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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.10.2009
Aktenzeichen: 3 BS 154/07
Rechtsgebiete: GlüStV, SächsGlüStVAG


Vorschriften:

GlüStV § 3
GlüStV § 4
GlüStV § 5
GlüStV § 6
GlüStV § 7
GlüStV § 9
GlüStV § 11
GlüStV § 14
GlüStV § 20
GlüStV § 27
SächsGlüStVAG § 3
SächsGlüStVAG § 6
SächsGlüStVAG § 7
SächsGlüStVAG § 14
SächsGlüStVAG § 16
SächsGlüStVAG § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 BS 154/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Vermittlung von Sportwetten (............... in ..............)

hier: Beschwerde nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Freiherr von Welck, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 14. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 4. Mai 2007 - 14 K 243/07 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig. Der Antragsgegner hat innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt, dass und durch welche Maßnahmen in der seinerzeit noch geltenden Übergangszeit aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 (BVerfGE 115, 276 - im Folgenden: Sportwetten-Urteil) das verfassungsrechtliche Gebot eines Mindestmaßes an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettsucht einerseits und der tatsachlichen Ausübung des staatlichen Sportwettenmonopols andererseits eingehalten gewesen sei. Darüber hinaus hat er dargelegt, dass die Maßnahmen von den europarechtlichen Vorgaben abgedeckt gewesen seien. Damit hat der Antragsgegner eine die erstinstanzliche Interessenabwägung tragende Annahme der zu Gunsten der Antragstellerin ausgegangenen erstinstanzlichen Interessenabwägung, dass sich die Einhaltung des Konsistenzgebots und die Übereinstimmung mit den Vorgaben des Europarechts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht endgültig beurteilen ließe, in Frage gestellt.

Die Beschwerde ist auch begründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten wiederherzustellen und gegen die Androhung eines Zwangsgeldes anzuordnen, kann jedenfalls nach der seit dem 1.1.2008 geltenden Rechtslage keinen Bestand mehr haben. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung sprechen zumindest nunmehr die überwiegenden Gründe dafür, dass die in Streit stehende Verfügung rechtlich nicht zu beanstanden ist (1.) und die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin ausfällt (2.).

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der in Streit stehenden Verfügung ist im Hinblick auf ihren Charakter als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.3.2009, DVBl 2009, 666). Abzustellen ist daher auf die Sach- und Rechtslage aufgrund des am 1.1.2008 in Kraft getretenen Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (SächsGVBl. 2007, S. 547 - GlüStV) und des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (Art. 2 des Gesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag vom 14.12.2007, SächsGVBl. S. 542, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Neufassung des Gesetzes über Spielbanken im Freistaat Sachsen und zur Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag v. 26.6.2009, SächsGVBl. S. 318, 321 - SächsGlüStVAG).

1.1. Ermächtigungsgrundlage für die in Streit stehende Untersagungsverfügung vom 11.2.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.1.2007 ist nunmehr § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann die zuständige Landesbehörde - nach § 19 Abs. 2 SächsGlüStVAG in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung die Landesdirektion Chemnitz - die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen vor. Die von der Antragstellerin vermittelten Oddset-Sportwetten sind als Wetten i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV Glücksspiele. Die Antragstellerin ist als gewerbliche Spielvermittlerin von Oddset-Wetten an die in Österreich staatlich lizenzierte Firma ....... GmbH sowie im Anschluss daran an die in Gibraltar ansässige Firma .......................................... nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Erlaubnis; damit ist die Vermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV verboten. Da gemäß § 10 Abs. 5 GlüStV anderen als den in dessen Absatz 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder unter derer maßgeblichen Beteiligung geführten privatrechtlichen Gesellschaften keine Erlaubnis erteilt werden darf und sie gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG nur dem Freistaat Sachsen erteilt werden kann, handelt es sich bei den vorgenannten Wetten um nicht erlaubte Glücksspiele, für deren gewerbliche Spielvermittlung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, § 14 SächsGlüStVAG auch keine Erlaubnis erteilt werden darf.

