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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.11.2003
Aktenzeichen: 2 B 465/03
Rechtsgebiete: SächsPersVG, BPersVG, SächsBG


Vorschriften:

SächsPersVG § 73 Abs. 2
SächsPersVG § 79
SächsPersVG § 81
SächsPersVG § 82 Abs. 2
SächsPersVG § 87 Abs. 2
BPersVG § 68 Abs. 2
SächsBG § 42 Nr. 2
SächsBG § 99
1. Im Falle der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 82 Abs. 2 SächsPersVG bei der Entlassung eines Beamten auf Probe ist die zuständige Personalvertretung nicht nur über die beabsichtigte Maßnahme selbst, d.h. die Person, die Art der Maßnahme und den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens, zu unterrichten sondern auch über die Einlassungsgründe einschließlich des für sie maßgeblichen Sachverhaltes (im Anschluss an BVerwG, Beschl. v. 27.1.1995 - 6 P 22.95, NVwZ-RR 1995, 405).

2. Die Dienststelle kann zwar die Personalvertretung ohne Verstoß gegen § 73 Abs. 2 Sätze 3 und 4 SächsPersVG über in der Personalakte enthaltene Informationen unterrichten, wenn dies für die Aufgabenerfüllung des Personalrates unerlässlich ist. Die Übermittlung von ärztlichen Gutachten und Befunden zu einem bestimmten Beamten bedarf jedoch dessen ausdrücklicher Zustimmung.

3. Eine unterbliebene oder mangelhafte Beteiligung der Personalvertretung kann bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werden, wenn ihr noch eine echte Einwirkungsmöglichkeit auf die Entscheidung des Dienstherrn gewährt wird.

4. Die Personalvertretung kann mit Einwänden nach § 82 Abs. 2 SächsPersVG nicht in die dem Dienstherrn übertragene Beurteilungsermächtigung bei der Feststellung, ob sich ein Beamter auf Probe bewährt hat, eingreifen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 2 B 465/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Reich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger und die Richterin am Verwaltungsgericht Wagner aufgrund mündlicher Verhandlung

vom 26. November 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 9. Oktober 2001 - 11 K 2576/99 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der im Jahre 1959 geborene Kläger hatte eine Lehre als Kfz-Schlosser absolviert, bevor er ab 1.1.1978 zur Abteilung Feuerwehr der VPKA D. ging, wo er seit 1987 als Maschinist der Feuerwehr tätig war, und vom Brandschutz- und Rettungsamt der Landeshauptstadt Dresden zunächst als Angestellter übernommen wurde. Auf seinen Antrag ernannte der Oberbürgermeister der Beklagten den Kläger mit Urkunde vom 20.2.1995 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Oberbrandmeister mit Wirkung ab 1.3.1995.

Am 9.1.1998 hatte der Kläger einen Verkehrsunfall ohne Personenschaden unter Alkoholeinfluss verursacht; ihm wurde durch die Polizei der Führerschein entzogen. Eine Alkoholkontrolle an der Unfallstelle ergab 3,2 Promille; der später gemessene Blutalkoholwert betrug 2,88 Promille. Aufgrund dieses Unfalls wurde er mit seit 16.4.1998 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts R. wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde ihm entzogen unter gleichzeitiger Anordnung einer Sperrfrist von 15 Monaten.

Mit Schreiben vom 2.2.1998 teilte das Personalamt der Beklagten dem Kläger mit, es sei bereits jetzt absehbar, dass er nicht zum 1.3.1998 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werde. Bei einem Personalgespräch mit dem Kläger im Personalamt der Beklagten wurde ihm mitgeteilt, dass aufgrund des Führerscheinentzugs eine Entscheidung über die Lebenszeiternennung etc. bis auf weiteres zurückgestellt werde. Es werde aufgrund des hohen Blutalkoholwertes zum Unfallzeitpunkt eine Prüfung seiner gesundheitlichen Eignung für erforderlich gehalten. Die Betriebsärztin habe bestätigt, dass der Kläger derzeit einsatzdienstuntauglich sei. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass nach Durchsicht der Personalakte festgestellt wurde, dass es im Jahre 1990 einen Vorfall gegeben habe, als ein Disziplinarverfahren gegen ihn eröffnet wurde wegen des Fahrens mit seinem Privatfahrzeug unter Einwirkung von Restalkohol.

Der Kläger hatte die behandelnde Betriebsärztin sowie die Abteilung Sozialangelegenheiten mit Erklärung vom 13.2.1998 gegenüber dem Personalamt der Beklagten von ihrer Schweigepflicht entbunden. Am 10.3.1998 stellte die Betriebsärztin weiterhin eine Feuerwehreinsatzuntauglichkeit nach G 26, 41 und 42 fest.

Ausweislich einer Aktennotiz vom 25.3.1998 stellte der Sachgebietsleiter Organisation/Personal der Feuerwehr bei einer unangekündigten Tätigkeitsüberprüfung beim Kläger wahrnehmbaren Alkoholgeruch im Arbeitsraum fest. Er habe deshalb den Atemalkoholgehalt geprüft und bei der Messung einen Wert von 0,16 Promille nachmittags um 14.30 Uhr festgestellt. Dadurch habe er gegen die Dienstanweisung 01-05/93.3.1 verstoßen. Hierüber sei der Kläger belehrt gewesen und das konkret angesprochene strikte Alkoholverbot sei ihm bekannt.

