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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 03.07.2008
Aktenzeichen: 2 B 610/06
Rechtsgebiete: BeamtVG, SächsBG


Vorschriften:

BeamtVG § 4
BeamtVG § 10
BeamtVG § 66
SächsBG § 47
SächsBG § 49
SächsBG § 138
Eintritt in den Ruhestand als Voraussetzung für die Festsetzung von Versorgungsbezügen

hier: Fehlender Eintritt in den Ruhestand nach Entlassung eines Wahlbeamten auf Zeit; zur Erfüllung der Wartefrist nach § 4 BeamtVG


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 2 B 610/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Festsetzung von Versorgungsbezügen

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 3. Juli 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. September 2004 - 11 K 3093/00 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Festsetzung von Versorgungsbezügen aufgrund seiner Tätigkeit als Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.

Der zunächst freiberuflich tätige Kläger war vom 1.9.1991 bis zum 30.9.1993 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages Referent bei der Gedenkbibliothek zu Ehren der Stalinismusopfer in Berlin. Vom 1.7.1994 bis zum 31.12.1994 war er Referent beim Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (LStU) in Berlin. Dieses Arbeitsverhältnis wurde vom Dienstherrn unter dem 15.12.1994 in der Probezeit gekündigt. Eine Bewerbung des Klägers vom 27.2.1995 für das Projekt "Jugend mit Zukunft" im Bereich des Bezirksamtes Friedrichshain von Berlin blieb erfolglos. Auf Vorschlag des Ministerpräsidenten des Beklagten wurde der Kläger am 14.5.1996 vom Sächsischen Landtag gewählt und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit am 15.6.1996 für die Dauer von fünf Jahren zum Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (im weiteren: Landesbeauftragten) ernannt.

Mit Bescheid vom 30.3.1999 leitete der Beklagte ein förmliches Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein und enthob den Kläger vorläufig des Dienstes. Der Sächsische Landtag beschloss am 22.4.1999, den Kläger mit sofortiger Wirkung von seinem Amt als Landesbeauftragter abzuberufen. Der Kläger wurde hiervon am selben Tag in Kenntnis gesetzt. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 19.1.2000 - 10 D 2169/99 - wurde der Kläger wegen eines Dienstvergehens zu einer Geldbuße verurteilt. Auf die hiergegen eingelegten Berufungen hin hob das Sächsische OVG mit Beschluss vom 31.5.2002 das Urteil des Verwaltunsgerichts auf und stellte das förmliche Disziplinarverfahren mit der Begründung ein, dass der Kläger seinen Beamtenstatus während des Disziplinarverfahrens durch die nach Ablauf seiner Amtszeit gemäß § 140 SächsBG kraft Gesetzes erfolgte Entlassung verloren habe.

Der Beklagte gewährte dem Kläger gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BBesG die Dienstbezüge bis zum 31.7.1999 weiter. Durch Feststellungsbescheid vom 4.8.1999 gewährte der Beklagte dem Kläger ab dem 1.8.1999 gemäß § 66 Abs. 6 a.F. (jetzt § 66 Abs. 8) des Beamtenversorgungsgesetzes unter dem Vorbehalt der Rückforderung vorläufig Versorgungsbezüge bis zum Ablauf seiner Amtszeit am 14.6.2001. Aufgrund seiner Rechtsstellung als Wahlbeamter auf Zeit stünden dem Kläger bis zum Ablauf seiner Amtszeit Versorgungsbezüge wie einem in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten zu, sofern die allgemeinen versorgungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Bis zur Klärung der Rechtslage, insbesondere der Frage, ob auch für die Versorgung nach § 66 Abs. 6 a.F. BeamtVG die allgemeine Wartezeit nach § 4 Abs. 1 BeamtVG erfüllt sein müsse, würden die Versorgungsbezüge vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt. Mit Änderungsbescheid vom 15.12.1999 hob der Beklagte die Vorläufigkeit und den Vorbehalt der Rückforderung im Festsetzungsbescheid vom 4.8.1999 auf.