Die von der Republik Österreich erteilte Genehmigung für die von der Firma ....... GmbH veranstalteten Oddset-Sportwetten sowie die von der Regierung von Gibraltar der .......... ausgestellte Konzession entfalten, sofern ein gemeinschaftskonformes staatliches Monopol- oder Konzessionssystem errichtet ist, mangels Harmonisierung der Glücksspielregulierung auf Gemeinschaftsebene keine die Tätigkeit der Antragstellerin legalisierende Wirkung (vgl. zuletzt SächsOVG, Beschl. v. 10.6.2009, SächsVBl. 2009, 214 m. w. N.).

1.2 Das staatliche Monopol für die Veranstaltung, das mit Ausnahme der fortgeltenden DDR-Genehmigungen durch die unter 1.1 genannten Vorschriften errichtet wird, verletzt nach summarischer Prüfung weder Verfassungsrecht (a) noch Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts (b).

a) Ausreichend für den Zweck des vorläufigen Rechtsschutzes, die Antragstellerin vor unzumutbaren Nachteilen zu schützen, die ihr möglicherweise daraus entstehen, dass die Unter- sagungsverfügung schon vor rechtskräftiger Bestätigung ihrer Rechtmäßigkeit vollzogen wird, ist eine derjenigen im jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 20.3.2009, a. a. O.) vergleichbare Prüfungsintensität. Vorbehaltlich einer eingehenden verfassungsrechtlichen Beurteilung kann hiernach das mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbare grundlegende Regelungsdefizit, das die alte landesrechtliche Regelungslage kennzeichnete, als behoben angesehen werden (1). Auch die tatsächliche Ausgestaltung des sächsischen staatlichen Sportwettenmonopols lässt bei summarischer Prüfung keine grundlegenden Umsetzungsdefizite der rechtlichen Vorgaben erkennen (2).

(1) Wie der Senat in seinem Beschluss vom 10.6.2009 festgestellt hat, gewähren die dort aufgeführten Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in hinreichendem Maß eine suchtpräventive Ausrichtung des staatlichen Sportwettenmonopols. Sie sind grundsätzlich geeignet, die verfassungsrechtlich geforderten Einschränkungen im Bereich des Vertriebs und der Werbung für staatliche Sportwetten herbeizuführen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.3.2009, a. a. O.).

Dies gilt insbesondere für die von der Antragstellerin im Hinblick auf die seinerzeit noch geltende Übergangszeit gerügten unveränderten Vertriebsstrukturen, den mangelhaften Jugendschutz und die nach wie vor auf die gezielt zum Wetten auffordernde Werbung durch die Lotterieveranstalter. Wie der Senat in dem vorbezeichneten Beschluss festgestellt hat, entspricht die in § 7 SächsGlüStVAG festgelegte Zahl von einer Annahmestelle je 3.200 Einwohnern bei summarischer Überprüfung den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Mit den in § 4 Abs. 3 und 4, § 7 Abs. 1, § 11 GlüStV und insbesondere nach § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 16 Nr. 3 und § 20 Abs. 1 Nr. 3 SächsGlüStVAG enthaltenen Beschränkungen ist zudem sichergestellt, dass, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, Belange des Jugendschutzes gewahrt sind. Soweit die Antragstellerin hierzu vorträgt, die Regelungen zum Jugendschutz seien besonders deshalb unzureichend, weil sie nicht verhinderten, dass auch weiterhin jeder Jugendliche Zugang zu den Lottoannahmestellen habe und dort spielen könne, da insbesondere keine Einlasskontrollen vorgesehen seien, wird dadurch ein grundlegendes Regelungsdefizit nicht aufgezeigt. Wie bereits in dem vorbezeichneten Beschluss des Senats festgestellt, sind die Annahmestellen gesetzlich verpflichtet, sicherzustellen, dass Minderjährige von der Teilnahme ausgeschlossen sind. Im Falle des Verstoßes gegen die Vorschriften des Jugendschutzes kann die auch den Annahmestellen zu erteilende Erlaubnis gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 SächsGlüStVAG widerrufen und von der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde können gemäß § 9 Abs. 1 Sätze 2, 3 GlüStV die erforderlichen Anordnungen erlassen werden; darüber hinaus stellt der Verstoß gegen das Teilnahmeverbot von Minderjährigen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 SächsGlüStVAG eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Regelungen entsprechen daher dem etwa durch die §§ 9, 10 JuSchG garantierten Schutzstandard beim Verkauf alkoholischer Getränke oder von Tabakwaren an Jugendliche. Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 -, zitiert nach juris) zu den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags und den der sächsischen Rechtslage entsprechenden Regelungen im Berliner Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag sowie dem Niedersächsischen Glücksspielgesetz festgestellt, dass die hier vorgesehenen Maßnahmen geeignet sind, um dass von den vorbezeichneten Regelungen angestrebte Ziel, insbesondere Kinder und Jugendliche vor den Gefahren der Glücksspielsucht zu schützen, sicherzustellen.

