nachfolgerin nicht Alleineigentümerin war, dies uns verschwiegen hatte und der notarielle Kaufvertrag aufgrund des erfolgreichen Einspruchs eines 'Republikflüchtlings' ungültig wurde ...

Trotz des Scheiterns des 'Objekt A. ...' im Frühsommer 1995 habe ich den Gedanken an ein solches Zentrum ... nie aufgegeben ...".

Nachdem der Kläger mit Sanierungsarbeiten begonnen hatte, gab der Beklagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 27.5.2002 auf, alle Arbeiten am streitgegenständlichen Gebäude sofort einzustellen und prüffähige Unterlagen einzureichen.

In einem Telefaxschreiben vom 10.6.2002 an das Z. führte der Kläger aus:

"...1. Den Grundstock für den Kauf des Anwesens (20.000,- Kaufpreis + Nebenkosten von rd. 6.000,- DM für Auktionsgebühr, Notarkosten, Umschreibung, Grunderwerbssteuer sowie meine Fahrtkosten nach im Juli 2001) bildeten zwei Spenden von älteren -Mitgliedern für das 'Objekt A. sowie meine damalige A. -Einlage in Höhe von 5.000,- Mark ...".

Am 12.6.2002 legte der Kläger gegen die Verfügung vom 27.5.2002 Widerspruch ein. Das Regierungspräsidium Chemnitz stellte das Verfahren mit Widerspruchsbescheid vom 3.7.2002, soweit der Widerspruch zurückgenommen worden war, ein und wies den Widerspruch im Übrigen zurück.

Der Kläger führte weiter im E. brief N2 /August aus:

"... das 'DHErz', das auch als normale Gaststätte geführt werden soll und im Endausbau neben mindestens einer Dauerwohnung auch Ferienwohnungen anbieten wird, ist letztendlich die Verwirklichung des 'Objektes A. im Erzgebirge', einige Kilometer südlich von F. ..."

Am 2.8.2002 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 27.5.2002 und den Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 3.7.2002 Klage (3 K 1328/02). Das Verfahren ist aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung vom 25.5.2005 eingestellt worden.

Mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 7.10.2002 teilte der Kläger mit:

"... Ich kann ... eine erfreuliche Mitteilung machen!!! Ich habe mich nach reiflicher Überlegung nicht nur wegen der zu Tage getretenen Behördenwillkür, sondern auch wegen der auf mich zukommenden Kosten und Auflagen in Sachen Gaststätte, die zu meinen Lebzeiten nie wieder reinkommen, entschlossen, von einer Wiederbelebung des Gaststättenbetriebes abzusehen.

In G. wird es demzufolge nur Dauer- und Ferienwohnungen (für meine Familie und Freunde) geben. ..."

Am 18.10.2002 beantragte der Kläger unter Verwendung des vorgesehenen Formblatts beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung nach § 62 SächsBO für das Vorhaben "Modernisierung und Instandsetzung des ehemaligen Gasthofes G. , Nutzung als Wohnhaus". In der Folgezeit legte er statische Berechnungen, einen Abstandsflächenplan, Grundrisse sowie eine Ansicht mit Darstellungen des Bestandes, abzubrechender Teile und neuen Mauerwerks vor. In den Grundrissen gab er auch die beabsichtigte Nutzung an. Der Saal im Erdgeschoss soll danach mit etwa 160 m2 als Freizeit- und Hobbyraum genutzt werden. Für das Obergeschoss sind eine Wohnung, ein Appartement, ein Gästestudio sowie zwei Gästezimmer und im Nebengebäude Garagen und Abstellräume vorgesehen. Der Beklagte bat um die Vorlage weiterer Unterlagen, insbesondere zur fehlenden Abwassererschließung.

