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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.02.2004
Aktenzeichen: 2 B 794/02
Rechtsgebiete: BGB, FAG 1996, SchulG, SächsKomZG


Vorschriften:

BGB § 683
FAG 1996 § 8
FAG 1996 § 10
FAG 1996 § 26 Abs. 1
SchulG § 22 Abs. 3
SächsKomZG § 50
Ein Zweckverband, der Träger einer Förderschule ist, in der auf Veranlassung der staatlichen Schulverwaltung auch Schüler beschult werden, die in Gemeinden wohnen, die nicht Mitglied des Zweckverbandes sind, hat gegen diese Gemeinden keinen Anspruch auf anteiligen Ersatz der nicht durch den Schüleransatz (§ 8 Abs. 4 FAG 1996) gedeckten Kosten der Schule nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn die Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes stellen einen solchen Anspruch ausschließende Sonderbestimmungen dar.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 2 B 794/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Beteiligung an Sachkosten einer Förderschule

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Reich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger und die Richterin am Verwaltungsgericht Enders aufgrund der weiteren mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2004

am 20. Februar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 13. Dezember 2001 - 2 K 2190/00 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten deren Beteiligung an den Sachkosten der Förderschule für Erziehungshilfe.

Der Kläger, ein Zweckverband, ist Träger der Förderschule für Erziehungshilfe mit Sitz in M. , OT O. (Landkreis Z. ). Die Beklagte, eine im Gebiet des Beigeladenen zu 2 gelegene Stadt ist nicht Mitglied des Zweckverbandes. Weder die Beklagte noch der Beigeladene zu 2 halten eine Förderschule für Erziehungshilfe vor. Die verbandsangehörigen Gemeinden entrichten eine jährliche Schulverbandsumlage; Umlagemaßstab ist die Zahl der Schüler. Die Beklagte beteiligt sich nicht am Sachaufwand der Förderschule.

Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 30.12.1996 wurde der Kläger angewiesen, näher bezeichnete Schüler, u.a. solche aus dem Gebiet der Beklagten, mit Wirkung vom 1.1.1997 weiter in der Förderschule des Klägers zu unterrichten. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 30.1.1997 Widerspruch eingelegt. Nach einer diesbezüglichen Sachstandsanfrage des Senats wurde der Bescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 30.12.1996 im Laufe des Berufungsverfahrens durch Abhilfebescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 25.11.2002 aufgehoben, da er von einer unzuständigen Behörde ohne Rechtsgrundlage erlassen worden sei. Mit Schreiben des Staatlichen Schulamtes Zwickau vom 18.8.1997, geändert durch Schreiben vom 2.9.1997, wurden dem Kläger für das Schuljahr 1997/98 u.a. ein Schüler aus dem Gebiet der Beklagten zugewiesen. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 25.8.1997 Widerspruch eingelegt. Mit an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 27.8.1997 hat das Oberschulamt Chemnitz die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Staatlichen Schulamtes Zwickau vom 18.8.1997 bestätigt. Der Beigeladene zu 1 geht davon aus, dass dieses Schreiben als Widerspruchsbescheid auszulegen ist.

Aufgrund der vorgenannten Bescheide des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 30.12.1996 und des Staatlichen Schulamtes Zwickau vom 18.8.1997 sowie aufgrund von Entscheidungen der Schulaufsichtsbehörde gemäß § 30 Abs. 2 SchulG besuchten im hier maßgeblichen Zeitraum von 1996 bis 2000 Schüler aus dem Gebiet der Beklagten die Förderschule des Klägers.

Nach dem Scheitern außergerichtlicher Bemühungen erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Chemnitz Klage, mit der er die Zahlung von zuletzt 42.957,11 DM für den Zeitraum 1996 bis 2000 sowie die Feststellung begehrte, dass die Pflicht zur Tragung der ungedeckten sächlichen Kosten der vom Kläger getragenen Förderschule für Erziehungshilfe der Beklagten insoweit obliegt, als diese Sachkosten die aus dem Gebiet der Beklagten in die Förderschule aufgenommenen Schüler betreffen.

