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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 1 D 10/05
Rechtsgebiete: VwGO, SächsWG, FFH-Richtlinie, SächsVerf, SächsNatSchG


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 1
SächsWG § 70
FFH-Richtlinie Art. 4 Abs. 2
SächsVerf Art. 75
SächsNatSchG § 16
SächsNatSchG § 22a
1. Ist eine Gemeinde Träger der Unterhaltungslast für ein Gewässer, das im Geltungsbereich einer Naturschutzverordnung liegt, kann dies ihre Antragsbefugnis als Behörde im Sinne von § 47 Abs. 1 VwGO begründen. Das setzt voraus, dass die Ausübung der Unterhaltungslast von den Regelungen der Verordnung betroffen ist und dass sich die Gemeinde auf die Gewässerunterhaltungslast beruft.

2. Wird ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne von Artikel 4 Abs. 2 der FFH-Richtlinie zu einem geschützten Teil von Natur und Landschaft erklärt, so gehört § 22a SächsNatSchG zu den Ermächtigungsgrundlagen, die gem. Artikel 75 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen in der Verordnung an€zugeben sind.

3. Liegen die Voraussetzungen des § 22a Abs. 1 SächsNatSchG vor, ist eine nationale Unterschutzstellung zwingend geboten, soweit nicht Ausnahmen nach Absatz 3 vorliegen. Es bleibt offen, ob und inwieweit den Naturschutzbehörden bei der nationalen Unterschutzstellung von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne der FFH-Richtlinie noch ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum verbleibt und inwieweit die nationalen Gerichte zur Überprüfung berufen sind.

4. § 22a Abs. 5 SächsNatSchG erfordert nicht, einen Managementplan gemäß Artikel 6 der FFH-Richtlinie aufzustellen, bevor eine Unterschutzstellung nach Absatz 1 dieser Vorschrift erfolgt.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Normenkontroll-Urteil

Az.: 1 D 10/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Verordnung zur Festsetzung des Naturschutzgebietes "Hermannsdorfer Wiesen" vom 2.5.2005

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Dahlke-Piel, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Verwaltungsgericht Lenz aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 24. Januar 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Verordnung des Regierungspräsidiums Chemnitz zur Festsetzung des Naturschutzgebietes "Hermannsdorfer Wiesen" vom 2. Mai 2005 (Sächsisches Amtsblatt S. 433) wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Verweisung, die die Antragstellerin trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Antragstellerin des Normenkontrollverfahrens ist eine Gemeinde, die zum Landkreis Annaberg gehört. Sie wendet sich gegen die Verordnung des Regierungspräsidiums Chemnitz zur Festsetzung des Naturschutzgebietes "Hermannsdorfer Wiesen" mit einer Größe von etwa 185 ha, das sich auf ihrem Gemeindegebiet befindet. Bereits durch Anordnung vom 11.9.1967 war dort ein Naturschutzgebiet festgesetzt worden. Zum Geltungsbereich dieses Gebietes, von dessen Überleitung in bundesdeutsches Recht die Beteiligten ausgehen, gehörte der so genannte "Schwarze Teich", dessen Badenutzung ebenfalls seit Jahrzehnten und im vorliegenden Verfahren umstritten ist.

Der Geltungsbereich des Naturschutzgebietes fällt überwiegend in ein Gebiet, das durch Entscheidung der Europäischen Kommission vom 7.12.2004 unter der Bezeichnung "Moore und Mittelgebirgslandschaft bei Elterlein, DE 5343301" gemäß Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 S. 7), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.9.2003 (ABl. EU Nr. L 284 S. 1) geändert worden ist (im Folgenden: FFH-Richtlinie), in die Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region aufgenommen wurde (Abl. EU Nr. L 382 S. 75). Die Meldung an die Kommission war - soweit ersichtlich - bereits im Jahre 2001 erfolgt.

Im Jahre 2003 ließ das Regierungspräsidium Chemnitz zur Überleitung des Schutzgebietes in ein Naturschutzgebiet neuen Rechts eine naturschutzfachliche Würdigung durch das Naturschutzzentrum A. Gemeinnützige GmbH erstellen. Bereits in dieser naturschutzfachlichen Würdigung wurde die Auffassung vertreten, dass eine Ausweisung als Naturschutzgebiet nach § 22a SächsNatSchG geboten ist. Bei Schutzzweck und Entwicklungszielen wurde maßgeblich auf die gebietsspezifischen Erhaltungsziele entsprechend der FFH-Richtlinie abgestellt. Bei dem Schwarzen Teich handelt es sich danach um ein Dystrophes Stillgewässer (Lebensraumtyp 3160 der FFH-RL). Wegen des Inhalts dieser Würdigung im Einzelnen wird im Übrigen auf Blatt 57 bis 151 der Akten 1 D 9/05 verwiesen.

Im April 2004 übersandte das Regierungspräsidium Chemnitz einen Verordnungsentwurf an die Antragstellerin, mit deren Bürgermeister am 28.4.2004 eine Besprechung stattfand. In dem darüber gefertigten Protokoll heißt es unter anderem:

"Probleme aus der Sicht der Stadt:

Herr Bürgermeister ...

- sieht Probleme bei der künftigen Absicherung der Bewirtschaftung und Pflege u. a. aus finanziellen Gründen; hat auch Zweifel, dass bei Pflegemaßnahmen immer die richtige Wahl getroffen wird, z. B. Schnittzeitpunkte, Anwendung von Kalk u.s.w.;

- fordert Bestandsschutz für die ordnungsgemäße Jagd, das Baden am Schwarzen Teich im vorderen Bereich und für das "Ferienlager"; die Bedeutung des Schwarzen Teichs als montanhistorische Anlage sollte bei der endgültigen Abfassung des VO-Textes und der Festlegung von Management-Maßnahmen in Verbindung mit den ehemaligen Gräben (z. B. Umfluter) einschließlich deren Pflege beachtet werden;

- fordert, dass die NSG-Erweiterungsfläche im Bereich der Putenfarm nicht bei der NSG-Festsetzung berücksichtigt wird; es wurde zugesichert, die aus Sicht des Naturschutzes erforderlichen Maßnahmen vertraglich zu regeln;

- weist auf das Problem mit dem pH-Wert im Schwarzen Teich hin, vermutet Ursache der Versauerung vor allem im Schmelzwasseranfall aus Waldbereichen und sieht einen Zusammenhang mit der Grabenproblematik;

- erachtet die Anhebung des Wasserspiegels des Schwarzen Teichs durch Unterbindung des unkontrollierten Abflusses als sinnvoll;

- macht darauf aufmerksam, dass die nachfolgende Managementplanung mit der VO stimmig sein muss, VO darf hier keine vernünftigen Lösungswege verbauen;

- fordert die Unterbindung zunehmender Gehölzsukzession auf Offenlandflächen und die Sicherstellung der Bekämpfung von Forstschädlingen;

- fordert die Erlebbarkeit des NSG, die durch ein ausreichendes Wegesystem sicher gestellt werden soll, eventuell zugewachsene Wege sollten freigeschnitten werden;

- bittet um Überprüfung der in § 2 Abs. 2 des Entwurfs der VO benutzte Bezeichnung "Scheibenberger Hochfläche"."

Mit Schreiben vom 7.6.2004 vertrat die Antragstellerin erneut die Auffassung, der Managementplan für das Schutzgebiet sei mit ihr abzustimmen. Er müsse in der abgestimmten, verbindlichen Fassung vorliegen, bevor die fragliche Verordnung in Kraft trete. Hinsichtlich des Schwarzen Teiches solle der nordöstliche Umfluter mittelfristig wieder funktionstüchtig gemacht werden. Ein Teil des Uferbereichs solle zugänglich bleiben.