Gegen den Bescheid vom 15.12.1999 legte der Kläger am 17.1.2000 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er u.a. geltend, dass ihm auch nach dem 14.6.2001 Versorgungsansprüche zustünden, da er die Wartezeit i.S.d. § 4 Abs. 1 BeamtVG erfüllt habe. Zudem seien die Zeiten, in denen er bei der Gedenkbibliothek Berlin und als Referent beim Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR beschäftigt gewesen sei, als ruhegehaltsfähige Zeiten anzuerkennen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2000, zugestellt am 26.10.2000, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Einen Versorgungsanspruch ab dem 15.6.2001 habe der Kläger nicht, da er die fünfjährige Wartezeit nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG nicht erfüllt habe. Die Einbeziehung anderer Dienstzeiten scheide aus, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen; insoweit fehle es an einem sogenannten funktionellen Zusammenhang zwischen den genannten Tätigkeiten und dem Beamtenverhältnis. Als Wartezeit zähle daher nur die Zeit vom 15.6.1996 bis zum 31.7.1999, da Zeiten des Bezuges einer Versorgung nach § 66 Abs. 6 a.F. BeamtVG nicht als Wartezeit i.S.v. § 4 Abs. 1 BeamtVG berücksichtigt werden könnten.

Mit der am Montag, den 27.11.2000, erhobenen Klage vertiefte der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor, die von ihm früher ausgeübten Tätigkeiten im öffentlichen Dienst hätten jeweils ohne sein Verschulden geendet. Trotz weiteren Bemühens seinerseits habe er eine seinem Qualifikationsbild entsprechende Beschäftigung im öffentlichen Dienst nicht erlangen können.

Der Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Widerspruchsbescheid entgegen.

Durch Beschluss vom 17.9.2004 trennte das Verwaltungsgericht das Verfahren, soweit es sich nicht auf die Festsetzung von Versorgungsbezügen ab dem 15.6.2001 richtete, ab. Mit Urteil vom gleichen Tag verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, die Versorgungsbezüge des Klägers unter Berücksichtigung einer ruhegehaltsfähigen Dienstzeit vom 15.6.1996 bis zum 14.6.2001 neu festzusetzen und hob den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25.10.2000 insoweit auf. Der Kläger habe einen Anspruch auf Festsetzung von Versorgungsbezügen unter Berücksichtigung einer ruhegehaltsfähigen Dienstzeit vom 15.6.1996 bis zum 14.6.2001; ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung weiterer ruhegehaltsfähiger Dienstzeiten bestehe demgegenüber nicht. Der Kläger habe durch seine Amtszeit, die in Ermangelung eines anderen Beendigungsgrundes gemäß § 140 SächsBeamtG mit der Entlassung am 14.6.2001 geendet habe, eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit i.S.d. § 6 BeamtVG von fünf Jahren abgeleistet und damit die Wartezeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG erfüllt. Auf den Umstand, dass der Kläger seinen Dienst in der Zeit von der Abberufung von seinem Amt als Landesbeauftragter bis zum Ende seiner Amtszeit nicht ausgeübt und der Beklagte ihm lediglich Versorgungsbezüge gewährt habe, komme es nicht an. Insbesondere führe die Abberufung nicht zu einer Statusveränderung, da diese Möglichkeit im Gesetz über die Rechtsstellung des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Landesbeauftragtengesetz - LBStUG) nicht vorgesehen sei. Eine Anwendung des § 66 Abs. 6 a.F. BeamtVG scheide aus, da der Kläger kein Wahlbeamter auf Zeit im Sinne dieser Vorschrift gewesen sei. Eine Berücksichtigung weiterer vom Kläger geltend gemachter Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst nach § 10 BeamtVG komme dagegen nicht in Betracht, da der Kläger nicht alles ihm mögliche getan habe, um eine Unterbrechung der Dienstzeiten durch eine anschließende Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst zu vermeiden oder wenigstens auf eine objektiv unvermeidliche Dauer zu begrenzen.

