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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.11.2009
Aktenzeichen: 3 B 269/08
Rechtsgebiete: AufenthG, AsylVfG


Vorschriften:

AufenthG § 58 Abs. 3
AsylVfG § 56 Abs. 3
AsylVfG § 80
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 B 269/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Verlassens des Aufenthaltsbereiches; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Freiherr von Welck, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 23. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 22. Juli 2008 - A 3 L 365/08 - werden zurückgewiesen, soweit darin ihre Anträge abgelehnt werden, die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern die freiwillige Ausreise mit dem Bus zu gestatten. Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragsteller verworfen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Festsetzung erster Instanz für beide Rechtszüge auf jeweils 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerden haben keinen Erfolg.

1. Soweit mit den Beschwerden die erstinstanzlichen Anträge aufrechterhalten werden, die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern die freiwillige Ausreise mit dem Bus zu gestatten, dürften sie zwar nicht bereits wegen Unanfechtbarkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses nach § 80 AsylVfG unzulässig sein. Nach dieser Norm unanfechtbar mit der Beschwerde sind Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz. Die Antragsteller, deren Asylanträge unanfechtbar abgelehnt wurden, stützen ihr Begehren ausdrücklich auf §§ 50 ff. AufenthG (gemeint wohl: § 58 Abs. 3 AufenthG) und machen insoweit zutreffend geltend, dass sich die Ablehnung ihrer Anträge auf Gestattung der freiwilligen Ausreise nicht - wie für den Ausschluss der Anfechtbarkeit nach § 80 AsylVfG erforderlich - nach dem Asylverfahrensgesetz richtet.

Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO beschränkt ist, ergeben nicht, dass das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragsteller, die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen die freiwillige Ausreise mit dem Bus zu gestatten, zu Unrecht abgelehnt haben.

Der Einwand der Antragsteller, der angefochtene Beschluss sei grob fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht ihr Begehren nach § 50 ff. AufenthG habe prüfen müssen und zu Unrecht Vorschriften aus dem nicht einschlägigen Asylverfahrensgesetz angewandt habe, verfängt hier nicht. Denn das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung der in Rede stehenden Anträge unter Ziffer 1 der Beschlussgründe nicht mit Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes begründet. Vielmehr hat es die Anträge mangels Rechtsschutzbedürfnisses verworfen und hinsichtlich des Antragsgegners zu 2 darüber hinaus selbstständig tragend an dessen fehlender Passivlegitimation scheitern lassen.

Hinsichtlich der Ablehnung der gegen den Antragsgegner zu 2 gerichteten Anträge genügen die Ausführungen der Antragsteller unter Ziffer 2 der Beschwerdeschrift, mit denen sie sich allein gegen die Verneinung ihres Rechtsschutzbedürfnisses durch das Verwaltungsgericht wenden, bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO. Stützt das Verwaltungsgericht die Entscheidung kumulativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auch nur auf eine die angefochtene Entscheidung selbstständig tragende Erwägung nicht ein, kann sie schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben (std. Rspr., vgl. BayVGH, Beschl. v. 04.2008 - 4 CS 08.503 - zitiert nach JURIS m. w. N.). So liegt der Fall hier. Denn die Antragsteller gehen in keiner Weise auf die die Ablehnung der Anträge als unbegründet selbstständig tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts ein, dass der Antragsgegner zu 2 für die Entscheidung über die Ermöglichung der freiwilligen Ausreise nicht passiv legitimiert sei, da hierfür der Antragsteller zu 1 als die für Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber nach § 5 Abs. 3 Satz 1 AAZuVO zuständige Behörde zuständig sei.

