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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.12.2004
Aktenzeichen: 3 BS 309/04
Rechtsgebiete: VwGO, SächsRiG, SächsLB


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
SächsRiG § 3
SächsLB § 12 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 BS 309/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Besetzung der Stelle eines Richters am Amtsgericht als ständiger Vertreter des Direktors beim Amtsgericht Zwickau (Antrag nach § 123 VwGO)

hier: Beschwerde

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Pastor

am 17. Dezember 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 23. Juni 2004 - 11 K 3824 /03 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 17.535,02 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat keine Gründe dargelegt, aus denen sich ergibt, dass das Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht abgelehnt hat.

1. Bei der Würdigung des Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO beschränkt ist, unterstellt der Senat zuguns-ten der Antragstellerin, dass sie durch die primär am Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 91 Abs. 2 SächsVerf) getroffene Entscheidung des Antragsgegners, die Stelle eines Richters am Amtsgericht als ständiger Vertreter des Direktors beim Amtsgericht Zwickau mit dem Beigeladenen zu besetzen, wie ein Beförderungsbewerber in eigenen Rechten verletzt sein kann. Fraglich ist dies deshalb, weil Art. 33 Abs. 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unmittelbar nur die Auswahl unter Bewerbern betrifft, deren statusrechtliches Amt der Rangordnung nach niedriger ist als die Besoldungsgruppe, der der zu besetzende Dienstposten zugeordnet ist (BVerwG, Urt. v. 19.7.2001, BVerwGE 115, 58). Wäre der grundrechtsgleiche Anspruch auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Leistung und Befähigung auf das durch die Rechtsstellung gekennzeichnete Amt im statusrechtlichen Sinn gerichtet (vgl. dazu Lemhöfer, Zugang zu öffentlichen Ämtern und Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn, RiA 2004, 1 [3, 5], a.A.: BAG, Urt. v. 2.12.1997, BAGE 87, 165, wonach es auf das Amt im konkret-funktionellen Sinn ankommen soll), so stünde der Antragstellerin, die bereits das Amt einer Richterin am Amtsgericht als ständige Vertreterin des Direktors beim A. und damit statusrechtlich wie auch abstrakt-funkionell dasselbe Amt wie das nunmehr angestrebte innehat, jedenfalls kein unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 91 Abs. 2 SächsVerf folgendes Recht zur Seite, das durch einen etwaigen Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz verletzt sein könnte.

Die damit aufgeworfene Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen - in Betracht käme eine durch die Ausschreibung erfolgte Selbstbindung des Dienstherrn, die Auswahl unter Einbeziehung aller Bewerber am Prinzip der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 91 Abs. 2 SächsVerf zu orientieren (offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 26.1.1994, BVerwGE 95,73; vgl. zum Streitstand: OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 19.12.1996, NVwZ-RR 1997, 369 m.w.N.; OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 28.1.1999, DRiZ 2000, 57) - auch Versetzungsbewerber berechtigt sind, den Leistungsvergleich gerichtlich überprüfen zu lassen, kann jedoch dahinstehen. Denn das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung unter Zugrundelegung des genannten Maßstabs keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Aufgrund des Beschwerdevorbringens erweisen sich weder die Einschätzung des Antragsgegners, dass die Antragstellerin und der Beigeladene nach Eignung, Leistung und Befähigung als im Wesentlichen gleich zu beurteilen seien (2), noch die Entscheidung, die Auswahl maßgeblich auf das Hilfskriterium des höheren Lebensalters des Beigeladenen zu stützen (3), als fehlerhaft.

