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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 04.05.2005
Aktenzeichen: 2 B 524/04.A
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 1
1. Der Abfall vom Islam (Apostasie) ist nicht nach kodifiziertem iranischem Strafrecht, jedoch nach islamischem Recht mit Strafe bedroht. Nach der im Iran geübten Rechtspraxis droht jedoch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen des in Deutschland erfolgten Übertritts zum christlichen Glauben die Gefahr, in asylrelevanter Weise nach religiösem Recht bestraft oder sonst verfolgt zu werden.

2. Das religiöse Existenzminimum eines in Deutschland vom moslemischen zum christlichen Glauben übergetretenen iranischen Staatsangehörigen ist im Falle der Rückkehr in den Iran auch dann gewahrt, wenn der Apostat dort seinen neuen christlichen Glauben ausüben und nicht verleugnen will.

3. Iranischen Staatsangehörigen droht bei Rückkehr in ihr Heimatland wegen in Deutschland erfolgter Missionierungsaktivitäten nur dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung, wenn die missionarische Tätigkeit in herausgehobener Funktion, die nach außen erkennbar ist, ausgeübt wird oder sich die missionarische Tätigkeit aus sonstigen Gründen ausnahmsweise aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles in vergleichbarer Weise deutlich von der missionarischen Tätigkeit anderer Apostaten abhebt. Missionarische Aktivitäten in Deutschland innerhalb der jeweiligen Kirchengemeinde ohne hervorgehobene Funktion, im Freundes- und Bekanntenkreis oder in Form des Ansprechens fremder Personen auf den christlichen Glauben vermögen hingegen die Gefahr politischer Verfolgung im Falle der Rückkehr in den Iran nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu begründen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: A 2 B 524/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abschiebungsschutz

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Reich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger und die Richterin am Verwaltungsgericht Ackermand aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2005 am 4. Mai 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 20. Oktober 2003 - A 7 K 30614/00 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1966 in T. geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Nach seinen Angaben ist er mit einem gefälschten Reisepass unter Mithilfe eines Schleppers am 1999 vom Flughafen Teheran-Mehrabad nach Hamburg geflogen.

Am 21.12.1999 stellte der Kläger einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) machte der Kläger Vorfluchtgründe geltend. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Teheran hat in Fotokopie einen Visumsvorgang übersandt, gemäß dem dem Kläger für die Zeit vom 16.8. bis 15.11.1999 ein Visum erteilt wurde.

Mit Bescheid vom 22.3.2000 lehnte die Beklagte den Asylantrag ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG nicht vorlägen. Zudem forderte sie den Kläger zur Ausreise binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides, im Falle der Anfechtung desselben binnen eines Monats nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens, auf und drohte ihm die Abschiebung in den Iran oder in einen anderen Staat, in den er ausreisen dürfe oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet sei, an, falls er die Einreisefrist nicht einhalte. Der Kläger könne sich aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat i. S. von Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG nicht auf Art. 16 a Abs. 1 GG berufen. Die bloße Behauptung des Klägers, er sei auf dem Luftweg eingereist, genüge nicht. Es bestehe auch kein Abschiebungsverbot i. S. des § 51 Abs. 1 AuslG. Der Kläger habe begründete Furcht vor politischer Verfolgung nicht glaubhaft machen können.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 31.3.2000 Klage. Er machte unter Vorlage eines Taufscheines geltend, am 30.7.2000 in der Wort Gottes Gemeinde, einer unabhängigen Baptistengemeinde in N. , getauft worden zu sein. In einer Bescheinigung, um die der Kläger gebeten hatte, bescheinigt der Pastor dieser Gemeinde, der Kläger habe sich zu Jesus bekannt und sich taufen lassen. Er besuche die Baptistengemeinde. Weiter hat der Kläger geltend gemacht, sich im Jahre 2001 der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas angeschlossen zu haben. Er hat diesbezüglich ein als Zeugenaussage überschriebenes Schreiben der verantwortlichen Ältesten der Versammlung Hamburg-Persisch der Zeugen Jehovas vom 6.10.2003 vorgelegt, in dem bescheinigt wird, dass der Kläger ordnungsgemäß mit der Versammlung Hamburg-Persisch verbunden sei. Er besuche seit zwei Jahren regelmäßig die wöchentlichen Zusammenkünfte der Gemeinde und beteilige sich seit September 2002 aktiv an deren öffentlicher Missionstätigkeit. Das schließe das Missionieren auf der Straße sowie durch Hausbesuche bei persischsprachigen Personen ein. Am 26.7.2003 habe sich der Kläger auf einem Kongress der Zeugen Jehovas der christlichen Wassertaufe unterzogen. Der Kläger gab weiter an, sein Asylbegehren nur noch auf seine Mitgliedschaft bei den Zeugen Jehovas stützen zu wollen. Er distanziere sich von seinen Angaben im Vorprüfungsverfahren. Als Zeuge Jehovas möchte er unter keinen Umständen unwahre Angaben machen. Da die von ihm im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben nicht vollumfänglich der Wahrheit entsprächen, wolle er die von ihm gehegte Verfolgungfurcht nicht mehr auf das von ihm vorgetragene Vorfluchtschicksal stützen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 8.10.2003 gab der Kläger an, dadurch in Kontakt mit der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas gekommen zu sein, dass seine Glaubensbrüder zu ihm ins Asylbewerberheim gekommen seien und mit ihm gesprochen hätten. Er habe bereits im Iran Interesse am Christentum gehabt. Er habe festgestellt, dass die islamische Religion gewalttätig sei. Die Geschichte habe gezeigt, dass unschuldige Menschen im Namen des Islam umgebracht worden seien. Er habe sich deshalb von dieser Religion abgewandt und den Wechsel zum Christentum am 26.7.2003 vollzogen. Bereits im Jahre 2000 sei er mit den Baptisten in Kontakt gekommen und Christ geworden. Er habe jedoch dann gesehen, dass viele Unterschiede zu den Zeugen Jehovas bestünden. Die Zeugen Jehovas beachteten in besonderer Weise die Vorschriften des Heiligen Buches und lehnten Krieg kategorisch ab. Die Baptisten dagegen seien für den Krieg und agierten auch politisch, sie beteten beispielsweise für Soldaten. Er sei missionierend tätig, indem er gemeinsam mit seinen Glaubensschwestern und -brüdern von Tür zu Tür gehe. Wenn sie an der Tür iranische oder afghanische Namen sähen, gingen sie zu den Leuten und sprächen mit ihnen über Gott und die Gottesregierung. Außerdem sprächen sie auch auf der Straße Iraner und Afghanen an und redeten mit ihnen über den Glauben. Auch Personen von der iranischen Botschaft hätten sie schon angesprochen. Er gehe oft zum Missionieren. Jeden Samstag treffe er sich mit all seinen Glaubensbrüdern und -schwestern in der Gemeinde der Zeugen Jehovas. Dort bekämen sie gesagt, was an diesem Tag zu tun sei und über welches Thema sie mit den Leuten sprechen sollten. Im Übrigen rufe er, wenn er Zeit habe, einen Glaubensbruder an und versuche, mit ihm zusammen zu missionieren. Er sei immer bereit, dem Glauben der Zeugen Jehovas zu dienen und spreche zum Beispiel auch Leute bezüglich des Glaubens an, wenn er zum Arzt gehe oder seinen Rechtsanwalt aufsuche. Aufgrund seiner missionarischen Aktivitäten habe er bereits fünf oder sechs Personen zu der Gemeinde mitgenommen, einen Afghanen und vier bis fünf Iraner. Diese Personen seien ständig mit ihnen in Kontakt und sie sprächen über die Religion. Im Moment seien sie noch nicht übergetreten. Sie studierten den Glauben noch. Auf die Frage, ob er eine besondere Funktion, ein besonderes Amt innerhalb der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas einnehme, gab der Kläger an, er sei getauft und missioniere wie alle anderen Glaubensbrüder auch. Seine Aufgabe sei es, den Zeugen Jehovas zu dienen und insbesondere zu missionieren. Er habe in der Gemeinde der Zeugen Jehovas auch Reden über Teile des Heiligen Buches gehalten, wie es ihm der Vorstehende aufgegeben habe. Jedes Jahr nehme er an drei überregionalen Kongressen teil. Dort habe er aber keine Reden gehalten. Zeuge Jehovas zu sein, bedeute predigen zu müssen. Bei einer Rückkehr in den Iran wäre sein Leben in Gefahr. Im Iran würden Menschen wegen eines Religionswechsels gnadenlos bestraft und getötet. Er könne nicht in den Iran zurückkehren, da er nicht aufhören könne zu missionieren und seinen Glauben nicht verleugnen könne. Soweit die Klage auf Anerkennung als Asylberechtigter gerichtet war, wurde sie in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Mit Urteil vom 20.10.2003 wurde die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht als politisch Verfolgter i. S. des § 51 Abs. 1 AuslG anzusehen. Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft dargetan worden. Nachfluchtaktivitäten exilpolitischer Natur habe der Kläger nicht vorgetragen. Für eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit biete auch seine Behauptung, er sei inzwischen zum Christentum konvertiert, keinen Anhalt. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.12.2002 - A 2 B 771/02 -) drohe dem Kläger nach der im Iran geübten Rechtspraxis bei Rückkehr in den Iran wegen seines in Deutschland erfolgten Übertritts zum christlichen Glauben und seiner Teilnahme am Gemeindeleben der Baptistengemeinde und später der Zeugen Jehovas in Deutschland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politscher Verfolgung und zwar auch dann nicht, wenn der Übertritt und die Teilnahme an Gottesdiensten usw. den iranischen Behörden bekannt geworden sein sollten. Die vom Kläger geschilderten Missionierungsversuche im Auftrag der Zeugen Jehovas in Deutschland führten ebenfalls nicht zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit. Denn der Kläger habe lediglich als einfaches Gemeindemitglied der Zeugen Jehovas werbende Gespräche mit Moslems geführt und Reden vor größerem Publikum ausschließlich intern in der Gemeinde der Zeugen Jehovas gehalten, so dass er lediglich auf einer nicht hervorgehobenen Ebene missionarisch tätig gewesen sei. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er als Zeuge Jehovas aufgrund des in dieser Religionsgemeinschaft bestehenden Missionierungsbefehls verpflichtet sei, den Glauben zu verbreiten und die von ihm daher auch in seinem Heimatland fortzusetzende Missionierung zu einer beachtlichen Gefährdung seiner Person führen würde. Durch das Asylrecht und die Bestimmung des § 51 Abs. 1 AuslG sei nur das religiöse Existenzminimum geschützt.