Bei der erneuten betriebsärztlichen Untersuchung am 12.5.1998 konnte aus gesundheitlichen Gründen keine Tauglichkeit nach den berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen G 41, 42, 26 durch die Betriebsärztin ausgesprochen werden. In dem nervenfachärztlichen Attest vom 21.7.1998 führt die behandelnde Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. Z. , aus, dass der Kläger sich seit dem 26.1.1998 wegen chronischen Alkoholabusus in ständiger nervenärztlicher Behandlung und Betreuung und zugleich in Mitbehandlung der Suchtberatung und Behandlungsstelle der Diakonie befinde. Im Laufe der Behandlung sei der Patient, soweit dies beurteilbar sei, alkoholabstinent geblieben. Aus nervenfachärztlicher Sicht könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt gesagt werden, dass nach menschlichem Ermessen zurzeit das Behandlungsziel erreicht sei und der Patient in seinem eigentlichen Beruf bei der Feuerwehr wieder einsetzbar erscheine. Die Suchtberatungs- und Behandlungsstelle des Diakonischen Werkes, Stadtmission D. e.V. teilte mit Schreiben vom 20.7.1998 mit, nach der Diagnose handele es sich beim Kläger um Alkoholabhängigkeit vom Gamma-Typ mit der Indikation einer ambulanten Einzeltherapie. Der Kläger komme seit Februar 1998 regelmäßig zu einzeltherapeutischen Gesprächen in die Beratungsstelle und nehme die Termine zuverlässig und gewissenhaft wahr. Er habe begonnen alkoholabstinent zu leben und setze sich bisher auf verschiedenen Ebenen in der Therapie damit auch auseinander. Es werde vorgeschlagen die therapeutischen Gespräche fortzusetzen und empfohlen anschließend eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. Bei einer weiteren Nachuntersuchung des Klägers am 8.12.1998 konnte durch die Betriebsärztin wiederum keine Feuerwehreinsatztauglichkeit ausgesprochen werden; es könne noch keine sichere Aussage zum Eintritt der endgültigen Einsatzfähigkeit gemacht werden. Mit Schreiben vom 9.12.1998 teilte der Amtsärztliche Dienst des Gesundheitsamtes D. dem Personalamt mit, dass der Kläger alkoholkrank sei. Zwar befinde er sich in fachärztlicher psychiatrischer Behandlung; es bestehe trotzdem die Notwendigkeit einer stationären Therapie.

Das Amt für Feuerwehr teilte dem Personalamt mit Schreiben vom 19.11.1998 mit, dass der Kläger in Anbetracht seiner bisherigen Entwicklung, die von Alkohol bedingten Ausfällen in seiner Funktion als Maschinist und Feuerwehrmann mindestens seit 1993 ununterbrochen geprägt sei, im Einsatzdienst stets einen Risikofaktor darstelle und nicht weiter geduldet werden könne. Selbst nach der Eskalation seines Alkoholkonsums, die zu einem Unfall mit erheblichem Sachschaden geführt habe, sei der Kläger nicht abstinent. Seitens des Amtes Feuerwehr bestehe angesichts seiner fortdauernden Einsatzdienstuntauglichkeit und ohne Führerschein wegen eingeschränkter Einsetzbarkeit auch kein Interesse an einer Übernahme als Angestellter.

Mit Schreiben vom 15.12.1998 wurde der Kläger zur beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zum 31.3.1999 gehört und um Mitteilung gebeten, ob der Personalrat gemäß § 81 SächsPersVG beim Entlassungsverfahren beteiligt werden solle. Die Anhörung des Klägers im Personalamt, zu der ihn ein Vertreter des örtlichen Personalrates begleitete, fand am 8.1.1999 statt. Dabei wies der Kläger darauf hin, dass er sich in Betreuung von 11-3 begeben habe und seither an einer Therapie teilnehme. Er wünsche die Beteiligung des Personalrats im Entlassungsverfahren.

Mit Schreiben vom 18.1.1999 wurde dem Gesamtpersonalrat mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Kläger entsprechend § 42 Nr. 2 SächsBG wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zum 31.3.1999 zu entlassen. Zur Begründung heißt es, aufgrund der chronischen Alkoholerkrankung sei der Kläger für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich nicht geeignet. Die erheblichen Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung würden auch bis zum Ablauf der Regelprobezeit bzw. durch eine Probezeitverlängerung nicht aus dem Wege geräumt werden können. Die Rückfallgefahr sei deutlich erhöht. Unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG sei aufgrund der vorliegenden Erkrankung die Entlassungsentscheidung ermessensgerecht, auch wenn er Hilfsangebote angenommen habe. Es werde um Zustimmung gemäß § 81 SächsPersVG gebeten.

Mit Schreiben vom 11.2.1999 - beim Personalamt am 15.2.1999 eingegangen - widersprach der Gesamtpersonalrat der Beklagten der beabsichtigten Entlassung. Die mangelnde Eignung sei nicht begründet, da entsprechende Nachweise zur Stützung gänzlich fehlten. Es gebe kein ärztliches Gutachten, welches den Verdacht der chronischen Alkoholkrankheit bestätigen könnte und auch keine Disziplinarverstöße. Der Kläger sei seit 1978 im operativen Dienst der Feuerwehr mit seinen extremen psychischen und physischen Anfoderungen beschäftigt. Das Hilfsangebot, mit dem sozialen Dienst über seine Alkoholgefährdung zu sprechen, nehme er termingerecht an. Es werde auf die gegenüber dem Kläger bestehende Fürsorgepflicht hingewiesen und darauf, dass die zuständige Sachgebietsleiterin mit der Leistung des Klägers bei der Gebühren- und Leistungsabrechnung sehr zufrieden sei.

In seiner Stellungnahme vom 16.2.1999 wies der Beigeordnete für Allgemeine Verwaltung den Gesamtpersonalrat im Wesentlichen darauf hin, dass in der ärztlichen Bescheinigung der Personalärztin vom 13.5.1998, im Gutachten der Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werkes vom 20.7.1998 und im Amtsärztlichen Zeugnis vom 9.12.1998 festgestellt worden sei, dass der Kläger chronisch alkoholkrank und einsatzdienstuntauglich sei, so dass die Behauptung, es würde kein amtsärztliches Gutachten existieren, falsch sei. Des Weiteren sei gegen den Kläger im Zusammenhang mit seiner Alkoholabhängigkeit ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs unter Einfluss von Alkohol ergangen. Das Personalamt halte an der beabsichtigten Maßnahme fest.