Die hiergegen seitens des Beklagten eingelegte Berufung hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 19.9.2006 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zugelassen. Der Beschluss wurde dem Beklagten am 27.9.2006 zugestellt. Mit Schreiben vom 13.11.2006 wies die damalige Berichterstatterin des erkennenden Senats den Beklagten darauf hin, dass die Berufung nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses begründet worden sei. Der Beklagte beantragte am 27.11.2006 wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Wegen der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wird auf die entsprechenden Schriftsätze verwiesen. Am selben Tag begründete der Beklagte die Berufung mit der Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus der ersten Instanz sowie aus dem Zulassungsverfahren. Das Verwaltungsgericht habe den Anspruch des Klägers allein damit begründet, dass dieser aufgrund seiner Amtszeit als Landesbeauftragter die fünfjährige Wartezeit i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG erfüllt habe. Außer Betracht gelassen habe das Verwaltungsgericht jedoch die Regelung des § 4 Abs. 2 BeamtVG, wonach ein Anspruch auf Ruhegehalt nur mit dem Beginn des Ruhestands und in den Fällen des § 4 BBesG nach Ablauf der Zeit, für die Dienstbezüge gewährt werden, entstehe. Der Kläger sei nach Ablauf seiner Amtszeit nicht in den Ruhestand getreten, da die Voraussetzungen des § 139 Abs. 1 SächsBeamtG in seinem Fall nicht vorlägen. Der Kläger sei vielmehr gemäß § 140 SächsBeamtG mit Ablauf seiner Amtszeit entlassen gewesen. Gemäß § 47 SächsBeamtG habe er demnach keinen Anspruch mehr auf Leistungen des Dienstherrn. Darüber hinaus sei auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe die Wartezeit i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG erfüllt, nicht zutreffend, da der Kläger Wahlbeamter auf Zeit gewesen sei. Demgemäß finde die Vorschrift des § 66 Abs. 6 BeamtVG a.F. auf den Kläger Anwendung. Zeiten des Bezugs einer Versorgung nach § 66 Abs. 6 BeamtVG a.F. seien jedoch bei der Berechnung der Wartezeit i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG nicht zu berücksichtigen, da sie keine selbstständige ruhegehaltsfähige Dienstzeit darstellten.

Der Beklagte beantragt,

ihm wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und sodann unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. September 2004 - 11 K 3093/00 - die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Begründung des Klägers zur Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags wird auf die hierzu eingereichten Schriftsätze des Klägervertreters verwiesen. In der Sache tritt der Kläger der Berufung mit der Begründung entgegen, dass er nicht wirksam in den vorläufigen Ruhestand entsprechend § 66 BeamtVG versetzt worden und somit bis zum Ende seiner Dienstzeit als aktiver Beamter zu betrachten sei. Damit sei die Wartezeit i.S.d. § 4 Abs. 1 BeamtVG erfüllt, so dass ihm nach Erreichen des 65. Lebensjahrs Versorgungsbezüge zustünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten, die Akte des Verwaltungsgerichts, die Akte des Verwaltungsgerichts im Verfahren D 10 K 2169/99 sowie auf die Gerichtsakten zum Berufungsverfahren Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg, da sie zulässig und begründet ist.

1. Die Berufung ist nicht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) unzulässig. Zwar erfolgte die Berufungsbegründung erst am 27.11.2006 und damit nach Ablauf der mit der Zustellung des Zulassungsbeschlusses an den Beklagten am 27.9.2006 in Lauf gesetzten Berufungsbegründungsfrist. Dem Beklagten ist jedoch auf seinen gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz VwGO rechtzeitig gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da ihn an der Nichteinhaltung der Frist kein ihm zurechenbares Verschulden trifft.

Hinsichtlich des Verschuldens bei Behördenfehlern gelten die gleichen Grundsätze wie für das Verschulden von Prozessbevollmächtigten (Kopp, VwGO, § 60 Rn. 23; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 60 Rn. 65). Bei einem hier lediglich in Betracht kommenden Fehlverhalten untergeordnet tätiger Hilfspersonen gilt nach den im Rahmen des § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Grundsätzen, dass sich die Behörde das Verschulden nur bei mangelhafter Auswahl, Anleitung oder Überwachung des Personals sowie bei Fehlen ausreichender organisatorischer Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung von Fristen zurechnen lassen muss.

