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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.03.2008
Aktenzeichen: 1 D 20/04
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, SächsGemO


Vorschriften:

BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 6
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 15
BauGB § 10 Abs. 3
BauNVO § 19
SächsGemO § 4 Abs. 3
1. Gemäß § 10 Abs. 3 BauGB und § 4 Abs. 3 SächsGemO sind Satzungen zunächst auszufertigen und danach öffentlich bekannt zu machen. Die Ausfertigung einer Satzung nach deren Bekanntmachung führt zu einem Ausfertigungsmangel.

2. Bei den Festsetzungen von Wohngebieten nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und von privaten Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB handelt es sich um selbstständige Festsetzungen, die miteinander konkurrieren. Sie können deshalb für dieselbe Fläche nicht nebeneinander festgesetzt werden.

3. Die als private Grünflächen festgesetzten Flächen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB gehören nicht zum Bauland im Sinne von § 19 BauNVO.

4. Eine Festsetzung, welche die Anzahl der Wohnungen "je Baurecht" beschränkt, ist nicht hinreichend bestimmt. Sie lässt nicht eindeutig erkennen, dass sie sich auf das zu errichtende Wohngebäude beziehen soll.

5. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erlaubt es nicht, als höchstzulässige Zahl der Wohnungen "eine abgeschlossene Wohneinheit mit Einliegerwohnung" festzusetzen.


Im Namen des Volkes Normenkontroll-Urteil

Az.: 1 D 20/04

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Gültigkeit eines Bebauungsplanes

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Dahlke-Piel, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann sowie die Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und Dehoust aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 20. März 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bebauungsplan W. der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 1998 wird für unwirksam erklärt.

Die Kosten des Normenkontrollverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan W. (Gesamtfläche 59,4 ha) der Antragsgegnerin.

Sie ist Eigentümerin des in M. gelegenen Flurstücks Nr. F1 , Grundbuchblatt- Nr. . Sie und ihr Bruder, der früher Miteigentümer des Grundstücks war, sind Rechtsnachfolger ihrer Mutter, die seit 1936 Eigentümerin des Flurstück Nr. F2 war. Diese verließ die DDR am 14.7.1952 ohne Beachtung der Meldevorschriften. Das Eigentum am Flurstück Nr. F2 mit einer Größe von 5.710 m² wurde daraufhin nach § 1 der Verordnung vom 17.7.1952 mit Wirkung vom 1.6.1953 in Volkseigentum überführt. Rechtsträger wurde der Rat der Stadt M. . 1973 wurde das Flurstück in die Flurstücke Nr. F1 (4.996 m²) und Nr. F3 (714 m²) zergliedert. Die Eintragung der Antragsgegnerin als Eigentümerin des Flurstücks Nr. F1 im Grundbuch erfolgte am 15.6.1994 gemäß § 3 Abs. 1 VZOG aufgrund des Ersuchens des Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion C. vom 8.3.1994. Die Antragsgegnerin verpachtete das Grundstück an die Eheleute H. und A. B. , denen das Nachbargrundstück Flurstück Nr. F3 gehört, auf dem sich ein Eigenheim befindet. Das Flurstück Nr. F1 ist teilweise mit Bäumen bewachsen. Auf ihm befinden sich zudem eine Garage und eine Werkstatt, die im Eigentum der Eheleute B. stehen. Mit Bescheid vom 6.7.1998 übertrug die Stadt Leipzig - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - das Eigentum an dem Flurstück Nr. F1 an die Antragstellerin und ihren Bruder in ungeteilter Erbengemeinschaft. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans W. . Dieser setzt für das Flurstück Nr. F1 reines Wohngebiet und ein Baufenster (lachsfarben) fest, sowie eine nicht überbaubare Fläche (lachsfarben). Die übrige Fläche ist - wie bei allen anderen Flurstücken der allgemeinen und reinen Wohngebiete - als private Grünfläche festgesetzt und hellgrün gezeichnet.

Dem angegriffenen Bebauungsplan liegt im Wesentlichen folgendes Verfahren zugrunde: Der Gemeinderat der Antragsgegnerin fasste am 15.8.1994 den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans W. . Das Plangebiet wird im Norden vom Z. Weg und im Westen von der P. Straße und dem Z. Berg begrenzt. Die Bekanntmachung erfolgte am 2.11.1994 in der Muldentalzeitung. Der Flächennutzungsplan-Entwurf der Antragsgegnerin sieht für das danach 71 ha umfassende Gebiet - bis auf einen Hektar an der P. Straße - Wohnbaufläche vor.

Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens kam es zu vier Offenlegungen. In den Entwürfen zu den ersten beiden Offenlegungen waren für das Flurstück Nr. F1 zwei Baufenster parallel nebeneinander vorgesehen. Bereits im Rahmen der ersten Offenlegung wies das Landratsamt Muldentalkreis mit Schreiben vom 5.2.1996 darauf hin, dass der vorhandene Baumbestand zu schonen sei. Das Wohnen in der zweiten Reihe solle möglichst entfallen. Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, wurde das Gebiet des Z. Berges herausgenommen und die Anzahl der auszuweisenden Baufenster verringert. Das zweite Baufenster auf dem Flurstück F1 wurde aufgrund eines Einwandes der Eheleute B. gestrichen. Diese teilten im Rahmen der Anhörung im Verfahren der zweiten Offenlegung mit, dass von ihnen die Ausweisung eines Baufensters für ihr bestehendes Eigenheim auf dem Flurstück F3 gefordert werde. Auf dem Grundstück F1 , das von ihnen unbefristet von der Antragsgegnerin gepachtet worden sei, solle dafür nur ein Baufenster ausgewiesen werden. In der Sitzung des Gemeinderates am 17.10.1997 beschloss dieser, dem Antrag der Eheleute B. stattzugeben. Während der weiteren Gemeinderatssitzung am 16.3.1998 wurde mit Beschluss-Nr. 07/36/98 der Abwägungsbeschluss Nr. 02/34/98 vom 21.1.1998 zur 3. Offenlage geändert, mit Beschluss-Nr. 08/36/98 der überarbeitete Bebauungsplanentwurf gebilligt und die 4. Offenlage beschlossen. Die Veröffentlichung dieser Beschlüsse erfolgte im Gemeindeblatt Nr. 41/98. Der Bebauungsplanentwurf lag in der Zeit vom 23.4.1998 bis 11.5.1998 öffentlich aus. In den textlichen Festsetzungen Teil B des Bebauungsplans wird unter der Rubrik 1 "Planungsrechtliche Festsetzungen" Folgendes geregelt:

"1.1.1.6 Gemäß Paragraph 14 Abs. 1 Satz 3 BauNVO ist festgesetzt:

Nebenanlagen im Sinne von Paragraph 14 Abs. 1 und 2 BauNVO sind im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans innerhalb der nicht überbaubaren und der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig. ...

1.1.2.1 Für das WR und WA

- Gemäß Paragraph 9 Abs. 1 Nr. 3 werden zur Wohnbebauung nur Grundstücke zugelassen, die größer bzw. mindestens gleich 1.000 qm Fläche aufweisen.

- Größe der maximal zulässigen Grundfläche der baulichen Anlagen (Paragraph 16 Abs. 2 Nr. 1 und Paragraph 19 BauNVO).

Die maximal zulässige überbaubare Grundfläche (GR) wird für das WR...mit 160 qm festgesetzt. ...

...

1.2.1 Bauweise (Paragraph 22 Abs. 2 BauNVO)

Die Bauweise wird folgendermaßen festgesetzt:

WR, WA und SO Wochenendhäuser offene Bauweise; zulässig sind Einzelhäuser

SO Sport abweichende Bauweise

Die Anzahl der Wohnungen ist im WR und WA je Baurecht auf eine abgeschlossene Wohneinheit mit einer Einliegerwohnung begrenzt (Paragraph 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB)

..."

In der Begründung des Bebauungsplans, die mit auslag und die Gegenstand des Beschlusses des Gemeinderates vom 21.10.1998 war, wird ausgeführt:

"Der W. wird daher bereits über einen langen Zeitraum zur Wochenenderholung und zum 'Naturnahen Wohnen' genutzt... Städtebaulich stellen diese Gebiete jedoch seit 50 Jahren einen Missstand dar, der geheilt werden muss. Es handelt sich um ein ungeordnetes Nebeneinander von Waldresten mit wertvoller Altholzbestockung, Grünflächen sowie Wochenend- und Einfamilienhäusern auf z. T. großen Grundstücken. Die Streuung der Grundstücksgrößen...reichte im Februar 1998 von 331 m² (Flurstück F4 ) bis 11.729 m² (Flurstück F5 ). Diese Streuung der Grundstücksgröße setzt bei der Festsetzung von Nutzung und überbaubarer Fläche Maßstäbe, die es baurechtlich zu berücksichtigen gilt. Ein beträchtlicher Teil der Flurstücke ist im Grundbuch noch als Holzbodenfläche eingetragen; eine Umwidmung wurde bisher nicht vorgenommen, obwohl die Flächen seit langer Zeit nicht mehr forstlich bewirtschaftet werden.

Insbesondere nach 1990 setzte ein hoher Druck durch Bauwillige ein, die ihr Grundstück zum ständigen Wohnen nutzen wollen bzw. als Baugrundstück verkaufen möchten. Um diese Verhältnisse zwischen Waldbestand, Wochenendnutzung und Wohnnutzung zu ordnen und um die Funktionsfähigkeit des Waldwinkels im erwähnten Sinne zu erhalten, ist es Planungsziel der Gemeinde M. einerseits, den vorhandenen Baumbestand zu erhalten und zu schützen sowie mit Grund und Boden sparsam umzugehen, und andererseits, für die Vielzahl der Bauwünsche langfristig einen geordneten städtebaulichen Rahmen zu schaffen. Mit dem Aufstellungsbeschluss eines Bebauungsplanes wurde gleichzeitig eine Veränderungssperre am 15.8.1994 ausgesprochen und eine Baumschutzsatzung am 10.10.1994 beschlossen, welche am 25.4.1995 überarbeitet und erneut beschlossen wurde.

...

Der Flächennutzungsplan-Vorentwurf der Gemeinde M. sieht für das Bebauungsplangebiet eine Widmung als reines bzw. allgemeines Wohngebiet, kleinflächig als Sondergebiet für Wochenendhäuser sowie als sonstiges Sondergebiet für Sport...vor.

...