Auf Anfrage des Beklagten vom 6.11.2002 teilte die Architektin des Klägers mit Schreiben vom 21.11.2002 mit, dass nur die Wohnung 1 dauernd bewohnt werden solle, die restlichen Einheiten seien für Besucher vorgesehen. Es bleibe bei zwei Garagen und vier Pkw-Stellplätzen. Der Saal im Erdgeschoss sei nur für private Nutzungen vorgesehen. Bei schlechtem Wetter und im Winter wolle der Kläger seinen Gästen die Möglichkeit bieten, ihre Freizeit zu gestalten. Die Bühne sei im Bestand und werde nicht weggerissen. Sie könne für private Feiern nützlich sein, ebenso wie ein Nebenraum, in dem man Stühle unterstellen könne. Die Toiletten seien ebenfalls im Bestand vorhanden und sollten nicht abgerissen werden, um unnötige Kosten zu vermeiden. Sie würden von den Gästen genutzt, die in ihrem Zimmer kein eigenes WC hätten. Eine Wiederbelebung des Gaststättenbetriebes mit Saalbewirtschaftung sei nicht beabsichtigt. Der Kläger plane die beiden Dachgeschosse auszubauen und auch im Erdgeschossbereich eine Wohnung auszuweisen. Nach Sicherung der Finanzierung würden entsprechende Baupläne eingereicht. Der Nutzwert des Hauses werde nicht nur durch die geplante Sauna erhöht, sondern auch durch den Mehrzweckraum für Freizeit und Sport. Es gebe Anfragen von Wohnwagenbesitzern, die Interesse hätten, die Wiese hinter dem Haus als Standplatz zu nutzen.

Am 18.12.2002/19.12.2002 reichte der Kläger einen Stellplatznachweis und einen Dichtigkeitsnachweis der vorhandenen abflusslosen Grube ein.

Der Beklagte versagte mit Bescheid vom 26.2.2003 die beantragte Baugenehmigung. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die eingereichten Bauunterlagen widersprüchlich und nicht vollständig seien. Das Vorhaben werde als Wohnhaus oder Wohnhaus für den Bauherrn bezeichnet und andererseits als Wohnhaus/Wochenendferienhaus mit Wohnung, zwei Gästezimmern, einem Gästeappartement und einem Gästestudio. Die angegebene Nutzungsart beziehe sich auf einen geringeren Teil der nutzbaren Fläche. Die weiteren Flächen seien so dimensioniert, dass der voraussichtlich geplante Verwendungszweck weit über die angegebene geplante Nutzung als Wohn- und Ferienhaus hinausgehe. Dafür sprächen die vorhandenen sanitären Einrichtungen, der Aufenthalts- und Leseraum sowie die große Küche. Auch der Freizeit-/Hobbyraum nehme zusammen mit den Nebenräumen eine Fläche von über 200 m2 ein. Diese Planungen seien schwerlich mit der Nutzung des Objekts als Wohn- und Ferienhaus in Einklang zu bringen. Vielmehr liege nahe, dass es sich bei der angegebenen Nutzung um einen Nebenzweck handle. Der Kläger beabsichtige weiterhin, im betreffenden Objekt eine nationale Begegnungsstätte einzurichten. Das ergebe sich aus Erkenntnissen staatlicher Stellen, aus den weiteren Äußerungen des Klägers, der Beteiligung Dritter an den bisher erfolgten Bauarbeiten am Objekt und aus deren Äußerungen. Die tatsächlich angestrebte Nutzung sei nicht genehmigungsfähig. Das Objekt befinde sich im Randgebiet einer bebauten Ortslage. Die nähere Umgebung entspreche einem allgemeinen Wohngebiet. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei der geplanten Begegnungsstätte um eine nationale, rechtsextreme, neonazistische Einrichtung handle.

Am 28.2.2003 legte der Kläger gegen den versagenden Bescheid Widerspruch ein, den das Regierungspräsidium Chemnitz mit Widerspruchsbescheid vom 18.8.2003 zurückwies. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, das beantragte Vorhaben sei genehmigungspflichtig und bedürfe einer Baugenehmigung. Voraussetzung sei insoweit ein inhaltlich klar bestimmter Bauantrag. Unter Beachtung der Auslegungsgrundsätze erweise sich der Bauantrag in Verbindung mit den Bauunterlagen jedoch als widersprüchlich im Hinblick auf die Nutzungsart. Ein Vergleich der Nutzungsflächen ergebe, dass das beantragte Vorhaben "Nutzung als Wohnhaus" mit dem objektiven Inhalt des vorgelegten Planentwurfs nicht in Einklang stehe.