Mit Urteil vom 13.12.2001 wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger 42.957,11 DM nebst 4 % Zinsen aus 37.156,14 DM seit 16.6.2000 und aus 5.800,70 DM seit 12.9.2001 zu zahlen. Es wurde zudem festgestellt, dass die Pflicht zur Tragung der ungedeckten sächlichen Kosten der vom Kläger getragenen Förderschule für Erziehungshilfe der Beklagten insoweit obliegt, als diese Sachkosten die aus dem Gebiet der Beklagten in die Förderschule aufgenommenen Schüler betreffen. Zur Begründung wurde ausgeführt, unter dem Blickwinkel der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Vorschriften der §§ 677 ff. BGB stehe dem Kläger als Geschäftsführer analog §§ 677, 683 BGB ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen die Beklagte zu, die im Verhältnis der Hauptbeteiligten als Geschäftsherr anzusehen sei. Der Kläger habe mit der Beschulung der betreffenden Schüler (auch) ein Geschäft der Beklagten geführt. Die Beklagte sei gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SchulG der originäre Schulträger für eine Förderschule auf ihrem Gebiet. Der Begriff des Schulträgers sei in dem abstrakten Sinne der generellen Zuständigkeit für die Aufgaben in einem bestimmten schulischen Bereich zu verstehen und stelle nicht darauf ab, ob und welche Schulen dieses Bereichs tatsächlich vorhanden oder nach Maßgabe des Bedürfnisses (vgl. § 21 Abs. 2 SchulG) einzurichten seien. Der Schulträger trage im Verhältnis zum Freistaat Sachsen die sächlichen Kosten. Daraus ergebe sich, dass die Entlastung infolge des Besuchs der "auswärtigen" Förderschule des Klägers bei demjenigen Schulträger eintrete, der für die Beschulung der betreffenden Schüler das notwendige Schulangebot und die erforderlichen Schulanlagen als Pflichtaufgabe an sich vorzuhalten hätte. Die Beklagte sei gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SchulG unter Berücksichtigung der in § 25 Abs. 1 SchulG normierten festen Schulbezirke der originäre Heimatschulträger für eine Förderschule. Werde die primäre Pflicht eines Schulträgers zur Aufnahme der Schüler von einem anderen Schulträger erfüllt, für den diese Schüler "Auswärtige" seien, so erfülle er ein objektiv fremdes Geschäft. Der Kläger nehme als Schulverband die Funktion des Schulträgers i.S.d. § 21 Abs. 1 SchulG nur bezüglich der in ihm zusammengeschlossenen kommunalen Gebietskörperschaften wahr. Alle Schulverbandsmitglieder zögen aus dem Zusammenschluss Vorteile, da die aufzubringenden Gesamtkosten in der Regel deutlich geringer ausfielen als die Aufwendungen, die jede einzelne Gebietskörperschaft bei individueller Aufgabenerfüllung zu leisten hätten. Müsse sich die Beklagte an den Sachkosten nicht beteiligen, wäre der Gedanke der Solidargemeinschaft der Verbandsmitglieder auf Kosten deren jeweils eigener Finanzkraft und deren mitgliedschaftlicher Rechte und Pflichten durchbrochen, obwohl es an einer konkreten Aufgabe des Klägers gerade im Verhältnis zur Beklagten fehle. Soweit Schulfeststellungsbescheide nach § 30 Abs. 2 SchulG vorliegen beträfen diese das Innenverhältnis zwischen Schüler und beteiligtem Schulträger, besagten aber nicht, wer unter Rückgriff auf das System des Sächsischen Schulgesetzes den für die Beschulung notwendigen Sachaufwand bereitstellen müsse. Dass der Kläger zugleich, soweit die Schulaufsichtsbehörde die Förderschule des Klägers gemäß § 30 Abs. 2 SchulG zum Förderort bestimmt habe, ein eigenes Geschäft mit besorgt habe, stehe nicht entgegen. Es sei allgemein anerkannt, dass die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag auch gegeben sein können, wenn der Geschäftsführer zugleich eigene Interessen oder Aufgaben wahrnehme. Der Kläger sei zur Geschäftsführung auch berechtigt gewesen. Seine Berechtigung entfalle nicht infolge der "abstrakten" Schulträgerschaft der Beklagten. Da die Beschulung der sonderpädagogisch förderungsbedürftigen "auswärtigen" Schüler dringend geboten gewesen sei, liege kein Fall der Einmischung und kein voreiliger Übergriff in fremde Kompetenzen vor. Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet.