Am 17.2.1999 wurde dem Kläger der Bescheid vom 5.2.1999 ausgehändigt, wonach er mit Ablauf des 31.3.1999 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen (Ziffer 1) und die sofortige Vollziehung angeordnet wurde (Ziffer 2). Die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe beruhe auf § 42 Nr. 2 SächsBG mangels gesundheitlicher Eignung aufgrund seiner Alkoholerkrankung. Dagegen legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26.2.1999 Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 10.3.1999 widersprach der Gesamtpersonalrat der Beklagten der Entlassung erneut, mahnte an, dass die in Bezug genommenen ärztlichen Bescheinigungen und Gutachten obwohl gefordert noch nicht vorlägen, und verwies nochmals auf die psychische und physische Beanspruchung des Klägers in seiner 20jährigen Tätigkeit im operativen Dienst bei der Feuerwehr. Daraufhin und in der Folge des Vierteljahresgesprächs führte der Oberbürgermeister der Beklagten mit Schreiben vom 31.3.1999 im Wesentlichen aus, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers im Angestelltenverhältnis nicht in Betracht komme, weil er nicht dienstfähig sei. Versagungsgründe i.S.d. § 82 Abs. 2 SächsPersVG seien nicht vorgebracht worden, so dass an der Entscheidung, den Kläger aus dem Beamtenverhältnis auf Probe am 31.3.1999 zu entlassen, festgehalten werden; die Entlassung sei fristgemäß verfügt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.7.1999 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Am 16.8.1999 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 5.2.1999 Klage u.a. mit der Begründung, die Zustimmung des Personalrates zur Entlassungsverfügung sei nicht erteilt worden. Eine mitbestimmungswidrige Maßnahme sei grundsätzlich unwirksam.

Das Verwaltungsgericht hat die Entlassungsverfügung vom 5.2.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.1999 mit Urteil vom 9.10.2001 - 11 K 2576/99 - aufgehoben.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht u.a. aus: Wenn die Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung aufgrund chronischer Alkoholerkrankung beabsichtigt sei und der Beamte die Beteiligung der Personalvertretung beantragt habe, werde der Unterrichtenspflicht nur hinreichend Genüge getan, wenn der Dienststellenleiter ärztliche Bescheinigungen und Gutachten, auf die er die Annahme einer chronischen Alkoholerkrankung stütze, vorlegt. Denn nur durch Vorlage dieser Unterlagen werde der Personalrat in die Lage versetzt, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Entlassung i.S.d. § 42 Nr. 2 SächsBG erfüllt seien. Vorliegend sei der Dienststellenleiter der Vorlagepflicht nicht nachgekommen, so dass die Entlassungsverfügung aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Personalvertretung rechtswidrig sei. Sie sei weder nachträglich geheilt worden, noch sei die Verweigerung der Zustimmung des Gesamtpersonalrates unbeachtlich.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 25.6.2003 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zugelassen.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Selbst wenn ein Fehler in der Unterrichtung des Personalrats wegen Nichtvorlage der ärztlichen Gutachten zu sehen sein sollte, wäre dieser nach dem in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken unbeachtlich. Im Übrigen sei das Beteiligungsverfahren nach Auffassung der Beklagten fehlerfrei durchgeführt worden. Es widerspreche den gesetzlichen Regelungen des § 73 Abs. 2 Satz 3 SächsPersVG und § 120 SächsBG, dass bereits der Wunsch nach Beteiligung der Personalvertretung implizit die Zustimmung zur Weitergabe ärztlicher Dokumente enthalte. Es dürften Personalakten nämlich nur mit Zustimmung des Beschäftigten und nur von den von ihm bestimmten Mitgliedern der Personalvertretung eingesehen werden. Ebenso dürfe nach § 120 SächsBG die Personalakte wie bei einem Bevollmächtigten nur mit schriftlicher Zustimmung des Beamten und nur von einem namentlich bestimmten Mitglied des Personalrates eingesehen werden. Der Beamte könne weder den Personalrat als Institution bevollmächtigen noch die Auswahl der einsichtsberechtigten Mitglieder der Personalvertretung überlassen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 9. Oktober 2001 - 11 K 2576/99 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt der Berufung substantiiert entgegen und verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens, des Zulassungsverfahrens sowie die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren verwiesen. Dem Senat lagen die Personalakte des Klägers und die Vorermittlungsakte vor, die - wie die genannten Gerichtsakten - Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 5.2.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.1999 ist formell und materiell rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Entlassungsverfügung ist nicht deswegen rechtswidrig und aufzuheben, weil das vorgeschriebene Verfahren über die vom Kläger gewünschte Beteiligung der Personalvertretung nicht eingehalten worden wäre.

Gemäß § 81 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 SächsPersVG hat die Personalvertretung auf Antrag des Beschäftigten mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Beamten bei Entlassung von - wie hier - Beamten auf Probe, wenn diese die Entlassung nicht selbst beantragt haben. Zu diesem Zweck unterrichtet der Dienststellenleiter die Personalvertretung von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt ihre Zustimmung (§ 79 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG), die als erteilt gilt, wenn die Personalvertretung sie nicht innerhalb der maßgeblichen Erklärungsfrist verweigert (§ 79 Abs. 2 Satz 5 SächsPersVG). Die Erklärungsfrist beträgt zehn Arbeitstage ab Zugang des Zustimmungsantrags bei der Personalvertretung (§ 79 Abs. 1 Satz 3 SächsPersVG; BVerwG, Beschl. v. 10.8.1987 - 6 P 22.84, ZBR 1988, 258) bzw. 20 Arbeitstage, wenn die Stufenvertretung zu beteiligen ist (§ 87 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG). Unterbleibt die gebotene Beteiligung des Personalrates oder erfolgt diese nicht ordnungsgemäß, so ist die betreffende Maßnahme, wenn sie als Verwaltungsakt ergeht, aufgrund einer Anfechtungsklage aufzuheben (st. Rspr.; BVerwG, Urt. v. 9.12.1999 - 2 C 4.99, BVerwGE 110, 173, 180).

