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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.11.2009
Aktenzeichen: 1 D 145/09
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 166
ZPO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 D 145/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 6. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 1. Juli 2009 - 4 K 2421/05 - teilweise geändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für seine Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 24. Mai 2005 (Drittschuldner: ) und wegen der bis zum 21. Juli 2009 entstandenen Kosten gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 26. April 2005 (Drittschuldner: ) bewilligt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte zu 2/3 und im Übrigen der Kläger. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Versagung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat teilweise Erfolg. Im vorstehend tenorierten Umfang ist das Verwaltungsgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. § 166 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26). Prozesskostenhilfe muss nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchst- oder - bei der Anwendung von Landesrecht - obergerichtlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet einer solchen Klärung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf bereits vorliegende Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchst- oder obergerichtliche Klärung noch aus, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuhalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, a. a. O.).

Gemessen hieran hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers teilweise hinreichende Erfolgsaussicht.

Im Hinblick auf die erst am 17.11.2005 erfolgte Klageerhebung hat der Kläger unter rechtzeitiger Beantragung von Wiedereinsetzung in die versäumte Frist (§ 60 Abs. 2 VwGO) eine Verschuldenslosigkeit der Fristversäumung schlüssig dargelegt und für seine Behauptungen Beweis angeboten. Dies genügt den Anforderungen im Rahmen des Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, so dass von einer rechtzeitigen Klageerhebung auszugehen ist.

Für die Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 24.5.2005 folgt die hinreichende Erfolgsaussicht bereits aus dem Umstand, dass die dort vorgenommene Bezeichnung der zu pfändenden Forderung mit "Anspruch des Verwahrungstreuhandsvertrages" nach Auffassung des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 1.2.2007 - 96 C 257/06 - keine hinreichend bestimmte Bezeichnung der zu pfändenden Geldleistung darstellt, was einer rechtmäßigen Pfändung entgegensteht.

Betreffend die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 26.4.2005 (Drittschuldner: ) folgt die hinreichende Erfolgsaussicht aus der Aufhebung dieser Verfügung mit Bescheid des Beklagten vom 21.7.2009, weil es sich bei den Adressaten um keine Drittschuldner des Klägers gehandelt habe. Die Bewilligung ist bis zum Zeitpunkt der Aufhebung zu beschränken, da die Klage im Folgenden aufgrund der schon durch den Beklagten erfolgten Abhilfe keine Erfolgsaussicht mehr haben konnte.

Die Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 26.4.2005 (Drittschuldner: ) hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Maßgebend für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife. Dieser tritt frühestens im Zeitpunkt der Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht ein. Dies erfolgte hier am 20.4.2006. Zu diesem Zeitpunkt war die Verfügung jedoch schon aufgehoben worden. Sie wurde mit Schreiben vom 10.5.2005 gegenüber Herrn aufgehoben, was dem Kläger mit Schreiben vom 13.12.2005 mitgeteilt wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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