Auf Antrag der Beklagten hat der erkennende Senat durch Beschluss vom 13.9.2002 - 2 B 141/02 - die Berufung zugelassen.

Zur Begründung der Berufung macht die Beklagte geltend, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 677, 683 BGB analog gegen die Beklagte zu, da er mit der Beschulung der im Gebiet der Beklagten wohnenden förderschulpflichtigen Schüler kein fremdes Geschäft, sondern ein eigenes Geschäft geführt habe. Der Kläger habe auch nicht ohne Auftrag oder eine sonstige Berechtigung gehandelt, sondern auf Anweisung des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 30.12.1996 und später aufgrund von Anweisungen des Regionalschulamtes Chemnitz die Unterrichtung der förderschulpflichtigen Kinder aus dem Gebiet der Beklagten durchgeführt. Für die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Beklagte sei als "abstrakter Schulträger" grundsätzlich selbst zur Unterrichtung förderschulpflichtiger Schüler zuständig, fehle es an einer Rechtsgrundlage. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SchulG kämen die Gemeinden zwar theoretisch als Schulträger in Betracht. Sie seien jedoch nur dann berechtigt und verpflichtet, öffentliche Schulen, also auch Förderschulen für Erziehungshilfe, einzurichten, wenn ein öffentliches Bedürfnis hierfür bestehe. Hierfür seien nach den maßgeblichen Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus mindestens 32 förderschulpflichtige Schüler erforderlich. Aus dem Gebiet der Beklagten seien im Jahre 1996 jedoch max. 8 Schüler als förderschulpflichtig eingestuft gewesen. Ein öffentliches Bedürfnis für eine Förderschule für Erziehungshilfe sei von der obersten Schulaufsichtsbehörde auch nicht festgestellt worden. Eine möglicherweise abstrakt bestehende Schulträgerpflicht wandele sich im Falle eines fehlenden öffentlichen Bedürfnisses zur Errichtung einer eigenen Schule wegen einer nicht ausreichenden Zahl an Kindern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände auch nicht in eine Pflicht um, sich an der Finanzierung des Klägers zu beteiligen. Die Klage habe auch unter Berücksichtigung von § 50 Abs. 1 und 3 SächsKommZG keinen Erfolg, da die Einrichtung einer Förderschule für Erziehungshilfe mangels öffentlichen Bedürfnisses i.S.d. § 24 Abs. 2 SchulG keine Pflichtaufgabe der Beklagten darstelle. Im Übrigen werden die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen der Höhe nach bestritten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 13.12.2001 - 2 K 2190/00 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er macht geltend, die Gemeinden seien gemäß § 22 Abs. 1 SchulG Schulträger unabhängig davon, ob die jeweilige Gemeinde tatsächlich eine Schule einrichte, fortführe oder zumindest ein öffentliches Bedürfnis hierfür bestehe. Dies ergebe sich aus § 21 Abs. 2 SchulG, wonach der (bereits existente) Schulträger zur Einrichtung einer öffentlichen Schule verpflichtet sei, wenn hierfür ein öffentliches Bedürfnis bestehe. So habe das Sächsische Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 10.5.1996 - 2 S 253/96 - eine Gemeinde als Schulträgerin bezeichnet, obwohl ein öffentliches Bedürfnis für die Einrichtung einer öffentlichen Schule verneint worden sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei Schulträger auch derjenige, der noch gar keine öffentliche Schule eingerichtet habe, eine solche einzurichten beabsichtige oder zur Einrichtung einer öffentlichen Schule verpflichtet sei. Die Annahme einer Schulträgerschaft erst nach Wahrnehmung der Aufgabe durch Einrichtung einer öffentlichen Schule hätte zur Folge, dass die Verpflichtung vor Wahrnehmung zunächst originär beim Freistaat Sachsen verbliebe. Das sei durch den Gesetzgeber aber gerade nicht gewollt. Die Verpflichtung zur Vornahme der Beschulung von Kindern sei den Gemeinden als weisungsfreie Pflichtaufgabe gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf zugewiesen. Gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 3 SächsVerf habe der Gesetzgeber grundsätzlich bei Aufgabenübertragung die Kostendeckung zu regeln. Soweit dies im Sächsischen Schulgesetz hinsichtlich der Wahrnehmung von Pflichten durch andere Gemeinden nicht erfolgt sei, könne hier nichts anderes gelten als für die den öffentlichen Beschulungsauftrag wahrnehmenden Schulen in freier Trägerschaft. Art. 102 Abs. 3 und 4 SächsVerf regele für diese ein Recht auf finanziellen Ausgleich. Ausgleichspflichtig sei grundsätzlich derjenige, dessen originäre Aufgabe erfüllt werde, demzufolge die Beklagte als originäre Schulträgerin. Allein die tatsächliche Wahrnehmung der Beschulung von Kindern aus dem Gebiet der Beklagten durch die Klägerin habe keine Aufgabenübertragung auf den Kläger bewirkt. Die Verpflichtung, für die Beschulung der der Gemeinde zugehörigen Kinder Sorge zu tragen, sei bei der Beklagten als originärem Schulträger verblieben. Soweit ein öffentliches Bedürfnis für die Aufgabenzuweisung an die Beklagte nicht bestanden habe, wäre die Beklagte allenfalls zur Einrichtung einer eigenständigen Schule nicht verpflichtet gewesen. Die behördliche Verpflichtung des Klägers durch das Regionalschulamt bzw. das Regierungspräsidium als Dritte begründe keinen Auftrag im Verhältnis der Beklagten zum Kläger.