Auf Antrag des Klägers hat der erkennende Senat durch Beschluss vom 10.6.2004 - A 2 B 890/03 - die Berufung zuzulassen.

Zur Begründung macht der Kläger geltend, ein Abschiebungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG) wäre schon deshalb festzustellen gewesen, weil er den Zeugen Jehovas angehöre und damit aufgrund seiner religiösen Überzeugung gehalten sei, öffentlich zu missionieren und den christlichen Glauben zu propagieren. Sein Leben als Zeuge Jehovas sei ohne diese Missionstätigkeit schlechtweg undenkbar. Deshalb erschöpfe sich das von ihm beanspruchte religiöse Existenzminimum nicht darin in der Lage zu sein, Gebete zu Hause zu verrichten bzw. Gebetstätten der Zeugen Jehovas aufzusuchen und dort zu beten. Das religiöse Existenzminimum sei für einen Angehörigen der Zeugen Jehovas gleichzeitig untrennbar mit der Möglichkeit verknüpft zu predigen und zu missionieren. Dies wäre dem Kläger im Iran jedoch mit Sicherheit nicht möglich. Zudem handele es sich bei den Zeugen Jehovas nicht um eine im Iran anerkannte christliche Kirche, so dass sich bereits die Frage stelle, ob die Zeugen Jehovas gegebenenfalls im Iran eine Kirche bzw. Gebetstätte unterhalten könnten, in der der Kläger in der Lage wäre, Gebete zu verrichten und an Versammlungen der Zeugen Jehovas teilzunehmen.

Der Beschluss des Senats vom 10.6.2004 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.6.2004 zugestellt. Die Berufungsbegründung vom 23.7.2004 ging jedoch erst am 26.7.2004 beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht ein. Die Berufungsbegründung enthält einen Stempel "vorab per Fax". Zudem befindet sich im Adressfeld der Hinweis "vorab per Telefax". Ein entsprechendes Fax befindet sich jedoch nicht bei den Akten. Auf einen gerichtlichen Hinweis vom 22.12.2004 hat der Kläger die Kopie eines Übertragungsberichts übersandt, wonach die Berufungsbegründung am 23.7.2004 um 15.01 Uhr per Fax an die Fax-Nr. 493591217550 (Fax-Nr. des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts) gesandt wurde. Gemäß dem Fax-Journal des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts ist am 23.7.2004 um 15.08 Uhr ein Fax von der Gegenstelle mit der Ruf-Nr. 49402801711 (Fax-Nr. des Prozessbevollmächtigten des Klägers) beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht im Umfang von zwei Seiten, was dem Umfang der Berufungsbegründung entspricht, eingegangen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 20.10.2003 - A 7 K 30614/00 - die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Iran vorliegen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich des Iran vorliegen sowie den entgegenstehenden Bescheid der Beklagten vom 22.3.2000 insoweit aufzuheben.

