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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.05.2007
Aktenzeichen: 1 B 882/06
Rechtsgebiete: VwGO, SächsNatschG


Vorschriften:

VwGO § 43
SächsNatschG § 26
1. Die Feststellung des Nichtbestehens einer Biotopeigenschaft kann mit einer allgemeinen Feststellungsklage verfolgt werden.

2. Das Feststellungsinteresse für eine solche Klage erfordert nicht, dass ein Grundstückseigentümer substanziiert und nachvollziehbar Umstände vorträgt, aus denen sich ergibt, dass die Biotopeigenschaft in absehbarer Zeit konkrete Bedeutung für ihn haben kann.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 882/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Aufnahme ins Biotopverzeichnis

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Dahlke-Piel, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und den Richter am Verwaltungsgericht Lenz aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 9. Mai 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt und das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 4. Februar 2005 - 13 K 2066/03 - für unwirksam erklärt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten bei ursprünglich drei Grundstücken darum, ob sich darauf eine Streuobstwiese befindet. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung M. , Flurstück F 1 mit einer Größe von 2.380 m2. Wie sich erst im Berufungsverfahren herausgestellt hat, ist sie hinsichtlich des Flurstücks F 3 nur Miteigentümerin zu 1/2 und das Flurstück F 2 steht im Eigentum ihres Sohnes F. W. .

Letzterer beantragte im Jahre 1996 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses bei dem für die damals noch selbstständige Gemeinde M. zuständigen Landratsamt M. . Im Laufe des Genehmigungsverfahrens gab das Umweltschutzamt aus naturschutzrechtlicher Sicht eine ablehnende Stellungnahme ab, weil sich auf dem Grundstück eine Streuobstwiese befinde, die durch das Bauvorhaben unzulässig beeinträchtigt werde. Daraufhin beantragte der Bauherr am 16.7.1997 die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 26 Abs. 4 SächsNatSchG. Darin hieß es, die Fläche des Flurstückes F 2 umfasse ca. 14.180 m2 und werde mit 19 Obstbäumen mit Stammdurchmessern überwiegend von 25 bis 20 cm bestanden. Der überwiegende Baumbestand befinde sich im westlichen Grundstücksteil, vor allem im unteren Hangabschnitt und genieße Schutz nach § 26 Abs. 1 SächsNatSchG. Zum Ausgleich der Beeinträchtigungen des Biotops sei eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen. Sämtliche Nebennutzungen auf dem Flurstück von insgesamt ca. 220 m2 würden in Streuobstbestand umgewandelt. Dazu werde eine Neuanpflanzung von fünf Obstbäumen heimischer alter Sorten und die Anlage von Glatthaferwiesen in den baumunbestandenen Bereichen vorgenommen. Der vorhandene Obstbaumbestand bleibe vollständig erhalten. Auf dem unmittelbar an das Flurstück angrenzenden Grundstück F 3 würden ca. 210 m2 intensiven Gartenlandes in Streuobstwiesen umgewandelt. Auf dieser Fläche würden mindestens fünf Obst- oder Nussbäume heimischer, alter Sorten gepflanzt und eine Glatthaferwiese angelegt. Weiterhin würden auf einer Teilfläche des Flurstücks F 1 etwa 112 m2 Gartenland in eine Streuobstwiese umgewandelt. Auf dieser Fläche sollten mindestens 4 Obst- oder Nussbäume heimischer, alter Sorten gepflanzt und eine Glatthaferwiese angelegt werden. Weiter hieß es, die vorgesehenen Maßnahmen dienten zum Ausgleich der zu erwartenden Beeinträchtigungen und verfolgten das Ziel, den Biotopwert der Fläche zu bereichern. Infolge der Pflanzungen und der Flächenerweiterung insbesondere auf den Flächen der Flurstücke F 3 und F 1 könne der vorhandene Streuobstbestand erweitert und verdichtet werden. Die Biotopverbindungen zu den benachbarten alten Obstbaumbeständen blieben erhalten. Durch die ausschließlich vorgesehene Bebauung des Oberhangbereichs des stark hängigen Geländes könne der vorhandene Streuobstbestand in seiner eigenständigen Lage erhalten und relativ unbeeinträchtigt bleiben.