Seine am 27.8.2003 erhobene Klage begründete der Kläger damit, dass eine rechtswidrige Nutzungsänderung nicht vorliege. Eine nationale Schulungsstätte sei nicht geplant, sondern eine Wohn- und Feriennutzung, sofern kein fester Mieter gefunden werden könne. Falls der Saal als Begegnungsstätte zum Beispiel für die Dorfjugend genutzt werden solle, werde ein entsprechender Nutzungsänderungsantrag gestellt.

Das Verwaltungsgericht Chemnitz gab der Klage mit Urteil vom 19.7.2005 statt und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Das vom Kläger zur Genehmigung gestellte Vorhaben sei genehmigungsfähig. Sein Bauantrag sei hinreichend bestimmt und nicht widersprüchlich. Weder seinem Bauantrag noch seinen sonstigen Äußerungen - etwa in der mündlichen Verhandlung am 25.5.2005 - könne entnommen werden, dass er in Wirklichkeit eine andere Nutzungsabsicht verfolge. Es stehe dem Kläger frei, sein Eigentum im Rahmen der Gesetze nach Belieben zu nutzen. Die vorgelegten Bauunterlagen seien vollständig und prüffähig. Aus der Größe des Saals könne nicht geschlossen werden, dass dieser zu groß wäre, um allein von den Bewohnern der Wohnung im Obergeschoss und den Beherbergungsgästen genutzt zu werden. Der Saal sei für eine Nutzung als Aufenthaltsraum für die Gäste mit Billardtisch und Tischtennisplatten gerade wegen seiner Größe objektiv geeignet. Der Kläger saniere im ehemaligen Gasthof die vorhanden Toiletten, Waschgelegenheiten und Duschen. Deren Entfernung wäre, insbesondere vor dem Hintergrund, dass er perspektivisch auf dem Grundstück außerhalb der Gebäude einen Campingplatz einrichten wolle, sinnlos, weil dafür die Duschen und Toiletten notwendig wären.

Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte die Zulassung der Berufung beantragt, die der Senat mit Beschluss vom 4.9.2006 (1 B 734/05) zugelassen hat.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte vor, der Kläger verfolge mit dem Objekt weitergehende Ziele als in dem Baugenehmigungsantrag angeben. Sein Antrag sei in sich widersprüchlich und deshalb nicht genehmigungsfähig. Der Kläger habe seine bauliche Planung nicht geändert. Der ursprüngliche Grundriss sei beibehalten worden. Er habe lediglich die Möblierung in seinen eingereichten Plänen ausgetauscht. Der Wohnbereich beanspruche nur einen untergeordneten Teil der Nutzfläche. Immer noch seien getrennte Toilettenräume für Damen und Herren in einer Größenordnung vorgesehen, die sich mit der formalen Charakterisierung des Objekts als Wohn- und Beherbergungsstätte nicht in Einklang bringen ließe. Der angebliche Hobbyraum habe mehr Grundfläche als der Wohnbereich insgesamt. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bezüglich der Kosten des Objekts selbst nur einen geringen Teil beigesteuert habe. Ein weiterer Zufluss aus seinen Einkünften sei nicht möglich. Im gegen ihn anhängigen Strafverfahren habe er angegeben, über keine Einkünfte zu verfügen. Es sei davon auszugehen, dass er weiterhin von Dritten unterstützt werde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 19. Juli 2005 - 3 K 1184/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger trägt vor, er habe von seinem ursprünglichen Plan, den Gaststättenbetrieb wieder aufzunehmen, Abstand genommen. Sein Vorhaben entspreche seinen im Bauantrag erklärten Angaben. Die Toilettenanlagen seien bereits vorhanden gewesen. Auch die Raumaufteilung sei im Wesentlichen vorgegeben. Er habe beschränkte finanzielle Mittel und könne deshalb Veränderungen nur im begrenzten Umfang vornehmen. Wie er das Objekt finanziere, gehe niemanden etwas an. Er sei nicht mittellos. Er beziehe seit Februar 2005 eine Rente und besitze ein Mietshaus in A. . Er sei nach wie vor kreditwürdig, nicht nur bei Banken. Er bestimme aber über den Einsatz etwaiger Fremdmittel. Sein einziges Ziel sei es, sobald wie möglich Mieteinnahmen zu erzielen, damit sich seine Investitionen refinanzierten.