Der Beteiligte macht geltend, eine besondere Verfolgungssituation für Zeugen Jehovas im Iran werde sich nicht feststellen lassen. Ein beachtliches Risiko politischer Verfolgung allein wegen der Konversion zu einem christlichen Glaubensbekenntnis sei nicht anzunehmen. Eine andere Gefährdungsprognose werde regelmäßig auch dann nicht zu treffen sein, wenn bei einem iranischen Konvertiten Missionierungsbemühungen für seinen neuen Glauben im christlich geprägten Europa hinzuträten. Davon wäre nach der obergerichtlichen Rechtsprechung allenfalls in einem ganz besonderen Ausnahmefall auszugehen. Ein solcher sei hier indes nicht erkennbar. Gerade bezüglich der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas dürfte angesichts der Form ihrer Missionierung zudem zu berücksichtigen sein, dass diese in aller Regel weder als "offensiv" noch "aggressiv" zu werten sei und schon von daher eine besondere Gefährlichkeit aus Sicht iranischer Stellen wenig naheliegen werde. Bereits aus Rechtsgründen könne nicht auf Gefahren abgestellt werden, die aus etwaigen im Iran erfolgenden Missionierungsbemühungen oder einem andern dort über das sogenannte forum internum hinausgehenden Eintreten für den neuen Glauben resultieren könnten. In der mündlichen Verhandlung wurde der Kläger zu seinen Missionierungsaktivitäten befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Die Beklagte hat einen Antrag nicht gestellt und sich auch zur Sache nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Bundesamtes sowie auf die Gerichtsakten verwiesen. Diese Unterlagen sowie die den Beteiligten bekanntgegebenen Erkenntnismittel waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Nach § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 VwGO konnte der Senat auch ohne die in der mündlichen Verhandlung ausgebliebenen Beteiligten verhandeln und entscheiden, da auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäßen Terminsladung hingewiesen worden war.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet. Der Beschluss des Senats vom 10.6.2004 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.6.2004 zugestellt. Die Berufungsbegründungsfrist endete somit mit Ablauf des 23.7.2004. Diese Frist hat der Kläger gewahrt. Zwar ging die sich in der Akte befindliche Berufungsbegründung vom 23.7.2004, die per Post übersandt wurde, erst am 26.7.2004 und somit nach Ablauf der Berufungsbegründungfrist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht ein. Der Kläger hat aber durch die Kopie eines Übertragungsberichts nachgewiesen, dass er den Berufungsbegründungsschriftsatz bereits am 23.7.2004 per Fax an das Sächsische Oberverwaltungsgericht abgesandt hat. Gemäß dem Fax-Journal des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts ist zu diesem Zeitpunkt auch ein Fax des Prozessbevollmächtigten des Klägers eingegangen. Angesichts dessen steht der Umstand, dass sich das Fax nicht bei den Akten befindet, der Fristwahrung nicht entgegen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG vorliegen, hat. Der insoweit noch im Streit befindliche Bescheid ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sind mit denen für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft. Die Asylanerkennung verlangt darüber hinaus den Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht sowie das Fehlen anderweitigen Verfolgungsschutzes. Dagegen greift das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG auch dann ein, wenn beispielsweise politische Verfolgung wegen eines für die Asylanerkennung unbeachtlichen Nachfluchtgrundes droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1992 - 9 C 59.91 -, NVwZ 1992, 892).

Eine politische Verfolgung liegt dann vor, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzt (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502, 1000, 961/86 -, BVerfGE 80, 315 [334 f.]).

Ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, beurteilt sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalles. Ist der Schutzsuchende - wie hier - unverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist, gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Abschiebungsschutzverfahren des § 60 Abs. 1 AufenthG ebenso wie im Asylanerkennungsverfahren nach Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.11.1992 - 9 C 21.92 -, NVwZ 1993, 486). Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden "zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts" die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßstab ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Betroffenen nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint (BVerwG, Urt. v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 -, NVwZ 1992, 582). Ist ein bestimmtes Verhalten im Heimatland des Asylbewerbers mit Strafe bedroht, kommt es für die Beurteilung einer politischen Verfolgungsgefahr wegen befürchteter Bestrafung im Heimatstaat in erster Linie auf die konkrete Rechtspraxis des Verfolgerstaates und nicht auf die abstrakte Rechtslage an (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1996 - 9 C 20.96 -, NVwZ-RR 1997, 740 und Beschl. v. 29.3.2000 - 9 B 128.00 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 233).

Nach diesen Maßstäben droht dem Kläger bei Rückkehr in den Iran nicht die Gefahr politischer Verfolgung.

Der Kläger stützt seine Verfolgungsfurcht allein auf den von ihm in Deutschland erfolgten Übertritt zum christlichen Glauben, seine in Deutschland praktizierten christlichen Aktivitäten im Rahmen der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas sowie den Umstand, dass er als Angehöriger der Zeugen Jehovas aufgrund seiner religiösen Überzeugung gehalten ist, öffentlich zu missionieren und den christlichen Glauben zu propagieren. Aus diesen Gründen droht dem Kläger bei Rückkehr in den Iran nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung.

a) Eine solche droht dem Kläger zunächst nicht wegen des in Deutschland erfolgten Übertritts zum christlichen Glauben.

Der Senat hat im - vom Bundesverwaltungsgericht aus anderen Gründen durch Urteil vom 20.1.2004 - 1 C 9.03 - (BVerwGE 120, 16) aufgehobenen - Urteil vom 10.12.2002 - A 2 B 771/02 - mit ausführlicher Begründung und in Übereinstimmung mit der sonstigen obergerichtlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass der Abfall vom Islam (Apostasie) nicht nach kodifiziertem iranischem Strafrecht, wohl aber nach islamischem Recht mit Strafe bedroht ist, dass nach der im Iran geübten Rechtspraxis jedoch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen eines in Deutschland erfolgten Übertritts zum christlichen Glauben die Gefahr droht, in asylrelevanter Weise nach religiösem Recht bestraft oder sonst verfolgt zu werden (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 20.1.2004, aaO). Denn in den letzten Jahren seien Fälle einer asylerheblichen Bestrafung allein wegen des Übertritts zum christlichen Glauben nicht bekannt geworden.

Der Senat hält an seiner Auffassung fest. Zwischenzeitlich erfolgte Auskünfte sowie neuere obergerichtliche Entscheidungen (vgl. zusätzlich zu den im Urteil des Senats vom 10.12.2002 aufgeführten Entscheidungen OVG Saarlouis, Urt. v. 23.10.2002 - 9 R 3/00 -, OVG Hamburg, Urt. v. 29.8.2003 - 1 Bf 11/98.A - und Urt. v. 14.11.2003 - 1 Bf 421/01.A -, OVG Bremen, Urt. v. 10.11.2004 - 2 A 478/03.A -, OVG Münster, Beschl. v. 24.9.2004 - 5 A 2906/04.A - und VGH München, Beschl. v. 7.4.2005 - 14 B 02.30878 -) bestätigen die Richtigkeit der im Urteil vom 10.12.2002 vorgenommenen Einschätzung. Auch eine Gefährdung durch Dritte (§ 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG) ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten.

Der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.12.2004 unterscheidet sich von dem dem Urteil des Senats vom 10.12.2002 zugrunde liegenden Lagebericht vom 15.7.2002 hinsichtlich der hier maßgeblichen Frage nicht wesentlich. Er enthält lediglich eine Ergänzung dahingehend (Seite 18), dass im Juni 2004 die vorübergehende Festnahme zweier Pastoren und deren Angehöriger in der Provinz Mazandaran bekannt geworden sei, alle Inhaftierten sich aber nach kurzer Zeit wieder auf freiem Fuß befunden hätten. Es komme vor, dass zum Christentum konvertierte Muslime wirtschaftlich, etwa bei der Arbeitssuche oder gesellschaftlich, bis hin zur Ausgrenzung benachteiligt würden. Auf Seite 26 heißt es, ein Todesurteil aufgrund des Vorwurfs der Apostasie sei zuletzt im November 2002 gegen den regimekritischen Hochschulprofessor A. ergangen. Fälle einer Vollstreckung der Todesstrafe wegen Apostasie seien in den letzten Jahren nicht mehr bekannt geworden.

Gemäß der vom Senat im Verfahren A 2 B 392/04 eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2004 haben Apostaten, die keine Missionierung betreiben, Auskünften kirchlicher Würdenträger zufolge keine staatlichen Repressalien zu befürchten. Keine neuen Aspekte finden sich in zwischenzeitlich ergangenen Auskünften des Deutschen Orient-Instituts und amnesty internationals.

