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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.12.2008
Aktenzeichen: 2 B 316/08
Rechtsgebiete: GG, SächsVerf, SchulG, SOGY
Vorschriften:
GG Art. 6 Abs. 2 | |
SächsVerf Art. 101 Abs. 2 | |
SchulG § 34 Abs. 1 S. 1 | |
SOGY § 3 Abs. 3 |
2. Bei Kapazitätsengpässen entscheidet der Schulleiter nach in seinem Ermessen stehenden Kriterien über die Aufnahme von Schülern. Die vom Schulleiter festgesetzten Kriterien müssen eine klare Reihenfolge und - sofern sie kombiniert angewandt werden sollen - eine klare Gewichtung aufweisen. Sie müssen den Anforderungen des Gleichheitssatzes gerecht werden.
3. Sachgerechte Kriterien sind neben dem Zufallsprinzip zum Beispiel die Berücksichtigung von Härtefällen, die zeitliche Dauer des Schulweges und die vorrangige Berücksichtigung von Geschwisterkindern. Sachlich nicht zu rechtfertigen ist dagegen die Berücksichtigung von Zweitwünschen bei der Entscheidung über den Erstwunsch.
4. Nimmt die Schule entgegen gesetzlicher Zugangsregelungen Schüler auf, so verkürzt sie den Zugangsanspruch anderer Bewerber und muss diese zusätzlich aufnehmen und zwar bis an die Grenze der Funktionsfähigkeit der Schule. Zusätzliche Plätze, die als Ausgleich für rechtswidrig vergebene Plätze bereit gestellt werden müssen, sind an diejenigen Bewerber zu vergeben, die ihre rechtswidrige Abweisung nicht hingenommen haben.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 2 B 316/08
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Aufnahme am Gymnasium Dresden-Bühlau; Antrag nach § 123 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke
am 8. Dezember 2008
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20. August 2008 - 5 L 366/08 - geändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Sohn der Antragsteller, vorläufig in die Klassenstufe 5 des Gymnasiums Dresden-Bühlau aufzunehmen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20.8.2008 hat Erfolg. Mit dem Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsteller, ihren Sohn vorläufig in das Gymnasium Dresden-Bühlau aufzunehmen, abgelehnt.
Das Verwaltungsgericht geht in der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hätten. Nach § 3 Abs. 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über allgemein bildende Gymnasien im Freistaat Sachsen (Schulordnung Gymnasien - SOGY) entscheidet der Schulleiter über die Aufnahme der Schüler im Rahmen der verfügbaren Ausbildungsplätze. Dies seien vorliegend insgesamt 81 Plätze, denen 99 Bewerber gegenüber gestanden hätten. Der Antragsgegner habe durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der zuständigen Direktorin sowie durch Vorlage einer Liste mit ergänzenden Erläuterungen hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Ermessensentscheidung, soweit sie durch die Kammer nachvollzogen werden könne, nicht fehlerhaft gewesen sei. Zudem stehe fest, dass der Antragsgegner die Auswahlentscheidung zwischen den mit dem Sohn der Antragsteller letztlich vergleichbaren Schülern nur in der tatsächlich beschlossenen Art und Weise rechtsfehlerfrei hätte treffen können, auch wenn die Kammer Zweifel habe, dass das Ermessen tatsächlich anhand der Kriterien ausgeübt worden sei. Es begegne keinen grundsätzlichen Bedenken, die Aufnahmeentscheidung vom Wohnort der aufzunehmenden Schüler abhängig zu machen und Schüler des Schönfelder Hochlandes vorrangig aufzunehmen. Auch gegen die vorrangige Aufnahme zweier Integrationsschüler seien Bedenken nicht zu erheben. Anschließend sei die Schulleiterin danach vorgegangen, ob der jeweilige Zweitwunsch der Schüler erfüllt werden konnte. Es sei nicht ermessens-fehlerhaft, Schüler, deren Zweitwunsch sich erfüllen lasse, als "Umlenkkandidaten" zu behandeln und an die an zweiter Stelle gewünschte Schule zu verweisen. Auch Geschwisterkinder könnten vorrangig berücksichtigt werden.