Im Übrigen kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller für die gegen den Antragsgegner zu 1 gerichteten Anträge, ihnen die freiwillige Ausreise mit dem Bus zu ermöglichen, mit der Begründung verneinen durfte, es bedürfe keiner gerichtlichen Entscheidung, da der Antragsgegner zu 1 den Antragstellern mit Schreiben vom 26.6.2008 mitgeteilt habe, dass über ihre freiwillige Ausreise nach ihrem Eintreffen in ...... entschieden werde, und es gebe keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass er sich hieran nicht halten werde. Jedenfalls ist das Rechtsschutzbedürfnis bzw. der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund insoweit im Laufe des Beschwerdeverfahrens entfallen, nachdem der Antragsgegner zu 1 mit Schriftsatz vom 20.8.2008 ausdrücklich auch erklärt hat, dass er keine Einwände gegen ihre Ausreise mit dem Bus habe. Ein Grund, weshalb er zu einer diesbezüglichen förmlichen Entscheidung vor dem Eintreffen der Antragsteller in ...... im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werden solle, haben diese nicht glaubhaft gemacht. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus ihrem Vortrag, dass ein Sachbearbeiter des Antragsgegners zu 2 angedroht habe, sie festnehmen zu lassen. Nachdem das Verwaltungsgericht in anderem Zusammenhang ausgeführt hat, dieser Vortrag entspreche offensichtlich nicht den Tatsachen, machen die Antragsteller mit der Beschwerde selbst nur noch geltend, der Antragsgegner zu 2 habe eine "sphinxhaft mehrdeutige Antwort" erteilt. Das macht ihr Vorbringen weder glaubhafter noch plausibler, zumal der Antragsgegner zu 2 nach den nicht angegriffenen und zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch nicht die für die Beendigung des Aufenthalts der Antragsteller zuständige Behörde ist.

2. Soweit die Antragsteller die Anträge weiterverfolgen, die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen den Aufenthalt in ...... durch - dauerhaftes -Verlassen des ihnen zugewiesenen Aufenthaltsorts ...... zu gestatten, ist die Beschwerde bereits nicht statthaft, da der Beschluss des Verwaltungsgerichts gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar ist. Grund hierfür ist, dass es bei dem Begehren der Antragsteller der Sache nach um eine länderübergreifende Umverteilung nach § 51 AsylVfG geht, dem - unbeschadet der fehlenden örtlichen Zuständigkeit der Antragsgegner - nicht über die Erteilung einer Duldung zur Ermöglichung des Aufenthalts in ...... nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes Rechnung getragen werden kann. Räumliche Beschränkungen, hier auf den Aufenthaltsort ......, bleiben nach § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG - von den im Streitfall offensichtlich nicht erfüllten, in Satz 2 geregelten Ausnahmen der Erlaubnisfiktion nach § 25 Abs. 1 Satz 3 oder § 25 Abs. 2 Satz 2 AufenthG oder der Erteilung eines Aufenthaltstitels abgesehen - nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft. Der Wohnsitzwechsel eines abgelehnten Asylbewerbers, der die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG nicht erfüllt, in ein anderes Bundesland setzt daher eine länderübergreifende Umverteilung gemäß § 51 AsylVfG voraus. Findet das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller demnach seine rechtliche Grundlage im Asylverfahrensgesetz, ist der angefochtene Beschluss nach § 80 AsylVfG unanfechtbar (vgl. zur Rechtslage nach Einfügung des § 56 Abs. 3 AsylVfG durch Art. 3 Nr. 36a G. v. 30.7.2004, BGBl. I 1950, m. W. v. 1.1.2005: HessVGH, Beschl. v. 25.8.2006, AuAS 2006, 257 m. w. N.). Ob anderes dann gilt, wenn der Ausländer die Ermöglichung seines Aufenthalts aus asylverfahrensunabhängigen Gründen in ein anderes Bundesland begehrt, also einen Anschlussaufenthalt erstrebt, der mit dem Betreiben des Asylverfahrens in keinem Zusammenhang mehr steht (so OVG NW, Beschl. v. 27.11.2005, InfAuslR 2006, 64), kann offen bleiben. Denn zum einen wäre für derartige Anträge die Behörde des vorgesehenen Aufenthalts (hier: ......) zuständig; zum anderen haben die Antragsteller nicht geltend gemacht, dass sie in ...... einen asylverfahrensunabhängigen Aufenthalt anstreben, behaupten sie doch, bereit zu sein, ihrer Ausreisepflicht als abgelehnte Asylbewerber freiwillig nachzukommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Für die Anträge zu 2 werden Gerichtskosten nach § 83b AsylVfG nicht erhoben.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG, die Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung auf § 63 Abs. 3 GKG. Für die von den sechs Antragstellern jeweils gegen zwei Antragsgegner gerichteten aufenthaltsrechtlichen Anträge zu 1 legt der Senat jeweils die Hälfte des Auffangstreitwerts zugrunde. Der Gesamtbetrag in Höhe von (2 x 6 x 2.500,00 € =) 30.000,00 € ist wegen der im vorläufigen Rechtsschutz erstrebten Vorwegnahme der Hauptsache nicht weiter zu reduzieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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