a) Durch die Unterrichtung sollen dem Personalrat - in der Regel unaufgefordert und zugleich mit dem Zustimmungsantrag - die Kenntnisse vermittelt werden, die er zu einer sachgerechten Entscheidung über den Gegenstand des Mitbestimmungsverfahrens benötigt. Geschieht die Übermittlung der für die Meinungs- und Willensbildung des Personalrates erforderlichen Informationen und Unterlagen erst nachträglich, so beginnt die Erklärungsfrist erst zu laufen, wenn der Personalrat ausreichend und vollständig unterrichtet ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.8.1987, aaO, S. 258; Beschl. v. 27.1.1995 - 6 P 22.92; NVwZ-RR 1995, 405, 407). In Personalangelegenheiten, die einen einzelnen Beschäftigten betreffen, genügt es regelmäßig, dass der Personalrat über die beabsichtigte Maßnahme selbst, d.h. über die betroffene Person, die Art der Maßnahme und den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens informiert wird (BVerwG, Beschl. v. 10.8.1987, aaO, S. 259). Im Falle einer Entlassung gehört zu einer vollständigen Unterrichtung zusätzlich, dass der Dienstherr die Entlassungsgründe einschließlich des für sie maßgeblichen Sachverhaltes mitteilt (BVerwG, Beschl. v. 27.1.1995, aaO; OVG NW, Urt. v. 21.3.1991 - 12 A 642/90, DVBl. 1991, 718).

Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 1. HS SächsPersVG ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Zur Aufgabenerfüllung und Wahrnehmung der eingeräumten Befugnisse sind ihr gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG - insoweit gleichlautend mit § 68 Abs. 2 Satz 2 BPersVG - die erforderlichen Unterlagen vorzulegen, wobei Einschränkungen für Personalakten und dienstliche Beurteilungen bestehen. Umfang und Grenzen des Vorlageanspruchs ergeben sich aus dem Mitbestimmungstatbestand, seinem Schutzzweck und - in den Fällen der eingeschränkten Mitbestimmung - aus den gesetzlich festgelegten Gründen für eine etwaige Zustimmungsverweigerung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.1.1994 - 6 P 21.92, NVwZ 1995, 91, 92). Sind einzelne Informationen und Auskünfte, die teilweise mit den Inhalten der Personalakten übereinstimmen, zur Aufgabenerfüllung des Personalrates unerlässlich, so schließen die Spezialregelungen in § 73 Abs. 2 Sätze 3 und 4 SächsPersVG - insoweit gleichlautend mit § 68 Abs. 2 Sätze 3 und 4 BPersVG - deren Vorlagefähigkeit an den Personalrat nicht aus; dem Persönlichkeitsschutz kann durch eine am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierte Art und Weise der Vorlage Genüge getan werden (vgl. zu Bewerbungsunterlagen in Auswahlverfahren: BVerwG, Beschl. v. 26.1.1994, aaO, S. 93).

Hat der Dienststellenleiter in Anwendung dieser Grundsätze zwar unter Umständen die Möglichkeit, der Personalvertretung auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen Informationen und Auskünfte aus der Personalakte zugänglich zu machen, so ist damit aber noch nichts gesagt über die Frage, ob auch ärztliche Gutachten, Krankenberichte und sonstige Informationen über Erkrankungen des Beamten vorlagefähig sind. In diesen Fällen - wie dem vorliegenden - ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein strengerer Maßstab anzulegen.

Da eine ausdrückliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erforderlich ist, damit die Dienststelle durch einen (Amts-)Arzt von Erkrankungen des Beamten, ärztlichen Diagnosen, Befunden u. Ä. Kenntnis nehmen kann (vgl. auch § 118 Satz 4 SächsBG; § 46a Abs. 2 und 3 BBG), bedarf es auch bei vom Beamten auf Probe gewünschter Beteiligung der Personalvertretung in seinem Entlassungsverfahren wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung dessen ausdrücklicher Zustimmung, damit dem Personalrat derartige Unterlagen vorgelegt werden können. Denn die Mitbestimmung der Personalvertretung dient nicht in erster Linie dem Interesse einzelner Beschäftigter, sondern im Beteiligungsverfahren zwischen der Personalvertretung und der Dienststelle stellt vornehmlich das Wohl aller Beschäftigten und die Verhältnisse in der Dienststelle als Ganzes die Richtschnur des personalvertretungsrechtlichen Handelns dar (BVerwG, Urt. v 24.11.1983 - 2 C 27.82, BVerwGE 68, 197, 201). Dem entsprechend erfolgt die Beteiligung des Personalrates nur auf Antrag. Dem Beamten wird die Entscheidung abverlangt, ob er die damit verbundene Offenbarung von seine Persönlichkeitssphäre betreffenden Sachverhalten gegenüber den Mitgliedern der Personalvertretung in Kauf nimmt, etwa weil er sich für sein Entlassungsverfahren Vorteile verspricht, oder nicht. Indes kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Beamte auch ein weiteres Eindringen in seine Privatsphäre durch Bekanntgabe von ärztlichen Diagnosen, Befunden oder Gutachten der nicht ausschließlich seinen Schutzinteressen verpflichteten Personalvertretung gestattet. Hierzu bedarf es einer weiteren ausdrücklichen Erlaubnis oder Zustimmung.

Waren demzufolge weder das amtsärzliche Gutachten vom 9.12.1998, noch das nervenfachärztliche Attest der behandelnden Fachärztin Dr. Z. vom 21.7.1998, noch die Auskunft der Suchberatungsstelle des Diakonischen Werkes vom 20.7.1998 dem Gesamtpersonalrat vorzulegen, kommt es darauf an, ob die Personalvertretung auch ohne diese Unterlagen ausreichend und vollständig unterrichtet worden war.

