Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: 2 B 272/08
Rechtsgebiete: SächsPÜG


Vorschriften:

SächsPÜG § 1
SächsPÜG § 36
1. Erfolgt die Abordnung eines Beamten mittels abstrakter Zuweisung von Dienstgeschäften bei einem anderen Dienstherrn, so lässt die spätere konkrete Dienstpostenzuweisung durch den neuen Dienstherrn die Rechtmäßigkeit der Abordnung unberührt.

2. Die ordnungsgemäße Durchfürung des der Abordnung vorangegangenen Verteilungsverfahrens nach dem SächsPÜG kann im Eilverfahren nicht abschließend geprüft werden.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Beschluss

Az.: 2 B 272/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abordnungsverfügung; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke am 26. November 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 1. August 2008 - 11 L 383/08 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kos-ten des Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, lassen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Abordnungsverfügung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 29.7.2008 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu Unrecht abgelehnt hat.

Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der von ihm vorgenommenen Interessenabwägung die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels in der Hauptsache als offen eingeschätzt, da im Eilverfahren keine Aussage zur fehlerfreien Durchführung des der Abordnungsverfügung zugrundeliegenden Auswahlverfahrens nach dem SächsPÜG möglich sei. Es hat hiervon aus-gehend eine reine Folgenabwägung dahingehend getroffen, dass das Interesse des Antragsgegners an einer sofortigen Vollziehung der Übergabeverfügung Vorrang vor den Interessen des Antragstellers hat, für den mit dem Sofortvollzug keine gewichtigen Nachteile verbunden seien.

Die hiergegen mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände führen nicht zum Erfolg. Der Antragsteller trägt vor, das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung verkannt, dass der Antragsteller ausschließlich Aufgaben wahrgenommen habe, die nicht zu kommunalisieren gewesen seien, und unterlegt dies mit umfangreichen Ausführungen zum Ablauf des seiner Abordnung vorausgegangenen Auswahlverfahrens. Er sei aufgrund fehlerhafter Anwendung der Verteilungskriterien des SächsPÜG an den Beigeladenen abgeordnet worden. Dort werde er mit Aufgaben befasst, die weder seiner Qualifizierung, noch seinem Statusamt entsprächen; vielmehr übe er derzeit vorrangig dem gehobenen bzw. mittleren Dienst zuzuordnende sachbearbeitende Tätigkeiten aus.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der Interessenabwägung die Erfolgsaus-sichten eines Rechtsmittels in der Hauptsache als offen beurteilt. Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, wonach die Rechtmäßigkeit der Abordnungsverfügung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend beurteilt werden kann (1). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Folgenabwägung begegnet ebenfalls keinen Bedenken (2).

1) Aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rn. 158 m. w. N.) ist dem Senat eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abordnungsverfügung nicht möglich. Es kann ebenso wenig von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Verfügung wie von ihrer Rechtswidrigkeit ausgegangen werden.