Das geplante Wegenetz sei deutlich und eindeutig in der Übersichtskarte darzustellen, um für Einwohner und Gäste das Naturschutzgebiet erlebbar zu machen. Die Wege seien offen zu halten, die Nutzungseinschränkungen während der Brutzeit seltener Vogelarten könnten durch Ausschilderung kenntlich gemacht werden. Der Schwarze Teich mit dem Steingraben sei ein 400 Jahre altes montanhistorisches Zeugnis, auf dessen Erhalt und Nutzungsfähigkeit besonderer Wert zu legen sei, was auch die Anhebung des Wasserspiegels auf das ursprüngliche Niveau betreffe. Der undichte ehemalige Grundablass sei deshalb zwecks Vermeidung unkontrollierten Wasserverlustes abzudichten. Einschränkungen bei der Jagd seien weitgehend auszuschließen.

Zur Bademöglichkeit für die am kommunalen Ferienlager teilnehmenden Kinder seien Regelungen zu erarbeiten. Für ortsansässige Kinder müsse der Badebetrieb im Sommer während eines festzuschreibenden Zeitraums ermöglicht werden. Dieses Ferienlager vermittele vornehmlich touristisches Wissen und tiefgründige Kenntnisse bei Artenbestimmung und Schutz der Natur. Die Gehölzsukzession auf Offenlandflächen solle als Schutzziel unterbunden werden. Die Bekämpfung von Forstschädlingen auch unter Anwendung offener Feuer außerhalb der Brutzeit zur Vernichtung befallenen Holzes müsse möglich sein.

Die Pflege und Entwicklung solle nicht nur abflusshemmende Maßnahmen, sondern auch kurzzeitige Wasserabsenkungen auf ansonsten angestauten Flächen zwecks Mahd- und Heuwerbung vorsehen (wechselseitiger Einstau und Abfluss nach altbäuerlichen Methoden).

Mit Schreiben vom 26.7.2004 teilte das Regierungspräsidium Chemnitz der Antragstellerin mit, dass das Verfahren nach § 51 SächsNatSchG eingeleitet werden solle. Dem Wunsch nach Verringerung des Gebietsumgriffs im Bereich der so genannten Putenfarm sei entsprochen worden. Das Badeverbot am Schwarzen Teich werde aufrechterhalten. Die Wanderwege des Gebietes seien in der topographischen Übersichtskarte bereits dargestellt. Sie seien als durchgängige oder gestrichelte Linien eingezeichnet. Das Regierungspräsidium gehe davon aus, dass diese überwiegend in der Natur noch existieren und auffindbar seien. Soweit dies der Fall sei, dürften sie legal betreten werden, denn nur das Betreten des Naturschutzgebietes außerhalb der Wege sei verboten. Sollten verzeichnete Wege in der Natur nicht mehr auffindbar sein, sei in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde ein Freischneiden zu prüfen. Dieses könne erfolgen, sofern keine Biotop- oder Artenschutzbelange entgegenstünden.

Das Regierungspräsidium Chemnitz hörte außerdem die Träger verschiedener öffentlicher Belange und auch einige private Grundstückseigentümer an.

Mit Schreiben vom 16.9.2004 wies die Antragstellerin erneut auf ihre Auffassung hin, dass vor Inkrafttreten der Verordnung ein abgestimmter Managementplan in verbindlicher Fassung vorliegen müsse. Derzeit sei noch nicht einmal ein Entwurf bekannt, sodass auf Grund bisheriger negativer Erfahrungen ein "Überrumpelungsversuch" mit der letztlichen Festschreibung nicht akzeptabler Nutzungseinschränkungen befürchtet werden müsse. Weiter sei eindeutig formuliert worden, dass die südwestliche Schutzgebietsbegrenzung bis an den südwestlichen Uferzonenbereich des Schwarzen Teiches zurückverlegt werden müsse. Auf der nunmehr vorliegenden Übersichtskarte sei diese Grenze jedoch etwa 150 m von der Uferzone entfernt eingetragen. Dass das Badeverbot generell gelten solle, finde nicht ihre Zustimmung.

Mit den unter § 4 benannten Verboten und den unter § 7 aufgeführten Grundzügen der Pflege und Entwicklung sei zum Teil vorprogrammiert, dass die angestrebten Schutzziele von der Vorstellung der Gemeinde abwichen. So sei die Reaktivierung der Moore und die großflächige Versumpfung als vorrangiges Schutzziel definiert, während seitens der Gemeinde eine Annäherung an den Zustand von 1920 bis 1945, also vorrangig land- und forstwirtschaftliche Nutzung einer Kulturlandschaft angestrebt werde. Dazu gehörten aber zwingend auch oberflächige Entwässerungsmaßnahmen etwa durch Wiesengräben, die gerade ausgeschlossen werden sollten.

Mit Schreiben vom 25.11.2004 teilte das Regierungspräsidiums Chemnitz der Antragstellerin mit, dass sie die vorgetragenen Einwendungen und Bedenken geprüft und wie folgt abgewogen habe: Das Vorliegen eines Managementplans im Sinne von § 22a Abs. 5 SächsNatSchG sei nicht rechtliche Voraussetzung für die Ausweisung von Naturschutzgebieten, auch nicht für solche, die überwiegend mit Lebensraumtypen entsprechend Anhang I oder Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie ausgestattet seien. Für die Festsetzung des NSG seien die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 i.V.m. § 22a Abs. 1 und 3 SächsNatSchG gegeben. Das Gebiet sei schutzwürdig, -bedürftig und -fähig. Dies sei in der naturschutzfachlichen Würdigung und den dieser Würdigung zugrunde liegenden fachlichen Unterlagen nachgewiesen. Der FFH-Managementplan müsse die im FFH-Gebiet und damit auch im Naturschutzgebiet vorhandenen Schutzgüter erfassen und bewerten. Die Planer könnten dabei auf wesentliche, in den bereits vorhandenen fachlichen Unterlagen enthaltenen Fakten zurückgreifen. Ein zweiter Teil der Managementplanung werde die erforderlichen Erhaltungs-, Wiederherstellungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie Konflikte und deren Lösung darlegen. Die in der Verordnung zur Sicherung des Schutzzweckes bestimmten Verbote, zulässigen Handlungen sowie die Grundzüge der Pflege und Entwicklung entsprächen zugleich den Anforderungen für die Gewährleistung eines günstigen Erhaltungszustandes der FFH-Schutzgüter. Es sei abzusehen, dass die Managementplanung mit den Grundzügen der Pflege und Entwicklung nach § 7 des Verordnungsentwurfs in Einklang gebracht werden könne und den damit vorgegebenen Rahmen ausfüllen werde. Sofern sich zusätzliche lebensraum- und artspezifische Maßnahmen ergeben würden, könnten diese durchgeführt werden, ohne dass sie zwingend als Grundzug der Pflege und Entwicklung bereits in der Verordnung enthalten sein müssten. Der Forderung nach Aussetzung des Verfahrens bis zum Vorliegen des FFH-Managementplans könne deshalb mangels rechtlicher Begründung und nicht zuletzt wegen der als hoch einzuschätzenden Schutzbedürftigkeit der Fläche nicht entsprochen werden. In den zurückliegenden Wochen seien im Gebiet des Verordnungsentwurfs Handlungen festgestellt worden, die nur bei Vorliegen einer neuen Verordnung mit der angestrebten Rechtssicherheit verfolgbar seien. Es bestehe eine permanente konkrete Gefährdung.