Dem Antrag waren Flurstückskarten der Flurstücke F 2. und F 1. (teilweise) und F 3 beigefügt, auf denen sowohl der vorhandene Bestand an Obstbäumen des Flurstücks F 2. als auch die Planung von Neuanpflanzungen auf allen drei Flurstücken (insgesamt 14) eingezeichnet waren. Am 29.7.1997 ging beim Landratsamt M..... ein handschriftliches, von "H. K...., , ", unterzeichnetes Schreiben ein, in dem es unter dem Betreff "BV W....... F...." hieß: "Das Einvernehmen mit der angegebenen Fläche auf unseren Flurstücken F 1. und F 3 wird hiermit hergestellt." Daraufhin erteilte der Landkreis M..... dem Bauherrn eine Ausnahmegenehmigung zur teilweisen Beseitigung der Streuobstwiese auf einer Fläche von 230 m2 des Flurstücks F 2. unter Auflagen zur Schaffung von Ausgleichsflächen auf den Flurstücken F 1. und F 3. Dieser Bescheid wurde am 31.7.1997 zugestellt. Durch Bescheid vom 5.8.1997 wurde daraufhin auch die Baugenehmigung erteilt.

Mit Schreiben von 25.8.1998, das an "Fam. K...." gerichtet war, hieß es unter dem Betreff "Information über die Aufnahme von Grundstücken in das Biotopverzeichnis", das Flurstück F 1. der Gemarkung M........ sei als Streuobstwiese in das Verzeichnis der besonders geschützten Biotope des Landkreises M..... aufgenommen worden. Es folgten Hinweise auf den Inhalt des § 26 SächsNatSchG. Weiter hieß es, einer formalen Umsetzung des gesetzlichen Biotopschutzes durch besondere Schutzklärung oder ähnliches bedürfe es ausdrücklich nicht, der Biotopschutz gelte unmittelbar kraft Gesetzes. Die Mitteilung könne nicht mit einem Rechtsbehelf angefochten werden, da sie rein erklärenden Charakter trage. Ein gleich lautendes Schreiben erfolgte im Hinblick auf das Flurstück F 3. Beigefügt war ein Auszug aus dem Biotopverzeichnis, auf dem außer den Flurstücken F 1. und F 3 auch das Flurstück F 2. aufgeführt war. Mit Anwaltsschreiben vom 19.10.1998 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass es sich bei den fraglichen Flurstücken nicht um Biotope im Sinne von § 26 Abs. 1 SächsNatSchG handele. Weiter wurde beantragt, diese aus dem Biotopverzeichnis zu streichen. Mit Schreiben vom 29.10.1998 teilte das Landratsamt M..... mit, es habe sich lediglich um eine Information mit deklaratorischem Charakter gehandelt. Weiter wurde auf die Ausnahmegenehmigung zu Gunsten von Herrn W....... verwiesen. Diesem Antrag sei nur stattgegeben worden, weil Ausgleichsflächen auf den Flurstücken F 3 und F 1. angeboten worden seien. Dazu sei eine Einvernehmenserklärung von H. K.... erfolgt. Es werde davon ausgegangen, dass dieser Unterschriftszug von der Klägerin geleistet worden sei. In dem Bescheid sei Herrn W....... aufgegeben worden, die Streuobstwiesen auf den Flurstücken F 3 und F 1. anzulegen.

Gegen dieses Schreiben hat die Klägerin mit Schreiben vom 7.1.1999 Widerspruch eingelegt, über den soweit ersichtlich bis heute nicht entschieden worden ist.

Mit der am 14.4.2003 bei Gericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat die Auffassung vertreten, bei dem Schreiben vom 29.10.1998 handele es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt. Bei den fraglichen Flächen befänden sich keine Streuobstwiesen. Es fehle an artenreichem Unterwuchs und vielfältigen Kleinstrukturen wie Totholz und Baumhöhlen. Vielmehr handele es sich bei den Flurstücken F 2. und F 3 um intensiv genutzte Gartengrundstücke ohne speziellen Wiesencharakter. Obstbäume seien nur vereinzelt vorhanden, diese würden im Rahmen der intensiven Gartennutzung regelmäßig gepflegt, beschnitten und abgeerntet. Auf dem Flurstück F 1. sei ein umfangreicher Nadelholzbestand vorhanden sowie teilweise eine kleingärtnerische Nutzung. Lediglich im Bereich eines Steilhanges in einer Größe von etwa 500 m2 sei ein wiesenähnlicher Charakter zu erkennen. Dort befänden sich in Reihen regelmäßig angeordnete Obstbäume. Die Wiese des Hanges werde viermal jährlich zur Heugewinnung gemäht. Auch die Obstbäume würden regelmäßig abgeerntet und zu diesem Zweck gepflegt und geschnitten. Im gesamten Bereich bestünde eine intensive landwirtschaftliche Nutzung der Wiesen und der Obstbäume.

