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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 24.09.2009
Aktenzeichen: 1 D 132/09
Rechtsgebiete: VwVG, AO


Vorschriften:

VwVG § 12
AO § 260
AO § 314
AO § 315
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 D 132/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Pfändungs- und Einziehungsverfügung

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 24. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 1. Juli 2009 - 4 K 315/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26).

In Anlegung dieser Maßstäbe hat die vorliegende Klage nicht die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die angefochtene Pfändungs- und Einziehungsverfügung betreffe Forderungen aus vollziehbaren Bescheiden. Es sei dem Beklagten nicht verwehrt, in regelmäßigen Abständen die Vollstreckung seiner Forderungen zu versuchen. Objektive Gründe, dass eine Vollstreckung von Vorneherein nutzlos sein werde, seien nicht ersichtlich. Ein Anspruch des Klägers auf nicht verfahrensbezogene Auskünfte bestehe nicht.

Der Kläger wendet ein, seine Klage sei zulässig und begründet. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27.9.2005 sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Er habe aber auch einen allgemeinen Auskunftsanspruch. Es bestehe der "dringende Verdacht", dass er nicht von allen Verwaltungsakten und eingeleiteten Vollsteckungsmaßnahmen Kenntnis habe.

Außerdem seien von vornherein aussichtslose Pfändungsmaßnahmen rechtswidrig. Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass er bereits am 27.10.2004 eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgegeben habe. Es bestünden aber auch Zweifel daran, dass die streitgegenständlichen Forderungen im Zeitpunkt des Erlasses der Pfändungs- und Einziehungsforderung überhaupt bestanden hätten.

Auch unter Berücksichtigung dieser Einwände hat der Senat keinen Anlass zur Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Die als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auszulegende Klage (§ 88 VwGO) hat keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Sie dürfte jedenfalls unbegründet sein, da die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 13.9.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.9.2005 nicht rechtswidrig war. Rechtsgrundlage für diese sind die §§ 12 bis 16 SächsVwVG i. V. m. § 314, § 315 AO. Nach § 12 Abs. 1 SächsVwVG können Leistungsbescheide, die zu einer Geldforderung verpflichten, durch Beitreibung vollstreckt werden, nachdem der Pflichtige zuvor schriftlich gemahnt wurde (§ 13 Abs. 2 VwVG). Nach § 15 SächsVwVG i. V. m. § 314, § 315 AO kann die Beitreibung sodann auch durch Pfändungs- und Einziehungsverfügung erfolgen

Die genannten Voraussetzungen sind hier erfüllt, da der Kläger die Geldforderungen aus den Bescheiden vom 24.11.2003 (214,20 €) und 15.3.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Dresden vom 4.12.2003 (55,60 €) zuzüglich Mahn- und Vollstreckungskosten sowie Gebühren für die Widerspruchsverfahren trotz schriftlicher Mahnungen (§ 13 Abs. 2 SächsVwVG) mit Schreiben vom 10.5.2005 nicht beglichen hat. Dabei ist die Pfändungs- und Einziehungsverfügung dem Kläger ausweislich der Behördenakte mit Schreiben vom 22.9.2005 durch Zustellung bekannt gegeben worden. Soweit der Kläger auf Zustellungsmängel hinweist, wären diese hier ohne Belang, da er gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung am 20.9.2005 den Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt und sich die Frage der fristgemäßen Widerspruchseinlegung bereits nicht gestellt hat. Die Wirksamkeit der Verfügung in Frage stellende Zustellungsmängel sind nicht ersichtlich. Der Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügung steht auch nicht entgegen, dass in ihr der Schuldgrund nicht ausreichend bezeichnet wurde (§ 16 SächsVwG i. V. m. § 260 AO; vgl. in diesem Zusammenhang auch VGH BW, Urt. v. 7.6.1989 - 6 S 3244/88, zitiert nach juris; BFH, Urt. v. 8.2.1983, WM 1983, 606). Als Schuldgrund ist das jeweilige Schuldverhältnis anzusehen, das die Verpflichtung zur Zahlung der beizutreibenden Geldbeträge begründet. Denn die Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist durch den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ....... vom 27.9.2005, in dessen Gestalt die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ergangen ist, geheilt worden (vgl. BFH, Urt. v. 8.2.1983, a. a. O.). In ihm werden nämlich die Bescheide und die mit ihnen festgesetzten Geldforderungen, die beigetrieben werden sollten, im Einzelnen aufgeführt einschließlich der einzelnen Geldbeträge. Dafür, dass diese Bescheide nicht unanfechtbar (§ 2 Satz 1 Nr. 1 SächsVwVG) sind, ist nach Aktenlage weder etwas ersichtlich noch wurde vom Kläger dazu etwas Substanzielles vorgetragen.