Auch gemäß den vorgenannten neueren Auskünften wurden Fälle einer asylerheblichen Bestrafung allein wegen des Übertritts zum christlichen Glauben nicht bekannt. Die vom Auswärtigen Amt berichtete wirtschaftliche und gesellschaftliche Ausgrenzung und Benachteiligung stellt keine politische Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG dar, da es insoweit an der hierfür erforderlichen Intensität der zugefügten Rechtsgutverletzung fehlt (vgl. Urt. des Senats v. 12.6.2002 - A 2 B 80/01 -). Die berichtete Festnahme zweier Pastoren und deren Angehörigen spricht nicht für die beachtliche Gefahr einer politischen Verfolgung allein wegen des Glaubenswechsels, da es sich bei Pastoren um kirchliche Funktionsträger handelt. Zudem erfolgte die Freilassung bereits nach kurzer Zeit. Festnahmen allein wegen des Vorwurfs der Apostasie werden nicht berichtet. Hiergegen spricht nicht das Todesurteil gegen den Hochschulprofessor A. . Bei diesem handelt es sich gemäß den Angaben des Auswärtigen Amtes um einen regimekritischen Hochschulprofessor, so dass dort eine politische Komponente hinzukommt (vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 29.8.2003, aaO). Im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 2.6.2003 heißt es, der liberale Hochschulprofessor A. sei wegen Blasphemie angeklagt worden. Er habe in einem Vortrag einen Reformator wie Luther für die schiitische Geistlichkeit gefordert. Im Lagebericht vom 22.12.2004 heißt es: "... Daher verurteilte die Justiz den Teheraner Geschichtsprofessor H. A. im November 2002 zum Tode, nachdem dieser in einer Rede den schiitischen Klerus kritisiert und das Prinzip der Verehrung des Religionsführers insgesamt in Abrede gestellt hatte. Das Urteil, mit dem eine mehrjährige Freiheitsstrafe, Verbannung und Peitschenhiebe verbunden wurden, ist zwischenzeitlich - nach landesweiten Demonstrationen und auf Intervention des Religionsführers - revidiert worden. Doch erst nach mehreren Berufungsverhandlungen und erneuter Verhängung der Todesstrafe durch das Ausgangsgericht wandelte der Oberste Gerichtshof die Strafe in eine fünfjährige Haftstrafe um, auf die zwei Jahre seiner Inhaftierung angerechnet werden. A. ist seit dem 31.7.2004 gegen Kaution (rund € 95.000) auf freiem Fuß." Dieser Fall ist also mit dem eines normalen Apostaten nicht vergleichbar. Gegen die beachtliche Gefahr einer politischen Verfolgung allein wegen des Glaubensübertritts spricht schließlich, dass nach Auskunft des Auswärtigen Amtes kirchlichen Würdenträgern zufolge Apostaten, die im Iran keine Missionierung betreiben, keine staatlichen Repressalien zu befürchten haben.

Schließlich ergibt sich nichts anderes aus dem der vom Senat im Verfahren A 2 B 392/04 eingeholten Auskunft des UNHCR vom 25.8.2004 anliegenden - äußerst knappen - Gutachten des Prof. Dr. Stahel vom 28.3.2003. Der Gutachter führt dort aus, nicht nur gemäß der schiitischen Auslegung des Islam sondern für alle Moslems sei der Konvertit ein Ketzer, der für seine Apostasie mit dem Tod bestraft werden müsse. Präzedenzfälle für eine solche Verfolgung schildert der Gutachter jedoch nicht.

b) Der Kläger kann sich zur Begründung des von ihm geltend gemachten Anspruchs auch nicht darauf berufen, dass im Iran für Apostaten das religiöse Existenzminimum nicht gewährleistet sei.

Ein Eingriff in das religiöse Existenzminimum kommt grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn die zum Christentum konvertierten Muslime im Iran auch dann mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssten, wenn sie sich zum gemeinsamen Gebet und Gottesdienst mit Gleichgesinnten abseits der Öffentlichkeit zusammenfinden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.1.2004, aaO). Das ist jedoch nicht der Fall.

aa) Die Auskunftslage stellt sich wie folgt dar:

Gemäß der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2004, aaO, besteht weder im iranischen Strafrecht noch durch vergleichbare andere Bestimmungen bzw. Regelungen im Iran ein Verbot für Christen, an öffentlichen oder offiziellen Gottesdiensten teilzunehmen. Nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes sei Apostaten, also zum Christentum konvertierten - getauften - ehemaligen Muslimen, die Teilnahme an solchen Gottesdiensten aber auch nicht gestattet, was vor mehreren Jahren noch dazu geführt habe, dass in der Umgebung der Gotteshäuser Personenkontrollen potenzieller Teilnehmer an Gottesdiensten seitens der staatlichen Sicherheitskräfte erfolgt seien. Von derartigen Aktivitäten, die auch dazu geführt hätten, dass Apostaten am Betreten der Kirchen anlässlich von Gottesdiensten gehindert worden seien, werde seit mehr als vier Jahren weder in den Medien noch seitens kirchlicher Würdenträger berichtet. Eine Kontrolle des Teilnehmerkreises an den Gottesdiensten durch staatliche Organe erfolge grundsätzlich nicht. Die Teilnahme von Apostaten an öffentlichen oder offiziellen Gottesdiensten christlicher Kirchen sei daher nicht ausgeschlossen.

Auf die Frage, ob es möglich sei, dass sich Apostaten iranischer Staatsangehörigkeit im Iran zum gemeinsamen Gebet und zu Gottesdiensten mit Gleichgesinnten (anderen Christen) abseits der Öffentlichkeit in gleichsam privatem Rahmen zusammenfänden, führt das Auswärtige Amt aus, es bestünden innerhalb des Iran nach Darstellung der christlichen Kirchen zirka 100 christliche Hausgemeinschaften, an denen auch Apostaten teilhätten. Dem Auswärtigen Amt seien während der vergangenen vier Jahre keine Übergriffe von staatlicher Seite gegen Apostaten wegen derer Zusammenkünfte in privaten Räumen mit Ausnahme folgender Fälle bekannt geworden: Im Mai 2004 seien ein Pastor und seine Familie anlässlich eines Treffens mit Gläubigen in seinem Haus festgenommen worden. Andere anwesende Personen seien unbehelligt geblieben. Die Inhaftierten seien nach 10 Tagen mit anderen, bereits im April 2004 festgenommenen Angehörigen der Glaubensgemeinschaft "Assembly of God" wieder entlassen worden. Im Sommer 2004 seien die 86 Teilnehmer eines Treffens der Reverenten und Priester der "Assembly of God" von iranischen Sicherheitskräften festgenommen worden. Nach kurzer Befragung seien bereits am gleichen Tag 76 Festgenommene entlassen worden. Drei Tage später sei es zur Entlassung neun weiterer Personen gekommen. Eine Person, die vor dem Übertritt zum christlichen Glauben der Religionsgemeinschaft der Bahaii angehört habe, befinde sich noch in Haft.

Nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes sei eine kirchliche oder priesterlich-seelsorgerische Betreuung für Apostaten gewährleistet, soweit die christlichen Gemeinden zu einer solchen Sorge um die Apostaten bereit seien. Staatliche oder dem Staat zurechenbare Eingriffe gegen die Seelsorge durch christliche Priester oder Referenten seien dem Auswärtigen Amt nicht bekannt geworden. Während die Armenisch-Orthodoxe Kirche und die Armenisch-Evangelische Kirche im Iran keine Seelsorge für Apostaten betrieben, gewährleisteten die anderen christlichen Kirchen eigenem Bekunden nach eine solche Seelsorge.