Der Beigeladene zu 1 beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 13.12.2001 - 2 K 2190/00 - die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag.

Der Beigeladene zu 1 teilt die Auffassung der Beklagten, dass der Kläger mit der Beschulung der Schüler aus dem Gebiet der Beklagten kein Geschäft der Beklagten geführt, sondern ein eigenes Geschäft betrieben hat. Gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Beklagte sei originärer Schulträger für eine Förderschule auf ihrem Gebiet, sprächen nicht nur die Bestimmungen des Sächsischen Schulgesetzes, sondern auch die Ausgleichsregelungen im Finanzausgleichsgesetz. Hiernach werde dem Schulträger der Schüleransatz für jeden Schüler gewährt, der die betreffende Schule besuche, unabhängig von seiner Herkunft. Im Falle des Klägers würden alle Schüler, die die Förderschule besuchen, also auch die aus dem Gebiet der Beklagten stammenden Schüler, der Gemeinde M. zugerechnet. Diese Regelungssystematik spreche für die Auslegung, dass der Kläger mit der Beschulung ein eigenes Geschäft geführt habe. Für die finanziellen Lasten aus laufenden sächlichen Schulkosten erhielten die Schulträgerkommunen - hier die Gemeinde M. für den Kläger - bereits einen angemessenen finanziellen Ausgleich im Rahmen der Schlüsselzuweisungen über den Schüleransatz gemäß § 7 Abs. 4 FAG. Da die den Schulträgergemeinden aus dem Schüleransatz zufließenden Schlüsselzuweisungen aus der allen Gemeinden dem Grunde nach zustehenden Schlüsselmasse finanziert würden, erfolge durch diesen Schülernebensatz zugleich auf indirekte Weise eine kostenmäßige Beteiligung auch der Nichtschulträgergemeinden bzw. der Gemeinden, die nicht Träger der einzelnen unterschiedlichen Schularten seien. Gemäß der Begründung zum Entwurf der Staatsregierung zum FAG 1995 sei es das Ziel des Gesetzgebers gewesen, mit dem FAG ab 1995 eine Ausgleichsregelung zu schaffen, die die Notwendigkeit für die verwaltungsaufwendige Erhebung von Gastschulbeiträgen für Förderschulen sowie für Gymnasien erübrige. Das Urteil des Verwaltungsgerichts berücksichtige diese finanzausgleichssystematischen Sachverhalte nicht. Darüber hinaus sei die Berechnung des Fehlbetrages durch den Kläger, in der die Schulkosten aus den Ausgaben im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt unter Abzug der Schlüsselzuweisungsanteile für den Schülernebenansatz errechnet werde, finanzausgleichssystematisch unzutreffend. Sie berücksichtige nicht, dass die Schlüsselzuweisungen nur Ersatzdeckungsmittel zur Ergänzung fehlender eigener Einnahmen seien (vgl. § 1 FAG). Die Höhe der Schlüsselzuweisungen bestimme sich in Abhängigkeit von der eigenen Steuerkraft der Kommune (§ 9 FAG). U.U. müsse die Gemeinde deshalb auch ihre Schulsachkosten aus eigenen Einnahmen finanzieren. Dieser Gesichtspunkt der Wirkungsweise des Schlüsselzuweisungssystems bleibe bei der Darstellung des Klägers unberücksichtigt und führe damit zu einem nicht sachgerechten Ergebnis.