Hiergegen wenden die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung ein, ihr Wohnort befinde sich in unmittelbarer Nähe zum derzeitigen Standort des Gymnasiums Dresden-Bühlau. Die Entfernung betrage ca. 1,3 km. Auch zum geplanten Standort des Gymnasiums in der Straße sei der Wohnort in unmittelbarer Nähe gelegen. Sie hätten sich sehr bewusst für das Gymnasium Bühlau wegen der dort praktizierten Lehrmethoden entschieden. Das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass die Einrichtung einer vierten 5. Klasse im Gymnasium möglich gewesen sei. Die Auswahl einer bestimmten Schule unterfalle dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 101 Abs. 2 SächsVerf und berühre das Grundrecht des betroffenen Kindes aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das Schulgesetz müsse deshalb die wesentlichen Auswahlkriterien selbst regeln. Wenn der Gesetzgeber die Kriterien nicht selbst benenne, könne die Auswahl bei begrenzter Kapazität nur durch das Losverfahren erfolgen. Insoweit berufen sie sich auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen vom 8.10.2003 (NvWZ-RR 2004, 258). Den Schulleitern könne die Aufstellung von Auswahlkriterien nicht überlassen werden. Auch sei die Auswahl im vorliegenden Fall fehlerhaft erfolgt. Geschwisterkinder bevorzugt auszuwählen, sei nicht zu rechtfertigen. Bei Gymnasien handele es sich um allgemein bildende Schulen, sodass Geschwisterkinder in verschiedenen Schulen die gleiche Ausbildung erfahren könnten. Der gemeinsame Schulbesuch könne sogar nachteilige Wirkungen für die Geschwisterkinder haben. Der Wohnort sei nur dann ein taugliches Kriterium, wenn es der Gesetzgeber selbst benenne. Auf möglicherweise angegebene Zweit- oder Drittwünsche für die Auswahl des Gymnasiums könne es dagegen nicht ankommen. Es fehle auch eine Prüfung des Verwaltungsgerichts, ob das Kind der Antragsteller nicht als Härtefall Berücksichtigung hätte finden müssen. Es besuche den Chor bei den Dresdner Kapellknaben. Sein Zweitwunsch, das Gymnasium, sei nicht zumutbar, da es seinen Standort für wenigstens zwei Jahre wechseln werde und vom Kind der Antragsteller dann nicht zumutbar zu erreichen sei.
Die von den Antragstellern fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu einer Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO ergeht eine einstweilige Anordnung, wenn das Bestehen eines zu regelnden Anspruch, des sogenannten Anordnungsanspruchs, und die Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung, der sogenannte Anordnungsgrund, überwiegend wahrscheinlich sind.
Hier haben die Antragsteller einen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner ihren Sohn vorläufig in das Gymnasium Dresden-Bühlau aufnimmt.
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SchulG entscheiden über alle weiteren Bildungswege im Anschluss an die Grundschule die Eltern auf Empfehlung der Schule. Das im Verfassungsrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 101 Abs. 2 Satz 1 SächsVerf) begründete Wahlrecht der Eltern umfasst im Rahmen der bestehenden Kapazität grundsätzlich auch den Besuch einer bestimmten Schule. Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann für die Kapazität grundsätzlich von der vom Schulträger festgelegten Zügigkeit der Schule und den in § 4a Abs. 2 SchulG sowie § 3 Abs. 2 SchlVO festgelegten Klassenobergrenzen ausgegangen werden. Dass die Festlegung der Zügigkeit hier evident fehlerhaft ist, ist nicht erkennbar.