Der Zustimmungsantrag vom 18.1.1999 entspricht nicht den Anforderungen, die an eine vollständige und ausreichende Unterrichtung der Personalvertretung zu stellen sind, da der maßgebliche Sachverhalt (Verkehrsunfall, Verurteilung, amtsärztliche Einschätzung, u.U. Disziplinarverfahren, ambulante Behandlung und Therapie) nicht mitgeteilt wurde. Im Zustimmungsantrag war als Entlassungsgrund nur die Aussage enthalten, der Kläger sei aufgrund seiner chronischen Alkoholerkrankung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet. Auch dem beigefügten Anhörungsprotokoll war der der Eignungsbeurteilung der Entlassungsbehörde zugrundeliegende Sachverhalt nicht zu entnehmen. Allenfalls mittelbar konnte aus den wenigen Angaben geschlossen werden, dass eine Alkoholproblematik vom Kläger zugestanden wurde. Ausreichende Angaben für eine umfassende Unterrichtung des Gesamtpersonalrates der Beklagten enthält indes das Schreiben des Beigeordneten vom 16.2.1999. Die Erklärungsfrist des § 79 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 87 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG begann somit erst ab Zugang dieses Schreibens beim Gesamtpersonalrat der Beklagten zu laufen, also frühestens am 17.2.1999. Zu diesem Zeitpunkt war die auf den 5.2.1999 datierte Entlassungsverfügung, die dem Kläger am 17.2.1999 übergeben wurde, allerdings bereits bekanntgegegeben worden.

b) Obwohl das Mitbestimmungsrecht der zuständigen Personalvertretung vor Ausspruch der Entlassung nicht beachtet worden war, konnte die Beteiligung des Gesamtpersonalrates bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 15.7.1999 wirksam nachgeholt werden.

Die auf Antrag des Probebeamten hin vorgesehene Beteiligung nach § 81 Abs. 1 Nr. 11 SächsPersVG soll der Personalvertretung Gelegenheit geben, auf die Willensbildung der Dienststelle im Rahmen der Entlassungsentscheidung wirkungsvoll Einfluss zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1983, - 2 C 9.82, BVerwGE 68, 189, 192; OVG NW, Urt. v. 21.3.1991, aaO, S. 719). Das bedeutet, dass die Personalvertretung in der Regel vor dem Ausspruch der Entlassung gegenüber dem Beamten zu beteiligen ist. Jedoch ist ein Nachholen des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens nicht aus Rechtsgründen von vornherein ausgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 24.11.1983, aaO, S. 193). Ausnahmsweise kann das Beteiligungsverfahren noch nach Erlass der dem Beteiligungsrecht unterworfenen Maßnahme durchgeführt werden, wenn auch in dem späteren Stadium noch eine echte Einwirkungsmöglichkeit der Personalvertretung gewährt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.5.1985 - 2 C 23.83, ZBR 1985, 347). Bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides ist die Willensbildung des Dienstherrn in der Regel noch nicht endgültig abgeschlossen, so dass die Personalvertretung noch ihre Einwände geltend machen und auf die abschließende Entscheidung des Dienstherrn Einfluss nehmen kann (so auch OVG MV, Beschl. v. 14.12.1998 - 2 L 204/98, zitiert nach Juris).

Eine solche echte Einwirkungsmöglichkeit bestand auch vorliegend. Denn auf das Schreiben vom 16.2.1999 hat der Gesamtpersonalrat tatsächlich reagiert, indem er mit Schreiben vom 10.3.1999 (fristgerecht) seinen Widerspruch zur Entlassung des Klägers wiederholte und auf eine Weiterbeschäftigung zumindest im Angestelltenverhältnis hinwies. Eines erneuten Widerspruchs hätte es aus der Sicht des Gesamtpersonalrates nicht bedurft, wenn er diesen als aussichtlos angesehen hätte. Mit dem Vorbringen der Personalvertretung hat sich schließlich der Oberbürgermeister in seiner Antwort vom 31.3.1999 ausführlich auseinandergesetzt, nachdem er die Angelegenheit nochmals hatte prüfen lassen. Daraus und aus der Formulierung, dass an der Entscheidung, den Kläger zu entlassen, festgehalten werde, lässt sich entnehmen, dass der Dienststellenleiter seine Entscheidung aufgrund des Einwandes des Gesamtpersonalrates überdacht hat. Eine Abänderungsmöglichkeit bestand noch und war auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die sofortige Vollziehung der Entlassung im Bescheid vom 5.2.1999 angeordnet worden war.

c) Verweigert der Personalrat seine Zustimmung, so ist dies unbeachtlich und nicht geeignet, das Einigungsverfahren nach § 79 Abs. 3 oder Abs. 4 SächsPersVG auszulösen, wenn der Zustimmungsverweigerung jede Begründung fehlt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.6.1986 - 6 P 4.83, ZBR 1987, 28). Dasselbe gilt, wenn die Personalvertretung die Zustimmungsverweigerung zwar begründet, die geltend gemachten Gründe aber offensichtlich machen, dass der Personalrat sich auf die ihm gesetzlich zugebilligten Gründe nicht stützen kann. Mit anderen Worten: lassen sich die vom Personalrat angeführten Gründe offensichtlich keinem Verweigerungsgrund zuordnen, darf der Dienststellenleiter über die Verweigerung der Zustimmung hinweggehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.6.1986, aaO, S. 29 m.w.N.). Sie ist ferner unbeachtlich, wenn die dafür gegebene Begründung offensichtlich außerhalb irgendeines Mitbestimmungstatbestandes liegt, wenn also die tatsächlichen Annahmen der Personalvertretung völlig aus der Luft gegriffen sind oder neben der Sache liegen (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1992 - 6 P 16.91, ZBR 1993, 317, 318). An die Würdigung der Zustimmungsverweigerung ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, insbesondere ist die Dienststelle nicht befugt, die gegebene Begründung einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen und außerhalb des Verfahrens vor der Einigungsstelle ihre Auffassung dem personalvertretungsrechtlichen Partner aufzuzwingen (BVerwG, Beschl. v. 9.12.1992, aaO). Selbst wenn der Dienststellenleiter sich der Stellungnahme des Personalrates nicht anzuschließen vermag, sollte er seine Gründe mit der Personalvertretung erörtern, um ggf. doch noch deren Einverständnis einzuholen, obwohl er nicht gehindert ist, die von ihm beabsichtigte Maßnahme durchzuführen (BVerwG, Urt. v. 20.6.1986, aaO, S. 28, 29).