Dem Senat liegen die Behördenakten der Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Chemnitz in den Verfahren 2 K 1699/00 und 2 K 2190/00 vor. Auf diese sowie die Gerichtsakten im Zulassungs- und Berufungsverfahren wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an den Kläger für die Jahre 1996 bis 2000 42.957,11 DM nebst Zinsen zu zahlen. Zudem wurde zu Unrecht festgestellt, dass die Pflicht zur Tragung der ungedeckten sächlichen Kosten der vom Kläger getragenen Förderschule für Erziehungshilfe der Beklagten insoweit obliegt, als diese Sachkosten die aus dem Gebiet der Beklagten in die Förderschule aufgenommenen Schüler betreffen. Denn dem Kläger steht ein solcher Anspruch nicht zu.

1. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht nach den im öffentlichen Recht entsprechend anzuwendenden (vgl. BVerwG Urt. v. 6.9.1988 - 4 C 5.86 -, NJW 1989, 922) Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB).

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzung der §§ 677, 683 BGB vorliegen, der Kläger also ein Geschäft, das zum Rechtskreis der Beklagten gehört, geführt hat, ohne von dieser beauftragt worden zu sein. Denn ein Aufwendungsersatzanspruch des Klägers nach §§ 677, 683 BGB ist hier aufgrund der Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes ausgeschlossen. Auf die in der mündlichen Verhandlung erörterten Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag war deshalb nicht einzugehen.

Die Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB wird durch gesetzliche Sonderbestimmungen ausgeschlossen (vgl. Palandt, BGB, Einf. vor § 677 RdNr. 8). Die Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes stellen solche Sonderregelungen dar.