In der vom Senat im Verfahren A 2 B 392/04 eingeholten Auskunft des Deutschen Orient-Instituts vom 6.12.2004 wird ausgeführt, dass die Frage, ob zum Christentum konvertierten - getauften - ehemaligen Muslimen (Apostaten) iranischer Staatsangehörigkeit im Iran die Teilnahme an öffentlichen oder offiziellen Gottesdiensten christlicher Kirchen erlaubt sei, klar zu verneinen sei. Es gebe im Iran keine rechtlich oder gesellschaftlich anerkannte Art und Weise, den Islam zu verlassen und Christ zu werden. Aus iranischer Sicht handele es sich bei derartigen Konvertiten nach wie vor um Muslime. Aus Sicht der iranischen Behörden habe ein solcher Glaubensübertritt nicht stattgefunden. Es beteiligten sich vielmehr Muslime in verbotener Weise an Aktivitäten anderer Gruppen. Zur Frage, ob es Erkenntnisse dazu gebe, ob Apostaten die Teilnahme an öffentlichen oder offiziellen Gottesdiensten dennoch möglich sei, ob die Einhaltung eines solchen Verbotes kontrolliert werde und ob und gegebenenfalls welche staatlichen oder dem Staat zurechenbare Konsequenzen im Falle eines Verstoßes gegen das Verbot drohten, wird ausgeführt, die Teilnahme an solchen Gottesdiensten sei dann möglich, wenn nicht kontrolliert werde, was ganz unterschiedlich sei. Im Moment werde zum Beispiel vor der für Konvertiten oder möglichen Konvertiten interessantesten Kirche der Assembly of God-Church in Teheran nicht kontrolliert. Das könne sich aber wieder ändern. Diese Kirche und einige andere kleinere Kirchen, die zum Teil auch im Untergrund arbeiteten, hätten die Missionierung muslimischer Menschen immer noch auf ihre Fahnen geschrieben oder wehrten jedenfalls dieser Missionierung nicht. Das täten allerdings die alteingesessenen christlichen Kirchen. Dort falle ein Muslim auf. Komme es etwa im Rahmen einer völlig unabsehbaren Kampagne dazu, dass wieder einmal kontrolliert werde, könnten die Teilnehmer an solchen Gottesdiensten durchaus mit Konsequenzen zu rechnen haben. Wie das dann von Fall zu Fall genau verlaufe, könne man seriöserweise nicht im Voraus einschätzen, zumal alle Referenzfälle und Vergleichsmöglichkeiten insoweit fehlten. Es sei aber so, dass die christlichen Kirchen normalerweise gehalten seien, Muslimen den Zutritt zu ihren Gottesdiensten zu verwehren, so dass man nicht nur erwarte, dass die Muslime nicht in solche Gottesdienste gehen, sondern auch, dass die Christen Muslime aktiv davon abhielten.

Hinsichtlich der Frage, ob es möglich sei, dass sich Apostaten iranischer Staatsangehörigkeit im Iran zum gemeinsamen Gebet und zu Gottesdiensten mit Gleichgesinnten (anderen Christen) abseits der Öffentlichkeit in gleichsam privatem Rahmen zusammenfänden, führt das Deutsche Orient-Institut aus, dies sei schon möglich, aber nur dann, wenn diese Zusammenkünfte so organisiert würden, dass sie nach Außen kein Misstrauen und kein Aufsehen erregten. Im Iran gebe es einen großen Unterschied zwischen dem, was in den eigenen vier Wänden stattfinde, und dem, was sich außerhalb der eigenen vier Wände ereigne. In den eigenen vier Wänden sei vieles möglich, was außerhalb dieser Wände unmöglich sei. Vor allen Dingen werde innerhalb der eigenen vier Wände auch nicht erwartet, dass der islamische ordre public eingehalten werde. Wenn die betreffenden Apostaten es so einrichteten, dass sie diskret und ohne irgendwelche missgünstigen Nachbarn misstrauisch zu machen, gemeinsam beten würden, sei dies schon möglich, es dürfe nur nicht zu laut sein und man müsse ungefähr wissen, wie die Nachbarn eingestellt seien. Auch dürfe dies nicht zu häufig stattfinden. Sollte Argwohn erzeugt werden, könne dies durchaus unangenehm werden. Die Apostaten müssten wegen solcher Zusammenkünfte mit staatlichen oder staatlich geduldeten Sanktionen rechnen, wenn die Ideen nach Außen drängen und von irgendwelchen Leuten den iranischen Behörden zugetragen würden. Die unmittelbarste Sanktion sei zunächst, dass eine solche Versammlung auseinandergetrieben werde, dass die Rädelsführer, vielleicht auch alle Teilnehmer, verhaftet würden und dass die iranischen Sicherheitsbehörden dann mit großen Fleiß daran gingen, den illegalen Gruppencharakter herauszuarbeiten, da ohne weiteres unterstellt werde, dass nicht nur allein die Religion eine Rolle spiele, sondern dass verbotene oppositionelle Aktivitäten unter dem Deckmantel der Religion stattfänden. Wie es dann weitergehe, sei von Fall zu Fall unterschiedlich und hänge auch sehr davon ab, was die Leute beziehungsmäßig für sich tun könnten.

Hinsichtlich einer priesterlich/seelsorgerischen Betreuung der Apostaten wird ausgeführt, es solle im Iran Untergrundgemeinden geben, die sich wie geheime Gruppen treffen und miteinander kommunizieren würden. Im Rahmen dieser Betätigung sei eine kirchliche oder seelsorgerische Betreuung gewährleistet. Übertritte in die anerkannten und seit Jahrhunderten ansässigen christlichen Kirchen gebe es nicht, weil diese solche Übertritte nicht zuließen. Eine offizielle kirchliche oder seelsorgerische Betreuung sei schwer möglich, aber natürlich könne sich jeder, ohne den gemeindlich-christlich-rituellen Rahmen, seelsorgerisch betreuen lassen im Rahmen nach Außen hin privater Kontakte. Sie seien aber tatsächlich völlig im Dunkeln darüber, wie sich konkret das Leben der Apostaten im Iran abspiele. Es werde nicht davon ausgegangen, dass es sich um ein mengenmäßig großes Problem handele. Positiv wüssten sie, dass nichts nach Außen dringen dürfe. Wer sich daran halte, könne eine kirchliche oder seelsorgerische Betreuung bekommen.

Gemäß der Auskunft von amnesty international an das Sächsische Oberverwaltungsgericht vom 21.7.2004 liegen dieser Organisation keine detaillierten Kenntnisse darüber vor, welche Möglichkeiten für vom Islam vom Christentum konvertierte Iraner bestehen, im Iran ihren Glauben zu praktizieren.

In der Auskunft vom 25.8.2004, aaO, hat das UNHCR ausgeführt, gegenwärtig keine aktuellen Informationen zu der Problematik zu haben.