Über die Aufnahme an die einzelne Schule entscheidet gemäß § 62 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 SchulG i. V. m. § 3 Abs. 2 SOGY der Schulleiter im Rahmen der verfügbaren Ausbildungsplätze. Kriterien, die der Schulleiter bei seiner Auswahlentscheidung zu beachten hat, sehen weder das Schulgesetz noch die Schulordnung Gymnasien vor. § 62 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b SchulG, wonach die Aufnahme in die weiterführenden Schulen im notwendigen Umfang beschränkt werden kann, wenn mehr Bewerber als Ausbildungsplätze vorhanden sind, und das Auswahlverfahren nach Gesichtspunkten der Eignung, Leistung und Wartezeit unter Berücksichtigung von Härtefällen zu gestalten ist, betrifft die Aufnahme an eine Schulart oder einen Bildungsgang, nicht den Zugang zu einer bestimmten Einzelschule. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die im Plural von einer Aufnahme "in die weiterführenden Schulen" spricht und nicht von der Aufnahme in eine bestimmte Schule, sowie aus den übrigen in § 62 Abs. 2 SchulG genannten Tatbeständen. Finden sich keine normativ festgelegten Kriterien über die Aufnahme an einer Schule bei Kapazitätsengpässen, liegt die Entscheidung über die angewandten Kriterien im pflichtgemäßen Ermessen des Schulleiters.
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Antragsteller, wonach der formelle Parlamentsgesetzgeber oder Verordnungsgeber selbst die Kriterien für die Aufnahme verbindlich festlegen muss. Während der Besuch einer bestimmten Schulart für die Verwirklichung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 101 Abs. 2 SächsVerf sowie für die Ausbildungsfreiheit des Kindes nach Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 29 SächsVerf von erheblicher Bedeutung ist, ist die Aufnahme an eine bestimmte Schule für die Verwirklichung beider Rechte von deutlich geringerem Gewicht. Wegen der geringeren Bedeutung kann der Gesetz- und Verordnungsgeber die Kriterien für diese Entscheidung in das Ermessen des Schulleiters stellen.
Es obliegt somit dem Schulleiter, in einem Auswahlverfahren unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf) nach sachgerechten Kriterien darüber zu entscheiden, welche der Bewerber die freien Plätze erhalten sollen, wenn die Kapazität erschöpft ist.
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Willkürverbot ist genüge getan, wenn sich für die Differenzierung ein sachlicher Grund finden lässt. Dagegen verlangt die Verhältnismäßigkeitsbindung darüber hinaus, dass zwischen Normadressaten Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Bei der verschiedenen Behandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber grundsätzlich der strengen Verhältnismäßigkeitsbindung, wohingegen bei der verschiedenen Behandlung von Sachverhalten regelmäßig lediglich die Willkürkontrolle eingreift. Bei verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.1.1993, BVerfGE 88, 87, 96 f.). Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen, die nicht an personengebundene Merkmale anknüpft, sondern an einen Sachverhalt, kommt den Besonderheiten des geregelten Lebens- und Sachbereichs für die Frage, ob die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, erhebliche Bedeutung zu. Dabei sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1997, BVerfGE 95, 267, 317 ff.).
Der Schulleiter hat somit Kriterien zu wählen, die - wenn sie an personenbezogene Merkmale des Schülers anknüpfen - sich nach Art und Gewicht für eine Differenzierung eignen oder - wenn sie an Sachverhalte anknüpfen - sich sachlich rechtfertigen lassen. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Antragsgegners, dass dann, wenn Gesetz- und Verordnungsgeber keine Abwägungskriterien vorgegeben haben, sich die notwendige Gleichbehandlung nur dadurch gewährleisten lässt, dass die freien Plätze nach dem Zufallsprinzip verteilt werden (so aber: Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1, Schulrecht, 4. Aufl., Rn. 627 und unter Verweis auf Niehues/Rux: NdsOVG, Beschl. v. 8.10.2003, NVwZ-RR 2004, 258). Vielmehr kann der Schulleiter unter sachgerechten Kriterien wählen und sich für ein oder mehrere Kriterien entscheiden. Er kann vorrangige und nachrangige Kriterien bestimmen oder auch Kriterien kombinieren. Dabei müssen allerdings die einzelnen Kriterien, ihre Vor- oder Nachrangigkeit sowie bei einer Kombination die Gewichtung der einzelnen Kriterien klar und nachvollziehbar festliegen.
