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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.08.2006
Aktenzeichen: 3 BS 130/06
Rechtsgebiete: AufenthG
Vorschriften:
AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 6 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
Az.: 3 BS 130/06
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
hier: Beschwerde
hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und die Richterin am Verwaltungsgericht Gellner am 17. August 2006 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 4. Mai 2006 - 3 K 778/06 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts anhand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO darlegt. Dabei können nur Gründe berücksichtigt werden, deren Vortrag den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt. Nach dieser Vorschrift muss die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit dieser Entscheidung auseinander setzen. Dies bedeutet, dass die Beschwerdebegründung auf die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts eingehen und aufzeigen muss, weshalb sie der Beschwerdeführer nicht für tragfähig hält. Ist die angefochtene Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Erwägungen gestützt, so reicht es nicht aus, wenn der Beschwerdeführer nur eine von ihnen angreift.
Das Verwaltungsgericht hat einen (Rechts-) Anspruch des Antragstellers auf Nachzug zu seiner deutschen Ehefrau nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abgelehnt und das Nichtvorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung damit begründet, dass der Antragsteller wegen Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und wegen eines nicht nur geringfügigen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften (Einreise entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) einen Ausweisungsgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 und Nr. 2 AufenthG erfüllt.
Zu Recht weist der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung darauf hin, dass er keine Sozialhilfe im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG bezieht, und gibt dem Senat damit die Gelegenheit klarzustellen, dass der Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG den Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht umfasst. Maßgebend ist vielmehr der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII, andere Sozialleistungen sind nicht gleichgestellt (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., § 55 RdNr. 44 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 RdNr. 79 ff.; zum wortlautidentischen § 46 Nr. 6 AuslG 1990: GK-AuslR, § 46 RdNr. 113 Bezug nach dem BSHG). Zwar soll die Regelung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG die fiskalischen Interessen der Bundesrepublik schützen, ein Asylbewerber ist aber in der Regel hilfebedürftig und erhält, da ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Regel ebenfalls nicht gestattet ist, keine Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften zu sichern. Dies kann ihm später zur Begründung einer Ausweisung nicht vorgehalten werden.
Allerdings dürfte entgegen der Ansicht des Antragstellers ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vorliegen. Der Antragsteller ist nach seiner Eheschließung in Schweden in die Bundesrepublik unter Verstoß gegen § 14 AufenthG eingereist, da er weder im Besitz des erforderlichen Passes oder Passersatzes war noch den erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 AufenthG besaß. Allein dass der Aufenthalt des Antragstellers nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist, ersetzt nicht einen Aufenthaltstitel nach § 4 AufenthG. Bereits die Tatsache, dass die Aufenthaltsgestattung räumlich beschränkt ist, zeigt, dass sie nicht zur Ausreise und erneuten Einreise berechtigen soll. Die Aufenthaltsgestattung wirkt sich nicht als gesetzlicher Strafaufhebungsgrund aus, da § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG die Unerlaubtheit der Einreise unter Strafe stellt, die von der Gestattung des Aufenthalts zur Durchführung des Asylverfahrens zu unterscheiden ist (vgl. Hailbronner, AufenthG § 95 RdNr. 35). Das Entfallen eines Strafbedürfnisses aufgrund einer Bezugnahme auf § 95 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht (vgl. zu § 92 AuslG: BGH, Urt. v. 25.3.1999 - 1 StR 344/98 -). Die unerlaubte Einreise stellt zwar einen vereinzelten Verstoß dar, dieser dürfte aber nicht mehr geringfügig im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG sein, da es sich um eine vorsätzliche Straftat handelt und diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich nicht als geringfügig und damit als beachtlicher Ausweisungsgrund anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1996, BVerwGE 102, 63). Dies gilt insbesondere, wenn gegen strafbewehrte Vorschriften verstoßen wird, die die Einhaltung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen sichern soll (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.11.1994, InfAuslR 1995, 197).
Aufgrund des Beschwerdevorbringens ergibt sich ferner nicht, dass das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Antragstellers aus § 25 Abs. 5 AufenthG zu Unrecht verneint hat. Das Gericht hat insoweit ausgeführt, dem Antragsteller sei eine vorübergehende Ausreise zwecks Nachholung des Visumsverfahrens nicht unzumutbar, da seine Ehe erst seit Februar 2005 besteht, aus ihr noch keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind und nichts dafür spreche, dass die Ehepartner derzeit in besonderer Weise aufeinander angewiesen seien. Die dem zugrunde liegende Erwägung, dass bei solcher Sachlage der Schutz aus Art. 6 Abs. 1 GG die einwanderungspolitischen Belange nicht zwingend zurückdrängt, ist nicht zu beanstanden. Unter den gegebenen Umständen ist das behördliche Ermessen auch nicht deshalb auf die vom Antragsteller gewünschte Entscheidung reduziert, weil der Antragsteller auf die durchschnittliche Dauer des Visumsverfahrens von sechs Monaten hinweist. Allein die übliche Dauer des Visumsverfahrens macht seine Nachholung grundsätzlich nicht unzumutbar, da dem Betroffenen auch Anstrengungen zugemutet werden können, alles ihm Mögliche zur Verkürzung des Verfahrens zu leisten, und im Übrigen die Dauer des Verfahrens abzuwarten. Eine besondere Betroffenheit, die den Antragsteller von allen anderen Antragstellern für ein Visum unterscheidet und ihm damit die Dauer des Visumsverfahrens zum Familiennachzug unzumutbar machen würde, hat der Antragsteller mit der Beschwerde nicht vorgetragen. Es mag wenig sinnvoll erscheinen, einem mit einer Deutschen verheirateten Ausländer die vorherige Ausreise zwecks Nachholung des Visumsverfahrens zuzumuten, wenn der Ausweisungsgrund in einer vorsätzlichen illegalen Einreise besteht, da § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG die Möglichkeit eröffnet, von der Erteilungsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Einreise abzusehen. Die Gerichte sind jedoch nicht befugt, das der Behörde eingeräumte Ermessen in eine von ihnen lediglich für zweckmäßiger gehaltene Richtung zu lenken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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