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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.10.2007
Aktenzeichen: 1 BS 215/07
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 80 Abs. 7 | |
VwGO § 146 Abs. 4 |
2. Für eine Beschwerde fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis, wenn die angefochtene Baugenehmigung aufgrund einer Änderungsbaugenehmigung hinfällig geworden ist. Die zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage führenden Umstände sind vielmehr durch einen Änderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO geltend zu machen.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 1 BS 215/07
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Erteilung einer Baugenehmigung für Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses; Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz
hier: Beschwerde
hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Dahlke-Piel, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann
am 5. Oktober 2007
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 30. Mai 2007 - 4 K 340/07 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert wird auf 3.750,- € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zurückzuweisen, da sie unzulässig ist. Trotz des Unterliegens der Antragsgegnerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht fehlt es für die Beschwerde aufgrund eines nachträglichen Ereignisses an einem Rechtsschutzbedürfnis. Durch die Änderungsbaugenehmigung vom 26.6.2007 ist der ursprüngliche Streitgegenstand des Verfahrens, die Baugenehmigung vom 5.12.2006, hinfällig geworden. Neuer Streitgegenstand ist die Baugenehmigung vom 5.12.2006 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 26.6.2007. Diese kann der Senat im Beschwerdeverfahren indes nicht berücksichtigen.
Bei der dem Beigeladenen unter dem 26.6.2007 erteilten Baugenehmigung handelt es sich um eine unselbständige Änderungsgenehmigung zur Baugenehmigung vom 5.12.2006. Ihr kommt kein selbständiger, das Vorhaben des Beigeladenen legalisierender Charakter zu (vgl. BayVGH, Beschl. v. 13.2.2007, BauR 2007,1562). Sie ändert lediglich die Ursprungsgenehmigung im Hinblick auf die Wohnzwecken dienenden Flächen ab und vergrößert den Wohnflächenanteil des Vorhabens von 119,66 m² auf 180,93 m² unter gleichzeitiger Verringerung der Bürofläche von 102,79 m² auf 41,52 m². Im Übrigen nimmt sie auf die Baugenehmigung vom 5.12.2006 Bezug und lässt diese unberührt.
Die Baugenehmigung vom 5.12.2006 in der Fassung vom 26.6.2007 ist im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigungsfähig, da es sich bei der Neufassung der Baugenehmigung um eine erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist aus § 146 Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung vorgetragene Änderung der Sach- und Rechtslage handelt, die zu einem neuen Streitgegenstand führt. Auf die Zustellung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung am 4.6.2007 lief die einmonatige Beschwerdebegründungsfrist am 4.7.2007 ab. Die Änderungsbaugenehmigung wurde dem Senat hingegen erst mit Fax vom 27.7.2007 übermittelt. Nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstmals vorgetragene Tatsachen sind hingegen nicht berücksichtigungsfähig (SächsOVG, Beschl. v. 15.6.2004, 5 BS 406/03; Beschl. v. 4.6.2004, 5 BS 50/03, OVG MV, Beschl. v. 2.9.2002, NVwZ-RR 2003,318; vgl. auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 12.3.2003, NVwZ-RR 2003, 694; VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 12.4.2002, NVwZ 2002, 883 [884]).
Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung nicht in Widerspruch zur Entscheidung des 5. Senats vom 29.3.2007 (5 BS 295/06). Dieser zufolge hindert § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO das Oberverwaltungsgericht nicht daran, neue unstrittige oder offenkundige Umstände zu berücksichtigen. Maßgebend für diese Entscheidung sind verfahrensökonomische Erwägungen. Neue oder offensichtliche Umstände sollen auch nach Ablauf der Begründungsfrist Berücksichtigung finden können, wenn sich hieraus keine Verfahrensverzögerung ergibt. Diese Rechtsprechung betrifft deshalb - auch nach Auffassung des 5. Senats, mit dem Rücksprache genommen wurde - nicht die hier vorliegende Konstellation, dass die neuen Umstände zu einem neuen Streitgegenstand führen. In diesem Fall würde das Oberverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren gleichsam erstinstanzlich über einen Streitgegenstand befinden, zu dem es an einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung fehlt.
Dies ist mit Beschleunigungsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen, da der Senat dann erstmals eine Prüfung der Sach- und Rechtslage zu diesem Streitgegenstand vornehmen müsste. Dies gilt insbesondere in der hier vorliegenden Konstellation, in der durch die Änderungsbaugenehmigung die entscheidungstragenden Einwände des Verwaltungsgerichts gegen die Ursprungsbaugenehmigung ausgeräumt werden sollen. In dieser Konstellation ist die rechtsschutzsuchende Partei gehalten, die zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage führenden Umstände durch einen Änderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, da er sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko unterworfen hat (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf nach § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - in Verbindung mit Ziffern 9.7.1 und 1.5 Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327). Zur Höhe folgt der Senat der Festsetzug durch das Verwaltungsgericht.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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