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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 02.10.2009
Aktenzeichen: 3 B 345/08
Rechtsgebiete: VwGO, AufenthG, GG
Vorschriften:
VwGO § 123 | |
VwGO § 146 Abs. 4 | |
AufenthG § 11 | |
GG Art. 6 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 3 B 345/08
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Wiedereinreise nach Abschiebung; Antrag nach § 123 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Freiherr von Welck, den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein
am 2. Oktober 2009
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 17. September 2008 - 5 L 325/08 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Sie ist auf Grund der Antragsänderung in der Beschwerdeinstanz unzulässig.
In der ersten Instanz hatte der Antragsteller noch beantragt, den Antragsgegnern seine unmittelbar bevorstehende Abschiebung nach ...... zu untersagen. Die Abschiebung wurde noch am Tag des Erlasses des die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO versagenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts vor der Einlegung der Beschwerde vollzogen. Mit der Beschwerde begehrt er nun, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ihm die Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland zu gestatten. Dieser auf Rückabwicklung der Abschiebung gerichtete Antrag hat im vorliegenden Beschwerdeverfahren keinen Erfolg.
Zwar kann sich aus dem nach Art. 20 Abs. 3 GG zu beachtenden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und Rechtmäßigkeit der Verwaltung ein Folgenbeseitigungsanspruch ergeben, wenn durch den hoheitlichen Eingriff ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt wird und hierdurch ein andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 26.9.2008 - 2 M 188/08 -; OVG Saarland, Beschl. v. 24.1.2003 - 9 W 50/02 -, jeweils zitiert nach juris). Ein hierauf gestützter Anspruch auf Rückgängigmachung einer vor Einlegung der Beschwerde erfolgten Abschiebung kann im Beschwerdeverfahren jedoch nur Erfolg haben, wenn nur so effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann (vgl. OVG Saarland a. a. O.; VGH BW, Beschl. v. 18.1.2006 - 11 S 1455/05 - ; OVG Hamburg, Beschl. v. 2.10.2002 - 4 BS 257/02 - u. v. 22.8.2002 - 4 BS 278/03 -, jeweils zitiert nach juris). Dies ergibt sich aus der Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Dieses ist durch die sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO ergebende Pflicht zur Begründung der Beschwerde und der damit korrespondierenden Beschränkung der Prüfungskompetenz des Oberverwaltungsgerichts gekennzeichnet. Die Regelung beruht auf einer Empfehlung des durch den Bundesrat angerufenen Vermittlungsausschusses und soll auch nach Abschaffung der in § 146 Abs. 4 bis 6 VwGO a. F. geregelten Zulassungsbeschwerde gegen Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutzverfahren weiterhin die hinreichende Entlastung der Oberverwaltungsgerichte gewährleisten (vgl. zur Entstehungsgeschichte Bader in: Bader u. a., VwGO, 2. Aufl., § 146 Rn. 16). Sie schließt damit eine Antragsänderung mit dem Ziel der Rückgängigmachung einer bereits vor Einlegung der Beschwerde vorgenommenen Abschiebung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie vorliegend, das Begehren zusätzlich auf neue, nach Ablauf der Begründungsfrist eingetretene Tatsachen gestützt wird.
Der Antragsteller beruft sich im Beschwerdeverfahren nicht nur auf im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bereits bestehende Tatsachen, nämlich auf die - seiner Ansicht nach durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte - familiäre Lebensgemeinschaft zwischen ihm, seiner am.....2007 geborenen Tochter, für die er die Vaterschaft anerkannt hat, und der deutschen Kindesmutter. Er führt vielmehr mit der Geltendmachung der Geburt eines weiteren gemeinsamen Kindes am.....2008, für das ein Vaterschaftsanerkennungsverfahren betrieben wird, und der Eheschließung zwischen ihm und der Kindesmutter am.....2009 neue Tatsachen in das Beschwerdeverfahren ein. Die Zulassung einer solchen auf eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gestützten Antragsänderung widerspräche jedoch der gesetzlich gewollten Beibehaltung der Entlastungswirkung auch nach Abschaffung der Zulassungsbeschwerde.
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass vorliegend die Geltendmachung des Folgen-beseitigungsanspruchs auf Rückgängigmachung der Abschiebung durch § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgeschlossen ist. Nach dieser Regelung darf ein bereits abgeschobener Ausländer nicht erneut ins Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Von dem Bestehen einer solchen Sperrwirkung auf Grund des Vollzugs der Abschiebung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die die Ausreisepflicht begründende Verfügung unanfechtbar geworden und damit auch für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 (bzw. Abs. 7) VwGO kein Raum ist (vgl. OVG NW, Beschl. v. 9.3.2007, NVwZ-RR 2007, 492, 493 m. w. N.). Zwar kann auf Grund des Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) die bloße Tatsache der Abschiebung noch nicht dazu führen, dass die gerichtliche Prüfung der Gründe für die Rechtmäßigkeit der die Ausreisepflicht begründenden Verfügung, etwa die Versagung der Aufenthaltsgenehmigung, entfällt. Die Sperrwirkung kann durch die Abschiebung nämlich nur ausgelöst worden sein, wenn der Ausländer ausreisepflichtig und er damit seinerzeit zu Recht abgeschoben worden war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.2.1998 - 1 B 9.98 - Rn. 5; Urt. v. 16.7.2002 - 1 C 8/02 - Rn. 18, jeweils zitiert nach juris). Eine solche Fallgestaltung ist hier jedoch nicht gegeben, da das vom Antragsteller betriebene Asylverfahren mit Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 30.6.2005 unanfechtbar abgeschlossen und er damit ausreisepflichtig war. Damit kann ebenso offen bleiben, ob die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG Anwendung findet, wenn die die Ausreisepflicht begründende Verfügung in der Hauptsache angefochten und die Abschiebung während der Anhängigkeit des Rechtsbehelfs erfolgt ist (offen gelassen in BVerwG, Beschl v. 4.2.1998 a. a. O.). Denn vorliegend ist die Abschiebung erst nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Ausreisepflicht auslösenden, mit einer Abschiebungsandrohung versehenen Ablehnungsbescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 24.9.2002 vorgenommen worden. Die folglich den Antragsteller nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG treffende Sperrwirkung der Abschiebung kann deshalb nur nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG auf seinen Antrag durch deren Befristung beseitigt werden. Vor Ablauf der Sperrfrist kann ihm nur nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf entsprechenden Antrag durch Erteilung einer kurzfristigen Betretenserlaubnis die Wiedereinreise ermöglicht werden. Da in diesen Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 GG schutzwürdigen Belangen des Antragstellers hinreichend Rechnung getragen werden muss, bedarf es der Gestattung der Wiedereinreise auf der Grundlage eines Folgenbeseitigungsanspruchs nicht. Besondere Gesichtspunkte, die ausnahmsweise die (sofortige) Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Beschwerdeverfahren erforderlich machen würden, trägt der Antragsteller nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG und folgt der Festsetzung erster Instanz.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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