Die Hauptzielrichtung des Bebauungsplanes besteht darin,

- das jetzt ungeordnete Baugeschehen zu lenken,

- mit dem Grund und Boden sparsam umzugehen und Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen,

- den Waldcharakter und die ökologischen Funktionen nicht durch ungerechtfertigte Eingriffe zu beeinträchtigen,

- den vorhandenen einheimischen, standortgerechten Laubbaumbestand nicht durch weitere, dem Bebauungsplan nicht entsprechende Baumaßnahmen zu verringern oder auch nur zu gefährden, sondern ihm entsprechenden Raum zur nachhaltigen Entwicklung zu gewähren,

- bebaubare Grundstücke mit einer Mindestgröße der Fläche und geringstmöglicher Bebaubarkeit zur Gewährleistung des ökologisch notwendigen Überschattungsgrades entsprechend dem Charakter des Waldes festzulegen, ...

- dem Verlangen der Bauantragsteller auf nicht gerechtfertigte Teilung der Grundstücke und damit der Gefahr erheblicher Beeinträchtigungen für den Landschaftscharakter und die Ökologie des Waldbestandes entgegentreten zu können und damit die Gefahr der Bebauung in zweiter Reihe und des Entstehens weiterer 'Hammergrundstücke' zu bannen sowie eine unangemessene Verdichtung zugunsten der Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vermeiden.

...

Flächenbilanz

Gesamtfläche 59,4 ha

davon bebaute Fläche 3,10 ha

zu bebauende Fläche 7,35 ha

...

Private Grünfläche 45,20 ha

...

Insgesamt sind 257 Baufelder für Wohnzwecke geplant, von denen allerdings auf 153 bereits Wohngebäude bestehen. Innerhalb von 22 Baufenstern befinden sich derzeit Wochenendhäuser. Aus den dargelegten Gründen wurde auf jedem geeigneten Grundstück ein Baufenster zugelassen. Liegen auf einem Grundstück mehrere Baufenster, so handelt es sich um alternative Standorte. Die maximale überbaubare Fläche pro Flurstück ist auf 160 m² begrenzt. Von den bisher 71 vorhandenen Wochenendgrundstücken können 51 zu Wohnzwecken bebaut werden, da sie sich entsprechend der getroffenen Festsetzungen zur Wohnbebauung eignen.

...

Die Mindestgrundstücksgröße wurde für Wohnbebauung auf 1.000 m² festgesetzt. Das bedeutet aber nicht, dass pro 1.000 m² Grundstücksfläche ein Baurecht ausgewiesen wird.

...

Die Baufelder wurden unter Berücksichtigung des Vermeidungsgebotes von Beeinträchtigungen des Baumbestandes und anderer erhaltenswerter Bereiche von Boden, Natur und Landschaft auf den Grundstücken eingeordnet. Bei der Festlegung der Bebauungsmöglichkeiten wurde eine zweireihige Bebauung nicht zugelassen.

...

...Ist die Überbauung von 160 m² erreicht, besteht für das Grundstück kein weiteres Baurecht...

Innerhalb der privaten Grundstücke wurden neben den Baufeldern auch nicht überbaubare Grundstücksflächen ausgewiesen. Sie dienen dazu, die Stellplätze und Garagen und andere Nebenanlagen auf dem Grundstück anzuordnen, soweit sie nicht im Baufeld untergebracht werden können. Diese nicht überbaubaren Grundstücksflächen betragen pro Grundstück 150 m²...".

Nach Abwägung zur 4. Offenlegung beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 21.12.1998 den Bebauungsplan W. als Satzung. Mit Verfügung vom 8.10.1999 genehmigte das Regierungspräsidium Leipzig den Bebauungsplan mit Maßgaben, Hinweisen und Auflagen. Unter anderem sei die Zulässigkeit von Nebenanlagen in der Festsetzung Nr. 1.1.1.6 zu beschränken. Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB seien nicht Bestandteil der Baugebietsflächen und zählten auch nicht zu den nicht überbaubaren Flächen im Sinne von § 23 BauNVO. Am 15.11.1999 beschloss der Gemeinderat, den Maßgaben der Genehmigung beizutreten, namentlich sollte die Zulässigkeit von Nebenanlagen gemäß Nr. 1.1.1.6 der textlichen Festsetzungen auf Baugebiete beschränkt werden. Die Bekanntmachung der Genehmigung erfolgte unter dem Datum 12.11.1999 im Gemeindeblatt Nr. 61 vom Dezember 1999. Die Ausfertigung des Bebauungsplans datiert vom 20.1.2000. Im Gemeindeblatt Nr. 63 Februar/März 2000 vom 22.1.2000 wurde das Bekanntmachungsdatum der Genehmigung auf "12.12.1999" berichtigt.

Ein Flächennutzungsplan, aus dem der Bebauungsplan hätte entwickelt werden können, liegt bis heute nicht vor.

Die Antragstellerin hat am 3.12.2001 einen Normenkontrollantrag gestellt (1 D 45/01). Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 18.6.2003 ruhend gestellt und am 17.9.2004 wieder angerufen (1 D 20/04).