2. Der Antragsgegner ist hinsichtlich der genannten Hauptkriterien von einem im Wesentlichen gleichen Stand der Antragstellerin und des Beigeladenen ausgegangen und hat zur Begründung neben den Anlassbeurteilungen, die für das vorliegende Auswahlverfahren erstellt wurden, die letzten periodischen Beurteilungen herangezogen, die jeweils mit dem Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen" enden. Die Antragstellerin habe ihre fachliche Flexibilität in ähnlicher Weise unter Beweis gestellt wie der Beigeladene. Zwar könne sie auf eine längere Verweildauer beim Amtsgericht verweisen, jedoch werde dies durch die breitere Verwendung des Beigeladenen beim Amts- und Landgericht wieder ausgeglichen. Mit der Beschwerdeerwiderung hat der Antragsgegner diese Auswahlerwägungen u.a. unter Heranziehung weiterer für die Antragstellerin erstellter Anlassbeurteilungen ergänzt und präzisiert: Die letzten Regelbeurteilungen der Antragstellerin vom 13.3.1998 und des Beigeladenen vom 12.7.2002 beträfen unterschiedliche Statusämter, wobei zugunsten der Antragstellerin berücksichtigt werde, dass sich ein etwaiger Statusvorteil des Beigeladenen lediglich auf die Differenz zwischen einem Statusamt R 1+Z und einem Statusamt R 2 beschränke. Die Regelbeurteilungen seien ferner von erheblich unterschiedlicher Aktualität, da die periodische Beurteilung der Antragstellerin wegen Inanspruchnahme von Elternzeit zurückgestellt worden sei. Aus diesem Grunde komme den einschlägigen Anlassbeurteilungen, die erstmalig einen maßstabsgerechten Bewerbervergleich ermöglichten, maßgebliche Bedeutung zu. Selbst wenn im Rahmen einer hypothetischen Prüfung angenommen werde, dass die Antragstellerin - wie der Beigeladene - bereits in einer ersten periodischen Beurteilung im Statusamt R 2 das Prädikat "übertrifft die Anforderungen" erzielt hätte, wäre sie nicht als wesentlich besser beurteilt einzuschätzen. Der Antragstellerin sei einzuräumen, dass sie über die ausgeprägtere einschlägige Verwaltungserfahrung verfüge als der Beigeladene. Ferner sei ihr ein besonderes Organisationsgeschick zu attestieren, das sie auch in der Verwaltung "schwieriger" Abteilungen habe unter Beweis stellen können. Im Bereich der Menschenführung gebe es aber Hinweise auf gewisse Defizite, da ihr Amtsantritt in unterschiedlichen Behörden regelmäßig konfliktbeladen gewesen sei. Der Beigeladene habe demgegenüber einen leichten Vorteil hinsichtlich seiner überdurchschnittlichen Rechtskenntnisse. Außerdem übertreffe er die Antragstellerin im Hinblick auf seine Führungseigenschaften. Aus den vorliegenden älteren Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen ergäben sich keine wesentlichen weiteren Erkenntnisse zu positiven oder negativen Entwicklungstendenzen, die zu einem für die Antragstellerin günstigeren Vergleich führen würden. Ein solcher sei auch nicht möglich aufgrund der Ausübung des der Antragstellerin erst im Laufe des vorliegenden Konkurrentenstreitverfahrens zum 1.6.2004 übertragenen Amtes einer Richterin am Amtsgericht als ständige Vertreterin des Direktors beim A. . Abgesehen davon, dass sich diese Amtsführung bislang lediglich auf drei Monate beschränke und der Präsident des Landgerichts Chemnitz sich in der jüngsten Anlassbeurteilung der Antragstellerin vom 15.7.2004 aufgrund der Kürze ihrer Tätigkeit in seinem Geschäftsbereich an einer Bewertung gehindert gesehen habe, verbiete sich ein darauf gestützter Vergleich bereits aufgrund des Gebots der Chancengleichheit. Der Antragsgegner würde sich sonst dem Vorwurf aussetzen, der Antragstellerin durch die Versetzung im laufenden Verfahren einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Beigeladenen verschafft zu haben.

Die Antragstellerin macht demgegenüber geltend, das Alter ihrer letzten Regelbeurteilung sei bedingt durch ihre Elternzeit und dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen, zumal ein Beurteilungsbeitrag des Präsidenten des Landgerichts Zwickau vom 10.6.2004 zu ihrer jüngsten Anlassbeurteilung vom 15.7.2004 dem Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen" entspreche. Der Antragsgegner interpretiere gewisse Defizite in ihre hervorragenden Führungseigenschaften hinein und zitiere hierzu Einzelaussagen aus den Beurteilungen ausschließlich zu ihren Lasten und ohne Berücksichtigung des Zusammenhangs. Die Probleme, die sich zu Beginn ihrer Tätigkeit als Abteilungsleiterin beim Amtsgericht Dresden mit den dortigen Mitarbeitern gestellt hätten, seien ausweislich der Anlassbeurteilung vom 30.7.2003 der schwierigen Ausgangslage in der Vormundschaftsabteilung mit großem Unterbau im gehobenen und mittlerem Dienst geschuldet gewesen. Der Antragsgegner bagatellisiere einen Beurteilungsbeitrag vom 15.12.2003 und übergehe den weiteren vom 10.6.2004, in dem ihr neben überdurchschnittlich guten fachlichen Leistungen eine überdurchschnittlich gut ausgeprägte Fähigkeit attestiert werde, Verwaltungsaufgaben kompetent und verantwortungsbewusst zu lösen. Unter Beachtung des Anforderungsprofils für die zu besetzende Stelle sei ein Vorteil des Beigeladenen hinsichtlich der Rechtskenntnisse und der Führungseigenschaften nicht erkennbar. Umgekehrt komme ihr ein deutlicher Leistungs- und Eignungsvorsprung zu. Im Gegensatz zum Beigeladenen, der seit nunmehr fünf Jahren als Handelsrichter ohne Führungsherausforderungen tätig sei, habe sie ihre Führungsfähigkeiten in der "Feuerprobe der kritischen Situation" bewiesen und in unterschiedlichen Behörden sogar noch weiter entwickelt. Seit dem 1.6.2004 habe sie sich in ihrem Amt als ständige Vertreterin des Direktors beim A. hervorragend bewährt. Der Antragsgegner müsse dies im laufenden Verfahren berücksichtigen und ggf. einen Beurteilungsbeitrag einholen.