Nach § 7 Abs. 1 FAG 1996 bemisst sich die Höhe der Schlüsselzuweisungen an kreisangehörige Gemeinden nach ihrer Steuerkraft und ihrem auf den Einwohner und den Schüler bezogenen durchschnittlichen Finanzbedarf, ausgedrückt durch die Bedarfsmesszahl. Der für die Ermittlung der Bedarfsmesszahl maßgebliche Gesamtansatz berechnet sich gemäß § 8 Abs. 2 FAG 1996 aus dem einwohnerbezogenen Hauptansatz und dem Schüleransatz. Der Schüleransatz (§ 8 Abs. 4 FAG 1996) wird den Gemeinden nach einem Hundertsatz für jeden Schüler an Schulen gewährt, deren Träger sie zu Beginn des Haushaltsjahres sind. Die beim Kläger beschulten Schüler aus dem Gebiet der Beklagten werden also hinsichtlich des Schüleransatzes bei der Gemeinde M. als der Sitzgemeinde des Klägers und nicht bei der Beklagten berücksichtigt. Gemäß § 10 FAG 1996 erhält eine kreisangehörige Gemeinde nur eine Schlüsselzuweisung, wenn die Bedarfsmesszahl höher ist als die Steuerkraftmesszahl (§ 9 FAG 1996). Die Schlüsselzuweisung beträgt 75 vom Hundert des Unterschiedsbetrages. Dieses von der Finanzkraft der Schulsitzgemeinde abhängige System des Finanzausgleichsgesetzes hat zur Folge, dass eine Gemeinde dann, wenn die Steuerkraftmesszahl die Bedarfsmesszahl erreicht oder übersteigt, keine Schlüsselzuweisungen erhält, dass sie in diesem Falle also u.a. auch ihre Schulsachkosten aus eigenen Einnahmen finanzieren muss.

Bezogen auf den Schüleransatz begegnet die Finanzkraftabhängigkeit des Finanzausgleichs keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei den mit der Schulträgerschaft verbundenen Aufgaben handelt es sich um pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben (§ 23 Abs. 1 SchulG, § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO; vgl. auch Avenarius/Heckel, Schulrechtskunde, 7. Auflage, S. 160). Es handelt sich somit nicht um gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf übertragene Aufgaben, so dass ein Anspruch der kommunalen Schulträger auf vollständigen und finanzkraftunabhängigen Mehrbelastungsausgleich gemäß Art. 85 Abs. 2 SächsVerf (vgl. hierzu SächsVerfGH, Urt. v. 23.11.2000 - Vf. 53-II-97 -, SächsVBl. 2001, 61) nicht besteht.

Der auf die Zahl der Schüler, die die in der Trägerschaft der Gemeinde stehenden Schulen besuchen, und nicht auf den Wohnsitz der Schüler abstellende Schüleransatz bewirkt neben der finanziellen Ausstattung der Gemeinden durch den Freistaat Sachsen (vgl. Art. 87 SächsVerf) einen interkommunalen Ausgleich der mit der Einrichtung und Unterhaltung einer Schule verbundenen finanziellen Belastungen. Diesen interkommunalen Ausgleich, der durch § 26 Abs. 1 FAG 1996, wonach zur Erfüllung von Aufgaben mit überörtlicher oder überregionaler Bedeutung ein direkter Lastenausgleich zwischen den beteiligten Gebietskörperschaften auf der Grundlage freiwilliger Vereinbarungen soweit notwendig und geboten erfolgen soll, ergänzt wird, hat der Gesetzgeber mit der Einführung des Schüleransatzes im FAG 1995 gerade bezweckt. In der Begründung der Staatsregierung zum FAG 1995 heißt es in insoweit (LT-Drucks. 2/0031 S. 10 f.): "Anders als der eher pauschalierende Hauptansatz knüpft der Schüleransatz differenziert nach spezifischen Kostenverursachern - sowohl einheimischer als auch auswärtiger Schüler - unmittelbar an reale finanzielle Leistungen der Kommunen an, berücksichtigt damit die unterschiedliche Aufgabenstruktur im Schulwesen und ermöglicht für einen der kostenintensivsten Bereiche der zentralörtlichen Funktionen einen adäquaten Finanzausgleich. Da die den Schulträgergemeinden aus dem Schüleransatz zufließenden Schlüsselzuweisungen aus der allen Gemeinden dem Grunde nach zustehenden Schlüsselmasse finanziert werden, erfolgt durch diesen differenzierten Schülernebenansatz zugleich auf indirekte Weise eine kostenmäßige Beteiligung auch der Nicht-Schulträgergemeinden bzw. von Gemeinden, die nicht Träger der einzelnen unterschiedlichen Schulformen sind. Damit könnte aus Sicht der Staatsregierung die Notwendigkeit der verwaltungsaufwendigen Erhebung von Gastschulbeiträgen entfallen. Ob darüber hinaus - gestützt auf die Generalermächtigung in § 30 FAG-Entwurf 1995 - (entspricht § 26 FAG 1996) einzelne Kommunen mit ihren Umlandgemeinden die Erhebung von Gastschulbeiträgen vereinbaren, bleibt kommunalen Vereinbarungen überlassen."