Soweit die Beklagte auf ein angebliches Anerkenntnis der Biotopeigenschaft durch ihren Sohn verweise, sei diese Wertung falsch und unzulässig. Herr W....... habe lediglich "zur schnellen Durchführung des geplanten Bauvorhabens der gegen ihn ergangenen Auflage zur Schaffung von Ausgleichsflächen zugestimmt". Die von ihr - der Klägerin - unterzeichnete Einvernehmenserklärung zur Schaffung der Ausgleichsflächen durch Herrn W....... könne allenfalls dann Geltung erlangen, wenn es sich bei den fraglichen Grundstücken tatsächlich um Biotope handele.

Die Gemeinde M........ ist zwischenzeitlich in die Landeshauptstadt Dresden eingemeindet worden. Seitdem werden die Grundstücke im Biotopverzeichnis der Landeshauptstadt Dresden geführt. Das Passivrubrum wurde dementsprechend geändert.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, da es sich bei dem Schreiben vom 29.10.1998 nicht um einen Verwaltungsakt handele. Vielmehr sei lediglich eine Auskunft erfolgt. § 26 SächsNatSchG bilde keine Grundlage für feststellende Bescheide. Auch die Eintragung in das Biotopverzeichnis stelle keinen Verwaltungsakt dar. Es fehle an einer Außenwirkung gegenüber dem Grundstückseigentümer. Die Biotopkartierung diene lediglich als Vorbereitungsmaßnahme der Erfüllung der Aufgaben der Naturschutzbehörde.

Durch Urteil vom 4.2.2005 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin könne gegen das Schreiben vom 29.10.1998 nicht mit der Anfechtungsklage vorgehen, weil es sich mangels Regelungscharakter nicht um einen Verwaltungsakt handele. Für eine Verpflichtungsklage fehle es der Klägerin jedenfalls an der dafür erforderlichen Anspruchsgrundlage. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus § 26 Abs. 1 SächsNatSchG. Ein Anspruch auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes bedürfe es auch nicht zur Klärung einer ungewissen Sach- und Rechtslage. Eine solche Entscheidung hätte vielmehr im Zusammenhang mit einer konkreten Anfrage der Klägerin über die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens ergehen können.

Die Klage sei auch nicht als Feststellungsklage erfolgreich, weil es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehle. Mit der Feststellung, dass es sich bei den streitgegenständlichen Grundstücken um geschützte Biotope handele, werde kein Rechtsverhältnis geregelt, sondern lediglich die Rechtslage mitgeteilt. § 26 SächsNatSchG bestimme ausdrücklich, dass die fraglichen Biotope unmittelbar kraft Gesetzes geschützt sind, ohne dass es dazu eines Vollzugsaktes bedürfe. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn über die Zulässigkeit einer bestimmten Nutzung entschieden werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Entsprechendes gelte für die Aufnahme in das Biotopverzeichnis. Auch insoweit fehle es an einer unmittelbaren Rechtswirkung nach außen. Von ihrem Sinn und Zweck her stelle die Biotopkartierung eine reine Bestandsaufnahme, also die Beschreibung eines Ist-Zustandes dar. Ihr komme nur deklaratorische, keine konstitutive Wirkung zu. Aus der Erfassung als Biotop ergäben sich für die Klägerin keine unmittelbaren Rechtsfolgen. Sie habe lediglich zur Folge, dass der Behörde das Vorliegen einer schützenswerten Fläche bekannt sei.

Durch Beschluss vom 15.12.2006 - 1 B 283/05 - hat der erkennende Senat die Berufung zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Hinsichtlich des Flurstücks F 1. trägt sie vor, es handele sich größtenteils um einen Steilhang in Richtung des Flurstücks F4.. Dort habe sie einen Kirschbaum, eine Buschquitte, einen Birnbaum und einen Apfelbaum in Reihe gepflanzt. Von einer Streuobstwiese könne daher nicht ausgegangen werden.