Hinsichtlich Auswahl, Anleitung, Überwachung ergeben sich aus der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags mit den dazu später noch erfolgten Ergänzungen keine Anhaltspunkte für Fehler in diesem Bereich: Der Beklagte hat für alle beteiligten Mitarbeiterinnen vorgetragen und jeweils durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass diese bereits nach Auswahl und Anleitung seit geraumer Zeit unbeanstandet bei der Behörde tätig waren und in geeigneter Weise kontrolliert wurden (vgl. eidesstattliche Versicherungen Wisslicen, Tänzer, Großmann, Schrapps, Lake-Weiland). Auch soweit einzelne Ausführungen hierzu nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist erfolgten, können diese noch berücksichtigt werden, da sie die zuvor erfolgten Angaben lediglich ergänzen bzw. erläutern und kein neues Vorbringen darstellen (BVerwG, Beschl. v. 27.7.1982 - 6 C 23.01 - zit. nach juris). Die Überwachung der beteiligten Mitarbeiterinnen wurde durch eine regelmäßig stichprobenartig vorgenommene Überprüfung des Fristenbuchs durch die Abteilungsleiterin gewährleistet, wobei es keine Beanstandungen gab.

Auch aus dem vom Beklagten dargelegten organisatorischen Ablauf bei der Handhabung der Fristenkontrolle ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte für ein der Behörde zurechenbares Organisationsverschulden. Durch die geschilderte und glaubhaft gemachte Organisation der Behandlung von Fristsachen hat die Behörde das Notwendige zur Verhinderung von Fristversäumnissen unternommen. Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem weder die Einbeziehung mehrerer Mitarbeiter in den Arbeitsablauf, noch die fehlende Verwendung einer Paraphe bei der Abzeichnung der Eintragungsverfügung entgegen. Zwar waren hier neben dem Referatsleiter regelmäßig zwei weitere Mitarbeiterinnen mit der Bearbeitung einer Fristsache befasst. Eventuellen Fehlern wurde zur Überzeugung des Senats jedoch hinreichend dadurch entgegengewirkt, dass die für das Fristenbuch verantwortliche Mitarbeiterin nach Eintragung der Frist die Eintragungsverfügung abhakte und dies von der zweiten Mitarbeiterin kontrolliert wurde. Dass die Eintragungsverfügung ohne Handzeichen abgehakt wurde, ist für die Verschuldensfrage unerheblich, da die fehlende Eintragung im Fristenkalender auch bei Verwendung einer Paraphe nicht aufgedeckt und die Versäumung der Frist nicht verhindert worden wäre.

Entgegen der Ansicht des Klägers besteht auch keine Verpflichtung des einem Prozessbevollmächtigten insoweit gleichgestellten Referatsleiters, Empfangsbekenntnisse generell erst dann zu unterschreiben, wenn die entsprechende Frist im Kalender notiert ist (in diesem Sinn auch Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 60 Rn. 72 unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 26.11.2004 - 5 B 33/04; BVerwG, Beschl. v. 19.4.2006 - 10 B 83/05; wohl auch BGH Beschl. v. 9.10.2007 - XI ZB 14/07 -; für eine derartige Verpflichtung noch BVerwG, Beschl. v. 2.12.2002 - 1 B 429/02 - unter Hinweis auf die (bis dahin) st. Rspr. des BGH). Zum einen schränkt eine derartige Forderung die Behörde bzw. den Rechtsanwalt in der Büroorganisation in bedenklicher Weise ein. Zum anderen hat eine derartige Verfahrensweise den Nachteil, dass das Empfangsbekenntnis, das für die gerichtliche Fristberechnung maßgeblich ist, u.U. ein anderes - späteres - Datum als Fristbeginn aufweist als die tatsächlich notierte Frist; letztere sollte jedoch mit der für das Gericht maßgeblichen Frist übereinstimmen. Schließlich spricht auch das an Eides Statt versicherte Vorbringen der zuständigen Abteilungsleiterin, wonach während ihrer gesamten Dienstzeit in der Abteilung ein derartiges Fristversäumnis nicht vorgekommen sei, dafür, dass die organisatorische Handhabung der Fristsachen in diesem Bereich in geeigneter Weise geregelt ist.

2. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom 25.10.2000 ist, soweit er angefochten ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Festsetzung von Versorgungsbezügen bei Eintritt in das 66. Lebensjahr, da es an dem gemäß § 4 Abs. 2 BeamtVG erforderlichen Eintritt in den Ruhestand fehlt. Ein solcher ergibt sich weder aus den allgemeinen Bestimmungen für Beamte auf Lebenszeit (a), noch aus den besonderen Regelungen betreffend das Beamtenverhältnis auf Zeit (b). Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen für die Ableistung einer mindestens fünfjährigen Dienstzeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BeamtVG nicht erfüllt (c).

a) Der Kläger tritt nicht nach § 138 Abs. 1, §§ 48, 49 SächsBG in den Ruhestand, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet. Zwar war der Kläger während seiner Tätigkeit als Landesbeauftragter bis zum Ablauf seiner Amtszeit am 14.6.2001 Beamter auf Zeit, so dass gemäß § 138 Abs. 1 SächsBG auf ihn die Vorschriften über Beamte auf Lebenszeit Anwendung finden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Danach sind auf Beamte auf Zeit z.B. die §§ 49-54 SächsBG (Ruhestand) entsprechend anzuwenden (vgl. auch Woydera/Summer/Zängl, SächsBG, Kommentar, § 138 E 3 b, § 139 E 2).

Gemäß § 49 Abs. 1 SächsBG tritt der Beamte auf Lebenszeit, soweit er gemäß § 48 SächsBG die fünfjährige Wartezeit erfüllt, mit Ablauf des Monats in den Ruhestand, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet. Diese Rechtsfolge tritt nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung indessen nur dann ein, wenn der Beamte auf Lebenszeit als solcher in den Ruhestand tritt, also das Beamtenverhältnis bis zum Eintritt in den Ruhestand bestanden hat. Endet dagegen das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit vor Erreichen der Altersgrenze durch einen der in § 38 Abs. 1 SächsBG genannten Tatbestände, scheidet ein Eintritt in den Ruhestand aus. Bei entsprechender Anwendung des § 49 Abs. 1 SächsBG auf Beamte auf Zeit ist demgemäß ebenfalls erforderlich, dass das Beamtenverhältnis auf Zeit bei Erreichen des 65. Lebensjahrs noch besteht. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht, dessen Beamtenverhältnis mit Ablauf seiner Amtszeit als Landesbeauftragter am 14.6.2001 endete.

b) Ein Eintritt des Klägers in den Ruhestand scheidet auch nach den für Beamte auf Zeit geltenden Bestimmungen der §§ 139, 140 SächsBG aus. Die Voraussetzungen für einen Eintritt des Klägers in den Ruhestand mit Ablauf seiner Amtszeit am 14.6.2001 gemäß § 139 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SächsBG liegen ersichtlich nicht vor: Der Kläger hat weder die in § 139 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 SächsBG genannten Dienstzeiten erfüllt, noch hatte er bei Beendigung seiner Amtszeit - ungeachtet der Frage des Erreichens einer Gesamtdienstzeit von sechs Jahren - bereits das 62. Lebensjahr vollendet (§ 139 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SächsBG). Gemäß der in § 140 S. 1 SächsBG angeordneten Rechtsfolge war der Kläger demzufolge mit Ablauf seiner Amtszeit kraft Gesetzes entlassen. Damit entfallen aber gemäß § 138 Abs. 1, § 47 Satz 1 SächsBG alle Ansprüche auf Leistungen gegen den (früheren) Dienstherrn, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Hierzu zählt auch der Anspruch auf Ruhegehalt. Der Beamte auf Zeit ist allerdings durch den Dienstherrn nachzuversichern (Woydera, Summer, Zängl a.a.O., § 47 E 6).

Demnach scheidet ein Anspruch des Klägers auf Festsetzung von Versorgungsbezügen bereits mangels Eintritts des Klägers in den Ruhestand aus.

c) Soweit der Kläger durch seine Klage festgestellt wissen möchte, dass er die fünfjährige Wartezeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG erfüllt, wird klarstellend darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BeamtVG ebenfalls nicht vorliegen.