Was die von der Gemeinde befürchteten Nutzungseinschränkungen betreffe, so hätten diese konkret benannt werden müssen. Unkonkrete Pauschaläußerungen seien nicht abwägungstauglich. Seitens des Regierungspräsidiums könne jedenfalls keine Einschränkung rechtmäßig bestehender Nutzungs- oder Eigentümerbefugnisse der Stadt durch die Bestimmungen der Verordnungen festgestellt werden. Erst recht sei keine zulässige Beschränkung der Planungshoheit der Gemeinde erkennbar. Nach den Stellungnahmen des Referats Raumordnung und des Regionalen Planungsverbandes stehe das Vorhaben mit der räumlichen Entwicklung von Natur und Landschaft in Einklang. Dem Regierungspräsidium sei bekannt, dass die Antragstellerin Grundstücke im Naturschutzgebiet besitze; es müsse in diesem Zusammenhang auf § 2 Abs. 2 SächsNatSchG verweisen, worin eine besondere Pflicht der Gemeinden zur naturschutzgerechten Behandlung eigener ökologisch wertvoller Grundstücke geregelt sei. Hinsichtlich der Festlegung der südwestlichen Grenze sei nur zugesagt worden, auf die Einbeziehung des Putenfarmgeländes zu verzichten. Hingegen sei kein Grund erkennbar, den südwestlich an den Schwarzen Teich anschließenden Waldbestand vom Geltungsbereich auszunehmen. Diese Fläche habe eine dem FFH-Lebensraumtyp "Schwarzer Teich" als Pufferfläche dienende Funktion, die nach ständiger Rechtsprechung einbezogen werden könne, wenn dies aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zweckmäßig sei. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass der am Verfahren beteiligte BUND eine drastische Vergrößerung des Gebietes insbesondere unter Einbeziehung der so genannten Putenfarm gefordert habe. Darauf werde mit Rücksicht auf gemeindliche Forderungen verzichtet. Die jetzige Abgrenzung stelle damit einen gut vertretbaren Kompromiss zwischen verschiedenen Interessengruppen dar. Bei der Entscheidung über die Lage der Schutzgebietsgrenze komme dem Verordnungsgeber ein sehr weitgehender Ermessensspielraum zu, der pflichtgemäß genutzt werde.

Das Bade- und Betretungsverbot sei unverzichtbar und auch verhältnismäßig. Beides sei zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes von FFH-Lebensraumtypen und sonstigen am Ostufer des Schwarzen Teiches noch vorhandenen oder wieder ansiedelbaren, tritt- bzw. störungsempfindlichen Tier- und Pflanzenarten oder Vegetationsgesellschaften erforderlich. Die vorliegenden Unterlagen belegten etwa die badebedingte Vernichtung der Pflanzenart Kleiner Wasserschlauch. Das Ostufer sei nach wie vor mechanisch gestört. Im September 2004 seien bei einem Ortstermin erhebliche Beeinträchtigungen durch Abfallhinterlassenschaften festgestellt worden. Überdies habe der überwiegende Teil der Vegetationsdecke am Ufer einen "niedergetrampelten", verdichteten Eindruck gemacht. Die Befürwortung des Badebetriebes durch die Stadt als Eigentümerin des Gewässers diene zwar der Allgemeinheit und habe damit den Charakter eines öffentlichen Interesses. Diesem Interesse sei indes kein hohes Gewicht beizumessen. Bademöglichkeiten gebe es im mittleren Erzgebirge inzwischen so zahlreich, dass manche Frei- und Spaßbäder bereits Probleme mit ihrer wirtschaftlichen Auslastung hätten. Die Einrichtung von Bademöglichkeiten sei nicht streng ortsgebunden.

Das auf den "Hermannsdorfer Wiesen" vorzufindende Mosaik an verschiedensten Lebensraumtypen mit ihren spezifischen Arten sei dagegen standortgebunden und zugleich regional einzigartig. An diesem Mosaik habe der Schwarze Teich einen bedeutenden Anteil. Er sei dem FFH-Lebensraumtyp "Dystrophes Gewässer" zuzuordnen. Solche Gewässertypen seien regional und überregional sehr selten. Es werde angestrebt, den Erhaltungszustand wieder zu verbessern. Zu schaffen seien die Bedingungen unter anderem für die Wiederbesiedelung mit früher dort vorhandenen, lebensraumtypischen Arten. Im Zusammenhang mit dem Schwarzen Teich komme dem Naturschutzbelang ein hohes öffentliches Gewicht zu. Dies werde durch die Anforderungen aus dem EU-Naturschutzrecht (FFH-Richtlinie) unterstrichen. Der Naturschutzbelang erreiche ein Gewicht, welches dasjenige der Freizeitbetätigung in diesem Bereich bei weitem überwiege. Die Verbote seien insoweit auch zweckmäßig, als bei deren freiwilligen oder erzwungenen Berücksichtigung kurz- bis mittelfristig Regenerationsprozesse eintreten werden.

Hinsichtlich der Kritik an dem Pflegeziel Reaktivierung der Moore und großflächige Versumpfung wies das Regierungspräsidium Chemnitz darauf hin, dass sie den verbindlichen Erhaltungszielvorgaben des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) für das FFH-Gebiet Rechnung trügen. Danach gehe es unter anderem um die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes von nässebeeinflussten Lebensraumtypen wie Birken- und Fichtenmoorwäldern, Pfeifengraswiesen torfiger und tonigschluffiger Böden, feuchten Hochstaudenfluren sowie Übergangs- und Schwingrasenmooren, soweit dieser Erhaltungszustand nicht schon aktuell gewährleistet sei. Dieser Pflege- und Entwicklungsgrundzug werde voraussichtlich nicht sofort nach Inkrafttreten der Verordnung, sondern erst nach der Bestätigung des Managementplans sukzessiv umgesetzt werden. Die Gemeinde werde von der zuständigen regionalen Arbeitsgruppe später rechtzeitig Gelegenheit erhalten, ihre Vorstellungen zu einzelnen Maßnahmen des Managementplanentwurfs vorzutragen. Schon jetzt sei abzusehen, dass die Realisierung abflusshemmender Maßnahmen keinesfalls in einem Umfang vorgenommen werde, welche eine großflächige Versumpfung bisher land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke zur Folge habe. Entsprechende Maßnahmen sollten voraussichtlich auf den Flurstücken und stattfinden, die sich nicht im Eigentum der Gemeinde befänden. Keinesfalls würden solche Maßnahmen auch auf klassischen artenreichen Bergwiesen oder sonstigen wertvollem Grünland durchgeführt. Der kritisierte Grundzug sei nicht zuletzt der Erfüllung von verbindlichen FFH-Erhaltungszielen geschuldet.

