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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.05.2008
Aktenzeichen: 2 D 36/07
Rechtsgebiete: BFSO, SchulG, GG, SächsVer


Vorschriften:

BFSO § 125
SchulG § 9
GG Art. 7 Abs. 4
SächsVerf Art. 75 Abs. 1
SächsVerf Art. 102 Abs. 3
Die einzelnen Ausbildungsgänge der Berufsfachschule dürfen durch Rechtsverordnung festgelegt werden. Der Verordnungsgeber ist an der Ausgliederung eines Ausbildungsganges nicht deshalb gehindert, weil eine Schule in freier Trägerschaft bereits vor dem Inkrafttreten der Schulordnung Berufsfachschule eine Genehmigung nach § 4 SächsFrTrSchulG bezüglich des ausgegliederten Ausbildungsgangs erhalten hat.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 2 D 36/07

In der Verwaltungsrechtssache

Wegen Nichtigkeit des § 125 Absatz 6 der Verordnung über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen vom 14.05.2007; Berufsfachschule Gastronomie

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald, den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller betreiben seit 1998 bzw. 1997 Berufsfachschulen für Gastronomie in freier Trägerschaft. Sie wenden sich mit der Normenkontrolle gegen § 125 Abs. 6 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen (Schulordnung Berufsfachschule - BFSO) vom 14.5.2007 (SächsGVBl. S. 151) - künftig: BFSO n.F. -, soweit die Rechtsverhältnisse der Schulen in freier Trägerschaft betroffen sind.

Gemäß § 9 SchulG werden die Schüler in der Berufsfachschule in einen oder mehrere Berufe eingeführt oder für einen Beruf ausgebildet. Außerdem wird die allgemeine Bildung gefördert. Die Berufsfachschule ist in der Regel Vollzeitschule und dauert mindestens ein Jahr. Regelungen hinsichtlich der einzelnen Bildungsgänge der Berufsfachschule einschließlich der Berufsfachschulen für anerkannte Ausbildungsberufe sind erstmals in der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus und des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen (Schulordnung Berufsfachschule - BFSO) vom 11.8.1999 (SächsGVBl. S. 517) - künftig: BFSO a. F. - enthalten. Die zuvor geltende Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Abschlussprüfung an berufsbildenden Schulen im Freistaat Sachsen (BbSPrüfVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.4.1998 (SächsGVBl. S. 208) enthielt lediglich Regelungen hinsichtlich der Abschlussprüfung für nicht anerkannte Ausbildungsberufe. Gemäß § 133 BFSO a. F. vermittelt die Ausbildung an Berufsfachschulen für anerkannte Ausbildungsberufe Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit i. S. d. § 1 Abs. 2 BBiG befähigen, und bereitet auf die Prüfung vor der zuständigen Stelle vor. Nach § 134 Abs. 1 BFSO a. F. wird die Ausbildung an Berufsfachschulen für folgende anerkannte Ausbildungsberufe geführt: Bogenmacher/Bogenmacherin, Fachkraft im Gastgewerbe, Geigenbauer/Geigenbauerin, Handzuginstrumentenacher/Handzuginstrumen-tenmacherin, Hauswirtschafter/Hauswirtschafterin, Hotelfachmann/Hotelfachfrau, Koch/Köchin, Restaurantfachmann/Restaurantfachfrau, Uhrmacher/Uhrmacherin und Zupfinstrumentenmacher/Zupfinstrumentenmacherin.

Auch die §§ 124a bis 124e BFSO n. F. enthalten Regelungen über die Berufsfachschulen für anerkannte Ausbildungsberufe. Die Ausbildung erfolgt gemäß § 124b Abs. 1 BFSO n. F. in den Bildungsgängen Fachkraft im Gastgewerbe, Hauswirtschafter und Hauswirtschafterin, Hotelfachmann und Hotelfachfrau, Koch und Köchin sowie Restaurantfachmann und Restaurantfachfrau. Gemäß Art. 3 Abs. 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen und zur Änderung der Schulordnung Berufsschule vom 14.5.2007 (SächsGVBl. S. 151) treten die §§ 124a bis 124e BFSO n. F. mit Ablauf des 31.7.2012 außer Kraft. Nach der Übergangsvorschrift des § 125 Abs. 6 BFSO n. F. ist ein Beginn der Ausbildung in den in § 124b Abs. 1 BFSO n. F. aufgeführten Bildungsgängen an der Berufsfachschule für anerkannte Ausbildungsberufe nach dem 31.10.2008 nicht mehr zulässig. Zustimmungen gemäß § 24 Abs. 1 SchulG, Genehmigungen gemäß § 4 SächsFrTrSchulG und Anerkennungen gemäß § 8 SächsFrTrSchulG in diesen Bildungsgängen gelten fort, soweit Schüler im jeweiligen Bildungsgang unterrichtet werden. Im Übrigen erlöschen sie mit Ablauf des 31.7.2012.