Hinsichtlich der Flurstücke F 3 und F 2. hat die Beklagte im Laufe des Verfahrens mitgeteilt, dass sich dort gegenwärtig keine Streuobstwiese befinde. Nachdem die Klägerin auf Bedenken an ihrer Aktivlegitimation hingewiesen worden ist, hat sie die Klage hinsichtlich dieser beiden Grundstücke zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 4. Februar 2005 - 13 K 2066/03 - zu ändern und festzustellen, dass auf dem Grundstück Gemarkung M........, Flurstück F 2. kein Biotop im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 6 SächsNatSchG vorhanden ist, sowie die Beklagte zu verpflichten, das fragliche Grundstück aus dem Biotopverzeichnis zu streichen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig, da es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehle.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung einen Vertreter des Umweltfachbereichs des Regierungspräsidiums Dresden zum Zustand des Grundstücks angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ansonsten wird wegen des Sach- und Streitstands ergänzend auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil entsprechend § 173 VwGO, § 269 Abs. 3 ZPO für unwirksam zu erklären.

Soweit die Berufung aufrechterhalten worden ist, bleibt sie ohne Erfolg. Die Klage der Klägerin ist als Feststellungsklage und allgemeine Leistungsklage zulässig, aber unbegründet.

Die Klage auf Feststellung, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin kein Biotop befindet, ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht zunächst ein Rechtsverhältnis im Sinne dieser Vorschrift. Darunter werden diejenigen rechtlichen Beziehungen verstanden, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache - genauer: zwischen einer Person und einem Dritten in Bezug auf eine Sache - ergeben (vgl. Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 43 RdNr. 7f.). Im vorliegenden Fall streiten die Beteiligten um die Frage, ob sich eine Streuobstwiese auf dem Grundstück der Klägerin befindet. Dabei handelt es sich um einen konkreten Sachverhalt, nämlich den Zustand des Grundstücks, aufgrund dessen sich aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften, nämlich insbesondere § 26 SächsNatSchG, rechtliche Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten als zuständiger unterer Naturschutzbehörde in Bezug auf eine Sache, nämlich die Streuobstwiese auf dem Grundstück, ergeben. Das Vorliegen der Biotopeigenschaft löst unmittelbar rechtliche Pflichten des Eigentümers aus, deren Kontrolle und gegebenenfalls Ahndung Sache der Beklagten ist. Die Verpflichtungen des Eigentümers ergeben sich vor allem aus § 26 Abs. 2 SächsNatSchG, wonach alle Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung des Biotops führen können, verboten sind. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob § 26 SächsNatSchG auf das Grundstück der Klägerin Anwendung findet, ist daher im Rahmen von § 43 VwGO ebenso zu betrachten wie die Frage der Denkmaleigenschaft. Besteht zwischen einem Grundstückseigentümer und der Denkmalbehörde Streit über die Denkmaleigenschaft, handelt es sich nach allgemeiner Meinung um den klassischen Fall eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses (vgl. dazu etwa OVG Sachs.-Anh., Urt. v. 14.10.2004 - 2 L 454/00 -, zitiert nach juris). In beiden Fällen löst eine bestimmte - zwischen dem Verpflichteten und der zuständigen Behörde streitigen - Eigenschaft eines Grundstücks unmittelbar kraft Gesetzes Verpflichtungen des Eigentümers aus, ohne dass es zuvor einer behördlichen Handlung bedarf.

Aus den von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte München (Urt. v. 7.8.1996, NuR 1997, 304) und Dessau (Urt. v. 18.3.1997, NuR 1997, 465) ergibt sich nichts anderes. Das Verwaltungsgericht München hatte sich allein mit der Frage zu befassen, ob einer Biotopkartierung Außenwirkung zukommt; dies wurde mit der Begründung verneint, die Kartierung habe nur deklaratorische Bedeutung, während sich die Pflichten des Grundstückseigentümers allein aus dem Gesetz ergäben. Bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dessau ging es vor allem um die Frage, ob eine Naturschutzbehörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes ermächtigt ist. Soweit in dieser Entscheidung auch anklingt, dass es für den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehlt, wird dies nicht näher begründet. Auch aus der neueren Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 6.7.2006, VBlBW 2006, 429) ergibt sich im Ergebnis nichts für die Auffassung der Beklagten. Denn diese Entscheidung hat sich ebenfalls auf die Klärung der Frage beschränkt, ob eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines die Biotopeigenschaft feststellenden Verwaltungsakts besteht. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob eine negative Feststellungsklage statthaft ist.

