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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2009
Aktenzeichen: 1 D 96/09
Rechtsgebiete: BAföG
Vorschriften:
BAföG § 7 Abs. 3 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 1 D 96/09
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Ausbildungsförderung
hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von PKH
hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger
am 14. August 2009
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 29. Mai 2005 - 5 K 2229/06 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO) abgelehnt.
Nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag und gemäß § 121 ZPO unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht ersetzen, sondern zugänglich machen. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürfen deshalb nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2006, BayVBl. 2006, 677, und Beschl. v. 26.2.2007, NVwZ-RR 2007, 361). Mithin muss der Erfolg nicht gewiss sein, es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 166 Rn. 26).
Die Klägerin begehrt unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides des Beklagten vom 9.3.2006 und des Widerspruchsbescheides vom 30.3.2006 die rückwirkende Gewährung von Förderleistungen nach dem BAföG für ihre am 1.9.2005 aufgenommene Ausbildung zur Diätassistentin am in Im Oktober 2003 hatte sie bereits ein Hochschulstudium Lehramt Berufsschule an der aufgenommen. Eigenem Vortrag zufolge nahm sie diese Ausbildung seit dem 24.3.2005 nicht mehr wahr. Am 31.8.2005 wurde sie von Amts wegen exmatrikuliert, bis zu diesem Zeitpunkt bezog sie ohne Unterbrechung Leistungen nach dem BAföG. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, dass ihre Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Bei der Frage, wann die Klägerin ihr Erststudium abgebrochen habe, komme es allein auf formelle Kriterien an, hier auf die Dauer der Immatrikulation der Klägerin.
Gemessen an den genannten Grundsätzen bietet die Klage keine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigende hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin hat mit ihrer Beschwerde nichts vorgetragen, was eine andere Sichtweise als die des Verwaltungsgerichts rechtfertigen könnte. Der Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gemäß § 1 ff i. V. m. § 11 ff BAföG steht die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG entgegen. Besondere rechtliche Schwierigkeiten, die den Ausgang des Hauptsacheverfahrens als bei summarischer Prüfung zumindest offen erscheinen lassen könnten, liegen nicht vor. Die Klägerin hat bereits 4 Fachsemester an der in der Fachrichtung Lehramt Berufsschule absolviert und hierfür nach § 7 Abs. 1 BAföG Ausbildungsförderung bezogen. Der Umstand, dass sie eigenem Bekunden zufolge ihr Lehramtsstudium nach dem Praktikum am 24.3.2005 praktisch aufgab, stellt keinen "Abbruch" i. S. v. § 7 Abs. 3 BAföG dar. Als Fachsemester im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG zählt jedes Semester, in dem die Ausbildung in der gewählten Fachrichtung erfolgt. Maßgebend ist dabei ausschließlich die Immatrikulation, die hier am 31.8.2005 erfolgte. Ob sie tatsächlich an Lehrveranstaltungen teilgenommen und Lernerfolge erzielt hat, ist unerheblich (vgl. SächsOVG, Urt. v. 29.11.2006 - 5 B 798/04 - m. w. N.). Nur Urlaubssemester werden bei der Berechnung der Fachsemester nicht mitgezählt. Ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen ausnahmsweise von dieser Regel abzuweichen sein könnte, wird im vorliegenden Fall nicht entschieden werden müssen. Die Klägerin hat zum Ausdruck gebracht, für das Lehramt tatsächlich nicht geeignet zu sein. Dass es ihr nach der Beendigung ihrer Teilnahme an der Ausbildung hingegen tatsächlich nicht möglich gewesen sein sollte, sich rechtzeitig exmatrikulieren zu lassen, ergibt sich aus ihrem Vortrag und den Unterlagen hingegen nicht.
Für die im September 2009 aufgenommene Ausbildung zur Diätassistentin könnte die Klägerin deshalb nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 BAföG Ausbildungsförderung erlangen. Hiernach wird einem Auszubildenden, der die Fachrichtung später als bis zum Beginn des vierten Fachsemesters wechselt, Ausbildungsförderung nur gewährt, wenn der Fachrichtungswechsel aus einem unabweisbaren Grund erfolgte. Unabweisbar ist ein Grund, der eine Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch oder dem Überwechseln in eine andere Fachrichtung nicht zulässt (vgl. ausführlich: BVerwG, Urt. v. 19.2.2004, NVwZ 2004, 1005 ff).
Die Klägerin hat ihrem eigenen Vortrag zufolge nicht wegen eines solchen unabweisbaren Grundes ihr Lehramtsstudium erst nach dem Beginn des 4. Fachsemesters aufgegeben. Ihr Beschwerdevorbringen, sie habe während des Praktikums im dritten Semester festgestellt, zur Ausübung des mit der Hochschulausbildung angestrebten Berufes überhaupt nicht in der Lage zu sein, rechtfertigt die Annahme eines unabweisbaren Grundes für den Ausbildungsabbruch nach Beginn des vierten Fachsemesters nicht. Selbst wenn zugunsten der Klägerin hier unterstellt wird, dass sie subjektiv und auf Dauer nicht die Fähigkeit hatte, ihre Lehramtsausbildung planmäßig fortzuführen, obwohl sie alles ihr Zumutbare unternahm, dem entgegenzuwirken, so hätte sie doch ihr Studium nicht rechtzeitig abgebrochen. Sie hätte sich noch im dritten Semester exmatrikulieren lassen oder wenigstens ein Urlaubssemester anschließen können - und im Interesse einer zielstrebigen und umsichtigen Ausbildungsplanung und Studiendurchführung auch müssen. Der Auszubildende, dem ein unabweisbarer Grund für den Ausbildungsabbruch bekannt oder in seiner Bedeutung bewusst wird, muss die Ausbildung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern abbrechen (SächsOVG, Urt. v. 26.6.2009, 1 A 99/08; Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 7 Rn. 45.3.). Aus dem bisherigen Vortrag der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass sie nach der Aufgabe ihres Praktikums im dritten Fachsemester nicht in der Lage gewesen wäre, sich exmatrikulieren zu lassen.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gemäß § 188 Satz 2, § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO ist das Verfahren gerichtskostenfrei und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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