Sachgerechte Kriterien neben dem Zufallsprinzip sind zum Beispiel die Berücksichtigung von Härtefällen, die Länge des Schulweges und nach Auffassung des Senates auch das Kriterium "Geschwisterkinder". Ebenso kann wohl das Kriterium Leistung herangezogen werden. Eng umgrenzte Härtefälle können nach ihrer Art und ihrem Gewicht die vorrangige Berücksichtigung von Schülern rechtfertigen oder sogar erfordern. Die Länge des Schulweges bietet einen sachlichen Grund für eine Differenzierung von Schülern. Entscheidend ist hierbei nach Sinn und Zweck des Kriteriums - Verkürzung der Schulwege - der zeitliche Bedarf für den Schulweg, nicht die Länge der Wegstrecke. Auch das Merkmal "Geschwisterkind" genügt nach Auffassung des Senates noch den Anforderungen des Gleichheitssatzes. Hierbei werden Personengruppen, nämlich Geschwisterkinder und andere Kinder unterschiedlich behandelt. Es wird aber nicht an personengebundene Merkmale angeknüpft, sondern an den Sachverhalt, dass ein Geschwisterkind bereits an der Schule Aufnahme gefunden hat. Vor dem Hintergrund und der Tatsache, dass die Zuweisung zu einer bestimmten Schule im Gegensatz zur Aufnahme in eine bestimmte Schulart oder einen bestimmten Bildungsgang sowohl für die Verwirklichung des Elternrechts als auch für die Verwirklichung der Ausbildungsfreiheit des Kindes von geringerer Bedeutung ist, ist hier ein eher großzügigerer Maßstab anzulegen. Es ist ausreichend, wenn sich die Differenzierung sachlich rechtfertigen lässt. Die Aufnahme von Geschwisterkindern an eine Schule führt für Eltern, die ihre Kinder mit zur Schule nehmen oder von ihr abholen zu erheblichen Zeiteinsparungen. Darüber hinaus müssen schulische Veranstaltungen, wie Elternsprechtage, nicht doppelt besucht werden. Die Erleichterung der Kontakte der Erziehungsberechtigten zur Schule bietet einen sachlichen Grund, der die unterschiedliche Behandlung rechtfertigt (tendenziell a. A. aber: OVG Bremen, Beschl. v. 4.10.2001, NvWZ 2003, 122, das die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz aber letztlich offen lässt, und Niehues/Rux, a. a. O. Rn. 627). Auch die bisher gezeigten Leistungen können zumindest als nachrangiges Kriterium herangezogen werden.
Vorliegend hat die Schulleiterin indes nicht nur die Kriterien "Länge der Schulwege" und "Geschwisterkinder" zugrunde gelegt, sondern auch das Kriterium "Erfüllung Zweitwunsch". Letzteres Kriterium lässt sich unter keinem denkbaren sachlichen Gesichtspunkt rechtfertigen. Der Angabe eines "Zweitwunsches" nach dem "Erstwunsch" ist es bereits begrifflich immanent, dass dieser erst als "Zweites" Bedeutung erlangt, wenn der Erstwunsch nicht erfüllbar ist. Es widerspricht dem Begriff "Zweitwunsch", diesen bereits im Rahmen des "Erstwunsches" zu berücksichtigen. Das Kriterium Erfüllbarkeit des Zweitwunsches führt dazu, dass Kinder, deren Eltern, nur um das Formular vollständig auszufüllen, einen Zweitwunsch angegeben haben, gegenüber den Schülern benachteiligt werden, deren Eltern keinen Zweitwunsch angeben haben. Ein sachlicher Grund ist hierfür nicht zu erkennen (vgl. schon den Beschl. des Senates vom 13.6.2008 - 2 B 91/08 -). Über den Erstwunsch oder Hauptwunsch ist deshalb ohne Berücksichtigung des Zweitwunsches nach sachgerechten Kriterien zu entscheiden.