Dieses Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung in Frage zu stellen.

Bei der Auswahl nach den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 91 Abs. 2 SächsVerf, § 3 SächsRiG i.V.m. § 12 Abs. 1 SächsLB darf der Dienstherr nicht zum Nachteil eines Bewerbers von dem Prinzip der Bestenauslese abweichen. Welchen Umständen, die zu den Kriterien der Eignung, Leistung und Befähigung zu rechnen sind, er größeres Gewicht beimisst, bleibt seiner Entscheidung überlassen (std. Rspr., vgl. SächsOVG, Beschl. v. 28.11.2003, SächsVBl. 2004, 66 [68] m.w.N.). Der Dienstherr verfügt insoweit über einen weiten Beurteilungsspielraum, der gerichtlich nur eingeschränkt darauf hin überprüfbar ist, ob die als unmittelbar leis-tungsbezogene Kriterien in erster Linie zu berücksichtigenden Beurteilungen vollständig und nachvollziehbar ausgeschöpft worden sind. Die Entscheidung des Dienstherrn, bei der Auswertung der Beurteilungen bestimmte Feststellungen im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder aber kompensatorisch als gleichwertig zu gewichten, ist im Grundsatz nur dann zu beanstanden, wenn in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriffe oder der gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt worden sind, ferner wenn von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2002, DVBl. 2003, 1545; SächsOVG, Beschl. v. 12.10.2004 - 3 BS 174/04). Gemessen daran zeigt die Beschwerde eine Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung des Antragsgegners nicht auf.

Die hypothetische Prüfung des Antragsgegners, ob die Antragstellerin, die zuletzt am 13.3.1998 im Statusamt R 1+Z mit dem Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen" periodisch beurteilt wurde, dasselbe Gesamturteil - wie der Beigeladene - bei einer ersten Regelbeurteilung im Statusamt R 2 erhalten hätte, vermag diese von vorneherein nicht zu benachteiligen. Ungeachtet der im Senatsbeschluss vom 10.3.2003 (3 BS 445/02) noch bejahten Frage, ob der Dienstherr hierzu bei unterschiedlichem Alter der den Bewerbern zuletzt erteilten periodischen Beurteilungen verpflichtet ist, hat der Antragsgegner in selbstständig tragenden Erwägungen das für die Antragstellerin günstige Prüfungsergebnis unterstellt. Dass die Prüfung zu einem noch besseren Gesamturteil hätte führen müssen, behauptet die Antragstellerin selbst nicht, entnimmt sie doch dem Beurteilungsbeitrag vom 10.6.2004 zu ihrer jüngsten Anlassbeurteilung ebenfalls dem Prädikat "übertrifft die Anforderungen" entsprechende Wertungen. Ebenso offensichtlich bestehen keine Anhaltspunkte für eine Benachteiligung der Antragstellerin, soweit der Antragsgegner den Statusvorteil des Beigeladenen in dessen letzter Regelbeurteilung im Statusamt R 2 gerade nicht als ausschlaggebendes Kriterium zu dessen Gunsten gewichtet hat.

Der Vergleich der Beurteilungen, die der Antragsgegner seinen Auswahlüberlegungen zu Grunde gelegt hat, ergibt entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht, dass sie im Verhältnis zu dem Beigeladenen zu Unrecht nicht als besser, sondern im Wesentlichen gleich beurteilt angesehen wurde. Der Antragsgegner hat die Beurteilungen eingehend und nachvollziehbar dahin ausgewertet, dass die Antragstellerin und der Beigeladene hinsichtlich ihrer Rechtskenntnisse und Führungsfähigkeiten, des Organisationsgeschicks und der Verwaltungserfahrung Leistungs- und Eignungsunterschiede aufweisen, und bei der ihm überlassenen Gewichtung bei keinem der Bewerber einen erheblichen Gesamtvorsprung angenommen. Die dagegen gerichteten Einwendungen der Antragstellerin greifen nicht durch.