Die Beigeladene hat sich im Berufungszulassungs- und im Berufungsverfahren nicht weiter geäußert und keinen Antrag gestellt.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Akte der Staatsanwaltschaft - 620 Js 30973/02 - vor. Auf deren Inhalt sowie den der Gerichtsakte über das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 2 VwGO) des Klägers zu Recht stattgegeben, da er einen Anspruch auf die beantragte Nutzungsänderungsgenehmigung gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 SächsBauO a. F. i.V.m. § 90 Abs. 1 SächsBauO hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Seinem Vorhaben stehen keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind. Der Bescheid des Beklagten vom 26.2.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 18.8.2003 sind rechtswidrig

Das Vorhaben des Klägers bedarf einer Nutzungsänderungsgenehmigung (§ 70 SächsBO a. F.). Der Kläger beabsichtigt die Sanierung des Gasthofes G. mit dem Ziel, das Gebäude zum Wohnen sowie zur Beherbergung von Gästen zu nutzen. Es handelt sich dabei um eine gegenüber dem früheren Gaststättenbetrieb veränderte Nutzung. Sie ist nicht genehmigungsfrei (§ 63a Abs. 4 SächsBO a. F.), denn es handelt sich um keine bloßen Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen. Vielmehr ist für das Gebäude eine andere gewerbliche Nutzung vorgesehen.

Das Vorhaben des Klägers ist genehmigungsfähig (§ 70 Abs. 1 Satz 1 SächsBO a. F.). Sein Antrag auf Genehmigung der Nutzungsänderung vom 18.10.2002 ist hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG) und widerspruchsfrei.

Dabei kommt es bei der baurechtlichen Beurteilung eines Vorhabens vor allem auf die Angaben des Antragstellers im Bauantrag an. Zusätzlich sind die Baubeschreibungen sowie der Behörde bekannte Umstände zu berücksichtigen. Bei auftretenden Unklarheiten ist die Willenserklärung des Antragstellers im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) zu ermitteln (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.4.1980 - 3 S 478/80 -; OVG NW, BRS 52 Nr. 144 und BRS 55 Nr. 141; vgl. in diesem Zusammenhang auch Degenhart, SächsBO, Stand: Juni 2002, § 70, RdNr. 18-20).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe plant der Kläger gemäß seinem Antrag vom 18.10.2002 und den Erläuterungen seiner Architektin im Schreiben vom 21.11.2002 die Einrichtung einer Wohn- und Beherbergungsstätte. Zwar gab er in seinem Antrag vom 18.10.2002 nur eine Wohnnutzung an, denn unter der Rubrik "Bezeichnung des Vorhabens" führte er aus: "Modernisierung und Instandsetzung des ehemaligen Gasthofes G. , Nutzung als Wohnhaus". Aus den Bauantragsunterlagen und der Stellungnahme seiner Architektin vom 21.11.2002 ergibt sich aber, dass sein Antrag nicht nur auf eine Wohnnutzung gerichtet ist, sondern auch eine Beherbergungsstätte errichtet werden soll Bis auf eine Wohnung im ersten Obergeschoss sollen die übrigen Räume dieser Etage an Feriengäste oder Freunde vorübergehend vermietet werden.. Bei der Nutzung von Räumen für Feriengäste und dem Bereitstellen von Ferienwohnungen handelt es sich nicht um eine Wohnnutzung, sondern um eine Nutzung als Beherbergungsbetrieb (vgl. Fickert/Fieseler BauNVO, 10. Aufl., § 3 RdNr. 19). Diese zusätzlich angestrebte Nutzungsart lässt sich aber ohne weiteres aus den eingereichten Bauunterlagen und der Stellungnahme der Architektin des Klägers vom 21.11.2002 entnehmen und steht mithin der Eindeutigkeit des Bauantrages nicht entgegen.