Nach § 82 Abs. 2 SächsPersVG kann der Personalrat in den Fällen des § 81 Abs. 1 SächsPersVG seine Zustimmung verweigern, wenn die Maßnahme gegen das Gesetz verstößt oder sonst (im weiteren Sinne) rechtswidrig ist (Nr.1) oder die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte benachteiligt wird, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist (Nr. 2). In den Entlassungsfällen der vorliegenden Art handelt es sich somit grundsätzlich nur um eine auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit beschränkte Mitbestimmung. Das Vorbringen des Personalrates muss es aus der Sicht eines sachkundigen Dritten zumindest als möglich erscheinen lassen, dass einer der gesetzlichen Verweigerungsgründe gegeben ist (BVerwG, Beschl. v. 17.8.1998 - 6 PB 4.98, zitiert nach Juris). Bei den beamtenrechtlichen Entlassungstatbeständen ist zu beachten, dass der Personalrat seine Zustimmungsverweigerung nicht auf eine von der Entscheidung des Dienstherrn abweichende Beurteilung der Eignung und Befähigung des Beschäftigten stützen kann (BVerwG, Beschl. v. 10.8.1987, aaO, S. 259). Genau wie der Maßstab der gerichtlichen Überprüfung bei der der Entlassungsbehörde eingeräumten Beurteilungsermächtigung begrenzt ist, kann der Personalrat die Zustimmung zu einer beabsichtigten Personalmaßnahme nur dann verweigern, wenn die Dienststelle bei der Eignungsbeurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (BVerwG, Beschl. v. 20.6.1986, aaO, S. 29).

aa) Vorliegend verweigerte der Gesamtpersonalrat die Zustimmung zur beabsichtigten Entlassung des Klägers mit der Begründung, der Kläger habe sich als Bewährungsbeamter vor seiner Ernennung nach Eignung, Befähigung überprüfen lassen; er sei uneingeschränkt den Anforderungen gewachsen.

Dass die gesundheitliche Eignung des Klägers bei seiner Anstellung als Beamter auf Probe bereits geprüft worden war, gibt für die Beurteilung seiner (derzeitigen und künftigen) Eignung nichts her. Vielmehr setzt die Personalvertretung damit ihre eigene Einschätzung der (gesundheitlichen) Eignung des Klägers an die des Dienststellenleiters der Beklagten. Hierzu ist sie nicht befugt, da der Entlassungsbehörde insoweit ein Beurteilungspielraum zusteht und nur ihr allein die Beurteilung der Beschäftigten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung obliegt. In diese Beurteilungsermächtigung kann die Personalvertretung mit ihren Einwendungen aus § 82 Abs. 2 SächsPersVG nicht eindringen (BVerwG, Beschl. v. 20.6.1986, aaO, S. 29). Dass der Gesamtpersonalrat mit diesem Vorbringen rechtlich relevante Beurteilungsfehler im dargelegten Sinne rügen wollte, lässt sich der Begründung der Zustimmungsverweigerung weder im Schreiben vom 11.2.1999 noch im Schreiben vom 10.3.1999 entnehmen.

bb) Die weitere Begründung der Personalvertretung, es fehlten Nachweise über die chronische Alkoholkrankheit des Klägers, greift aus den o.g. Gründen nicht durch, da ihr Nachweise hierüber nicht vorgelegt werden mussten. Jedenfalls im Schreiben vom 16.2.1999 wird ausgeführt, auf welche Unterlagen sich die Beklagte bei ihrer Feststellung einer chronischen Alkoholerkrankung des Klägers und dessen Einsatzdienstuntauglichkeit stützte. Der Einwand fehlender Nachweise kann zudem an der amtsärztlich festgestellten Alkoholerkrankung des Klägers nichts ändern. Insbesondere handelt es sich dabei um keine vorgeschobene oder sachfremde Begründung für die fehlende gesundheitliche Eignung des Klägers (siehe unten). Dieser Einwand fehlender Nachweise hätte freilich durch die Unterrichtung des Gesamtpersonalrates über die amtsärztliche Untersuchung, das disziplinarrechtliche Vorermittlungsverfahren und die strafrechtliche Verurteilung zusammen mit dem Zustimmungsantrag vermieden werden können. Im vorliegenden Einzelfall war das Alkoholproblem des Klägers der Personalvertretung außerdem bekannt. Dies ergibt sich aus der Begründung der Zustimmungsverweigerung vom 11.2.1999, wonach der Kläger das Hilfsangebot, mit dem sozialen Dienst über seine Alkoholgefährdung zu sprechen, termingerecht annehme. Dass die Pesonalvertretung das Ausmaß der Alkoholproblematik beim Kläger anders, nämlich als bloße Alkoholgefährdung, beurteilt als der Dienstherr, führt nicht zur Annahme eines beachtlichen Verweigerungsgrundes. Vielmehr greift sie damit gerade in die Eignungsbewertung des Dienstherrn ein, wonach dieser prognostisch zu entscheiden hat, ob der Kläger auch in Zukunft den Anforderungen gerecht werden wird, die sein Amt erfordern würden.