Die Antragsteller haben am 6.12.2007 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt.

Sie machen geltend, von der angefochtenen Vorschrift unmittelbar berührt zu sein, da diese anordne, dass die in den Jahren 1997 und 1998 erteilten Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb der Schulen in freier Trägerschaft spätestens mit Ablauf des 31.7.2012 erlöschen.

Die angefochtene Vorschrift greife in wohlerworbene Rechte der Antragsteller ein. Ihre Berufsfachschulen seien genehmigt worden, bevor die Schulordnung Berufsfachschule vom 11.8.1999 in Kraft getreten sei. Die damals für Berufsfachschulen geltenden Vorschriften der BbSPrüfVO hätten eine Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen nicht explizit vorgesehen. Die Zielsetzung von Berufsfachschulen werde unverändert lediglich in § 9 SchulG beschrieben. Die Genehmigungen der Antragsteller beruhten deshalb ausschließlich darauf, dass gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SchulG in der Berufsfachschule Schüler für einen Beruf ausgebildet werden. Nach § 3 SächsFrTrSchulG seien Ersatzschulen diejenigen Schulen in freier Trägerschaft, die an die Stelle einer vorhandenen oder vorgesehenen Schule des öffentlichen Schulwesens treten sollen. Da § 9 SchulG Berufsfachschulen vorsehe und zwar als Schulen, die entweder in einen oder mehrere Berufe einführen oder für einen Beruf ausbilden, erfüllten die Schulen der Antragsteller die Voraussetzungen. Ihnen müsste bei entsprechender Antragstellung jetzt und auch nach dem 31.10.2008 die Genehmigung zum Betreiben von Berufsfachschulen für Gastronomie erteilt werden. Durch eine Rechtsverordnung dürften Rechte nicht entzogen werden, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestehen. Der Verordnungsgeber habe durch die Anordnung des Erlöschens von Genehmigungen ebenso wie durch die Untersagung des Ausbildungsbeginns nach dem 31.10.2008 in Rechte der Antragsteller eingegriffen, ohne hierzu berechtigt zu sein.

Die angefochtene Norm verstoße auch gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz. In der Schulordnung Berufsfachschule werde geregelt, welche Ausbildungen an den durch Gesetz ermöglichten Berufsfachschulen tatsächlich eingerichtet werden. Weder das Schulgesetz allgemein noch die Verordnungsermächtigung in § 62 Abs. 1 bis 4 SchulG enthielten irgendeinen Hinweis darauf, dass der Verordnungsgeber bestimmte Ausbildungen zum Gegenstand der Berufsfachschule machen oder bestimmte Ausbildungen, die an sich unter § 9 SchulG fallen, untersagen oder ausschließen dürfe. Selbst wenn es der Wille des Gesetzgebers gewesen sei, die Festlegung der Ausbildungsziele des öffentlichen Schulwesens und damit der Ersatzschulen in freier Trägerschaft dem Verordnungsgeber zu übertragen, hätte es einer ausdrücklichen Ermächtigung bedurft. § 62 SchulG lege sehr ins Einzelne gehend fest, welche Regelungen in den Schul- und Prüfungsordnungen enthalten sein müssten, ermächtige aber zur Festlegung der Ausbildungsziele nur insoweit, als Prüfungsgebiete festgelegt werden sollen. Der Gesetzgeber hätte im Übrigen die Festlegung der Ausbildungsgänge an den beruflichen Schulen nicht vollständig dem Verordnungsgeber übertragen dürfen. Insbesondere die Entscheidung, schulische Ausbildungen in anerkannten Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz vorzusehen oder nicht, müsse der Gesetzgeber selbst treffen. Da diese Ausbildungen grundsätzlich an Berufsfachschulen möglich seien, wie die in der Schulordnung Berufsfachschule weiterhin vorgesehenen Ausbildungen der Musikinstrumentenmacher und Uhrmacher zeigten, dürfe der Verordnungsgeber die vom Gesetzgeber stillschweigend getroffene Zulassung solcher Ausbildungen nicht durch Verordnung unterlaufen.