a) Soweit der Antragsteller im Rahmen der Beschwerde neu vorträgt, dass er in Durchführung der Abordnung durch den Beigeladenen nicht amtsangemessen beschäftigt werde, kann die Richtigkeit dieses Vorbringens, das durch den Antragsgegner substantiiert bestritten wird, durch den Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend beurteilt werden. Hierauf kommt es jedoch im Ergebnis ohnehin nicht an, da selbst eine nicht amtsangemessene Beschäftigung durch den Beigeladenen vorliegend keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Abordnungsverfügung hätte. Die Verfügung vom 29.7.2008 enthält lediglich die abstrakte Abordnung des Antragstellers an den Beigeladenen, ohne dass hiermit die konkrete Zuweisung eines Dienstpostens verbunden wäre. Nach wohl überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, ist es für die Abordnung ausreichend, dass abstrakte Dienstgeschäfte an einer bestimmten Dienststelle ohne weitere Konkretisierung der Aufgabenstellung zugewiesen werden (vgl. OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 4.12.1985, ZBR 1986, 298; Woydera/Summer/Zängl, Sächsisches Beamtengesetz, Kommentar, Stand Juni 2008, § 36 E 2 b m. w. N.; Müssig, Rechtsprobleme der beamtenrechtlichen Abordnung, ZBR 1990, 109, 114 m. w. N.; a. A. VGH BW, Urt. v. 21.10.1975, ZBR 1976, 154). Nicht erforderlich ist dagegen die Zuordnung zu einem einzelnen Amt im konkret-funktionellen Sinn (zur Unterscheidung vgl. Woydera/Summer/Zängl a. a. O., § 36 E 2 c). Dies folgt zum einen aus der Überlegung, dass § 36 SächsBG, soweit darin von einer "dem Amte entsprechenden Tätigkeit" die Rede ist, nicht die Bedeutung eines selbständigen Tatbestandsmerkmals hat, sondern auf den Anspruch des Beamten auf amtsgemäße Verwendung als allgemeinen, nicht auf das Rechtsinstitut der Abordnung beschränkten beamtenrechtlichen Grundsatz verweist (so OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 4.12.1985 a. a. O. m. w. N.; a. A. VGH BW, Urt. v. 21.10.1975 a. a. O.). Für ein solches Verständnis der "amtsangemessenen Tätigkeit" spricht auch, dass gemäß § 36 Abs. 4 SächsBG bei Abordnung zu einem anderen Dienstherrn auf den Beamten die für den Bereich des "neuen" Dienstherrn geltenden Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Beamten mit Ausnahme der Regelungen über Diensteid, Amtsbezeichnung, Besoldung und Versorgung entsprechende Anwendung finden. Hieraus ergibt sich, dass die Bestimmung der Pflichten des Beamten und damit die Zuweisung einer konkreten Tätigkeit typischerweise nicht durch den abordnenden, sondern den "neuen" Dienstherrn erfolgt. Zum anderen dürfte die Festlegung des neuen Dienstpostens bei einem anderen Dienstherrn in der Abordnungsverfügung mangels entsprechender Organisationsgewalt des abordnenden Dienstherrn bereits rechtlich unmöglich sein; etwas anderes dürfte nur gelten, wenn die Zuweisung eines konkreten Dienstpostens mit dem neuen Dienstherrn zuvor vereinbart wurde (dazu Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl., Rn 127, FN 140). Aufgrund dieser Erwägungen geht der Senat davon aus, dass der Antragsgegner den Antragsteller abstrakt dem Beigeladenen als neuem Dienstherrn zuordnen konnte, ohne dem Antragsteller zugleich einen bestimmten Dienstposten zuzuweisen. In diesem Fall hat die später erfolgte konkrete Dienstpostenzuweisung durch den Beigeladenen keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der zuvor durch den Antragsgegner erfolgten Abordnung. Hieraus folgt zugleich, dass dem Antragsteller bei einer nicht amtsangemessenen Verwendung Rechtsschutz nicht im Verhältnis zum abordnenden Dienstherrn zu gewähren ist, sondern der Beamte sich gegen eine nicht amtsadäquate Verwendung mit der allgemeinen Leistungsklage wehren muss, die gegenüber dem "neuen" Dienstherrn zu erheben ist (Müssig a. a. O., 119).