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Dafür ist nicht erforderlich, dass substanziiert und nachvollziehbar Umstände vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, dass die Biotopeigenschaft in absehbarer Zeit konkrete Bedeutung für den Eigentümer haben kann (so VG Dessau, Urt. v. 3.5.1999 - A 1 K 336/98 -, zitiert nach juris, zur Denkmaleigenschaft). Ein berechtigtes Interesse folgt vielmehr in aller Regel bereits daraus, dass die Biotopeigenschaft - wie oben dargelegt - unmittelbar rechtliche Wirkungen für den Eigentümer hat. Sein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Feststellung liegt darin, geklärt zu wissen, ob er den Verboten des § 26 Abs. 2 SächsNatSchG unterliegt. Das gilt umso mehr, als ein Verstoß gegen diese Pflichten nach § 61 Abs. 1 Nr. 7 SächsNatSchG einen Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllen kann und infolge dessen bußgeldbewehrt ist. Der Klägerin kann daher nicht angesonnen werden, bis zur Klärung der streitigen Biotopeigenschaft auf ein konkretes Vorhaben zu warten und dabei Gefahr zulaufen, schon durch intensive gärtnerische Maßnahmen gegen das Naturschutzgesetz zu verstoßen und einen Ordnungswidrigkeitentatbestand zu erfüllen (vgl. zu diesem Aspekt des Feststellungsinteresses Sodann, aaO, § 43 RdNr. 85ff.).

Die nach alledem zulässige Feststellungsklage ist indes nicht begründet. Der Senat ist mit der Beklagten der Auffassung, dass sich auf dem hier streitigen Teil des Flurstücks F 1. und den Flurstücken F5. sowie F4. eine Streuobstwiese im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SächsNatSchG befindet. Streuobstwiesen sind extensiv genutzte Obstbaumbestände aus hoch- oder mittelstämmigen Gehölzen, die in der Regel unregelmäßig (gestreut) in Grünland oder typischen Brachestadien angeordnet sind. Sie sind gekennzeichnet durch einen artenreichen Unterwuchs und vielfältige Kleinstrukturen wie Totholz und Baumhöhlen (vgl. zu dieser Definition auch die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung zum Vollzug des § 26 SächsNatSchG - VwV Biotopschutz - vom 22.2.1994 [SächsABl. 1994, 466], zuletzt geändert am 8.8.1997 [SächsABl. 1997, 965]). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dies ergibt sich aus der schriftlichen Stellungnahme des Umweltfachbereichs des Regierungspräsidiums Dresden vom 8.2.2007, den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Lichtbildern sowie aus den ergänzenden Erläuterungen, die der Vertreter der Naturschutzfachbehörde in der mündlichen Verhandlung gegeben hat. Danach befinden sich auf einer Fläche von etwa 1.000 m2 insgesamt 17 alte Obsthoch- und Mittelstämme; davon entfallen vier auf den hier streitigen Grundstücksteil. Außerdem sind Kleinstrukturen wie Baumhöhlen vorhanden. Anzeichen für eine intensiv genutzte Obstbaumanlage, die den Tatbestand des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SächsNatSchG regelmäßig nicht erfüllt, sind nicht vorhanden. Bei dem Unterwuchs handelt es sich um eine Glatthaferwiese mit artenreichem Vorkommen von krautigen Gewächsen. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese sachkundigen Äußerungen zu bezweifeln. Auch die Klägerin ist dem in der mündlichen Verhandlung nicht mehr substantiiert entgegengetreten.

Soweit die Klage auf Streichung des Grundstücks der Klägerin aus dem Biotopverzeichnis gerichtet ist, ist sie als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber aus den dargelegten Gründen ebenfalls nicht begründet.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO und hinsichtlich des Berufungsverfahrens auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für die Zeit bis zur Klagerücknahme auf 5.000,- € und für die Zeit danach auf 1.000,- € festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 36 des Gerichtskostengesetzes - GKG -. Der Senat berücksichtigt dabei, dass zunächst drei, später nur noch ein (kleineres) Grundstück im Streit standen.

Dieser Beschluss ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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