Die Antragsteller beantragen,

§ 125 Abs. 6 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen (Schulordnung Berufsfachschule - BFSO) vom 14. Mai 2007 (SächsGVBl. S. 151) für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er macht geltend, der Antrag sei bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Bei § 125 Abs. 6 BFSO n. F. handele es sich um eine bloße Übergangsvorschrift. Die dort aufgeführten Bildungsgänge an den Berufsfachschulen existierten künftig gemäß Art. 3 Abs. 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen und zur Änderung der Schulordnung Berufsschule unabhängig von der Wirksamkeit der Übergangsvorschrift nicht mehr. Selbst wenn § 125 Abs. 6 BFSO nichtig wäre, ergäbe sich das Erlöschen der Ersatzschulgenehmigungen und -anerkennungen in den Bildungsgängen der Berufsfachschule für anerkannte Ausbildungsberufe wegen der Akzessorietät des Ersatzschulwesens gegenüber dem öffentlichen Schulwesen bereits aus § 43 Abs. 2 VwVfG. Auch ohne Rückgriff auf § 43 Abs. 2 VwVfG würde sich die Rechtsstellung der Antragsteller bei einem Erfolg des Normenkontrollantrags nicht verbessern, da es im Hinblick auf das Entfallen der Bildungsgänge für anerkannte Ausbildungsberufe problemlos möglich sei, die entsprechenden Ersatzschulgenehmigungen und -anerkennungen gemäß § 49 VwVfG aufzuheben.

Der Antrag sei auch unbegründet. Ein Eingriff in wohlerworbene Rechte liege nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genössen Ersatzschulen keinen Bestandsschutz. Es sei dem Staat nicht verwehrt, einzelne Ausbildungszweige aus dem Schulwesen auszugliedern, auch wenn sich hier bislang Privatschulen betätigt hätten. Die Rechtsstellung des Ersatzschulträgers sei von vornherein nach Maßgabe des jeweils für die öffentlichen Schulen geltenden Rechts inhaltlich beschränkt.

Für die Entscheidung, Bildungsgänge der Berufsfachschule für anerkannte Ausbildungsberufe im Bereich der Gastronomie auslaufen zu lassen, sprächen gute Gründe. Gemäß den statistischen Angaben der Bundesagentur für Arbeit mit Stand Dezember 2005 habe es in Sachsen eine hohe Zahl erwerbsloser Personen mit Ausbildungen im Gastronomiebereich gegeben. Die zur dualen Ausbildung hinzutretende berufsfachschulische Ausbildung sei somit in diesen Berufen am Bedarf vorbei erfolgt. Der Landesausschuss für Berufsbildung und die IHK Dresden hätten dem Staatsministerium für Kultus im Jahre 2005 die umgehende Novellierung der Schulordnung Berufsfachschule dahingehend empfohlen, dass die Ausbildung an Berufsfachschulen für die anerkannten Ausbildungsberufe in der Hotellerie und Gastronomie herausgenommen werde, da insoweit eine Bedarfsorientierung nicht mehr nachgewiesen werden könne. Ein Nebeneinander von vollzeitschulischer und dualer Ausbildung für dieselben Ausbildungsberufe sei zudem generell bildungspolitisch falsch, weil die Wirtschaft aus ihrer primären Verantwortung für die nicht akademische Berufsausbildung entlassen würde und eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft" der betroffenen jungen Menschen entstehe, nämlich dual Ausgebildete mit angemessener Vergütung einerseits und Berufsfachschüler ohne Vergütung und ohne den Erwerb von sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen andererseits, gegebenenfalls belastet mit der Verpflichtung zur Zahlung von Schulgeld. § 125 Abs. 6 BFSO n. F. enthalte auch eine großzügige Übergangsregelung, da zum Schuljahresbeginn 2008/2009 weiterhin Schüler aufgenommen werden könnten. Eine mögliche Beendigung der berufsfachschulischen Bildungsgänge im Gastronomiebereich sei in der Fachwelt bereits seit längerer Zeit diskutiert worden. Die Beendigung des Ersatzschulstatus habe schließlich nicht zur Folge, dass die Schulen der Antragsteller nicht weiter betrieben werden könnten. Nach eher geringfügigen konzeptionellen Veränderungen könnten die Schulen als Ergänzungsschulen fortgeführt werden. Darüber hinaus bleibe die Möglichkeit, Ersatzschulen für anerkannte Ausbildungsberufe in der Schulart Berufsschule zu führen.