In einem Schreiben an das Verwaltungsgericht Hamburg vom 14.10.2004 hat der Präsident der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland e. V. ausgeführt, das christliche Werk der Zeugen Jehovas sei im Iran rechtlich nicht anerkannt. Es gebe dort keine öffentliche Predigttätigkeit und keine öffentlichen Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas. Doch würden die Zeugen Jehovas, die im Iran lebten und nicht aus dem Islam konvertiert seien, nicht verfolgt. Bekanntlich werde der Religionswechsel eines Muslim zu einer christlichen Gemeinde als Abfall vom wahren Glauben angesehen, der für den Betreffenden lebensbedrohliche Folgen haben könne. Den gleichen Inhalt hat ein Schreiben eines Präsidiumsmitglieds der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland e. V. an das Verwaltungsgericht Hamburg vom 26.3.2001. Dort wird zusätzlich noch angegeben, dass Angaben über die Zahl der im Iran lebenden Zeugen Jehovas nicht gemacht werden könnten.

bb) Gemäß diesen Auskünften ist das religiöse Existenzminimum im Falle einer Rückkehr in den Iran gewahrt. Es spricht bereits ganz Überwiegendes dafür, dass Apostaten im Iran die Teilnahme an öffentlichen oder offiziellen Gottesdiensten christlicher Kirchen zwar nicht erlaubt aber dennoch möglich ist. Gemäß der Auskunft des Auswärtigen Amtes erfolgt eine Kontrolle des Teilnehmerkreises an den Gottesdiensten grundsätzlich nicht, weshalb es die Teilnahme von Apostaten an solchen Gottesdiensten nicht für ausgeschlossen hält. Auch das Deutsche Orient-Institut geht davon aus, dass die Teilnahme an solchen Gottesdiensten möglich ist, wenn nicht kontrolliert wird, und berichtet, dass solche Kontrollen derzeit nicht stattfinden. Es stellt aber in den Vordergrund, dass sich die Kontrollpraxis jederzeit ändern könne und die christlichen Kirchen gehalten seien, Muslimen - um solche handele es sich aus iranischer Sicht auch bei den Apostaten - den Zutritt zu Gottesdiensten zu verwehren. Letztlich kann diese Frage der Ermöglichung der Teilnahme an öffentlichen oder offiziellen Gottesdiensten christlicher Kirchen offen bleiben. Wie bereits ausgeführt, kommt ein Eingriff in das religiöse Existenzminimum grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn die zum Christentum konvertierten Muslime im Iran auch dann mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, wenn sie sich zum gemeinsamen Gebet und Gottesdienst mit Gleichgesinnten abseits der Öffentlichkeit zusammenfinden. Insoweit besteht eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit eindeutig nicht.

Gemäß der Auskunft des Auswärtigen Amtes bestehen innerhalb des Iran nach Darstellung der christlichen Kirchen zirka 100 christliche Hausgemeinschaften, an denen auch Apostaten teilhaben. Dem Auswärtigen Amt sind während der vergangenen vier Jahre keine Übergriffe von staatlicher Seite gegen Apostaten wegen deren Zusammenkünfte in privaten Räumen bekannt geworden. Die genannten Ausnahmen betreffen, wie oben bereits ausgeführt, Priester und Referenten und somit Funktionsträger christlicher Kirchen und nicht einfache Apostaten, die lediglich an einer christlichen Hausgemeinschaft teilhaben. Zudem wurden die Personen alsbald nach ihrer Festnahme wieder entlassen, was das Auswärtige Amt zutreffend als Beleg dafür wertet, dass sich mögliche staatliche Repressalien nahezu ausschließlich gegen Personen in leitender Funktion richten. Soweit der Kläger geltend macht, die Auskunft des Auswärtigen Amtes sei unvollständig, da sie nichts darüber aussage, ob es sich bei den festgenommenen Mitgliedern der Assembly of God-Church um Apostaten oder von einer anderen christlichen Kirche konvertierte Armenier handelt, bleibt unberücksichtigt, dass in dem zugrunde liegenden Beweisbeschluss des Senats vom 9.6.2004 der Begriff des Apostaten mehrmals eindeutig definiert wird als zum Christentum konvertierte - getaufte - ehemalige Muslime und dass das Auswärtige Amt hierzu Stellung nimmt. Zudem hat das Auswärtige Amt über alle ihm bekannten Festnahmen berichtet. Auch das Deutsche Orient-Institut hält es für möglich, dass sich Apostaten im Iran zum gemeinsamen Gebet und zu Gottesdiensten mit Gleichgesinnten abseits der Öffentlichkeit in gleichsam privatem Rahmen zusammenfinden. Hierbei berücksichtigt das Deutsche Orient-Institut auch, dass im Iran in den eigenen vier Wänden vieles möglich ist, was außerhalb dieser Wände unmöglich ist. Dass die Zusammenkünfte nur bei Wahrung der erforderlichen Diskretion möglich sind, stellt keine Verletzung des religiösen Existenzminimums dar. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Auswärtige Amt über etwa 100 christliche Hausgemeinschaften, an denen auch Apostaten teilnehmen, berichtet und weder dem Auswärtigen Amt noch dem Deutschen Orient-Institut asylerhebliche Maßnahmen wegen der Teilnahme an diesen Hausgemeinschaften bekannt geworden sind. Das Fehlen von Präzedenzfällen zeigt, dass es Apostaten im Iran möglich ist, die "Spielregeln" einzuhalten.

cc) Dass die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehova im Iran rechtlich nicht anerkannt ist und es dort keine öffentliche Predigttätigkeit und keine öffentlichen Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas gibt, steht der Wahrung des religiösen Existenzminimums nicht entgegen. Gemäß der Auskunft des Präsidenten der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland e.V. an das Verwaltungsgericht Hamburg werden die Zeugen Jehovas, die im Iran leben und nicht konvertiert sind, nicht verfolgt. Wie oben dargelegt, werden auch Apostaten nicht allein wegen des Glaubenswechsels verfolgt. Es bleibt dem Kläger deshalb unbenommen, Kontakt zu den im Iran lebenden Zeugen Jehovas aufzunehmen und seine Religion gemeinsam mit ihnen abseits der Öffentlichkeit in privatem Rahmen auszuüben. Schließlich ist nach den vorgenannten Auskünften des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2004 und des Deutschen Orient-Instituts vom 6.12.2004 im Iran auch die seelsorgerische Betreuung für Apostaten gewährleistet.

dd) Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht aus dem Vortrag des Klägers, das religiöse Existenzminimum für einen Angehörigen der Zeugen Jehovas sei gleichzeitig unzertrennbar mit der Möglichkeit für den Betreffenden verknüpft, zu predigen und zu missionieren. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 20.1.2004 aaO, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass staatliche Beschränkungen und Verbote in die Öffentlichkeit hineinwirkender Formen religiöser Betätigung, wie etwa die Missionierung oder das Tragen religiöser Symbole in der Öffentlichkeit, unabhängig davon, ob sie nach dem Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft zum unverzichtbaren Inhalt der Religionsausübung gehören, allein noch keine asylrechtlich erhebliche Verfolgung darstellt.