Auch hätte die Vorlage der ärztlichen Gutachten nichts an der Unbeachtlichkeit dieses Verweigerungsgrundes geändert: Nicht dem Personalrat - wie der Kläger in der Berufungserwiderung meint - sondern dem Dienstherrn steht ein Beurteilungsspielraum bei der Bewertung der sog. "kritischen Phase" seiner Alkoholkrankheit zu. Dass beim Kläger zumindest eine Alkoholgefährdung vorlag, war trotz fehlender ärztlicher Unterlagen aus der Sicht der Personalvertretung nicht in Abrede gestellt worden. Der Kläger verkennt, dass nicht der Personalrat sich ein Bild über die Dienstfähigkeit machen muss, um eine tragfähige Entlassungsentscheidung treffen zu können, sondern nur der Dienstherr. Bei der in § 81 Abs. 1 Nr. 11 i.V.m. § 82 Abs. 2 SächsPersVG vorgesehenen Beteiligung handelt es sich nicht um eine "echte" Mitentscheidung der Personalvertretung über die Entlassung, sondern die Mitbestimmung ist beschränkt auf eine der Entlassung vorgeschaltete Rechtskontrolle des Dienstherrn, der allein und ausschließlich über die Frage der Bewährung und - wie hier - mangelnden gesundheitlichen Eignung zu entscheiden hat. Dies ergibt sich aus § 79 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SächsPersVG. Nach jenen Vorschriften entscheidet der Dienstherr endgültig u. a. in den Fällen des § 81 Abs. 1 Nr. 11 SächsPersVG, wenn sich die Einigungstelle nicht der Auffassung der obersten Dienstbehörde anschließt und deswegen eine Empfehlung beschließt. Zu einem obligatorischen Verfahren vor der Einigungsstelle kommt es indes nur, wenn die Personalvertretung mit der Zustimmungsverweigerung beachtliche Gründe i.S.d. § 82 Abs. 2 SächsPersVG gegen die Entlassung vorbringt.

cc) Die weitere Rüge, dass der vom Europäischen Gerichtshof entwickelte gemeinschaftsrechtliche Arbeitnehmerbegriff vorliegend einschlägig sein könnte, greift schon deshalb nicht, da offensichtlich keinerlei Bezug zum EU-Ausland besteht. Der Gesamtpersonalrat bezeichnet auch keine Vorschrift des in Bezug genommenen "ArbSchG (analog KSchG)", auf die dieser Arbeitnehmerbegriff anzuwenden wäre und die möglicherweise verletzt worden sein könnte. Selbst wenn an die Formulierung der Begründung im Einzelnen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, so muss sich daraus jedenfalls der maßgebende rechtliche Gesichtspunkt und die tatsächlichen Umstände ergeben, aus denen der Personalrat seine Rüge ableitet (BVerwG, Beschl. v. 17.8.1998, aaO). Dies war hier nicht der Fall.

dd) Die Begründung für die Zustimmungsverweigerung, der Dienstherr habe nach § 99 SächsBG für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen, stellt offensichtlich keinen Verweigerungsgrund i.S.d. § 82 Abs. 2 SächsPersVG dar.

Denn die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht gebietet gerade nicht die Weiterbeschäftigung eines ungeeigneten Beamten (Woydera/Summer/Zängl, Sächsisches Beamtengesetz, Loseblatt Stand Juni 2003, § 42 Anm. 14). Vielmehr besteht für die Entlassungsbehörde kein Handlungsermessen mehr, wenn die mangelnde Bewährung des Probebeamten feststeht (BVerwG, Urt. v. 29.5.1990 - 2 C 35.88, NVwZ 1991, 170 ff). Allenfalls wenn die Behörde zuvor gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen hat, etwa in dem sie den Beamten unnötig lange im Ungewissen über sein beamtenrechtliches Schicksal gelassen hat - wofür hier nichts spricht -, käme die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes in Betracht, die zu einer Verwirkung der Berufung auf Entlassungsgründe allenfalls in Ausnahmefällen führen kann (Zängl in Fürst, GKÖD, Loseblatt Stand 2/2002 Band I K, § 31 RdNr. 36).

Soweit der Gesamtpersonalrat schließlich in seinem Schreiben vom 10.3.1999 vorgebracht hat, die Fürsorgepflicht sei gerade in solchen Situationen gefragt und habe in einem anderen Fall, in dem der Beamte auf Probe entlassen und im Angestelltenverhältnis eingestellt wurde, gefruchtet, ist auch darin kein Verweigerungsgrund zu sehen. Eine Benachteiligung i.S.d. § 82 Abs. 2 Nr. 2 SächsPersVG eines Beamten kann nicht darin gesehen werden, dass er mangels Eignung entlassen wird, weil dies naturgemäß z. T. erhebliche Nachteile für den Betroffenen mit sich bringt. Eine Wiedereinstellung als Angestellter war nicht Gegenstand des Zustimmungsantrages.

2. Die Entlassungsverfügung der Beklagten vom 5.2.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.1999 ist auch materiell rechtmäßig.

Nach § 42 Nr. 2 SächsBG kann ein Probebeamter entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit mangels Eignung, Befähigung oder fachlicher Leistung nicht bewährt hat. Diese Vorschrift steht in engem Zusammenhang mit § 8 Abs. 1 Nr. 3 SächsBG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in einer Probezeit bewährt hat (Woydera/Summer/Zängl, aaO, § 42 SächsBG Anm.1. a)). § 42 Nr. 2 SächsBG - insoweit im Wesentlichen gleichlautend mit § 31 Abs. 1 Nr. 2 BBG - räumt dem Dienstherrn indes kein Ermessen ein, einen Beamten auf Probe im Dienst zu belassen, wenn dessen Nichtbewährung feststeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.5.1990 - 2 C 35.88, NVwZ 1991, 170 ff). Dieser Entlassungsgrund ist Folge des Leistungsprinzips als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums, nach dem nur in jeder Hinsicht geeignete Personen Beamte werden sollen (Zängl in Fürst, aaO, § 31 RdNr. 25 m.w.N. zur Rechtsprechung). Ob sich der Beamte auf Probe in der Probezeit bewährt hat, beurteilt sich einerseits danach, ob er die in ihn gesetzten Erwartungen während dieser Zeit erfüllt hat, und beinhaltet darüber hinaus anderseits die Prognose, ob aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, des gezeigten Verhaltens und sämtlicher Umstände damit zu rechnen ist, dass der Beamte auch auf Dauer den an ihn zustellenden Anforderungen gerecht werden wird (Zängl in Fürst, aaO, K § 31 RdNr. 26).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 26.6.1980, BVerwGE 60, 245, 246) und des Senats (vgl. nur Urt. v. 24.8.1999 - 2 S 187/99, SächsVBl. 2000, 10, 11; Beschl v. 24.2.2003 - 2 B 309/00) ist die Einschätzung der Eignung, Befähigung und Leistung eines Beamten auf Probe ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil, welches nur daraufhin überprüft werden kann, ob der gesetzliche Begriff der Bewährung oder die gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein falscher Sachverhalt zugrunde liegt und allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Die Feststellung der Bewährung bildet somit einen Akt wertender Erkenntnis, für den dem Dienstherrn ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (Zängl in Fürst, aaO, § 31 RdNr. 29 m.w.N.). Die Entlassung eines Beamten auf Probe ist gerechtfertigt, wenn sein Verhalten während der Probezeit dem Dienstherrn Anlass zu begründeten Zweifeln gibt, der Beamte werde den Anforderungen des Amtes in gesundheitlicher Hinsicht auf Dauer nicht gerecht (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.7.2001 - 2 A 4.00 -, NVwZ-RR 2002, 49). Auf Umstände, die schon bei der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe vorlagen und geprüft wurden oder zu prüfen gewesen wären, kann eine mangelnde gesundheitliche Bewährung nicht gestützt werden, es sei denn, damals erschien der Mangel als während der Probezeit behebbar (Zängl in Fürst, aaO, § 31 RdNr. 30).