Der Verweis auf die ihr zuletzt in einem Besetzungsvorschlag vom 24.8.2004 attestierten deutlich überdurchschnittlichen Rechtskenntnisse sowohl im materiellen wie auch im formellen Straf- und Zivilrecht spricht nicht gegen die Einschätzung des Antragsgegners, dass der Beigeladene hier leicht im Vorteil sei. Der Antragsgegner hat die in derselben Weise schon in der letzten periodischen Beurteilung der Antragstellerin vom 13.3.1998 enthaltene Bewertung ihrer Kenntnisse ohne jegliche Einschränkung oder Herabsetzung berücksichtigt, die Kenntnisse des Beigeladenen aber wegen dessen am Landgericht und am Oberlandesgericht gewonnenen Einblicken in die Tätigkeit und die Probleme der Amtsrichter aus Sicht der Rechtsmittelinstanzen leicht höher eingeschätzt. Dem hat die Antragstellerin nichts substantiiert entgegengehalten.

Ohne Erfolg reklamiert die Antragstellerin hinsichtlich der Führungsfähigkeiten einen Eignungsvorsprung gegenüber dem Beigeladenen. Der Antragsgegner hat erkannt, dass die Antragstellerin ihre diesbezüglichen Fähigkeiten in der Verwaltung und im Umgang mit dem Personal des gehobenen und mittleren Dienstes namentlich als Leiterin der Strafvollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft Dresden von Oktober 1995 bis Februar 1998 sowie der Vormundschafts- und Nachlassabteilung des Amtsgerichts Dresden von Januar 1999 bis Juli 2000 unter Beweis gestellt hat, und dass der Beigeladene über geringere einschlägige Verwaltungserfahrung verfügt. Anhand des Vergleichs der Einzelaussagen in den maßgeblichen Beurteilungen hat der Antragsgegner des Weiteren nachvollziehbar dargelegt, warum er die Fähigkeit des Beigeladenen zur Menschenführung für vorzugswürdig hält. Die Beurteilungen wurden vollständig ausgeschöpft und entgegen der Darstellung der Antragstellerin nicht zu ihren Lasten selektiv ausgewertet. Im Einzelnen ist hierzu zu bemerken:

Der Antragsgegner hat aus der Anlassbeurteilung des Präsidenten des Amtsgerichts Dresden vom 30.7.2003 sowie dem Beurteilungsbeitrag des Präsidenten des Landgerichts Zwickau vom 15.12.2003 nicht einseitig der Antragstellerin ungünstige Passagen übernommen; vielmehr hat er sowohl unter dem Gliederungspunkt "Führungeigenschaften" (S. 14 ff. der Beschwerdeerwiderung) als auch unter dem Gliederungspunkt "Verwaltungserfahrung" (S. 18 der Beschwerdeerwiderung) auch deren Vorzüge - namentlich ihr Talent zur Verwaltungstätigkeit, ihr weit überdurchschnittliches Organisationsgeschick wie auch die günstige Entwicklung bei der Überwindung der nachfolgend genannten Schwierigkeiten - hervorgehoben. Die vom Antragsgegner andererseits beschriebenen anfänglichen Probleme - ein wohl aus eigener Unsicherheit zunächst überzogen resolutes Auftreten bei der Leitung der Vormundschafts- und Nachlassabteilung und eine kurzzeitige Verstimmung in der Strafabteilung des Landgerichts Zwickau anlässlich des verständlichen Bestrebens, erkennbare Organisationsschwächen binnen kürzester Zeit abzuändern - wurden ebenfalls den von der Antragstellerin im Übrigen nicht angegriffenen Beurteilungen entnommen und als Hinweise auf gewisse Defizite in der Menschenführung gewertet. Das hält sich im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden Beurteilungsspielraums, dem die Antragstellerin nicht mit Erfolg eigene, ihr günstigere Wertungen entgegensetzen kann. Als solche erweisen sich aber nicht nur ihr Versuch, die geschilderten Probleme ausschließlich auf objektiv vorgefundene und von ihr ausgeräumte Missstände zurückzuführen, sondern auch ihre Kritik an den Führungsfähigkeiten des Beigeladenen. Deren positive Einschätzung hat der Antragsgegner ermessensfehlerfrei mit der dem Beigeladenen erteilten Regelbeurteilung, den darin in Bezug genommen Anlassbeurteilungen sowie der aktuellen Anlassbeurteilung vom 8.7.2003 begründet, in denen ihm Sozialkompetenz sowie bei der Tätigkeit als kommissarischer Abteilungsleiter einer Allgemeinen Abteilung der Staatsanwaltschaft Zwickau von Januar bis Juni 1999 nachgewiesene Führungseigenschaften bescheinigt und prognostisch darüber hinaus Führungsaufgaben bei einem mittleren Amtsgericht zugetraut werden. Die Kritik der Antragstellerin erschöpft sich demgegenüber in abweichenden Wertungen, legt aber keine Umstände dar, aufgrund derer die Begründung des Antragsgegners nicht mehr nachvollzogen werden könnte.