Es besteht auch weder aufgrund des Vorbringens des Klägers noch aufgrund der durch den Beklagten vorgelegten Unterlagen ein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger sein Vorhaben nicht entsprechend seiner Angaben im Bauantrag vom 18.10.2002 verwirklichen will, sondern eine andere Nutzung als Gaststätte oder Begegnungsstätte anstrebt.

Grundsätzlich endet bei falschen Angaben des Bauherrn die Bindung der Aufsichtsbehörde an diese Angaben dort, wo erkennbar unrichtige nicht genehmigungsfähige Nutzungsabsichten angegeben werden. In einem solchen Fall könnte eine dann rechtswidrig erteilte Baugenehmigung durch die Genehmigungsbehörde eingeschränkt oder zurückgenommen werden (NdsOVG, Urt. v. 11.5.1999 - 1 L 39/97 -). Ist eine andere Nutzung im Wege der Auslegung ermittelbar, wäre auf die tatsächlich beabsichtigte Nutzung abzustellen (VGH Bad.-Württ., VBlBW 1989, 259, vgl. auch Degenhart, SächsBauO, § 70, RdNrn. 8 und 20).

Im vorliegenden Fall steht indes nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Kläger entgegen seiner Angaben im Antrag vom 18.10.2002 eine andere Nutzung beabsichtigt. Seine Äußerungen in den E. briefen N1 und N2 sowie mit Telefaxschreiben vom 10.6.2002 gegenüber dem Z. rechtfertigen nicht die Annahme, dass er in dem streitgegenständlichen Objekt nach wie vor die Einrichtung einer nationalen Versammlungsstätte beabsichtigt. Soweit er im E. brief N1 und in seinem Telefax vom 10.6.2002 an das Z. äußerte, dass er trotz des Scheiterns des 'Objektes A. im Frühsommer 1995 den Gedanken an ein "Begegnungs- und Freizeitzentrum für Deutschbewusste" nie aufgegeben habe, kann daraus nicht geschlossen werden, dass er auch derzeit beabsichtigt, dieses Ansinnen zu verwirklichen. Für eine geänderte Planung des Klägers spricht sein an den Beklagten gerichtetes Schreiben vom 7.10.2002, in dem er ausdrücklich mitgeteilt hat, dass er "nach reiflicher Überlegung" auch wegen der auf ihn zukommenden Kosten und Auflagen von einer Wiederaufnahme des Gaststättenbetriebes absehen und er demzufolge nur Dauer- und Ferienwohnungen einrichten wolle. Diese geänderte Nutzungsabsicht hat er im Bauantragantragsverfahren und auch in den mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht am 19.7.2005 sowie dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht am 7.2.2007 noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Seinen insoweit unmissverständlichen Äußerungen ist zu entnehmen, dass er von seinen ursprünglichen Plänen Abstand genommen hat.

Die Annahme einer abweichenden Nutzungsabsicht lässt sich auch nicht damit begründen, dass er möglicherweise von anderen Personen Mittel zum Ankauf oder zur Finanzierung seines Vorhabens erhalten hat, denn die Nutzungsänderung wurde vom Kläger, der auch Eigentümer des Grundstücks straße N3 in B. ist, beantragt. Er ist als Antragsteller und Eigentümer für die Durchführung der geplanten Maßnahmen rechtlich allein verantwortlich, auch wenn er zur Finanzierung seines Vorhabens einen Kredit aufnehmen muss. Anhaltspunkte dafür, dass er die Baumaßnahmen nicht eigenverantwortlich durchführen kann oder will, sind aufgrund der Antragsunterlagen, seines Vortrages in diesem Verfahren und dem Vorbringen der Beklagten nicht ersichtlich. Sie ergeben sich auch nicht aus den Äußerungen des Klägers vor Bauantragstellung in den genannten E. briefen und dem Telefaxschreiben gegenüber dem Z. , da er von diesen ausdrücklich Abstand genommen hat.