Dem Erlass der Pfändungs- und Überweisungsverfügung stand auch nicht die vom Kläger genannte eidesstattliche Versicherung (§ 807 ZPO), die er nach seinen Angaben am 27.10.2004 abgegeben hat, entgegen. Zum einen war bereits nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich seine Vermögensverhältnisse - beispielsweise durch die Vermarktung eines Teils seines Grundvermögens oder durch ein höheres Arbeitseinkommen - in der Zeit zwischen dem 27.10.2004 und dem 13.9.2005 verbessert haben konnten. Zum anderen verbietet es das gesetzliche System des Zwangsvollstreckungsrechts, zur Feststellung der Leistungsunfähigkeit auf das Vermögensverzeichnis des Schuldners und dessen eidesstattliche Versicherung abzustellen (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Beschl. v. 27.6.2003, NJW-RR 2003, 1650). Denn von der Vollstreckungsbehörde sind nur die förmlichen Voraussetzungen für das Beitreibungsverfahren, einschließlich der Frage, ob die Forderung pfändbar ist (§ 850 ff. ZPO), zu prüfen.

Ferner stand der Vollstreckung nicht entgegen, dass der Beklagte Einigungsangeboten des Drittschuldners nicht näher getreten ist. Denn diese heben seinen gegenüber dem Kläger bestehenden Anspruch nicht auf. Ein Vollstreckungshindernis könnte vielmehr nur dann bestehen, wenn sich der Beklagte mit dem Kläger oder dem Drittschuldner wirksam geeinigt hätte, was aber so weder vorgetragen noch ersichtlich ist.

Auch die Aufforderung an die ... GmbH zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung ist nicht zu beanstanden, sondern von § 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsVwVG i. V. m. § 316 AO gedeckt. Dabei war diese bereits nicht zwingend mittels des beiliegenden Formulars zu erklären. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 29.9.2005, dass das Formular nur aus Gründen der "Vereinfachung" übersandt wurde. Dass darüber hinaus aber auch Weiteres oder Abweichendes angegeben werden konnte, lässt sich dem genannten Schreiben ebenfalls ohne weiteres entnehmen.

Dem Kläger steht auch kein allgemeiner Auskunftsanspruch zu. Der Senat hat dazu mit Beschluss vom (1 D 114/09) das Folgende ausgeführt:

"Der Beklagte vollstreckt gegen den Kläger verschiedene Forderungen aus gegen ihn gerichteten Leistungsbescheiden nach den Regelungen der §§ 12 ff SächsVwVG. Hiernach werden Leistungsbescheide durch Beitreibung vollstreckt. Vor der Beitreibung einer fälligen Forderung muss der Schuldner von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch verschlossenes Schreiben gemahnt werden (§ 13 Abs. 2 SächsVwVG). Im Vollstreckungsauftrag bzw. der Pfändungsverfügung ist für die beizutreibenden Geldbeträge jeweils der Schuldgrund anzugeben (§ 16 SächsVwVG i. V. m. § 260 AO). Der Kläger hat damit die hinreichende Gewähr, vor jeder Vollstreckungshandlung des Beklagten hierüber und über den zu vollstreckenden Titel informiert zu werden. Auch über die vollzogene Vollstreckung wird er jeweils informiert: Die Beitreibung durch Vollstreckung in bewegliche Sachen folgt gemäß § 14 Abs. 1 SächsVwVG den dort genannten Regelungen der Abgabenordnung (AO); nach § 286 Abs. 3 AO hat der Vollziehungsbeamte dem Vollstreckungsschuldner die erfolgte Pfändung einer beweglichen Sache mitzuteilen. Auch die Vollstreckung in sonstige Vermögenswerte nach § 15 SächsVwVG ist immer verbunden mit einer Information des Vollstreckungsschulders. Die erfolgreiche Pfändung einer Geldforderung - bewirkt durch die Zustellung der Pfändungsverfügung an den Drittschuldner - ist ihm gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsVwVG i. V. m. § 309 Abs. 2 Satz 3 AO mitzuteilen. Auch von einer Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen eines Vollstreckungsschuldners (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsVwVG) erhält dieser Kenntnis. Vorrangig ist hier die Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 SächsVwVG, § 322 Abs. 4 AO, § 322 Abs. 1 Satz 2, § 866 ZPO). Diese Eintragung ist gemäß § 55 Abs. 1 GBO dem eingetragenen Eigentümer als Vollstreckungsschuldner bekannt zu machen. Gleiches gilt für Maßnahmen der Vollstreckung in unbewegliches Vermögen durch Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung. Der Kläger ist mithin durch diese Informationsansprüche in den konkreten Vollstreckungsverfahren hinreichend geschützt. Eines allgemeinen Auskunftsanspruches, wie ihn der Kläger im vorliegenden Verfahren geltend macht, bedarf es zur Wahrung seiner Eigentumsrechte nicht."

Diese Ausführungen macht sich der Senat auch für das vorliegende Verfahren zu Eigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 127 Abs. 4 ZPO in Verbindung mit § 166 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da in Nr. 5502 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr von 50,- € vorgesehen ist.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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