b) Der Senat teilt indessen die vom Verwaltungsgericht geäußerten Zweifel, ob der Abordnungsverfügung ein dienstliches Bedürfnis zugrunde lag. Der Antragsgegner hat ein dienstliches Bedürfnis aufgrund des von ihm im Rahmen des SächsPÜG durchgeführten Auswahlverfahrens bejaht. Fraglich ist indessen, ob dieses Verfahren im konkreten Fall ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Nach dem Vorbringen des Antragstellers erscheint etwa zweifelhaft, ob und zu welchem Anteil dieser zu kommunalisierende Aufgaben wahrgenommen hat und in welcher Weise etwaige Führungsaufgaben zu berücksichtigen sind. Es ist dem Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allerdings nicht möglich, im Einzelnen zu überprüfen, ob die der Übergabeverfügung zugrundeliegende Auswahlentscheidung, die der Antragsgegner aufgrund § 3 SächsPÜG i. V. m. dem Auswahlkonzept getroffen hat, rechtmäßig ist. Hierzu müssten umfangreiche Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht, etwa zur Bildung der Vergleichsgruppe und der Anwendung des Kriterienkatalogs auf diesen Personenkreis, durchgeführt werden; soweit Tatsachen streitig sind, wäre eine im Eilverfahren nicht angezeigte Beweisaufnahme durchzuführen. Dagegen dürften Art und Umfang der aktuell vom Antragsteller im Geschäftsbereich des Beigeladenen wahrgenommenen Aufgaben entgegen der Auffassung des Antragstellers ohne Belang für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung des Antragsgegners sein; insoweit wird auf die Ausführungen oben unter 1 a) verwiesen. Aufgrund des somit noch bestehenden Klärungsbedarfs in tatsächlicher Hinsicht kann die Frage der ordnungsgemäßen Durchführung des Auswahlverfahrens im Eilverfahren nicht beantwortet werden. Die Erfolgsaussichten des gegen die Abordnungsverfügung eingelegten Rechtsmittels sind aus diesen Gründen - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - insgesamt als offen zu beurteilen.

2) Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Folgenabwägung ist auch unter Würdigung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem Antragsteller bei Ablehnung seines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz keine gewichtigen Nachteile entstehen. Die Bewältigung der täglichen Fahrt von nach sei dem Antragsteller für die auf maximal sechs Monate begrenzte Dauer der Abordnung zuzumuten. Auch die vorgebrachten familiären Umstände führten nicht zu einer besonderen Härte für den Antragsteller. Demgegenüber würden dem Antragsgegner bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung erhebliche Nachteile entstehen; es liege im besonderen Interesse der Allgemeinheit, dass ein reibungsloser Verwaltungsablauf gewährt werde, indem der gesetzlich vorgesehen Übergang von Verwaltungsaufgaben mit dem Übergang des erforderlichen Personals einhergehe.

Diese Wertung hat der Antragsteller durch sein Beschwerdevorbringen nicht erschüttert. Soweit er vorbringt, in seinem konkreten Fall trete der mit dem Personalübergang angestrebte Zweck nicht ein, da sein früherer Dienstposten beim Antragsgegner nicht in geeigneter Weise habe nachbesetzt werden können, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Es obliegt der Organisationshoheit des Antragsgegners, in welcher Weise er den Dienstposten des Antragstellers während dessen Abordnung besetzt. Im Rahmen der Interessenabwägung spielt dieser Aspekt - ebenso wie für die Rechtmäßigkeit der Abordnung - dagegen keine Rolle. Ebenso ist ohne Belang, ob der Antragsteller im Rahmen der Abordnung durch den Beigeladenen amtsangemessen beschäftigt wird; insoweit wird auf die Ausführungen oben unter 1 a) verwiesen. Schließlich führen auch die vom Antragsteller angeführten persönlichen Umstände nicht zu einer Unzumutbarkeit der sofortigen Vollziehbarkeit für den Antragsteller. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Beschluss S. 5/6) verwiesen. Wenn der Antragsteller im Rahmen der Beschwerde nunmehr angibt, für die tägliche einfache Fahrt von nach 2,5 bis 3 Stunden zu benötigen, steht dem entgegen, dass nach seinem eigenem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren die einfache Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsstätte 135 km beträgt; diese Distanz dürfte nach dem Falk-Routenplaner in ca. 1,5 Stunden zu bewältigen sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da dieser keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Auffangstreitwert wegen des Charakters des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren war.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



Ende der Entscheidung

Zurück