Auch ein Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes liege nicht vor. Es erschließe sich nicht, weshalb es eines formellen Gesetzes bedürfen solle, um einzelne Bildungsgänge in der Schulart Berufsfachschule zu verankern oder sie daraus wieder zu entfernen. In der Literatur finde die Forderung der Antragsteller kaum Unterstützung. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 22.6.2006 - 3 K 3/05 - könne nicht nur das Auslaufen eines Bildungsgangs der Berufsfachschule durch den Verordnungsgeber geregelt werden, sondern die Verordnung dürfe darüber hinaus die Schulaufsichtsbehörde ermächtigen, den Zeitpunkt der letzten zulässigen Aufnahme von Schülern in den Bildungsgang zu bestimmen. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Entscheidung bestätigt. Schulrechtliche Verordnungsermächtigungen seien in anderen Ländern zumeist nicht detaillierter als im Freistaat Sachsen. Darüber hinaus berücksichtige die Forderung nach einem formellen Gesetz die Verhältnisse des berufsbildenden Schulwesens nicht, das auf eine flexible Rechtssetzung dringend angewiesen sei, wie sie typischerweise durch Rechtsverordnung erfolge. Wenn es überhaupt einer Entscheidung des Gesetzgebers bedurft hätte, dann nicht mit dem Inhalt, die Berufsfachschule für anerkannte Ausbildungsberufe zu beenden, sondern mit dem Inhalt, seinerzeit eine solche Ausbildungsvariante an der Berufsfachschule zu schaffen. Innerhalb des Gefüges der beruflichen Erstausbildung erweise sich die Berufsfachschule für anerkannte Ausbildungsberufe als systemfremd, da die Berufsausbildung dort grundsätzlich dual zu erfolgen habe. Dem Gesetzgeber sei, wie die Landtagsdrucksachen 4/4263 bis 4/4265 zeigten, im Übrigen die Absicht des Staatsministeriums für Kultus, die fraglichen Bildungsgänge aus der Schulordnung Berufsfachschule herauszunehmen, bereits Anfang 2006 bekannt gewesen. Der Gesetzgeber habe jedoch keinen Anlass gesehen, das Anliegen des Staatsministeriums für Kultus zu vereiteln, was ihm durch gesetzliche Regelung möglich gewesen wäre.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet.

1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Den Antragstellern fehlt das Rechtsschutzinteresse nicht deshalb, weil nach dem von ihnen mit dem Normenkontrollantrag nicht angegriffenen Art. 3 Abs. 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen und zur Änderung der Schulordnung Berufsschule die §§ 124a bis 124e BFSO n. F. mit Ablauf des 31.7.2012 außer Kraft treten. Denn die Übergangsregelung des § 125 Abs. 6 BFSO n. F. enthält eine darüber hinaus gehende Einschränkung für die Zeit zwischen dem 31.10.2008 und dem 31.7.2012.

2. Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.

§ 125 Abs. 6 BFSO n. F. beruht auf einer den Anforderungen des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf genügenden Verordnungsermächtigung (a), greift nicht in unzulässiger Weise in wohlerworbene Rechte der Antragsteller ein (b) und ist auch ansonsten rechtmäßig (c).

a) § 125 Abs. 6 BFSO n. F. beruht auf einer den Anforderungen des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf genügenden Verordnungsermächtigung.

aa) Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf kann die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nur durch Gesetz erteilt werden. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum inhaltsgleichen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (Beschl. v. 14.3.1989, BVerfGE 80, 1 und Beschl. v. 27.6.2002, BVerfGE 106, 1) soll der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und, sofern Einzelregelungen einer Verordnung überlassen bleiben, die Tendenz und das Programm schon so weit umreißen, dass sich der Zweck und der mögliche Inhalt der Verordnung bestimmen lassen. Allerdings müssen sich die gesetzlichen Vorgaben nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm ergeben; es genügt, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte des Gesetzes.

bb) Als Verordnungsermächtigungen für die Schulordnung Berufsfachschule werden in der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen und zur Änderung der Schulordnung Berufsschule gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 3 SächsVerf angegeben § 62 Abs. 1 bis 4 SchulG, § 19 Nr. 3 und 4 SächsFrTrSchulG und § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SächsVwOrgG.

§ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SächsVwOrgG und § 19 Nr. 3 und 4 SächsFrTrSchulG kommen für die hier in Rede stehende Norm als Verordnungsermächtigung nicht in Betracht.

§ 62 Abs. 1 bis 4 SchulG enthält keine ausdrückliche Ermächtigung für das Staatsministerium für Kultus, durch Rechtsverordnung die einzelnen Ausbildungsgänge der Berufsfachschule festzulegen und somit auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob und in welchen anerkannten Ausbildungsberufen schulische Ausbildungen vorgesehen sind. Absatz 1 ermächtigt das Staatsministerium für Kultus ganz allgemein, durch Rechtsverordnung Schulordnungen über Einzelheiten des Schulverhältnisses und Prüfungsordnungen zu erlassen. In den Absätzen 2 und 3 ist normiert, was in den Schul- und Prüfungsordnungen insbesondere zu regeln ist. Um den Inhalt einer Prüfungsordnung handelt es sich bei der Regelung der einzelnen Ausbildungsgänge der Berufsfachschule nicht. Die Regelung der einzelnen Ausbildungsgänge betrifft auch nicht im engeren Sinne das Schulverhältnis als der Gesamtheit der beiderseitigen Rechte und Pflichten (vgl. Avenarius/Heckel, Schulrechtskunde, 7. Aufl., S. 429). Auch wird die Regelung der Ausbildungsgänge nicht in § 62 Abs. 2 SchulG als notwendiger Regelungsinhalt von Schulordnungen normiert.

Auch wenn sich aus dem Wortlaut des § 62 SchulG nicht unmittelbar eine Ermächtigungsnorm ergibt, lässt sich eine solche jedoch mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen. Nach § 62 Abs. 4 SchulG kann in den Schul- und Prüfungsordnungen für die Berufsschule, die Berufsfachschule und die Fachschule sowie die entsprechenden Förderschulen, das Abendgymnasium und das Kolleg darüber hinaus bestimmt werden, dass in einzelnen oder allen Bildungsgängen der Erwerb des mittleren Schulabschlusses oder der Fachhochschulreife möglich ist. § 62 Abs. 4 SchulG setzt die Normierung von Bildungsgängen u. a. an Berufsfachschulen voraus. Eine entsprechende Normierung durch formelles Gesetz gibt es nicht. In dem die Berufsfachschule betreffenden § 9 SchulG wird die Berufsfachschule lediglich allgemein dahingehend definiert, dass in ihr die Schüler in einen oder mehrere Berufe eingeführt oder für einen Beruf ausgebildet werden und die allgemeine Bildung gefördert wird. Setzt aber § 62 Abs. 4 SchulG die Normierung von Bildungsgängen an Berufsfachschulen voraus und enthält das Gesetz keine solche Regelungen, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die notwendigen Regelungen durch Rechtsverordnung in der entsprechenden Schulordnung erfolgen sollen. § 62 Abs. 1 SchulG ist deshalb unter Berücksichtigung des § 62 Abs. 4 SchulG entsprechend weit auszulegen. Hierfür spricht auch das Regelungskonzept der §§ 4 ff. SchulG. Die wesentlichen Merkmale der einzelnen in § 4 SchulG aufgeführten Schularten werden in den nachfolgenden Vorschriften definiert und voneinander abgegrenzt. Einzelheiten sind in den Schul- und Prüfungsordnungen zu regeln.