Eine andere rechtliche Beurteilung ist nicht im Hinblick auf Art. 10. Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (ABl. der EU v. 30.9.2004, L 304 S.12) geboten. Zwar haben nach dieser Regelung die Mitgliedstaaten bei der Prüfung der Verfolgungsgründe zu berücksichtigen, dass der Begriff der Religion auch die Teilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind, umfasst. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass sich Richtlinien gemäß Art. 249 Abs. 3 EGV allein an die Mitgliedstaaten richten und dass der Einzelne erst nach ihrer Umsetzung durch nationales Recht aus den entsprechenden nationalen Vorschriften berechtigt und verpflichtet wird. Die Voraussetzungen, unter denen sich ein Einzelner vor einem nationalen Gericht gegenüber dem Staat unmittelbar auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen kann, liegen hier nicht vor, weil die Umsetzungsfrist der vorgenannten Richtlinie gemäß Art. 38 Abs. 1 der Richtlinie erst am 10.10.2006 abläuft (vgl. VGH München, Beschl. v. 7.4.2005, aaO).

c) Dem Kläger droht im Falle der Rückkehr in den Iran auch nicht wegen seiner in Deutschland praktizierten christlichen Aktivitäten im Rahmen der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas einschließlich der missionarischen Tätigkeiten in der Form des Ansprechens von iranischen und afghanischen Personen auf den christlichen Glauben mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung.

aa) Der Senat hat im Urteil vom 10.12.2002, aaO, ausgeführt, dass im Falle eines in Deutschland erfolgten Übertritts zum christlichen Glauben in Deutschland praktizierte christliche Aktivitäten wie regelmäßige Gottesdienstbesuche und Gespräche mit Gleichgesinnten über Aspekte der christlichen Glaubenslehre auch dann nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung begründen, wenn der Übertritt und die christlichen Aktivitäten den iranischen Behörden bekannt sein sollten. Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung neuerer Auskünfte fest.

bb) Hinsichtlich Missionierungsaktivitäten stellt sich die Auskunftslage wie folgt dar:

Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.12.2004 enthält hierzu keine Angaben.

Gemäß der Auskunft des Auswärtigen Amtes an der Hamburgische Oberverwaltungsgericht vom 26.6.2002 sind in letzter Zeit im Iran Fälle, in denen einfache Mitglieder christlicher Gemeinden dort wegen missionarischer Betätigung verfolgt wurden, nicht bekannt geworden. In der Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 7.2.2003 führt das Auswärtige Amt aus, hinsichtlich missionarisch erfolgter Tätigkeiten in Deutschland sei ihm kein einziger Fall bekannt, der später im Iran zu Schwierigkeiten für den Betreffenden geführt habe. Insbesondere müsse gegen den Betroffenen eine Anzeige durch eine Privatperson erfolgen, die sich durch die Missionstätigkeit "erheblich gestört" fühle. Die Beweisführung in solch einem Fall werde als sehr schwierig eingeschätzt. Dennoch könne eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden, sollte diese Tätigkeit iranischen Stellen bekannt werden und der Richter von dieser Missionstätigkeit überzeugt sein. In diesem Fall könne eine langjährige Haftstrafe drohen. Dem Auswärtigen Amt seien solche Verurteilungen aber schon seit langem nicht mehr bekannt geworden.

Das Deutsche Orient-Institut führt in der Auskunft an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht vom 4.11.2002 aus, es ließen sich in dem ihm vorliegenden Material keine Fälle belegen, in denen ausdrücklich wegen missionarischer Betätigung eine Verfolgung stattgefunden habe. Allerdings spreche nach ihren Informationen auch wiederum alles dafür, dass dieser Vorwurf bei den christlichen Kirchen, die einer solchen Verfolgung unterlägen, unterschwellig stets mitspiele. Das werde nicht so offen vorgeworfen. Es laufe so, dass die Leute, wenn sie verhaftet würden, unterschreiben müssten, dass sie keine missionarische Betätigung durchführen werden. Solche Verhaftungen seien im November und Dezember 1997 erfolgt. Damals sollen 40 Mitglieder des Assembly of God-Church in Teheran verhaftet und befragt worden sein. Eine weitere derartige Verhaftung sei auch für den Juli 1997 für 20 bis 30 Christen dieser Kirche berichtet worden. In der Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 27.2.2003 schätzt das Deutsche Orient-Institut die Wahrscheinlichkeit, dass die Behörden im Iran von missionarischen Tätigkeiten in der Bundesrepublik erführen, als äußerst gering ein. Eine Missionsarbeit in der Art, dass eine in der Bundesrepublik zum christlichen Glauben übergetretene und gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter getaufte Iranerin bereits zwei weitere Landsleute zum Übertritt bewegt habe, die auch bereits getauft worden seien, und eine weitere iranische Familie durch ihre Überzeugungsarbeit an den christlichen Glauben herangeführt worden sei und zur Zeit Unterricht zur Vorbereitung der Taufe nehme, begründet nach Einschätzung des Deutschen Orient-Instituts keine Verfolgungsbefürchtung bei unterstellter Rückkehr in den Iran. Das Deutsche Orient-Institut geht davon aus, dass diese christliche Missionsarbeit, ebenso wie der christliche Glaube als solcher, im Iran nicht nach außen getragen wird, wenn überhaupt eine derartige Referenz noch stattfinde. Man müsse klar sehen, dass auch die im Iran lebenden Christen, die dort zu bestimmten Bevölkerungskreisen und Gemeinden gehörten, die seit Jahrhunderten dort verankert seien, solche bekehrten "Auslandsiraner" nicht ernstnähmen. Im Iran könne eine Missionsarbeit nicht stattfinden, sie sei lebensgefährlich. Die Belange des Iran seien nach iranischer (Behörden-) Vorstellung gewiss nicht dadurch gefährdet, dass Iraner im Ausland missionierten. Dorthin erstreckten sich Machtanspruch und Anforderungen des islamischen Rechts praktisch nicht. Dafür, dass eine Missionstätigkeit durch bekehrte Christen in Deutschland nach einer etwaigen Rückkehr in den Iran staatliche Maßnahmen zur Folge hätten, müssten schon qualifizierende Umstände hinzukommen, entweder, wenn die Missionsarbeit organisatorisch-institutionell von Gruppen und/oder Organisationen und/oder Kirchengemeinden getragen werde, die auch im Iran wegen ihrer Missionsversuche Schwierigkeiten haben, oder wenn hier politische Bezüge im engeren Sinne des Wortes bestehen würden.

Gemäß der Auskunft von amnesty international an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht vom 3.7.2003 sind amnesty international keine konkreten Fälle bekannt geworden, in denen einfache Mitglieder christlicher Gemeinden wegen missionarischer Betätigung verfolgt wurden. Allerdings führe eine Missionstätigkeit im Iran generell mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verfolgungsmaßnahmen des iranischen Staates, da den nichtislamischen Religionsgemeinschaften jede missionarische Aktivität verboten sei. Es sei generell davon auszugehen, dass eine Missionstätigkeit im Ausland von der iranischen Regierung als eine geringere Bedrohung für den Islam angesehen werden dürfte als eine Missionstätigkeit im Iran.

Hiernach droht iranischen Staatsangehörigen bei Rückkehr in ihr Heimatland wegen in Deutschland erfolgter Missionierungsaktivitäten nur dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung, wenn die missionarische Tätigkeit in herausgehobener Funktion, die nach außen erkennbar ist, ausgeübt wird oder sich die missionarische Tätigkeit aus sonstigen Gründen ausnahmsweise aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles in vergleichbarer Weise deutlich von der missionarischen Tätigkeit anderer Apostaten abhebt. Missionarische Aktivitäten in Deutschland innerhalb der jeweiligen Kirchengemeinde ohne hervorgehobene Funktion, im Freundes- und Bekanntenkreis oder in Form des Ansprechens fremder Personen auf den christlichen Glauben vermögen hingegen die Gefahr politischer Verfolgung im Falle der Rückkehr in den Iran nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu begründen.