Die Antragstellerin trägt vor, der Bebauungsplan W. sei unwirksam. Die Abwägungsentscheidung gemäß § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sei fehlerhaft. Die Antragsgegnerin habe bei der Abwägung ihre Belange nicht berücksichtigt. Aufgrund der Grundstücksgröße sei die Ausweisung eines zweiten Baufensters geboten. Bei anderen vergleichbaren Flurstücken (Flurstücke Nrn. F6 und F7 ) seien zwei Baufenster festgesetzt worden. Es liege ein Abwägungsdefizit vor. Sie habe sich im Rahmen der Offenlegungen nicht äußern können, da sie erst nach September 1998 als Eigentümerin eingetragen worden sei. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin gegen die Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 VermG verstoßen. Sie sei als Verfügungsberechtigte verpflichtet gewesen, Verfügungen hinsichtlich des Grundstücks zu unterlassen. Vielmehr sei es ihre Aufgabe gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass alle Rechte aus dem Grundstück geltend gemacht werden.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan W. der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 1998 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragstellerin habe sich zu keinem Zeitpunkt an dem Auslegungsverfahren beteiligt. Ihr Schreiben vom 17.12.1998 sei bei der Antragsgegnerin erst am 21.12.1998 und damit verspätet eingegangen. Die Belange in Bezug auf das zweite Baufenster seien bereits in der Sitzung des Gemeinderates vom 17.10.1997 abgewogen worden. In dieser Sitzung habe der Gemeinderat entschieden, das zweite Baufenster herauszunehmen, da ein Bauen in der zweiten Reihe nicht mehr den Zielen der Planung entsprochen habe. Dem Antrag der Eheleute B. sei in Anknüpfung an das bereits vorhandene Eigenheim entsprochen worden. Die Abwägung entspreche den Zielen der Planung, da nur eine Fläche von 160 m² pro Flurstück bebaut werden solle, um den Baumbestand zu schützen. Auf dem Flurstück der Antragstellerin sei ein Baufenster mit einer solchen Grundfläche ausgewiesen. Es könne deshalb kein weiteres Baufenster festgesetzt werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den zugrunde liegenden Behördenvorgang (3 Bände) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen kann, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung sind dieselben Anforderungen wie an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu stellen. Es ist daher ausreichend, wenn der Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Urt. v. 30.4.2004, NVwZ 2004, 1120; Urt. v. 26.2.1999, NVwZ 2000, 197; Urt. v. 17.2.2005, UPR 2005, 344, [345]). Vorliegend kommt ein Verstoß gegen das in § 1 Abs. 6 BauGB a. F. enthaltene Abwägungsgebot in Betracht, das hinsichtlich abwägungserheblicher privater Belange drittschützenden Charakter hat (BVerwG, Urt. v. 30.4.2004, NVwZ 2004, 1120; BVerwG, Urt. v. 24.9.1998, NJW 1999, 592). Die Antragstellerin beruft sich auf einen Abwägungsmangel, auf Grund dessen eine Rechtsverletzung möglich ist. Die Antragsgegnerin habe zu ihren Lasten auf den Einwand der Eheleute B. das zweite Baufenster herausgenommen, ohne dabei ihre Belange zu berücksichtigen. Die Abwägungsentscheidung setze sich nicht damit auseinander, dass durch die Festsetzung nur eines Baufensters für das streitgegenständliche fast 5.000 m² große Flurstück ihre Nutzungsmöglichkeiten als Eigentümerin in erheblichem Maße eingeschränkt werden.

2. Die Antragstellerin hat auch ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans W. . Mit dem Bebauungsplan wird die Bebaubarkeit des Grundstücks der Antragstellerin eingeschränkt, sodass durch dessen Beseitigung die Erzielung eines rechtlichen Vorteils nicht ausgeschlossen ist. Aufgrund der vorliegenden Verfahrens- und Gerichtsvorgänge sowie der sich in diesen befindlichen Planunterlagen ist auch nicht offensichtlich, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Gebiet im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans um eine Außenbereichslage handelt, in der eine Bebauung von vorneherein ausscheiden würde.

3. Der Normenkontrollantrag vom 3.12.2001 gegen den Bebauungsplan vom 21.12.1998, der am 12.12.1999 bekannt gemacht und am 20.1.2000 ausgefertigt wurde, ist innerhalb der Zwei-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden.

B. Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist auch begründet.

Der Bebauungsplan W. der Antragsgegnerin vom 21.12.1998 ist unwirksam. In Bezug auf die Unwirksamkeitsfeststellung ist § 47 VwGO n. F. anzuwenden. Nach der Änderung von § 47 Abs. 5 VwGO - mit Wirkung vom 20.7.2004 - durch Artikel 4 des Europarechtsanpassungsgesetzes vom 24.6.2004 sind Satzungen für unwirksam zu erklären. Eine Differenzierung zwischen Nichtigkeit und Unwirksamkeit wird nicht mehr vorgenommen. Mangels einer Übergangsregelung ist unter Berücksichtigung der Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts das neue Verfahrensrecht anzuwenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl, § 195).

Der Bebauungsplan verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen höherrangiges Recht.

1. Es liegen Ausfertigungsmängel vor.

a) Der Bebauungsplan ist entgegen § 4 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO nicht wirksam ausgefertigt worden, da die Ausfertigung erst nach der öffentlichen Bekanntmachung der Genehmigung erfolgt ist.