cc) Die hier allein in Rede stehende Regelung, in welchen anerkannten Ausbildungsberufen neben der dualen Ausbildung eine schulische Ausbildung an einer Berufsfachschule vorgesehen ist, ist im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz keine so wesentliche Entscheidung, dass sie der Gesetzgeber selbst treffen müsste. Es handelt sich um eine rein schulorganisationsrechtliche Vorschrift darüber, welche konkreten Ausbildungsgänge an öffentlichen Berufsfachschulen angeboten werden sollen. Nach Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 103 Abs. 1 SächsVerf steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Zur Schulaufsicht in diesem Sinne gehört die Befugnis des Staates zur Planung und Organisation des Schulwesens einschließlich der organisatorischen Gliederung der Schule und der strukturellen Festlegung des Ausbildungssystems. Die Bestandsgarantie der Privatschule (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 102 Abs. 3 SächsVerf) bewirkt keine Beschränkung der dem Staat zustehenden allgemeinen Schulorganisationsgewalt. Der Staat kann einzelne Ausbildungszweige aus dem Gebiet des öffentlichen Schulwesens ausgliedern, wenn er dies für sachgerecht hält. Daran ist er nicht deshalb gehindert, weil bisher Privatschulen sich einem solchen Ausbildungszweig gewidmet haben. Insofern besteht eine Akzessorietät der privaten Ersatzschule zur öffentlichen Schule, die zur Folge hat, dass Befugnisse einer Privatschule nur in dem Umfang bestehen, in dem sie auch den öffentlichen Schulen zukommen. Gegen mittelbare Auswirkungen, die von Eingriffen in das staatliche Schulwesen ausgehen, schützt die Privatschulfreiheit des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 102 Abs. 3 SächsVerf nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.1.2007, NVwZ 2007, 958 und BVerfG, Beschl. v. 11.6.1974, BVerfGE 37, 314, 319 f.). Dass eine schulische Ausbildung in der Berufsfachschule in den in § 125 Abs. 6 BFSO n. F. aufgeführten Ausbildungsberufen in Sachsen nur durch Schulen in freier Trägerschaft angeboten wurde und wird und somit durch die angegriffene Norm faktisch ausschließlich Schulen in freier Trägerschaft betroffen sind, führt entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht dazu, dass die Auswirkungen auf die Schulen in freier Trägerschaft nicht nur mittelbar sind. Denn § 125 Abs. 6 BFSO n. F. enthält die allgemeine schulorganisatorische Entscheidung des Normgebers, dass eine Ausbildung in den genannten anerkannten Ausbildungsberufen künftig allein in dualer Form erfolgen soll.

Hinsichtlich der Grundrechtsrelevanz ergibt sich nicht deshalb etwas anderes, weil § 125 Abs. 6 BFSO n. F. nicht nur die Regelung enthält, dass hinsichtlich der dort aufgeführten anerkannten Ausbildungsberufe ein Beginn der Ausbildung nach dem 31.10.2008 an Berufsfachschulen nicht mehr zulässig ist, sondern dass dort weiter geregelt ist, dass Genehmigungen gemäß § 4 SächsFrTrSchulG und Anerkennungen gemäß § 8 SächsFrTrSchulG in diesen Bildungsgängen (nur) fortgelten, soweit Schüler im jeweiligen Bildungsgang unterrichtet werden und im Übrigen mit Ablauf des 31.7.2012 erlöschen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller wird hierdurch nicht in einer den Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG verkürzenden Weise ein Verwaltungsakt in unzulässiger Weise durch Rechtsverordnung statt durch Verwaltungsakt aufgehoben. Im Hinblick auf die Akzessorietät der privaten Ersatzschule zur öffentlichen Schule werden die bezüglich der hier in Rede stehenden Ausbildungsgänge erteilten Genehmigungen und Anerkennungen mit dem Auslaufen der Möglichkeit, die Ausbildungsgänge an öffentlichen Berufsfachschulen anzubieten, gegenstandslos. Dies wird in § 125 Abs. 6 Satz 2 und 3 BFSO n. F. lediglich klarstellend ausgeführt. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sind die Genehmigungsvoraussetzungen ab dem 1.11.2008 nicht die gleichen wie im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung. Damals existierte noch keine Schulordnung Berufsfachschule, weshalb die einzelnen Ausbildungsgänge der Berufsfachschule noch nicht normiert waren. Diese Rechtslage ist mit der derzeitigen Rechtslage, wonach nach dem 31.10.2008 ein Beginn der Ausbildung in den hier maßgeblichen Ausbildungsgängen nicht mehr zulässig ist, nicht vergleichbar (siehe hierzu auch unten Ziffer 2 b).