Keine der Auskunft gebenden Stellen berichtet über einen Fall einer Verfolgung iranischer Staatsangehöriger, dem allein eine christlich-missionarische Betätigung im christlich geprägten Ausland zugrunde lag. Dem Auswärtigen Amt (Auskunft an das OVG Hamburg vom 26.6.2002) und amnesty international (Auskunft am das OVG Hamburg vom 3.7.2003) sind auch keine neuen Fälle bekannt geworden, in denen einfache Mitglieder christlicher Gemeinden wegen missionarischer Betätigung im Iran verfolgt worden sind. Auch dem Deutschen Orient-Institut (Auskunft an das OVG Hamburg vom 4.11.2002) sind keine Fälle bekannt, in denen ausdrücklich wegen missionarischer Betätigung eine Verfolgung stattgefunden hat. Es berichtet lediglich über Verhaftungen im Jahre 1997, bei denen die Verhafteten unterschreiben mussten, keine missionarischen Betätigungen mehr durchzuführen. Darüber hinausgehende Repressalien lassen sich der Auskunft nicht entnehmen. Amnesty international (Auskunft an das OVG Hamburg vom 3.7.2003) und das Deutsche Orient-Institut (Auskunft an das VG Münster vom 27.2.2003) gehen davon aus, dass eine missionarische Betätigung im Ausland von der iranischen Regierung als eine geringere Bedrohung für den Islam angesehen werden dürfte als eine entsprechende Tätigkeit im Iran selbst. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Urt. v. 29.8.2003, aaO) entnimmt den vorbezeichneten Auskünften zu Recht, dass sich eine Verfolgungsgefahr wegen einer missionarischen Betätigung im Ausland nicht ausschließen lasse, sofern die Tätigkeit den iranischen Behörden bekannt wird. Zutreffend geht es allerdings im Hinblick auf das Fehlen von Präzedenzfällen und den Umstand, dass selbst aktive Missionstätigkeit im Iran ("Assembly of God-Church") nach Auskunft des Deutschen Orient-Instituts zwar zweimal zu Verhaftungen und zur Abnahme der Verpflichtung geführt hat, weitere Missionstätigkeiten zu unterlassen, es aber darüber hinausgehende Repressalien gegen im Iran missionierende Mitglieder der christlichen Kirchen offenbar nicht gegeben habe, davon aus, dass sich hieraus eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit wegen einer Missionstätigkeit im Ausland nicht ergibt.

Bestätigt wird dies durch die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2004, aaO, über die Freilassung von Referenten und Priestern der Glaubensgemeinschaft "Assembly of God" bereits am Tag der Inhaftierung bzw. drei Tage danach. Die kurzfristige Freilassung von Funktionären einer Kirche, deren Mitglieder nach übereinstimmender Auskunftslage im Iran offen und aggressiv missionieren, spricht deutlich gegen die beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit wegen einer Missionstätigkeit im Ausland. Überzeugend kommt denn auch das Auswärtige Amt in der Auskunft vom 15.12.2004 zu dem Schluss, dass die Entlassung der Gläubigen und der Verzicht auf ein gegen diese gerichtetes Strafverfahren ein Beleg dafür ist, dass mögliche staatliche Repressalien sich nahezu ausschließlich gegen Personen in leitender Funktion richten. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung bestätigt durch andere obergerichtliche Entscheidungen, in denen ebenfalls wegen nicht exponierter Missionierungsaktivitäten von iranischen Apostaten in der Bundesrepublik keine beachtliche Verfolgungsgefahr angenommen wird (vgl. neben dem bereits erwähnten Urt. des OVG Hamburg v. 29.8.2003 auch OVG Hamburg, Urt. v. 14.11.2003, aaO, OVG Münster, Beschl. v. 5.9.2001 - 6 A 3293/01.A - und Beschl. v. 24.9.2004, aaO, OVG Lüneburg, Urt. v. 27.3.2001 - 5 L 463/00 - sowie VGH München, Beschl. v. 7.4.2005, aaO).

cc) Die vom Kläger glaubhaft geschilderten und - in allgemeiner Form - durch die Ältesten der Versammlung Hamburg-Persisch der Zeugen Jehovas in den Bescheinigungen vom 6.10.2003 und 2.5.2005 bestätigten Aktivitäten in der Bundesrepublik begründen am Maßstab der vorstehend geschilderten und bewerteten Auskunftslage keine beachtliche Verfolgungsgefahr. Der Kläger ist getauft und besucht regelmäßig die wöchentlichen Zusammenkünfte der Gemeinde in Hamburg. Zudem nimmt er aktiv an der öffentlichen Missionstätigkeit der Zeugen Jehovas teil. Ein besonderes Amt innerhalb der Gemeinde der Zeugen Jehovas oder eine sonstige exponierte Stellung hat der Kläger nicht inne. Die von ihm geschilderten Missionierungen bzw. Missionierungsversuche durch die Ansprache iranischer Landsleute und afghanischer Personen, mit ihm über den christlichen Glauben zu sprechen, lassen den Kläger nicht in besonderer Weise nach außen hervortreten. Der Kläger missioniert vielmehr eigenen Angaben gemäß wie alle anderen Glaubensbrüder auch. Ihm übertragene Reden hat der Kläger nur innerhalb der eigenen Gemeinde gehalten. Dass der Kläger häufig und regelmäßig missionarisch tätig ist, vermag eine andere Einschätzung nicht zu begründen.

d) Schließlich rechtfertigen auch die Stellung des Asylantrags und der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht die Annahme, der Kläger werde mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei Rückkehr in den Iran einer politischen Verfolgung ausgesetzt sein (vgl. SächsOVG, Urt. 22.9.2000, aaO).

Aus den vorliegenden Erkenntnisquellen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Verfolgung ehemaliger Asylantragsteller bei Rückkehr in den Iran (vgl. etwa Rat der Europäischen Union zur Lage im Iran vom 8.2.2002 S. 42 f.). Zwar werden Rückkehrer unmittelbar nach ihrer Einreise oder jedenfalls in den folgenden Tagen von den iranischen Sicherheitsbehörden ausführlich zu ihrem Auslandsaufenthalt, besonders zu ihren Kontakten während dieser Zeit befragt. In Ausnahmefällen kann diese Befragung mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einhergehen. Keiner westlichen Botschaft ist bisher aber ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückzuführende über die vorgenannte Befragung hinaus zusätzlichen staatlichen Repressalien ausgesetzt waren. Es wurde auch kein Fall bekannt, in dem ein Zurückgeführter im Rahmen seiner Befragung psychisch oder physisch gefoltert worden wäre (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.12.2001 S. 28). Es sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen Asylberechtigte zwischen Iran und ihrem neuen Aufenthaltsort ohne Behinderungen hin- und herreisen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.12.2001 S. 29 und Auskunft des Deutschen Orient-Instituts an das VG Frankfurt/Main vom 25.5.1997).

2. Konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG sind nicht ersichtlich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 EMRK über die oben bereits geprüfte Religionsausübung im nicht-öffentlichen, privaten Bereich (forum internum) nicht hinausgeht (vgl. VGH München, Beschl. v. 7.4.2005, aaO, m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b Abs. 1 AsylVfG).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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