Darüber hinaus ist die Auswahlentscheidung der Schulleiterin hier auch deshalb rechtwidrig, weil ihre eidesstattliche Versicherung und der Vortrag des Antragsgegners nicht eindeutig erkennen lassen, welche Kriterien vor- und nachrangig waren oder ob die Kriterien kombiniert zur Anwendung gelangten. Sofern letzteres der Fall gewesen sein sollte, wäre auch die Gewichtung der Kriterien nicht nachvollziehbar.
Durch die Vergabe der Plätze nach dem Kriterium "Erfüllung Zweitwunsch" wurden an dem Gymnasium Dresden-Bühlau Kinder aufgenommen, die die Aufnahmevoraussetzungen nach den übrigen gewählten Kriterien "Geschwisterkinder" und "Länge der Schulwege" nicht erfüllen. Hierdurch wurde das Recht des abgewiesenen Kindes der Antragsteller verletzt.
Nimmt die Schule entgegen den gesetzlichen Regelungen Schüler auf, so verkürzt sie den Zugangsanspruch anderer Bewerber und muss diese zusätzlich aufnehmen und zwar bis an die Grenze der Funktionsfähigkeit der Schule. Zusätzliche Plätze, die als Ausgleich für rechtswidrig vergebene Plätze bereit gestellt werden müssen, sind an diejenigen Bewerber zu vergeben, die ihre rechtswidrige Abweisung nicht hingenommen haben; ihnen kann ein besserer Rang solcher Bewerber, die sich mit der Abweisung abgefunden haben, nicht entgegengehalten werden (st. Rspr. d. OVG, vgl. z. B. OVG Berlin, Beschl. v. 17.12.2004 - 8 S 110.04 - juris; OVG Bremen, Beschl. v. 4.10.2001, a. a. O., sowie Beschl. v. 25.9.1990 - 1 B 52/90 - juris).
Hier ist nur noch das vorliegende Verfahren anhängig. Die übrigen Bewerber haben sich mit der Entscheidung des Antragsgegners abgefunden; ein Bewerber ist im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches zusätzlich in das Gymnasium aufgenommen worden.
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die vorläufige Aufnahme des Sohnes der Antragsteller zu einer unzumutbaren Überlast an der Schule führen könnte, durch die deren Funktionsfähigkeit und damit der Bildungsanspruch der bisher aufgenommenen Schüler beeinträchtigt werden könnte. Seine Aufnahme über die festgesetzte Kapazität hinaus ist - ähnlich wie der Zuzug eines auswärtigen Schülers - ohne Probleme verkraftbar und dem Gymnasium ohne weiteres zumutbar.
Die Entscheidung ist auch eilbedürftig. Eine Entscheidung in der Hauptsache würde voraussichtlich zu spät kommen, um dem Sohn der Antragsteller eine Aufnahme im Gymnasium Dresden-Bühlau noch im laufenden Schuljahr zu ermöglichen. Das Recht der Antragsteller, dass ihr Sohn das Gymnasium Dresden-Bühlau besucht, wäre deshalb bei einem Abwarten der Hauptsacheentscheidung zumindest teilweise endgültig vereitelt. Deshalb ist hier auch die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Wegen der zumindest teilweise begehrten Vorwegnahme der Hauptsache erscheint eine Halbierung des Auffangstreitwertes nicht angezeigt (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt z. B. bei Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Anh § 164 Rn. 14).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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