Mit Schreiben vom 3.1.2005 teilte die Antragstellerin - erneut - mit, dass keine Zustimmung des Stadtrates erfolgen werde, wenn nicht folgende Grundbedingungen eingehalten würden: Vorlage eines Managementplanes; exakter Nachweis darüber, wie im vorhandenen und künftigen Schutzgebiet die Wegeführung erfolgen solle (Ausweisung eines vollständigen Wegenetzes), da künftig von bestehenden Wegen nicht abgewichen werden dürfe und deshalb auch von vornherein feststehen müsse, wo ein Betreten erlaubt und verboten sei. Es sei zu sichern, dass der bestehende Teichdamm inklusive der Ablassbauwerke nicht nur in der bestehenden Form erhalten und unterhalten werden dürfe, sondern auch zwecks Verbesserung der Standsicherheit und der Möglichkeit des Anlegens eines Fußweges neben der schmalen Fahrbahn im Teichbereich, der dann verbreitert werden könne. Der ursprünglich vorhandene, aber nicht mehr betriebene Umfluter solle mittelfristig wieder seiner früheren Funktion entsprechend hergestellt werden können. Als südwestliche Begrenzung sollte die Uferzone des Schwarzen Teiches angenommen werden.

Mit Schreiben vom 14.1.2005 wies das Regierungspräsidium die Antragstellerin darauf hin, dass nur hinsichtlich der Änderungen in den §§ 4 und 5 eine erneute Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei. Gleichwohl werde ohne rechtliche Verpflichtung zu den erneuten Einwendungen Stellung genommen. Sodann hieß es unter anderem, der Bestandsschutz für den Teichdamm und das Ablassbauwerk sei in § 6 Nr. 5 des Verordnungsentwurfs abschließend geregelt. Eine Verbreiterung des Dammes zum Zweck einer späteren Anlage eines Fußweges werde nicht als zulässige Handlung aufgenommen, da eine nach § 22b Abs. 2 SächsNatSchG unzulässige erhebliche Beeinträchtigung von FFH- und anderen Schutzgütern nicht sicher ausgeschlossen werden könne. Diese Fragen könnten und müssen gegebenenfalls in einem späteren straßenbaurechtlichen Verfahren zum Ausbau der Staatsstraße 222 entschieden werden. Träger einer entsprechenden Maßnahme sei aber nicht die Antragstellerin, sondern der Freistaat Sachsen. Aus den gleichen Gründen könne auch eine Wiederherstellung des Umfluters nicht pauschal als zulässig angesehen werden. Sofern zu einem späteren Zeitpunkt eine konkrete Planung zur Entscheidung vorgelegt werde, sei über diesen nach § 53 SächsNatSchG zu entscheiden. Es bestehe weiter kein Änderungsbedarf hinsichtlich der Abgrenzung des Naturschutzgebietes. Schließlich könne auch vom Verbot des Badebetriebes nicht abgerückt werden, weil dieser sich zweifelsfrei nachteilig auf den Biotopkomplex auswirke. Dabei werde nicht bestritten, dass der Rückgang der Artenvielfalt und die Änderung der Strukturen auch andere Ursachen als den jahrzehntelang geduldeten Badebetrieb haben können.

Im Amtsblatt des Landkreises Annaberg vom 20.1.2005 machte das Regierungspräsidium Chemnitz bekannt, dass der Erlass einer Verordnung für das Naturschutzgebiet "Hermannsdorfer Wiesen" beabsichtigt sei. Die Lage des Schutzgebietes wurde beschrieben; weiter wurde eine Übersichtskarte abgedruckt. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Verordnungsentwurf mit den zugehörigen Karten ab dem 14.2.2005 bis einschließlich 14.3.2005 zur kostenlosen Einsichtnahme für jedermann während der Öffnungszeiten/Sprechzeiten des Landratsamtes, die nachfolgend mitgeteilt wurden, ausliege.

Verschiedene betroffene Eigentümer erhoben Einwände gegen die Unterschutzstellung ihrer Grundstücke. In der daraufhin erfolgten Abwägung nahm das Regierungspräsidium Chemnitz neben § 16 Abs. 1 SächsNatSchG auf § 22a Abs. 1 und 2 Bezug. Den Einwendern wurde mitgeteilt, dass das Gebiet zwischenzeitlich in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden sei. Mit Schreiben vom 29.4.2005 wurde der Verordnungsentwurf dem Regierungspräsidenten mit der Bitte um Erlass und Ausfertigung vorgelegt. In dem Schreiben heißt es: "Die Festsetzung nahezu der gesamten NSG-Fläche ist aufgrund von § 22a Abs. 1 SächsNatSchG geboten, weil alternative Schutzinstrumente im Sinne von § 22a Abs. 3 SächsNatSchG nicht ausreichend vorliegen. Im Übrigen ist die NSG-Festsetzung aufgrund von § 16 SächsNatSchG verhältnismäßig".

Die Verordnung wurde am 2.5.2005 erlassen und im Sächsischen Amtsblatt vom 2.6.2005 (Seite 433) bekannt gemacht.

Eingangs der Verordnung heißt es: "Aufgrund von §§ 16 und 50 Abs. 1 Nr. 2 SächsNatSchG ... wird verordnet".

Weiter heißt es in § 2 Abs. 5, dass überwiegende Teile des Naturschutzgebietes Bestandteil des Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung entsprechend der FFH-RL seien. Nach § 3 Abs. 1 ist Schutzzweck der Verordnung die Erhaltung oder soweit aktuell nicht gewährleistet, die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes aller im Naturschutzgebiet vorkommenden natürlichen und naturnahen Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse gemäß Anhang I der FFH-RL, von denen eine Reihe sodann beispielhaft aufgezählt wird. Weiterer Schutzzweck ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 die Erhaltung oder soweit aktuell nicht gewährleistet, die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der im Naturschutzgebiet vorkommenden Populationen aller Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse gemäß Anhang II der FFH-RL, von denen ebenfalls Beispiele aufgezählt werden. Weitere Schutzzwecke sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 die Erhaltung des im Naturschutzgebiet reich gegliederten Mosaiks aus naturnahen Fließ- und Stillgewässern, Mager-, Feucht- und Nasswiesen, Hochstaudenfluren, Zwischenmooren und anderen attraktiven Lebensräumen wegen seiner Seltenheit und im Vergleich mit der Umgebung besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit. Schließlich ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 Schutzzweck die Erhaltung einzigartiger Landschaftspotenziale und Zönosen für die wissenschaftliche, naturgeschichtliche und landeskundliche Forschung.

§ 3 Abs. 2 lautet:

"Die Schutzzwecke nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 tragen den durch das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft für dieses Schutzgebiet aufgestellten verbindlichen FFH-Erhaltungszielen Rechnung und sollen damit die Sicherung eines bedeutenden Teils des Schutzgebiets als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung als Bestandteil des Europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 gemäß der FFH-RL bewirken."

§ 4 - Verbote - lautet auszugsweise:

"(1) In dem Naturschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Schutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können.

(2) Insbesondere ist verboten:

1. bauliche Anlagen... zu errichten, zu ändern oder der Errichtung gleichgestellte Maßnahmen durchzuführen;

2. Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrsanlagen anzulegen ... oder Anlagen dieser Art zu verändern;

...

6. Entwässerungsmaßnahmen vorzunehmen, einschließlich Meliorationsanlagen anzulegen, die den Wasserhaushalt des Gebiets verändern können;

7. Gewässer oder deren Ufer im Sinne von § 31 Abs. 2 WHG ... herzustellen, zu beseitigen oder wesentlich umzugestalten;

...

13. mineralischen Dünger, Gülle, Jauche oder Pflanzenschutz-/Schädlingsbekämpfungsmittel auf Offenlandstandorte auszubringen;

14. Kalk auf moorige oder anmoorige Offenland- oder Waldstandorte auszubringen;

15. zu baden, zu zelten, zu lagern, zu angeln, zu reiten, Rad zu fahren ...;

16. Flächen außerhalb der Wege zu betreten..."

§ 5 der Verordnung enthält Erlaubnisvorbehalte. In § 6 werden eine Reihe von Handlungen abweichend von den §§ 4 und 5 für zulässig erklärt, unter anderem heißt es:

"5. die Erhaltung und Unterhaltung des Damms und des Ablassbauwerks des Schwarzen Teichs sowie sonstiger bestehender technischer Einrichtungen in ihrer bisherigen Art und in ihrem bisherigen Umfang."