Die räumliche Aufteilung des geplanten Vorhabens spricht ebenfalls nicht zwingend gegen eine Nutzung als Beherbergungsstätte. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Aufteilung aufgrund der früheren Nutzung als Gasthof und zeitweise als Kinderheim im Wesentlichen bereits vorhanden war, dies gilt insbesondere für den Saal im Erdgeschoss mit den Nebenräumen. Hinzu kommt, dass die Umgestaltung des Erdgeschosses aufgrund dieser Aufteilung einen erheblichen kostenintensiven baulichen Aufwand erfordert und der Kläger nur über eingeschränkte finanzielle Mittel verfügt, die ihm nur eine schrittweise Durchführung von Aus- und Umbaumaßnahmen ermöglichen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang angegeben, er wolle weiteren Wohnraum durch den Ausbau des Dachgeschosses schaffen. Er werde nach Klärung der Finanzierung insoweit einen weiteren Bauantrag stellen. Dies gelte auch für sein weiter angestrebtes Vorhaben, Camper auf seinem Grundstück aufzunehmen. In diesem Zusammenhang ist nachvollziehbar, dass er Aufenthaltsräume und Sanitäranlagen, die von der Grundanlage her im Gebäude vorhanden sind, im Erdgeschoss vorhält. Die im Objekt vorgesehenen Räume sind für die Nutzung als Wohn- und Beherbergungsstätte auch objektiv geeignet (vgl. in diesem Zusammenhang NdsOVG, Urt. v. 11.5.1999 - 1 L 39/97 -).

Es handelt sich auch um eine dem Baugebiet entsprechende verträgliche Nutzung. Da kein Bebauungsplan existiert, kommt es auf die tatsächlichen Gegebenheiten in der Umgebung des streitgegenständlichen Objekts an. Vorliegend kann offen bleiben, ob es sich um ein allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO), in dem Beherbergungsstätten nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, oder ein Dorfgebiet (§ 5 BauNVO), in dem Beherbergungsbetriebe generell zulässig sind (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO), handelt, da eine Ausnahme nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO erteilt werden muss. Das Ermessen der Behörde ist auf Null reduziert, denn es ist nicht ansatzweise erkennbar, dass die Wohnnutzung durch die Nutzung als Ferienwohnung beeinträchtigt werden könnte. Das streitbefangene Objekt grenzt nicht direkt an andere Bebauung, sondern befindet sich in größerem Abstand zur weiteren Wohnbebauung. So wird im Bescheid vom 26.2.2003 darauf hingewiesen, dass sich unmittelbar im Anschluss an den ehemaligen Gasthof in nördlicher Richtung ein kleiner Sportplatz befindet, dem sich der Friedhof und die Kirchenschule (jetzt mit Wohnnutzung) und eine Baulücke und dann neun Wohngebäude mit Nebengebäude anschließen. Aufgrund dieser Bebauungslage ist nicht ersichtlich, dass Anwohner durch an- und abfahrende Feriengäste gestört werden könnten.

Soweit der Beklagte anführt, dass es sich bei dem Hobbyraum um eine Anlage handele, ergibt sich daraus nichts anderes. Eine Nutzung für sportliche Zwecke wäre gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig.

Sollte sich der Kläger seine Nutzungen jedoch nicht im Rahmen des Bauantrages vom 18.10.2002 halten, ist es Aufgabe der Beklagten, dagegen mit den Mitteln des Bauordnungsrechts einzuschreiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt und sich mithin keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Dabei orientiert sich der Senat an der Höhe des durch das Verwaltungsgericht festgesetzten Betrages, gegen den die Beteiligten substanziiert nichts vorgetragen haben.

Ende der Entscheidung

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