Mit dem durch den Schüleransatz weitgehend erfolgten Ausgleich zugunsten der Schulsitzgemeinde, der Finanzkraftabhängigkeit des Schüleransatzes und der gesetzlich normierten Freiwilligkeit einer darüber hinausgehenden Vereinbarung ist ein über die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleiteter gesetzlicher Anspruch einer Gemeinde oder eines Zweckverbandes darauf, dass die nicht durch den Schüleransatz und die unmittelbar mit der Schule im Zusammenhang stehenden Einnahmen gedeckten Kosten der Schulen anteilig nach der Zahl der Schüler von den Gemeinden, aus deren Gebiet die die Schule besuchenden Schüler stammen und die nicht Träger der Schulen sind bzw. die dem Zweckverband nicht angehören, getragen werden, nicht zu vereinbaren. Die Höhe der Zahlungspflichten dieser Gemeinden wäre neben den konkreten Kosten der Schule vor allem von der Finanzkraft der Schulsitzgemeinde abhängig. Die Finanzkraft der nicht dem Zweckverband angehörigen Gemeinden bliebe bei der Berechnung unberücksichtigt. Dies ist mit dem Regelungskonzept des Finanzausgleichsgesetzes nicht zu vereinbaren. Denn die Folge einer solchen Kostenerstattung wäre, dass die nicht dem Zweckverband angehörenden Gemeinden unabhängig von ihrer eigenen Finanzkraft um so höhere Kosten zu tragen hätten, je reicher die Schulsitzgemeinde wäre. Denn der nicht durch den Schüleransatz gedeckte Teil der mit dem Betrieb einer Schule verbundenen Kosten steigt mit der Finanzkraft der Schulsitzgemeinde. Würde etwa eine Gemeinde keine Schlüsselzuweisungen erhalten, weil die Steuerkraftmesszahl die Bedarfsmesszahl erreicht oder übersteigt, wären nach dem vom Kläger verfolgten Erstattungskonzept alle Kosten der Schule mit Ausnahme der - regelmäßig sehr geringen - unmittelbar mit dem Betrieb der Schule verbundenen Einnahmen von den Umlandgemeinden bzw. den nicht dem Zweckverband angehörigen Gemeinden ohne Abzug eines Schüleransatzes anteilig zu tragen, auch wenn diese Gemeinden aufgrund ihrer geringeren Finanzkraft allgemeine Schlüsselzuweisungen erhalten. Diese Überlegungen zeigen, dass § 26 Abs. 1 FAG 1996 nicht nur eine Ermächtigung der Gemeinden zur freiwilligen Vereinbarung eines direkten Lastenausgleichs enthält, sondern zugleich auch eine dahingehende Begrenzung, dass eine solche Vereinbarung nur auf freiwilliger Basis erfolgen darf, nicht jedoch aufgrund behördlicher oder gerichtlicher Anordnung, weshalb ein Anspruch nach den Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag ausscheidet.