Die gesundheitliche Eignung des Klägers, nämlich sein Alkoholproblem, war nicht schon bei seiner Ernennung zum Probebeamten mit Wirkung zum 1.3.1995 von der Ernennungbehörde zu erkennen und zu prüfen gewesen. Aus Sicht des Personalamtes gab es dafür trotz des aktenkundigen disziplinarrechtlichen Vorgangs wegen Fahrens unter Einwirkung von Restalkohol im Februar 1990 keinen Anlass, an der gesundheitlichen Eignung zu zweifeln. Der Vorfall lag bereits einige Jahre zurück und aus der Personalakte ergeben sich keine weiteren Vorkommnisse bis zur Ernennung. Problematisch erscheint allerdings die Stellungnahme des Direktors der Feuerwehr zur beabsichtigten Entlassung, laut derer der Kläger einen Risikofaktor darstelle, weil es mindestens seit 1993 alkoholbedingte Ausfälle in seiner Funktion als Maschinist gegeben habe; dennoch war durch den damaligen Amtsleiter am 16.7.1993 die Bewährung des Klägers als Maschinist festgestellt worden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Kläger damals nicht erkennbar alkoholkrank war und dass ihm hinsichtlich seines damaligen Alkoholproblems seitens der Feuerwehreinsatzleitung zugebilligt wurde, dass er dieses im Laufe der Probezeit würde bewältigen können. Außerdem können Vorkommnisse, die vor der Ernennung zum Beamten auf Probe lagen und bei der Einstellung hätten geprüft werden können, dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen im Zusammenhang mit weiteren Vorkommnissen während der Probezeit Bedeutung zu kommt (sog. Summeneffekt: Woydera/Summer/Zängl, aaO, § 42 SächsBG Anm. 12. a)). So liegt der Fall hier: es kam kurz vor dem geplanten Termin zur Ernennung des Klägers zum Beamten auf Lebenszeit zu einem Verkehrsunfall mit erheblichem Sachschaden, weil der Kläger ein Fahrzeug unter Einwirkung von Alkohol (BAK 2,88 Promille) im Straßenverkehr geführt hat.

Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung kommt dem Zeugnis des Gesundheitsamtes besondere Bedeutung zu, denn bei Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung ist in der Regel eine amtsärztliche Untersuchung angezeigt (Woydera/Summer/Zängl, aaO, § 42 SächsBG Anm. 12. b)). Um die Bewährung zu verneinen, genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung besitzt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig ist (BVerwG, Urt. v. 29.5.1990, aaO, S. 171). Vorliegend ist der Amtsarzt zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger alkoholkrank ist und dass die Notwendigkeit einer stationären Therapie besteht. Damit bestanden auch ca. ein Jahr nach dem Verkehrsunfall des Klägers die damals aufgetretenen Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers fort und die Beklagte hatte über dessen Entlassung zu entscheiden.

Gemessen an den o.g. Grundsätzen begegnet die Entscheidung, den Kläger mangels gesundheitlicher Eignung nicht zum Lebenszeitbeamten zu ernennen sondern zu entlassen, keinen rechtlichen Bedenken.

Dass der Kläger sich selbst nicht für alkoholkrank hielt, ist für die Entscheidung der Beklagten unerheblich. Die Entlassungsbehörde durfte sich auf die Feststellungen des Amtsarztes stützen sowie auf dessen Forderung, dass eine stationäre Therapie notwendig sei. Zu einer solchen war der Kläger im Übrigen nicht bereit gewesen; seine Therapiebereitschaft beschränkte sich auf die regelmäßigen Gespräche mit der Nervenärztin und der Suchtberatungsstelle, wodurch z. B. eine verläßliche Abstinenzkontrolle nicht gewährleistet wird. Der weitere Einwand des Klägers, die Begründung des Entlassungsbescheides sei falsch, weil sich aus dem Gutachten von Dr. Z. vom Juni 1999 ergebe, dass er eine Therapie begonnen habe und als nicht alkoholkrank eingeschätzt werde, lässt sich anhand der vorliegenden ärztlichen und therapeutischen Einschätzungen nicht nachvollziehen. Zum einen hatte der Amtsarzt eine Alkoholerkrankung festgestellt und zum anderen war der Kläger sowohl bei Dr. Z. wegen chronischen Alkoholismus' (Attest vom 19.3.1999) als auch bei der Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werkes wegen dort diagnostizierter Alkoholabhängigkeit (Schreiben vom 20.7.1998) in Behandlung. Selbst wenn - wie der Kläger meint - diese Erkrankung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides als geheilt anzusehen gewesen wäre, stellte sich im Zusammenhang mit der prognostischen Beurteilung seiner gesundheitlichen Eignung durch die Beklagte immer noch der Frage der Rückfallgefährdung. Die ausführlichen Erwägungen im Widerspruchsbescheid vom 15.7.1999 hierzu geben keinen Anlass zu rechtlicher Beanstandung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.002,28 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b) GKG. Der DM-Betrag war in Euro umzurechnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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