Die Ausfertigung datiert vom 20.1.2000. Die Genehmigung wurde bereits zuvor am 12.12.1999 im Gemeindeblatt M. Nr. 61 bekannt gemacht. Bei der Veröffentlichung der Berichtigung des Bekanntmachungsdatums im Gemeindeblatt Nr. 63 vom 22.1.2000 handelt es sich um keine neue Bekanntgabe der Genehmigung, sondern in diesem wurde nur die Berichtigung des offensichtlichen Schreibfehlers in der Bekanntmachung vom 12.12.1999 verkündet. Sowohl Bundes- als auch Landesrecht gebieten es indes, die Ausfertigung vor der Bekanntmachung vorzunehmen. Aus § 10 Abs. 3 BauGB ergibt sich mittelbar, dass die Ausfertigung ein Verfahrensschritt ist, der der Bekanntmachung der Genehmigung vorauszugehen hat. Die Verkündung bildet den Schlusspunkt des Rechtsetzungsvorganges, denn sie stellt den für die Hervorbringung der Norm notwendigen letzten Akt dar (BVerwG, Beschl. v. 9.5.1996, NVwZ-RR 1996, 630; Beschl. v. 27.10.1998, NVwZ-RR 1999, 161; Beschl. v. 27.1.1999, NVwZ 1999, 878; OVG Saarland, Urt. v. 10.3.2003, BRS 66 Nr. 46). Mit der Bekanntmachung der Genehmigung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Es versteht sich von selbst, dass er die ihm durch § 10 Abs. 3 BauGB vermittelte rechtliche Verbindlichkeit nur erlangen kann, wenn sämtliche formellen Gültigkeitsbedingungen, die sich aus dem Bundes- oder Landesrecht ergeben, bis zu diesem Zeitpunkt erfüllt worden sind, d.h. der Bebauungsplan unter Berücksichtigung der Maßgaben und Auflagen der Genehmigung zuvor ausgefertigt worden ist.

Nichts anderes gilt landesrechtlich nach § 4 Abs. 3 SächsGemO. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Satzungen auszufertigen und öffentlich bekannt zu machen. Nach Satz 2 treten sie am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Auch die Sächsische Gemeindeordnung geht folglich davon aus, dass die Ausfertigung der Bekanntmachung vorauszugehen hat.

Ist die Ausfertigung zeitlich nach der Bekanntmachung erfolgt, so liegt darin ein Ausfertigungs- und nicht etwa ein Bekanntmachungsmangel. Insoweit gilt nichts anderes als in dem Fall, in dem eine Ausfertigung gänzlich unterblieben ist (so im Ergebnis ausdrücklich auch Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 1. Juli 2006, § 214 RdNr. 85a).

Der vorliegende Mangel ist unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 214, 215 BauGB erheblich, weil es sich um einen Verfahrensfehler des Landesrechts handelt (so ausdrücklich BVerwG, Beschl. v. 9.5.1996, NVwZ-RR 1996, 630).

Der Bebauungsplan gilt auch nicht gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 SächsGemO als von Anfang an gültig zustande gekommen, obgleich eine Geltendmachung des Verfahrensmangels - soweit ersichtlich - nicht erfolgt ist. Denn diese Vorschrift findet gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SächsGemO auf Ausfertigungsmängel keine Anwendung.

b) Ein weiterer Ausfertigungsmangel liegt vor, weil die Ausfertigung nicht mit dem satzungsändernden Beitrittsbeschluss vom 15.11.1999 übereinstimmt.

Mit der Genehmigung vom 8.10.1999 gab das Regierungspräsidium Leipzig auf, die Zulässigkeit von Nebenanlagen in der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Rubrik 1 Nr. 1.1.1.6 zu beschränken. Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB seien nicht Bestandteil der Baugebietsflächen und zählten auch nicht zu den nicht überbaubaren Flächen im Sinne von § 23 BauNVO. Diese Maßgabe wurde in der dem Gericht vorliegenden Ausfertigung nicht berücksichtigt, denn in dieser heißt es unter Ziffer 1.1.1.6 weiterhin: "Nebenanlagen im Sinne von Paragraph 14 Abs. 1 und 2 BauNVO sind im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans innerhalb der nichtüberbaubaren und der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig." Die Ausfertigung stimmt mithin mit der beschlossenen Satzung nicht überein. Der Senat kann offen lassen, ob der Plan damit überhaupt genehmigt ist und inwieweit überdies ein Veröffentlichungsmangel vorliegt.

2. Der Bebauungsplan ist darüber hinaus auch deshalb unwirksam, weil er Festsetzungen entgegen § 9 Abs. 1 BauGB trifft.

a) Soweit der Bebauungsplan einzelne Quartiere gleichzeitig gemäß § 9 BauGB als allgemeine/reine Wohngebiete (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit §§ 3 und 4 BauNVO) und als private Grünflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) festsetzt, handelt es sich um inhaltlich unzulässige Festsetzungen, die gegen § 9 Abs. 1 BauGB verstoßen. Es handelt sich um zwei selbstständige Festsetzungen, die miteinander konkurrieren und deshalb für einzelne Flächen nicht nebeneinander festgesetzt werden können.