Der Ausschluss eines Aufwendungsersatzanspruchs nach § 683 BGB führt auch nicht zu unangemessenen Ergebnissen. Dass das nicht durch den Schüleransatz gedeckte Defizit, wie oben dargelegt, umso größer ist, je höher die eigenen Einnahmen der Schulsitzgemeinden sind, ist vom Gesetzgeber so gewollt und von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Das Finanzausgleichsgesetz geht aufgrund der Finanzkraftabhängigkeit des Schüleransatzes und der der Regelung, dass eine kreisangehörige Gemeinde gemäß § 10 FAG 1996 nur 75 vom Hundert des Unterschiedsbetrages von Bedarfsmesszahl und Steuerkraftmesszahl als Schlüsselzuweisung erhält, davon aus, dass der Schüleransatz die mit dem Betrieb der Schule verbundenen Kosten regelmäßig nicht vollständig deckt, sondern die Gemeinden hierzu regelmäßig auch eigene Einnahmen zu verwenden haben. Kommen freiwillige Vereinbarungen im Sinne des § 26 Abs. 1 FAG 1996 nicht zustande und ist es einer Gemeinde oder einem Zweckverband trotz der Berücksichtigung der auswärtigen Schüler bei der Bemessung des Schüleransatzes nicht zuzumuten, die finanziellen Auswirkungen der Einrichtung und Fortführung der Schule allein zu tragen (vgl. hierzu VGH Mannheim, Urt. v. 14.3.1985 - 11 S 631/80 -, VBlBW 1986, 344), kommt die Bildung eines Pflichtverbandes gemäß § 22 Abs. 3 SchulG, § 50 SächsKomZG in Betracht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der klagende Zweckverband als Schulträger bei der Rechtsaufsichtsbehörde einen darauf gerichteten Antrag stellen kann, dass die Gemeinden, aus deren Gebiet Schüler die Schule des Zweckverbandes besuchen, an den Zweckverband angeschlossen werden. Der Zweckverband hat insoweit jedenfalls einen Anspruch auf Prüfung des Vorliegens eines dringenden öffentlichen Bedürfnisses und gegebenenfalls auf ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Rechtsaufsichtsbehörde.

Die Richtigkeit des Ausschlusses eines Aufwendungsersatzanspruchs gemäß § 683 BGB wird dadurch bestätigt, dass sich § 683 i.V.m. § 670 BGB kein klarer Maßstab für die Berechnung der Höhe eines Aufwendungsersatzanspruches entnehmen lässt. Wie das vorliegende Verfahren zeigt, ist bereits die Ermittlung der grundlegenden Berechnungsmaßstäbe wie die Gesamtschülerzahl und die Anzahl der Schüler aus der jeweiligen Gemeinde mit einem erheblichem Aufwand und großer Unsicherheit verbunden. Nicht ermittelt werden kann, ob durch die Aufnahme eines bestimmten Schülers aus dem Gebiet einer Gemeinde, die nicht dem Zweckverband angehört, nach Abzug des für diesen Schüler erhaltenen Schüleransatzes überhaupt nicht gedeckte Aufwendungen verbleiben, da die Aufnahme weiterer Schüler nicht unbedingt zu einer messbaren Steigerung der mit dem Betrieb einer Schule verbundenen Kosten führt. Schließlich bringt die Berücksichtigung von Inventaranschaffungen und Baumaßnahmen rechtlich kaum lösbare Probleme mit sich, da einerseits die mit Baumaßnahmen verbundenen Substanzwerterhöhungen allein dem Zweckverband zugute kommen und zudem die mit Baumaßnahmen und angeschafftem Inventar verbundenen Vorteile in zeitlicher Hinsicht langfristig wirken, andererseits es aber gerade Aufgabe des Schulträgers ist, ein für den Schulbetrieb geeignetes Schulgebäude zur Verfügung zu stellen.

2. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht in entsprechender Anwendung der Regelungen über Schulen in freier Trägerschaft. Die Vorschriften sind für öffentliche Schulen nicht entsprechend anwendbar. Wie oben dargelegt, besteht auch keine planwidrige Regelungslücke. Im Übrigen wird der finanzielle Ausgleich im Sinne des Art. 102 Abs. 4 Satz 2 SächsVerf gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SächsFrTrSchulG durch den Freistaat Sachsen und nicht (auch) durch die als Schulträger in Betracht kommenden Kommunen gewährt.

Der Berufung war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 32.189,50 festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. 32.189,50 € entsprechen den vom Verwaltungsgericht festgesetzten 62.957,11 DM. Insoweit wird auf die Gründe des die Streitwertbeschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht zurückweisenden Beschlusses des Senats vom 13.9.2002 - 2 E 21/02 - verwiesen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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