Einer Entscheidung des formellen Gesetzgebers bedarf es auch nicht im Hinblick auf etwaige Grundrechte potentieller Schüler. Die angegriffene Norm hat lediglich zur Folge, dass die dort aufgeführten Ausbildungsberufe künftig nur im Wege der dualen Ausbildung und nicht auch alternativ hierzu vollzeitschulisch erlernt werden können. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung in Sachsen, die zu einer Halbierung der Schülerzahl geführt hat, ist das Nebeneinander von dualer und schulischer Ausbildung nicht mehr erforderlich, um die Nachfrage nach einer Ausbildung in den hier in Rede stehenden Ausbildungsberufen abzudecken.

b) § 125 Abs. 6 BFSO n. F. greift auch nicht in unzulässiger Weise in wohlerworbene Rechte der Antragsteller ein.

Den Antragstellern wurden die Genehmigungen zum Betreiben von Berufsfachschulen für Gastronomie in den Jahren 1997 und 1998 erteilt. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine verordnungsrechtliche Regelung hinsichtlich der einzelnen Ausbildungsgänge an der Berufsfachschule. Eine entsprechende Normierung erfolgte erstmals mit dem Erlass der Schulordnung Berufsfachschule vom 11.8.1999. Aus dem damaligen Fehlen einer die einzelnen Ausbildungsgänge an der Berufsfachschule bestimmenden Schulordnung folgt jedoch nicht, dass § 9 SchulG alle an einer Berufsfachschule denkbaren Ausbildungsgänge oder zumindest alle Ausbildungsgänge, für die bis zum Inkrafttreten der ersten Schulordnung Berufsfachschule Genehmigungen nach § 4 SächsFrTrSchulG erteilt wurden, umfasst mit der Folge, dass eine Einschränkung der Ausbildungsgänge nur durch formelles Gesetz erfolgen könnte. Wie oben ausgeführt setzt das Schulgesetz die Normierung von Bildungsgängen an Berufsfachschulen durch die Schulordnung voraus. § 9 SchulG hat und hatte somit hinsichtlich der einzelnen Ausbildungsgänge keinen fest umrissenen, einer Konkretisierung durch eine Rechtsverordnung nicht zugänglichen Inhalt. Der Verordnungsgeber darf deshalb die Ausbildungsgänge, die an der Berufsfachschule angeboten werden, festlegen darf. An der Aufhebung eines zuvor vorgesehenen Ausbildungsganges ist der Verordnungsgeber, wie oben ausgeführt, nicht deshalb gehindert, weil sich bisher Schulen in freier Trägerschaft einem solchen Ausbildungszweig gewidmet haben.

c) § 125 Abs. 6 BFSO n. F. ist auch ansonsten rechtmäßig.

Für das Auslaufen der Ausbildung an Berufsfachschulen in den in § 125 Abs. 6 BFSO n. F. aufgeführten anerkannten Ausbildungsberufen hat der Antragsgegner nachvollziehbare sachliche Gründe dargelegt. Der Verordnungsgeber hat damit das ihm zukommende normative Ermessen nicht überschritten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.1.2007, a. a. O.).

§ 125 Abs. 6 BFSO n. F. stellt schließlich eine dem Vertrauensschutz der freien Schulträger hinreichend Rechnung tragende Übergangsvorschrift dar. Die Norm wurde im Mai 2007 verkündet. Bis zum Schuljahresbeginn 2008/2009 können neue Schüler aufgenommen werden. Es ist auch gewährleistet, dass diese ihre schulische Ausbildung beenden können.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 30.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat orientiert sich an der die Genehmigung zum Betrieb einer Ersatzschule betreffenden Ziff. 38.2 des Streitwertkatalogs in der Fassung vom 7./8. Juli 2004. Der dort enthaltene Wert von 30.000,- € ist jedoch zu halbieren, da die hier angefochtene Vorschrift zwar einerseits den Wegfall der Genehmigung zur Folge hat, diese Folge aber andererseits ohnehin gemäß der mit dem Normenkontrollantrag nicht angegriffenen Außerkrafttretensregelung des Art. 3 Abs. 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Berufsfachschule im Freistaat Sachsen und zur Änderung der Schulordnung Berufsschule zum 31.7.2012 eintritt, so dass das Verfahren lediglich eine Einschränkung für die Zeit zwischen dem 31.10.2008 und dem 31.7.2012 betrifft. Der Wert von 15.000,- € ist im Hinblick auf zwei Antragsteller gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu verdoppeln.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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