Der Bebauungsplan W. setzt die Baugebiete quartiersbezogen fest. Ein Baugebiet ist nach der Legaldefinition des § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB eine für die Bebauung vorgesehene Fläche. Die Art der baulichen Nutzung ergibt sich für die Baugebiete aus dem ersten Abschnitt der BauNVO. Festgesetzt wurden mit dem Bebauungsplan die Gebietsarten reines Wohngebiet (§ 3 Abs. 1 BauNVO), allgemeines Wohngebiet (§ 4 Abs. 1 BauNVO), Sondergebiet für Wochenendhäuser (§ 10 BauNVO) und Sondergebiet Sport für den örtlichen Bedarf (§ 11 BauNVO). Die Wohngebiete enden dort, wo sie an Verkehrsflächen, an die Gemarkungsgrenzen oder an die so genannten Perlenschnüre angrenzen (vgl. in diesem Zusammenhang OVG NW, Urt. v. 20.11.1992 - 11a NE 47/89 -). Mit Ausnahme der lachsfarben ausgewiesenen Baufenster und der ebenfalls lachsfarbigen nicht überbaubaren Flächen hat die Beklagte die übrigen Flächen der Quartiere neben der Baugebietsfestsetzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BauGB) gleichzeitig als private Grünflächen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB festgesetzt (vgl. Ziffer 9 der Anlage zur PlanzV, Ziffer 1.7 Teil B der textlichen Festsetzungen). Zwar scheiden unterschiedliche Festsetzungen für ein und dieselbe Fläche oder dasselbe Gebiet als wirksamer Beitrag zur Ordnung der baulichen und sonstigen Nutzung nur aus, wenn sie sich gegenseitig ausschließen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.1.1995, Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 74 und Beschl. v. 17.7.2001, BRS 64 Nr. 29). Eine solche Fallkonstellation liegt hier aber vor, da es sich sowohl bei der Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BauGB als auch bei der nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB um selbstständige Festsetzungen handelt (vgl. Gierke in: Brügelmann, BauGB, Stand: September 2006, § 9 RdNr. 21 ff., 59 und 278; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 1. Juli 2006, § 9 RdNr. 14 und 124; vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 24.4.1991, DÖV 1991, 743). Selbstständige Festsetzungen bestimmen die Nutzungsqualität einer Fläche für sich allein. Sie können in Bezug auf die gleiche Fläche nicht mit anderen selbstständigen Festsetzungen verbunden werden, denn es würden sich Nutzungskonkurrenzen ergeben, die nicht miteinander vereinbar sind (vgl. Gierke in: Brügelmann, BauGB, Stand: September 2006, § 9 RdNr. 22; BVerwG, Beschl. v. 17.7.2001, BRS 64 Nr. 29).

Mit Ausnahme der lachsfarbenen Baufenster und der ebenfalls lachsfarbenen nicht überbaubaren Flächen wurden die sonstigen Flächen der reinen und der allgemeinen Wohngebiete als private Grünflächen festgesetzt. Für solche Flächen ist jedoch im Gegensatz zu einem Baugebiet (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) eine Bebauung gerade nicht vorgesehen. Vielmehr wird diese Art der Festsetzung dann gewählt, wenn eine Bebauung auf einem Grundstück ausgeschlossen werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.5.2001, BVerwGE 114, 247). Der Begriff der Grünfläche wird zwar im Baugesetzbuch nicht definiert, § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nennt aber Beispiele und erläutert anhand dieser den Charakter von Grünflächen. Danach handelt es sich bei Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätzen sowie Friedhöfen um Grünflächen. Die Aufzählung dieser Beispiele ist nicht abschließend. Entscheidend für die Annahme einer Grünfläche ist, dass bei der Fläche der Grünanteil überwiegt und damit prägend ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 27.1.1986, BRS 46 Nr. 22 und Urt. v. 30.10.1986, BRS 46 Nr. 23; Gierke in: Brügelmann, BauGB, Stand: September 2006, § 9 RdNr. 280; vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 1. Juli 2006, § 9 RdNr. 122; Gaentzsch in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 9 RdNr. 41).

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht deshalb, weil die Antragsgegnerin die überbaubaren Flächen durch die Ausweisung von Baufenstern festgesetzt und damit eine Bebauung außerhalb dieser Baufenster grundsätzlich ausgeschlossen hat. Bei der Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB handelt es sich nämlich um keine selbstständige Festsetzung, sondern um eine, die die Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BauGB ergänzt (vgl. Gierke in: Brügelmann, BauGB, Stand: September 2006, § 9 RdNr. 24). Sie gibt der planenden Behörde die Möglichkeit, durch die Festlegung von Baulinien, Baugrenzen und nicht überbaubaren Flächen eine einheitliche oder dem Ortsbild entsprechende Gestaltung vorzunehmen. Bei Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BauGB in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bleibt allerdings die Möglichkeit, im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens eine Befreiung - zum Beispiel für Anbauten - zu erteilen (vgl. in diesem Zusammenhang VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.1.1995, BRS 57 Nr. 86). Diese Möglichkeit besteht bei einer als Grünfläche festgesetzten Fläche nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.5.2001, BVerwGE 114, 247), weil Grünflächen nicht der Bebauung dienen (BayVGH, Urt. v. 22.11.1985, BayVBl. 1986, 756).

b). Die Festsetzung der Freiflächen als private Grünflächen führt ferner dazu, dass die mit dem Bebauungsplan vorgenommene generelle Begrenzung der bebaubaren Fläche in den reinen und allgemeinen Wohngebieten auf 160 m² und der nicht überbaubaren Grundstücks- fläche auf 150 m² fehlerhaft ist, da einerseits die Grundflächenzahl von 0,4 (§ 17 Abs. 1 BauNVO) für reine und allgemeine Wohngebiete bei einer Vielzahl der Flurstücke überschritten wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. BauGB) und andererseits das Summenmaß von 160 m² nicht alle baulichen Anlagen berücksichtigt.