Der Kläger war seit dem 15.6.1996 nach seiner Wahl zum Landesbeauftragten und Ernennung durch den Ministerpräsidenten Beamter auf Zeit des Beklagten. Diesen Status behielt er auch nach Abberufung durch den Sächsischen Landtag im Zusammenhang mit der Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen ihn, da mit der Abberufung keine Beendigung des Beamtenverhältnisses verbunden war. Eine solche ist auch im Landesbeauftragtengesetz nicht vorgesehen: § 2 Abs. 3 LBStUG i. d. F. v. 30.6.1992 sieht eine Amtszeit von fünf Jahren vor. Zwar ist gemäß § 2 Abs. 4 LBStUG die Abberufung des Beauftragten durch den Landtag möglich; allerdings ist damit keine Statusveränderung verbunden. § 2 Abs. 4 Satz 2 LBStUG verweist vielmehr auf die Vorschriften des Beamtenrechts, somit - wohl abschließend - auf die in den Beamtengesetzen vorgesehenen Beendigungstatbestände. Damit verblieb der Kläger auch nach seiner Abberufung Beamter auf Zeit bis zum Ende seiner fünfjährigen Amtszeit am 14.6.2001. Zu diesem Zeitpunkt war er gemäß § 140 SächsBG kraft Gesetzes entlassen.

Grundsätzlich wäre hiernach für die Wartezeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG die komplette Amtszeit des Klägers als Landesbeauftragter zugrunde zu legen. Allerdings bleiben im Rahmen der Berechnung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 6 BeamtVG solche Zeiten unberücksichtigt, während derer ein Wahlbeamter auf Zeit nach seiner Abwahl Versorgung nach § 66 Abs. 6 a.F. BeamtVG erhält. Diese erhöhen zwar die ruhegehaltfähige Dienstzeit des § 6 BeamtVG um bis zu fünf Jahre (§ 66 Abs. 6 Satz 2 a.F. BeamtVG). Sie sind jedoch nicht selbst ruhegehaltbegründend, sondern erhöhen nur eine vorhandene ruhegehaltfähige Dienstzeit und können deshalb nicht zur Erfüllung der Wartezeit i.S.v. § 4 Abs. 1 BeamtVG dienen (Stadler in: Fürst, GKÖD, BeamtVG, § 4 Rn. 13a; Brockhaus in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, 5. Aufl., § 66 Rn. 48, Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Kommentar, § 4 Erl. 3, jeweils unter Bezugnahme auf die Begründung zur Neufassung des - seinerzeit - § 66 Abs. 6 durch das Versorgungsreformgesetz 1998 in BT-Drs. 13/9527, S. 42.).

Der Kläger war - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts - während seiner Amtszeit als Landesbeauftragter Wahlbeamter auf Zeit i.S.v. § 66 Abs. 6 a.F. BeamtVG. Denn er ist aufgrund eines Wahlakts des Sächsischen Landtags in sein Amt gelangt. Ob der Wahlakt unmittelbar den Beamtenstatus begründet oder ob - wie in § 2 Abs. 2 Satz 4 LBStUG i.d.F. v. 30.6.1992 vorgesehen - eine Ernennung des Gewählten durch den Ministerpräsidenten erfolgt, ist für die Einordnung als Wahlbeamter auf Zeit unerheblich.

Aus dem Beamtenverhältnis als Landesbeauftragter wäre nach dem oben Gesagten nur die Zeit vom 15.6.1996 bis 31.7.1999 für die Wartezeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG anrechenbar. Eine Anrechnung der weiteren vom Kläger geltend gemachten Vordienstzeiten nach § 10 BeamtVG käme nicht in Betracht; der Senat verweist insoweit auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts (Urteil S. 10-12). Die in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG vorgeschriebene Wartefrist würde demnach durch den Kläger hier nicht erfüllt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 As. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 7. Juli 2008

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. September 2004 für beide Rechtszüge auf je 10.843,38 € festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwerts beruht für die erste Instanz auf § 72 Nr. 1, 1. Halbsatz, GKG i. V. m. § 13 Abs. 4 Satz 1 b GKG (a. F.), für die zweite Instanz auf § 72 Nr. 1, 2. Halbsatz, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Kläger, ehemaliger Beamter auf Zeit, begehrt in der Sache die Entscheidung über seinen Status als Ruhestandsbeamter. Ausgehend von den dem Kläger im Beamtenverhältnis auf Zeit zuletzt gewährten Bezügen i.H.v. 9.322,12 DM und einem Mindestruhegehaltssatz von 35 % (vgl. § 14 Abs. 4 BeamtVG) errechnet sich ein monatliches Mindestruhegehalt von 3.262,74 DM, das multipliziert mit 6,5 zu dem Streitwert von 21.207,82 DM = 10.843,38 € führt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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