§ 7 - Grundzüge der Pflege und Entwicklung - lautet:

"1. Regeneration degradierter Moorflächen und Förderung eines intakten Wasserhaushalts zum Beispiel durch abflusshemmende Maßnahmen;

2. Regeneration ehemaliger Torfstiche;

3. Pflege von Bergwiesen, Borstgrasrasen, Feucht- und Nasswiesen mittels örtlich und zeitlich angepasster Mahd;

4. Maßnahmen zur Begrenzung der Sukzession auf Offenlandflächen;

5. Freistellung der Fließgewässeruferabschnitte von Fichtenbeständen in einer Breite bis zu 5 Metern;

6. Durchführung von Hilfsmaßnahmen für überregional bedeutsame Arten;

7. Pflege und Unterhaltung kulturhistorisch oder naturschutzfachlicher bedeutsamer Gräben.

Nähere Einzelheiten zur Umsetzung der Pflege und Entwicklung werden im Managementplan für das FFH-Gebiet ,Moore und Mittelgebirgslandschaft bei Elterlein' geregelt."

Am 29.6.2005 hat die Antragstellerin die vorliegende Normenkontrollklage beim Verwaltungsgericht Chemnitz erhoben, das die Sache durch Beschluss vom 30.6.2005 an das erkennende Gericht verwiesen hat.

Die Antragstellerin trägt vor, ihre Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass sie Eigentümerin der im Naturschutzgebiet gelegenen Grundstücke Flurstücke Nr. , und sowie eines unmittelbar an das Naturschutzgebiet angrenzenden Flurstücks ( ) sei. Gleichzeitig sei sie Gewässerunterhaltungspflichtige für den Schwarzen Teich. Sie sei damit verantwortlich für die Standsicherheit des Dammes sowie die Funktionsfähigkeit der Nebenanlagen, wie Grundablässe, Sicherheitsüberläufe, Mönchbauwerke und Zuflüsse. Darüber hinaus nutze sie diese und andere Grundstücke als Anschauungsobjekte im Zusammenhang mit der Festsetzung von Naturschutzgebieten sowie zur Vermittlung von naturwissenschaftlichen Kenntnissen bei der Artenbestimmung im Rahmen eines Kinderferienlagers. Letzteres entspreche auch dem Schutzzweck, den die Verordnung selbst verfolge. Weiter sei sie gemäß § 44 Abs. 1 Sächsisches Straßengesetz Träger der Straßenbaulast für die öffentlichen Feld- und Waldwege. Sie trage damit die Unterhaltungspflicht im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit gemäß § 9 Abs. 1 Sächsisches Straßengesetz. Sofern also faktisch vorhandene Wege zum Teil bereits zugewachsen oder im Zuwachsen begriffen seien und sie nicht in den Karten verzeichnet wären, bestehe Rechtsunsicherheit, inwieweit im Rahmen der Unterhaltungspflicht Handlungen verboten seien oder nicht. Auch werde sie in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht hinsichtlich der Planungs- und Finanzierungshoheit für Pflege und Unterhaltungsmaßnahmen beschränkt.

Die formelle Rechtmäßigkeit des Zustandekommens der Verordnung werde gerügt. Es habe keine Beteiligung der übrigen Grundstückseigentümer stattgefunden; zumindest ergebe sich diese nicht aus den Verfahrensakten. Darüber hinaus würden die Formalitäten der Auslegung gerügt. Die Auslegung sei den betroffenen Eigentümern als Beteiligte nicht vorab bekannt gewesen. Überdies sei sie nicht in den Räumlichkeiten der betroffenen Gemeinde erfolgt.

In materieller Hinsicht rügt die Antragstellerin, dass eine ordnungsgemäße Abwägung ihrer Interessen als Grundstückseigentümerin, als Betreiber kommunaler Freizeiteinrichtungen und als Unterhaltungspflichtige des Wege- und Gewässernetzes nicht erfolgt sei. Es fehle an jeder Abwägung mit der Nutzung des Gebietes als Exkursionsstätte des Kinderferienlagers. Gerade die Nutzung als Naturlehrpfad und die Zugänglichkeit auch derjenigen Bereiche, wo sich besonders seltene oder geschützte Arten der Tier- und Pflanzenwelt oder geologische Besonderheiten befänden, führten zu einer deutlichen Aufwertung der Betreuung im Ferienlager und der dort durchgeführten Lehrgänge und Kurse. Im Rahmen der von Fachkräften betreuten und durchgeführten Exkursionen sei dabei eine Gefährdung des naturschutzrechtlichen Zwecks nicht zu befürchten.

Ihr - der Antragstellerin - sei die Pflege des Gebietes wegen des fehlenden Managementplanes nicht möglich. Zum einen ginge das konkrete Wegenetz aus den Karten nicht hervor. Dies führe zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit. Es sei außerdem zu befürchten, dass ohne Beteiligung der Grundstückseigentümer und der Antragstellerin ein natürlicher Rückbau des Wegenetzes geduldet und vorangetrieben werde, sodass sich perspektivisch die Wirtschaftswege auf ein absolutes Minimum reduzierten und eine Erschließung nicht mehr vorhanden sei. Sofern also ein Weg, der derzeit noch genutzt, später jedoch nicht mehr gepflegt werde, aufhöre zu existieren, könne dort auch keine Unterhaltung mehr erfolgen. Auch insoweit spiele das Fehlen eines Managementplanes für die weitere Nutzung eine entscheidende Rolle, denn nur dann könne die Unterhaltung einzelner Wege oder des Gewässers in Abstimmung mit den naturschutzrechtlichen Zielen und unter Ausnutzung des vorhandenen Wegenetzes erfolgen.

Der Umfang von konkreten Pflegemaßnahmen sei durch den fehlenden Managementplan nicht zu erahnen. Ohne diesen sei das Schutzzweckziel nicht zu erkennen. Im Zusammenspiel beider Faktoren - fehlendes konkretes Wegenetz und fehlender Managementplan - sei zu befürchten, dass durch Zuwachsen von Wegen diese nicht mehr erkennbar seien und somit dem Gemeingebrauch entzogen würden. Solange kein konkretes Wegenetz festgesetzt sei, berge auch die Versumpfung von zusätzlichen Flächen erhebliche Gefahren für Besucher des Naturschutzgebietes, die sich plötzlich mitten in einem ungesicherten Sumpfgebiet wiederfinden könnten.

Schließlich seien auch die touristischen Aktivitäten, die von ihr als unmittelbare Anliegergemeinde ausgingen, erheblich eingeschränkt. Dies betreffe zum einen die Erschließung und auch die Vermarktung als Ziel für Naturlehrpfade oder wissenschaftliche Exkursionen. Insoweit sei auch eine Beeinträchtigung der Planungshoheit gegeben. Insbesondere sei die Gewässerunterhaltungspflicht für den Schwarzen Teich betroffen. Mangels konkreter Festlegung zum Wegenetz und damit auch zum Betreten einzelner Teilflächen werde die Gewässerunterhaltung beeinträchtigt und erfordere einen zusätzlichen technischen oder finanziellen Aufwand. Hiervon sei auch der unmittelbar an der S 222 befindliche Teichdamm und dessen Standsicherheit, für die letztlich die Antragstellerin verantwortlich zeichne, betroffen. Auch hier fehlten konkrete Festlegungen, die eine die kommunalen Interessen berücksichtigende Nutzung verbindlich und bestimmt festlegten.