Zwar kann die bebaubare Grundfläche grundsätzlich durch Festsetzung einer absoluten Quadratmeterzahl (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt BauNVO) begrenzt werden. Allerdings darf die festgesetzte zur Bebauung vorgesehene Grundfläche nicht die Obergrenze der gemäß § 17 Abs. 1 BauBNVO festgelegten Grundflächenzahl übersteigen und muss alle baulichen Anlagen, die beim Maß der baulichen Nutzung zu Buche schlagen, berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 bis 4 BauNVO). Die Grundflächenzahl gibt an, wie viel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche bebaut werden darf (§ 19 Abs. 1 BauNVO). Das bedeutet, dass die Grundfläche nicht mit der tatsächlichen Grundstücksfläche übereinstimmen muss. Die zulässige Grundfläche ist der nach § 19 Abs. 1 BauNVO errechnete Anteil des Baugrundes, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf (§ 19 Abs. 2 BauNVO). Maßgebend ist die Fläche des Baugrundstücks, die im Bauland hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Mitzurechnen sind gemäß § 19 Abs. 4 BauNVO die Grundflächen für Nebenanlagen, Garagen und Zufahrten, nicht zum Bauland gehören jedoch private Grünflächen (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 24.4.1991, DÖV 1991, 743 und Beschl. v. 29.10.1994, NVwZ 1995, 1215).

Daran gemessen ergibt sich für das Grundstück der Antragstellerin eine Grundstücksfläche von 310 m² (160 m² bebaubare Fläche zuzüglich 150 m² nicht überbaubare Grundstücksfläche) und eine Grundflächenzahl von 0,516 (160 m² : 310 m²), die die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegte Obergrenze von 0,4 übersteigt. Hinzu kommt, dass sich das Summenmaß der festgesetzten überbaubaren Fläche nur auf zu errichtende Hauptgebäude bezieht und Neben- gebäude nicht einbezieht (vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, Urt. v. 13.4.2006, NVwZ-RR 2007, 79).

c) Weiterhin steht die textliche Festsetzung Teil B Nr. 1.2.1 nicht in Einklang mit § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Sie verstößt gegen den Bestimmtheitsgrundsatz soweit mit ihr die Anzahl der Wohnungen in reinen und allgemeinen Wohngebieten je Baurecht auf eine abgeschlossene Wohneinheit mit einer Einliegerwohnung begrenzt wird.

Ein Bebauungsplan ist hinreichend bestimmt, wenn die zeichnerischen Darstellungen und textlichen Festlegungen aus sich heraus eindeutig und unmissverständlich sind. Ist dies nicht der Fall, ist die betreffende Ausweisung unwirksam (vgl. BVerwG Urt. v. 16.2.1973, BVerwGE 42, 5 und Beschl. v. 20.1.1995 - 4 NB 43.93 -; SächsOVG, NK-Urt. v. 28.9.1995, SächsVBl. 1996, 113). Die Begründung des Bebauungsplans kann dabei über Auslegungshilfen hinaus weder Festsetzungen ersetzen noch an die Stelle einer normativ erforderlichen Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Verständlichkeit treten (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 1. Juli 2006, § 9 RdNr. 14). Das erforderliche Maß der Konkretisierung von Festsetzungen eines Bebauungsplans gemäß § 9 Abs. 1 BauGB richtet sich danach, was nach den Verhältnissen des Einzelfalls für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist und dem Gebot gerechter Abwägung der konkret berührten privaten und öffentlichen Belange entspricht (BVerwG, Urt. v. 11.3.1988, DVBl. 1988, 845).

§ 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB ermöglicht, dass die höchstzulässige Zahl von Wohnungen in Wohngebäuden durch eine absolute Zahl oder eine Verhältniszahl festgesetzt wird (vgl. BayVGH, Urt. v. 12.9.2000, BauR 2001, 210), wobei sich mit der Angabe einer absoluten Zahl vor allem das städtebauliche Ziel einer einheitlichen Struktur des Gebietes in Bezug auf die Wohnform (z. B. Ein- und Zweifamilienhäuser) und mit der Angabe einer relativen Zahl die Wohn- oder Besiedlungsdichte des Gebietes steuern lässt (BVerwG, Urt. v. 8.10.1998, BauR 1999, 148).

Gemessen an diesen Anforderungen ist die Festsetzung in Bezug auf die Begrenzung der Anzahl der Wohnungen je Baurecht auf eine abgeschlossene Wohneinheit mit einer Einliegerwohnung nicht hinreichend bestimmt. Sie lässt durch die Wahl des Begriffs "je Baurecht" nicht erkennen, ob sie sich auf das Baufenster, d.h. die Baufläche, oder auf das zu errichtende Wohngebäude beziehen soll. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB lässt nach seinem eindeutigen Wortlaut die Begrenzung der Wohnungszahl aber nur bezogen auf das Wohngebäude zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.3.2004, NVwZ 2004, 563). Unklar ist zudem, was mit dem Begriff der "Einliegerwohnung" gemeint ist. Diese Bezeichnung ist dem Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung fremd. Dabei wäre eine nicht selbstständige Wohneinheit - für den Fall, dass eine solche im Vergleich zu einer sonstigen Wohnung oder zu einem Appartement gemeint ist - die über keine zur selbstständigen Haushaltsführung erforderlichen Einrichtungen (Koch- und Waschgelegenheiten, WC) verfügt, bereits nicht von § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erfasst (vgl. Gierke in: Brügelmann, BauGB, Stand: September 2006, § 9 RdNr. 165).