Auch wenn ein weitergehender Schutz dadurch erreicht werden könnte, dass Jugendlichen der Zutritt zu Spielannahmestellen ähnlich wie gewerblichen Spielhallen nach § 6 Abs. 1 JuSchG untersagt würde, ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dem bei der Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflichten ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt, dass ein komplettes Spielteilnahmeverbot für Minderjährige eine ausreichende Schutzmaßnahme darstellt, in Zusammenschau mit den flankierenden Möglichkeiten der Überwachung dieses Verbots und der Ahndung von Verstößen grundsätzlich vertretbar (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 18.10.2008, ZfWG 2009, 27).

Auch die von der Antragstellerin erhobenen Bedenken im Hinblick auf fehlende Kohärenz greifen nicht durch.

Hierzu hat der Senat in seinem vorbezeichneten Beschluss vom 10.6.2009 unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 20.3.2009, a. a. O). festgestellt:

"Eine Unvereinbarkeit des staatlichen Wettmonopols mit Art. 12 Abs. 1 GG kann schließlich nicht deswegen angenommen werden, weil es an einer Kohärenz und Systematik des gesamten Glücksspielbereichs einschließlich des gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiels fehlt. Im Hinblick auf die schon unter der Geltung des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland bestehende einheitliche gesetzliche Regelung von (Sport-)wetten und (Zahlen-)lotterien sowie die andersartige Regelung des gewerblichen Automatenspiels war bereits im Sportwetten-Urteil vom 28.3.2006 (...) aus verfassungsrechtlicher Sicht nur eine konsequente und konsistente Ausgestaltung eines aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierten Sportwettangebots verlangt werden. Darin ist auch nach In-Kraft-Treten des Glücksspielvertrags festzuhalten (...). Weitere traditionell andersartige Regelungen wie das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8.4.1922 (...) sowie die speziellen Ausnahmefälle einer im Gebiet der ehemaligen DDR fortgeltenden Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros (...) und die für die Sondersituation in Rheinland-Pfalz (...) geschaffene Regelung in § 25 Abs. 3 GlüStV stehen der Annahme, dass die verfassungsrechtlich gebotene Konsistenz grundsätzlich gewahrt ist, ebenfalls nicht entgegen (...)." Hieran ist auch weiterhin festzuhalten (vgl. hierzu auch ausführlich HessVGH, Beschl. v. 28.1.2009 - 7 B 2539/08 -, zitiert nach juris).

Schließlich kann den gesetzlichen Regelungen auch nicht entgegengehalten werden, sie könnten sich nicht auf eine aussagefähige repräsentative epidemiologische Studie zur Verbreitung des problematischen und pathologischen Glücksspielens stützen. Der Senat hat in seiner vorbezeichneten Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Länder vor Abschluss des Glücksspielstaatsvertrags eine umfangreiche Anhörung von Suchtexperten durchgeführt und die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertet hätten und dabei zu der nachvollziehbaren und mit Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts im Sportwetten-Urteil übereinstimmenden Prognose gelangt seien, dass eine Ausweitung des Wettangebots die Gefahr einer Verbreitung der Wettsucht nach sich ziehe. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 14.10.2008, a. a. O.) auch auf die Ergebnisse einer von der Universität Bremen für das Nordrhein-Westfälische Ministerium für Arbeit und Gesundheit durchgeführte Studie verwiesen, der sich entnehmen lässt, dass Lotterien in Abhängigkeit von den jeweiligen Veranstaltungsmerkmalen suchttypische Entwicklungsverläufe verursachen können.

(2) Auch ein den Bereich der Sportwetten unmittelbar betreffendes tatsächliches Ausgestaltungsdefizit, bei dem es sich angesichts der nunmehr vorhandenen gesetzlichen Gewährleistungen um ein grundlegendes Defizit handeln müsste (BVerfG, Beschl. v. 20.3.2009, a. a. O.), ist bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht anzunehmen. Dabei deuten insbesondere die von der Antragstellerin dargestellten Beispiele, die auf eine grundsätzliche Missachtung des Werbeverbots gemäß § 5 GlüStV hinweisen sollen, nicht auf ein solches tatsächliches Ausgestaltungsdefizit hin.