Die Antragstellerin beantragt,

die Verordnung des Regierungspräsidiums Chemnitz zur Festsetzung des Naturschutzgebietes "Hermannsdorfer Wiesen" vom 2. Mai 2005 (Sächsisches Amtsblatt S. 433) für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die Verordnung entspreche den materiellen Anforderungen der §§ 16 und 22a Abs. 1 bis 3 SächsNatSchG und sei auch formal rechtmäßig zustande gekommen.

Die Antragstellerin sei Eigentümerin des Flurstücks , das von Torfstichen und Birkenmoorwald geprägt, also nicht und schon gar nicht profitabel zu bewirtschaften sei. Weiter sei sie Eigentümerin des Flurstücks , das den Schwarzen Teich umfasse. Dieser sei nach der Verordnung lediglich zu erhalten und zu unterhalten. Auf dem sehr kleinen Flurstück , am Südwestufer des Schwarzen Teichs gelegen, stocke Fichtenwald. Dieser habe Pufferflächenfunktion und könne nach § 6 Nr. 2 umweltgerecht nach den Grundsätzen des Sächsischen Waldgesetzes weiter bewirtschaftet werden. Das Flurstück sei teilweise ebenfalls durch Fichtenwald geprägt. Teilweise befinde sich dort bachbegleitendes Auengebüsch. Für diesen Vegetationstyp gelte, dass nichts zu veranlassen sei, zumal sich daraus Holz nicht wirtschaftlich gewinnen lasse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich des zugehörigen Eilverfahrens 1 D 9/05) sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Regierungspräsidiums Chemnitz ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. Soweit sich die Antragstellerin auf ihr Eigentum an Grundstücken beruft, die im Verordnungsgebiet gelegen sind, fehlt ihr allerdings die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative VwGO erforderliche Antragsbefugnis.

Zwar können sich Gemeinden ebenso wie private Eigentümer auf das einfach rechtliche Eigentum gemäß § 903 BGB berufen, obgleich sie den zusätzlichen Schutz aus Artikel 14 Grundgesetz nicht genießen und das entsprechende Gewicht ihrer Interessen als eher gering einzustufen ist (SächsOVG, Urt. v. 8.7.1999, SächsVBl. 2000, 86 [88] m.w.N. = JbSächsOVG 7, 172; NK-Urt. v. 16.8.2000, SächsVBl. 2001, 12 = JbSächsOVG 8, 189 = NVwZ 2002, 110). Das setzt indes voraus, dass ein Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die angegriffene Vorschrift in seinem Grundeigentum verletzt ist (BVerwG, Urt. v. 10.3.1998, NVwZ 1998, 732). Insoweit kann eine Gemeinde lediglich geltend machen, ihr Interesse - namentlich ihr Nutzungsinteresse - als Eigentümer sei nicht oder nicht mit dem ihm gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden. Daran fehlt es hier. Die Antragstellerin hat in Bezug auf ihr privatrechtliches Eigentum an Grundstücken - mit Ausnahme des Schwarzen Teiches, dazu noch unten unter Nummern 2 und 5 - weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren irgend etwas auch nur annähernd Substanziiertes vorgetragen. Es war der Antragsgegner, aus dessen Ausführungen der Senat wenigstens erkennen konnte, wie die Flurstücke, deren Eigentümerin die Antragstellerin ist, konkret genutzt werden.

2. Soweit es der Antragstellerin darum geht, dass der Schwarze Teich weiter zu Badezwecken genutzt werden kann, dass konkrete Pflegmaßnahmen bestimmt werden sollen und dass die touristischen Aktivitäten, die von ihr als unmittelbare Anliegergemeinde ausgingen, erheblich eingeschränkt würden, macht sie keine Betroffenheit in eigenen, rechtlich geschützten Angelegenheiten geltend. Die Antragstellerin tritt insoweit vielmehr als Sachwalterin der Interessen ihrer Einwohner oder der Allgemeinheit auf. Dies vermag ihre Antragsbefugnis indes nicht zu begründen. Die Gemeinde ist nach allgemeiner Meinung weder befugt, als Sachwalterin allgemeiner öffentlicher Interessen noch als Sachwalter der Interessen ihrer Einwohner oder gar der Allgemeinheit im Normenkontrollverfahren zu verfolgen. Dies liefe auf eine unzulässige Popularklage hinaus (vgl. jüngst etwa OVG MV, Beschl. v. 23.3.2006 - 4 M 136/05 -, zitiert nach juris).

3. Eine Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus ihrem Vortrag im Bezug auf die Nutzung des fraglichen Gebiets als Exkursionsstätte für Kinderfreizeiten. Allein der Umstand, dass Benutzer einer kommunalen Einrichtung (unterstellt, die Kinderfreizeiten finden in einer solchen statt) planmäßig das Naturschutzgebiet aufsuchen, reicht nicht aus, um eine Beeinträchtigung der Antragstellerin in subjektiven Rechten auch nur für möglich zu halten. Es liegt nach diesem Maßstab weiter auf der Hand, dass die Antragstellerin sich nicht zulässigerweise im Hinblick auf das Wegenetz darauf berufen kann, es müsse für die Allgemeinheit - insbesondere für die Nutzer der Wege - hinreichend bestimmt sein, was erlaubt und was verboten ist.

4. Weiter kann offen bleiben, ob die Antragstellerin sich auf eine Verletzung ihrer durch Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes, Artikel 82 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen geschützte Selbstverwaltungsgarantie berufen kann. Das wäre ohne weiters zu bejahen, wenn man es dafür bereits ausreichen lässt, dass eine naturschutzrechtliche Verordnung das Gemeindegebiet erfasst (so neuerdings Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 47 RdNr. 79 unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 7.6.2001, BVerwGE 114, 301 = NVwZ 2001, 110). Eine solche Interpretation der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfte indes zu weit gehen, mag sich eine entsprechende Aussage auch dem ersten Leitsatz der fraglichen Entscheidung entnehmen lassen. Mit der Entscheidung war ein Normenkontrollurteil (des erkennenden Senats vom 2.11.2000) aufgehoben worden, mit dem ein gemeindlicher Antrag als unzulässig abgewiesen wurde, weil sich eine Gemeinde gegenüber Fachplanungen nur dann auf ihr Selbstverwaltungsrecht berufen könne, wenn entweder wesentliche Teile ihres Gemeindegebiets durch die angegriffene Norm einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzogen werden oder wenn durch die Verordnung eine eigene, hinreichend konkrete und verfestigte Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird, die Verordnung also unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die gemeindliche Planung habe oder wenn eine gemeindliche Einrichtung in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich in Mitleidenschaft gezogen werde (so jüngst noch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 17.8.2006 - 7 KS 81/03 -, zitiert nach juris, im Hinblick auf einen immissionsschutzrechtlichen Bescheid). In der fraglichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts heißt es zum einen, dass eine Gemeinde im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle grundsätzlich antragsbefugt sei, sich gegen eine naturschutzrechtliche Verordnung zu wenden, welche ihr Gemeindegebiet erfasse. Die Frage, inwieweit die Gemeinde bereits konkrete Planungsvorstellungen habe, sei in der Regel eine Frage der Begründetheit der Normenkontrolle. Indes wird weiter ausgeführt, dass die Fallgruppen, bei denen die Belange einer Gemeinde bei einer Entscheidung von Landes- oder Bundesbehörden zu berücksichtigen seien, vom Normenkontrollgericht nicht abschließend beschrieben worden seien. So sei die Gemeinde grundsätzlich auch befugt, durch bauplanerische Festsetzungen oder mit anderen Mitteln im Rahmen der Selbstverwaltung eine gemeindliche "Verkehrspolitik" zu betreiben. Entsprechende Absichten seien in dem entschiedenen Fall von der Gemeinde hinreichend dargelegt. Dies reiche aus, um die Antragsbefugnis zu bejahen. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die fraglichen Absichten der Gemeinde tatsächlich umgesetzt werden könnten, sodass auch das Rechtsschutzinteresse zu bejahen sei. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat mithin in der fraglichen Entscheidung nach wie vor darauf abgestellt, ob konkret vorgetragene planerische Belange durch die naturschutzrechtliche Festsetzung gestört werden könnten, insoweit aber einen weiten Maßstab angelegt.