d) Anzumerken ist im Übrigen, dass die nach der Anlage Nr. 3.5 zur PlanzV vorgesehene gestrichelte Linie in Bezug auf die Festsetzung der bebaubaren Fläche fehlt. Allerdings heißt es in § 2 Abs. 5 PlanzV nur, dass die in der Anlage enthaltenen Planzeichen verwendet werden "sollen". Nach § 2 Abs. 5 PlanzV ist eine Verletzung von Vorschriften der Absätze 1 bis 4 unbeachtlich, wenn die Darstellung und Festsetzung hinreichend deutlich ist. Ob die Festsetzung der Baufenster im Bebauungsplan dem Bestimmtheitsgrundsatz gerade noch genügt, weil in der Legende durch einen Strich - wohl - darauf hingewiesen wird, dass die bebaubare Grundfläche an der inneren Grenze der blauen Linie endet, kann aufgrund der im Übrigen bestehenden Mängel des Bebauungsplans offen bleiben.

e) Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung offensichtlich über eine zweite Ausfertigung des Bebauungsplans verfügte, braucht in Ansehnung der aufgezeigten gravierenden Mängel des Bebauungsplans auch nicht geprüft zu werden, ob diese Ausfertigungen tatsächlich, wie vom Prozessbevollmächtigten vorgetragen, in jeder Hinsicht übereinstimmen (vgl. zur Problematik zweier Ausfertigungen VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.4.1997, BRS 59 Nr. 6).

3. Der Bebauungsplan verstößt im Übrigen auch in einer gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erheblichen Weise gegen das in § 1 Abs. 6 BauGB a. F. (§ 233 Abs. 1 Satz BauGB n. F., jetzt § 1 Abs. 7 BauGB) normierte Abwägungsgebot. Dieses ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich der Belange in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (SächsOVG, NK-Urt. v. 30.9.2004 - 1 D 37/01 -, UA S. 20; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.9.2004, NVwZ-RR 2005, 157).

Dabei sind bei der Überplanung einer in Privateigentum stehenden Fläche die Belange des Eigentümers grundsätzlich zu beachten. Das ist hier nicht im erforderlichen Maß geschehen. Insbesondere sind keine tragfähigen Gründe für die Herausnahme des zweiten Baufensters ersichtlich. Dabei ist über die Frage der Ausweisung nur noch eines Baufensters bereits im Rahmen der Abwägung nach der zweiten Offenlegung in der Sitzung am 17.10.1997 entschieden worden. Danach ist das zweite Baufenster nicht aus planerischen Gründen, sondern allein auf den Einwand der Eheleute B. herausgenommen worden. Diese verlangten die Ausweisung eines Baufensters auf ihrem Flurstück F3 , da sie auf diesem bereits ein Eigenheim errichtet hatten. Sie schlugen vor, zum Ausgleich dafür das zweite Baufenster aus dem Flurstück F1 herauszunehmen. Ihrem Vorschlag ist der Rat der Antragsgegnerin ohne erkennbare Abwägung gefolgt. Dabei ist diese Entscheidung bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie in Widerspruch zu den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans und zu dem mit ihm verfolgten Zweck steht. Ausweislich der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans in Nr. 1.1.2.1 sollten im allgemeinen und reinen Wohngebiet zur Wohnbebauung nur Grundstücke zugelassen werden, die mindestens eine Fläche von 1.000 m² aufweisen. Nach der Begründung des Bebauungsplans soll dem Verlangen der Bauantragsteller auf nicht gerechtfertigte Teilung der Grundstücke und damit der Gefahr erheblicher Beeinträchtigungen für den Landschaftscharakter und die Ökologie des Waldbestandes entgegengetreten werden, um die Gefahr der Bebauung in zweiter Reihe und des Entstehens weiterer "Hammergrundstücke" zu bannen, und um eine unangemessene Verdichtung zugunsten der Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vermeiden. Diese Bestrebungen wurden hier aber gerade nicht beachtet. Das Flurstück der Eheleute B. ist nur 714 m² groß. Es entspricht daher nicht der für ein Baugrundstück vorgesehenen Mindestgröße von 1.000 m². Zum anderen verhinderte das Herausnehmen des zweiten Baufensters auf dem Flurstück F1 nicht ein Bebauen in zweiter Reihe, sondern es führte gerade zu dieser nicht gewünschten Fallkonstellation. Das Baufenster auf dem Flurstück F1 befand sich parallel zum ersten Baufenster und damit nicht in zweiter Reihe. Erst durch das Ausweisen des Baufensters auf dem hinter dem Flurstück F1 liegenden Flurstück F3 entstand ein Baufenster in zweiter Reihe. Soweit später von der Antragstellerin vorgetragen wurde, dass mit der Herausnahme des zweiten Baufensters der Baumbestand geschützt werden sollte, so ist dies ebenfalls nicht nachvollziehbar, da sich nach dem Plan an dieser Stelle keine Bäume befinden.

Die vorstehend dargestellten Ausfertigungs-, Festsetzungs- und Abwägungsmängel führen jeweils zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 50.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F., der hier gemäß § 72 Nr. 1 GKG anwendbar ist. Dabei orientiert sich der Senat entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung an den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, nach dessen bei Antragseingang veröffentlichter Fassung von 1996 (Abdruck etwa in NVwZ 1996, 563) der Streitwert in Normenkontrollverfahren gegen Bebauungspläne zwischen 10.000,- DM und 100.000,- DM anzusetzen ist (Streitwertkatalog 1996, Teil II Nr. 7.7). Mangels weiterer substanzieller Darlegung ist hier unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung im Rahmen des Ruhens des Verfahrens von einem Wert von 50.000,- € auszugehen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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