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat in dem vorbezeichneten Beschluss darauf hingewiesen, dass bei der Bewertung von Werbemaßnahmen zu beachten sei, dass sich das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Ziel des Glückspielsstaatsvertrags, das Spiel- und Wettgeschehen in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken (§ 1 Nr. 2 GlüStV), nur erreichen lasse, wenn das staatliche Glücksspielangebot hinreichend bekannt sei. Da dies auch eine effektive Werbestrategie voraussetze, könne eine nicht gezielt zur Spielteilnahme auffordernde Werbung nicht schon und allein wegen des jeder Werbung innewohnenden Aufforderungselements als unsachlich angesehen werden. Auch sei nicht jede Art von Sympathiewerbung oder eine Bewerbung neuer Glücksspielangebote unzulässig, wenn der vom Bundesverfassungsgericht kritisierte gezielte Aufforderungscharakter vermieden werde. Sofern die Werbung in einzelnen Fällen gegen § 5 Abs. 1 oder 2 GlüStV verstoße, könne mit solchen Einzelfällen die Verfassungswidrigkeit des Glücksspielstaatsvertrags insgesamt jedenfalls solange nicht begründet werden, als damit noch kein grundlegendes normativ-strukturelles Umsetzungsdefizit dargelegt werde.

Auch aus dem Umstand, dass sich die Glücksspielaufsicht in diesem Punkt bisher womöglich als noch nicht hinreichend effektiv erwiesen hat, um die Werbebeschränkung des Glücksspielstaatsvertrags vollständig durchzusetzen, kann in Anbetracht des bislang erst verstrichenen Zeitraums nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die gesetzliche Regelung auf fehlende Effektivität angelegt sei (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 8.5.2009, ZfWG 2009, 194). Die hierzu nunmehr immer häufiger ergehende Rechtsprechung insbesondere auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts zu § 4 Nr. 11 UWG zeigt vielmehr, dass sich erst jetzt einheitliche Regeln bei der Beachtung des Werbeverbots des Glücksspielstaatsvertrags herausbilden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich zahlreiche, von der Antragstellerin angeführte Beispiele für eine Umgehung des Werbeverbots nicht der ......... ......GmbH zurechnen lassen. Mit dem Hinweis auf den Deutschen Lotto- und Totoblock, der eine Gemeinschaft der 16 selbstständigen Lotteriegesellschaften in den Bundesländern darstellt, folgt nicht, dass Werbemaßnahmen anderer Lotteriegesellschaften der .........n ......GmbH zugerechnet werden könnten. Zwar ist Ziel des deutschen Lotto- und Totoblocks, die staatlichen Glücksspielangebote bundesweit nach gemeinsamen Grundsätzen durchzuführen. Mit dem Hinweis auf die im Jahr 2006 begonnene Dachmarkenkampagne, die die Vermarktung der Dachmarke "Lotto" vorantreiben solle, und mit den vornehmlich aus der sogenannten Übergangszeit und kurz nach In-Kraft-Treten des Glücksspielstaatsvertrags stammenden Beispielen für eine mögliche Umgehung des Werbeverbots ist aber nicht hinreichend geltend gemacht, dass die ......... ......GmbH als Mitglied des Deutschen Lotto- und Totoblocks eine bewusste Umgehung des Werbeverbots nach dem Glücksspielstaatsvertrag beabsichtigte. Vielmehr ergibt sich aus den Informationen des Deutschen Lotto- und Totoblocks, dass er sich als Gemeinschaft versteht, der "verlässliche, verantwortungsvolle Anbieter von staatlich genehmigten Lotterien und Wetten, die sich streng an den ordnungspolitischen Zielen des Spielerschutzes, der Spielsuchtprävention, der Lenkung des Spielbetriebs in geordnete Bahnen (..) orientieren", vertritt (vgl. Internet-Auftritt, zitiert bei www.Lotto.de). Dies lässt erwarten, dass auch die in den gesetzlichen Regelungen enthaltenen Werbeverbote Beachtung finden.