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin indes noch nicht einmal ansatzweise planerische Absichten - welcher Art auch immer - vorgetragen. Soweit sie darauf hingewiesen hat, entlang des Damms könne in Verbreiterung der Staatsstraße 222 die Anlage eines Fußweges erforderlich werden, weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass die Antragstellerin insoweit nicht Trägerin der Straßenbaulast ist. Bei der Staatsstraße 222 handelt es sich gerade nicht um eine Gemeindestraße. Diese Frage mag letztlich dahinstehen, weil es darauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

5. Jedenfalls kann die Antragstellerin den Normenkotrollantrag nämlich zulässigerweise in ihrer Eigenschaft als Behörde stellen (§ 47 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative VwGO). Auch insoweit bedarf es eines Rechtsschutzbedürfnisses, das nur gegeben ist, wenn die Behörde mit der Ausführung der von ihr beanstandeten Norm befasst ist. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn ein Antragsteller als Behörde die angegriffene Norm zu vollziehen hat. Daran fehlt es hier insoweit, als die kreisangehörige Antragstellerin weder untere Naturschutzbehörde, noch Bauaufsichtsbehörde oder Wasserbehörde ist. Indes reicht es auch aus, wenn die angegriffene Rechtsvorschrift unmittelbare Auswirkungen auf die amtliche Tätigkeit einer Behörde entfaltet. Letzteres ist hier zu bejahen, weil die Antragstellerin in Bezug auf den Schwarzen Teich - einem Gewässer zweiter Ordnung - gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 2 SächsWG Träger der Gewässerunterhaltungslast ist. Wird diese Unterhaltungslast durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wahrgenommen, so handelt es sich dabei um schlicht hoheitliches Handeln, das allein im öffentlichen Interesse erfolgt (Schwendner in: Siedler/Zeitler/Dahme/Knopp, Wasserhaushaltsgesetz, Abwasserabgabengesetz, Stand 2006, § 28 WHG RdNr. 7). Bei der Ausübung der Gewässerunterhaltungslast handelt die Antragstellerin folglich als Behörde im weiteren Sinne. Weiter können die Regelungen der angegriffenen Verordnung (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 1, 6 und 7, § 6 Nr. 5 sowie § 7 Nr. 5) unmittelbare Auswirkungen auf die Ausübung der Gewässerunterhaltungslast haben. Die Antragstellerin ist bei der Wahrnehmung ihrer Wasserunterhaltungslast auch unmittelbar an die Verordnung gebunden.

Die Antragstellerin hat sich zwar mit der vorliegenden Klage nicht ausdrücklich auf ihre Eigenschaft als Behörde berufen. Sie hat indes sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren immer wieder darauf hingewiesen, dass sie Eigentümerin des Schwarzen Teiches und Inhaberin der Gewässerunterhaltungslast ist. Auch hat sie gegenüber der Antragsgegnerin im Anhörungsverfahren geltend gemacht, dass es ihr um die Unterhaltung des Dammes sowie um die Wiederherstellung eines Vorfluters geht. Anders als in früher vom Senat entschiedenen Fällen (etwa Urt. v. 16.8.2000, SächsVBl. 2001, 12) hat die Antragstellerin damit zu erkennen gegeben, dass sie den Antrag nicht nur als Selbstverwaltungskörperschaft, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Behörde stellen will. Dies ist ausreichend, allerdings auch erforderlich (a.A. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.7.2005, NVwZ-RR 2006, 232), um ihr Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf eine Antragstellung als Behörde zu bejahen.

II.

Der Antrag ist begründet. Die Verordnung verstößt gegen Artikel 75 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen. Danach kann die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nur durch Gesetz erteilt werden, das Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung hinreichend bestimmt. Nach Satz 3 dieser - Artikel 80 des Grundgesetzes entsprechenden - Vorschrift ist die Ermächtigungsgrundlage in der Verordnung anzugeben.

Gegen dieses verfassungsrechtliche Zitiergebot hat der Antragsgegner verstoßen.

Das Bundesverfassungsgericht (Urt. v. 6.7.1999, BVerfGE 101,1 [41 ff. m.w.N.] "Legehennen") hat zu dem bundesrechtlichen Zitiergebot Folgendes ausgeführt: "Nach Artikel 80 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes ist in einer bundesrechtlichen Verordnung deren Rechtsgrundlage anzugeben. Das erfordert, dass nicht nur das ermächtigende Gesetz als solches, sondern die ermächtigende Einzelvorschrift aus diesem Gesetz in der Verordnung genannt wird. Will der Verordnungsgeber nach seinem erkennbar geäußerten Willen von mehreren Ermächtigungsgrundlagen Gebrauch machen, so muss er diese vollständig in der Verordnung angeben. Im gewaltenteilenden System des Grundgesetzes dient das Zitiergebot dem Zweck, die Delegation von Rechtssetzungskompetenz auf die Exekutive in ihren gesetzlichen Grundlagen verständlich und kontrollierbar zu machen. Nach der rechtsstaatlich-demokratischen Verfassungsordnung des Grundgesetzes bedarf die Rechtssetzung durch die Exekutive einer besonderen Ermächtigung durch die Legislative. Artikel 80 Abs. 1 Grundgesetz legt fest, welchen Anforderungen solche Ermächtigungen und die auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnung genügen müssen. Das Zitiergebot des Artikel 80 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz soll nicht nur die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage kenntlich und damit auffindbar machen. Es soll auch die Feststellung ermöglichen, ob der Verordnungsgeber beim Erlass der Regelungen von einer gesetzlichen Ermächtigung überhaupt Gebrauch machen wollte. Die Exekutive muss durch Angabe ihrer Ermächtigungsgrundlage sich selbst des ihr aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Es kommt daher nicht nur darauf an, ob sie sich überhaupt im Rahmen der delegierten Rechtssetzungsgewalt bewegt, vielmehr muss sich die in Anspruch genommene Rechtssetzungsbefugnis gerade aus den von ihr selbst angeführten Vorschriften ergeben. Außerdem dient Artikel 80 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem Adressaten der Verordnung. Das soll ihm die Kontrolle ermöglichen, ob die Verordnung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt. Artikel 80 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz statuiert insoweit ein rechtsstaatliches Formerfordernis, das die Prüfung erleichterten soll, ob sich der Verordnungsgeber beim Erlass der Verordnung im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigung gehalten hat....

Hiervon ausgehend muss eine Verordnung, die auf mehreren Ermächtigungsgrundlagen beruht, diese vollständig zitieren und bei inhaltlicher Überschneidung mehrerer Ermächtigungsgrundlagen diese gemeinsam angeben. Allerdings muss nicht zu jeder Bestimmung der Verordnung im Einzelnen angegeben werden, auf welcher der Ermächtigungen sie beruht. Das Zitiergebot erfordert vor allem, dass die einzelne Vorschrift des Gesetzes genannt wird, in welcher die Ermächtigung enthalten ist. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Adressaten einer Verordnung deren Rechtsgrundlagen erkennen und ihre Einhaltung durch den Verordnungsgeber nachprüfen können...Eine Missachtung des Zitiergebots verletzt ein 'unerlässliches Element des demokratischen Rechtsstaates'.... Ein solcher Mangel führt deshalb zur Nichtigkeit der Verordnung."

Diese Ausführungen gelten für Artikel 75 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen in gleicher Weise. Den Anforderungen dieses so verstandenen verfassungsrechtlichen Gebots wird die angegriffene Verordnung nicht gerecht, denn § 22a SächsNatSchG wird im Eingangssatz der streitigen Verordnung nicht benannt, obgleich die Verordnung - auch - auf diese Rechtsgrundlage gestützt ist.

Im vorliegenden Fall hat sich das Regierungspräsidium Chemnitz zum einen der Ermächtigung des § 16 SächsNatSchG bedient, die im Eingangssatz der Verordnung auch genannt ist. In Bezug auf den wesentlichen Teil des unter Schutz gestellten Gebietes beruht die Verordnung indes, wie die Abwägungsentscheidungen des Regierungspräsidiums Chemnitz ebenso wie das Vorlageschreiben an den Regierungspräsidenten und die Antragserwiderung deutlich machen, auf § 22a in Verbindung mit § 16 SächsNatSchG. Zwar dürfte es sich bei § 22a SächsNatSchG nicht um eine gesonderte, isoliert anwendbare Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von naturschutzrechtlichen Schutzgebietsausweisungen handeln, weil die Vorschrift keine eigenständige Schutzkategorie einführt, sondern auf § 15 SächsNatSchG verweist. Jedenfalls modifiziert diese Vorschrift aber die Regelungen über die jeweilige Schutzkategorie - hier § 16 SächsNatSchG - in entscheidender Weise. Denn nach § 22a SächsNatSchG steht es nicht im Belieben des Verordnungsgebers, ob er überhaupt eine Verordnung erlässt. Liegen die Voraussetzungen des § 22a Abs. 1 vor, ist eine nationale Unterschutzstellung zwingend geboten, soweit nicht die Ausnahmen nach Absatz 3 vorliegen. Das ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift, in der es "sind" statt, wie in §§ 15 ff., "können" heißt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedsstaaten nach Artikel 4 Abs. 5 FFH-Richtlinie grundsätzlich verpflichtet sind, für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung entsprechende nationale Schutzmaßnahmen zu treffen (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 13.1.2005, NVwZ 2005, 311; BVerwG, Beschl.v. 31.1.2006, NVwZ 2006, 823). Eine hinreichende Umsetzung dieser Verpflichtung, der § 22a SächsNatSchG dient, könnte aber in einer Ermächtigungsgrundlage, die dem Verordnungsgeber ein Tätigwerden freistellt, nicht gesehen werden.

Diese Auffassung hat das Regierungspräsidium Chemnitz selbst im Verfahren zur Unterschutzstellung stets vertreten. Dabei kann es für die Entscheidung des vorliegenden Falles offen bleiben, ob und inwieweit den nationalen Naturschutzbehörden bei Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne der FFH-Richtlinie überhaupt noch ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum verbleibt und inwieweit die nationalen Gerichte zur Überprüfung der Voraussetzungen berufen sind (vgl. dazu VerfGH Rh.-Pf., Urt. v. 11.7.2005, NVwZ 2006, 206 und zum Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Meldung an die Kommission BVerwG, Beschl. v. 24.8.2000, NVwZ 2001, 92).

Verstößt die Verordnung nach alledem gegen das verfassungsrechtliche Zitiergebot, bedarf es keiner Prüfung mehr, ob die Festsetzung - wofür vieles spricht - in sonstiger Hinsicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Für das Vorliegen materieller Mängel ist von der Antragstellerin nichts auch nur annähernd Substanziiertes vorgetragen worden. Entgegen ihrer Auffassung zwingt § 22a Abs. 5 SächsNatSchG nicht dazu, den Managementplan im Sinne von Artikel 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie vor Erlass einer entsprechenden Verordnung zu erarbeiten. Zum einen handelt es sich bei § 22a Abs. 5 SächsNatSchG um eine Soll-Vorschrift. Zum andern geht das Gericht mit der Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 3/6842, S. 74 f.) davon aus, dass der Managementplan nur die Qualität einer Verwaltungsvorschrift hat und damit in keiner Weise geeignet ist, Rechtswirkungen auf eine höherrangige Verordnung auszuüben. Der Managementplan muss sich vielmehr - gleich wann er erstellt wird - im Rahmen der Verordnung halten. Stellt sich erst bei seiner nachträglichen Erarbeitung heraus, dass er von den Inhalten der Verordnung abweichen soll und werden diese Abweichungen fachlich für erforderlich gehalten, muss die Verordnung geändert werden. Anderenfalls verstieße der Managementplan gegen höherrangiges Recht.

Soweit die Antragstellerin Verfahrensmängel bei der Aufstellung der Verordnung rügt, bleibt dies ohne Erfolg. Solche Mängel sind nach § 52 Abs. 10 SächsNatSchG nur beachtlich, wenn und soweit sie innerhalb eines Jahres nach Verkündung schriftlich unter Angabe der Tatsachen, die die Verletzung begründen sollen, geltend gemacht werden. Die Antragstellerin hat dazu lediglich vorgetragen, die betroffenen Grundstückseigentümer seien nicht gehört worden und die Auslegung des Verordnungsentwurfs sei nicht in der Gemeinde erfolgt. Ersteres schreibt § 51 SächsNatSchG gerade nicht vor, nur in Ausnahmefällen kann nach Absatz 3 dieser Vorschrift die grundsätzlich gemäß § 51 Abs. 2 SächsNatSchG statt dessen gebotene öffentliche Auslegung durch eine Anhörung der Eigentümer ersetzt werden. Findet eine Auslegung statt, ist eine individuelle Anhörung von Eigentümern nicht geboten. Weiter bestimmt § 51 Abs. 2 Satz 2 SächsNatSchG, dass die Auslegung bei den für das Gebiet zuständigen unteren Naturschutzbehörden stattzufinden habe; das ist hier der Landkreis Annaberg und nicht die kreisangehörige Antragstellerin (§ 40 Abs. 1 Nr. 3 SächsNatSchG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und im Hinblick auf die Kosten der Verweisung auf § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 2 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 15.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - in Verbindung mit Ziffer 29.2 und 9.8.2 des Streitwertkatalogs (NVwZ 2004, 1327). Danach ist für den Antrag einer Nachbargemeinde auf Normenkontrolle ein Betrag in Höhe von 60.000,- € in Ansatz zu bringen. Angesichts des Umstandes, dass die Antragstellerin von der streitigen Naturschutzverordnung nur in unterdurchschnittlichem Maß tatsächlich betroffen ist, hält der Senat im vorliegenden Fall ein Viertel dieses Betrages für angemessen, um die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin zu erfassen.

Dieser Beschluss ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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