(b) Die Einwände der Antragstellerin lassen auch keine Defizite im Hinblick auf die Anforderung erkennen, die das Gemeinschaftsrecht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 6.11.2003 - Gambelli, Slg. 2003, I-13031; Urt. v. 6.3.2007 - Placanica, Slg. 2007, I-01891) stellt. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 10.6.2009 festgestellt hat, liegen nunmehr effektive normative Regelungen vor, die die Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit aufgrund der in Art. 45 und 46 EGV ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmeregelungen oder aus den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeinwohls wie namentlich der Bekämpfung der Spielsucht rechtfertigen. Die normativen Regelungen begegnen auch im Hinblick auf das angestrebte hohe Schutzniveau bei der Bekämpfung der Wett- und Spielsucht keinen Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit und tragen insbesondere auch widerspruchsfrei und systematisch zur Erreichung des angestrebten Ziels bei (Beschl. v. 10.6.2009, a. a. O.).

Die Bedenken der Antragstellerin rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Soweit sie darauf hinweist, eine umfangreiche Überprüfung des Gesetzgebers, ob und in welchem Umfang überhaupt Suchtgefahren von bestimmten Glücksspielprodukten ausgingen, sei bislang nicht vorgenommen worden, angesichts des völligen Ausschlusses privater Anbieter läge eine diskriminierende Regelung vor, für die es keine Rechtfertigung gebe, und die Glücksspielpolitik sei nicht kohärent, da die Pferdewettvermittlung, die Spielbanken und das Automatenspiel nicht in eine Gesamtregelung der Glücksspielpolitik eingeflossen seien, ist auf die Feststellungen in dem vorbezeichneten Beschluss des Senats vom 10.6.2009 hinzuweisen, wonach der Europäische Gerichtshof in der Vergangenheit bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung lediglich eine sektorspezifische Betrachtung angestellt und den jeweiligen nationalen Glücksspielmarkt nicht auf Gesamtkohärenz hin untersucht habe. Zudem erkenne der Europäische Gerichtshof an, dass die sittlichen, religiösen und kulturellen Besonderheiten eines Landes bei der Festlegung der staatlichen Ziele in Bezug auf das Glücksspielwesen eine Rolle spielten (EuGH, Urt. v. 6.3.2007 - Placanica, a. a. O.). Hieraus folge, dass ein Staat einzelne traditionell anders geregelte Glücksspielsektoren vom den durch die Monopolisierung zu erreichenden höheren Schutz ausnehmen könne, ohne deshalb gegen ein Gebot der Gesamtkohärenz zu verstoßen.

Der Europäische Gerichtshof hat jüngst (EuGH, Urt. v. 8.9.2009 - Liga Portuguesa, ZfWG 2009, 304) seine Rechtsprechung in diesem Sinne bestätigt und darauf hingewiesen, dass es in Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Rechtsgebiets durch die Gemeinschaft Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten sei, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergäben. Zudem könne allein der Umstand, dass ein Mitgliedsstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedsstaat gewählt habe, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Somit stehe es den Mitgliedstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Dabei hat der Europäische Gerichtshof auch unter dem Gesichtspunkt von Kohärenz und Systematik der nationalen Regelung ein sektorales Glücksspielmonopol für zulässig erachtet. Damit hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass die Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten an einen Wirtschaftsteilnehmer, der einer engen Überwachung durch die öffentliche Gewalt unterliegt, den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügt und sich der betreffende Dienstleistungssektor nicht anderen Wirtschaftsteilnehmern öffnen muss.

Darüber hinaus hat der Senat in der vorbezeichneten Entscheidung vom 10.6.2009 darauf hingewiesen, dass dem Gemeinschaftsrecht keine Anforderungen an die Begründung einer nationalen Regelung in dem Sinne entnommen werden könnten, der Gesetzgeber habe vor legislativem Tätigwerden stets eine entsprechende Vorabprüfung vorzunehmen, und auf die oben aufgeführten Anhörungen von Suchtexperten verwiesen. Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, dass das Sächsische Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag bislang nicht notifiziert worden sei, ist schließlich darauf hinzuweisen, dass der Senat keinen entsprechenden Bedarf hat feststellen können.

Die Kostenentscheidung folgt auch § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. der am 7./8.7.2004 beschlossenen Änderung (Streitwertkatalog 2004; abgedr. in NVwZ 2004, 1327), wobei wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens der hälftige Hauptsachestreitwert anzusetzen war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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