Das gilt insbesondere auch für den Einwand der Antragstellerin, im Werdegang des Beigeladenen überwiege das statische Element, während sie ihre Führungsfähigkeiten weiter entwickelt habe, weshalb ihr im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle der Vorrang gebühre. Da der Antragsgegner bei seinen Auswahlüberlegungen zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Beigeladene über die geringere einschlägige Verwaltungserfahrung verfügt, richtet sich der Einwand im Kern gegen die Entscheidung des Antragsgegners, die jeweils für und gegen sie und den Beigeladenen sprechenden Eignungsmerkmale kompensatorisch zu gewichten. Damit kann die Antragstellerin angesichts des oben dargestellten weiten Beurteilungsermessens des Dienstherrn nicht durchdringen. Denn die Auswahlentscheidung des Antragsgegners erweist sich nicht bereits deshalb als fehlerhaft, weil es ihm im Rahmen einer wertenden Gewichtung auch möglich gewesen wäre, aufgrund der höheren Verwaltungserfahrung der Antragstellerin einen Qualifikationsvorsprung zu ihren Gunsten anzunehmen.

Nicht zu folgen ist der Antragstellerin ferner, soweit sie den Antragsgegner für verpflichtet hält, einen Beurteilungsbeitrag zur Frage ihrer aktuellen Bewährung als ständige Vertreterin des Direktors des A. einzuholen. Allerdings teilt der Senat nicht die Ansicht des Antragsgegners, dass die Berücksichtigung dieser der Antragstellerin im Verlaufe des vorliegenden Konkurrentenstreitverfahrens seit dem 1.6.2004 übertragenen Tätigkeit auch dann gegen den Grundsatz der Chancengleichheit verstoßen würde, wenn diese Amtsführung vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens im Rahmen einer periodischen Beurteilung oder im Rahmen der wegen einer anderweitigen Bewerbung zu erstellenden Anlassbeurteilung bewertet würde. Bis zum Erlass des für die Überprüfung der Einhaltung des Beurteilungsspielraums maßgeblichen Widerspruchsbescheides ist der Antragsgegner vielmehr verpflichtet, anhand aktueller Erkenntnisse die Grundlagen des Leistungsvergleichs auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. Senatsbeschl. v. 12.10.2004 - 3 BS 174/04). Wegen eines ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteils müsste eine im laufenden Verfahren (im Anschluss an eine Versetzung) erstellte Beurteilung freilich dann außer Betracht bleiben, wenn damit beabsichtigt würde, einem der Bewerber einen Vorsprung zu verschaffen. Daraus erhellt einerseits, dass die Antragstellerin eine Beurteilung ihrer aktuellen Bewährung nicht zu dem von ihr gewünschten Zweck verlangen kann. Andererseits musste der Antragsgegner - wie geschehen - die nach dem 1.6.2004 wegen einer anderen Bewerbung erstellte Anlassbeurteilung des Präsidenten des Landgerichts Chemnitz vom 15.7.2004 berücksichtigen. Da diese aufgrund der Kürze des Zeitraums seit dem Amtsantritt der Antragstellerin am 1.6.2004 noch keine Bewertung der Amtsführung als ständige Vertreterin des Direktors des A. enthielt, haben sich die in ihrer Allgemeinheit nicht fehlerfreien Erwägungen des Antragsgegners zu den Anforderungen der Chancengleichheit auf die vorliegende Auswahlentscheidung nicht ausgewirkt.

Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner den für die Anlassbeurteilung vom 15.7.2004 gefertigten Beurteilungsbeitrag des Präsidenten des Landgerichts Zwickau vom 10.6.2004 übersehen hat, zumal die Beschwerde diesen Beitrag zum Beleg für ihre überdurchschnittlich guten fachlichen Leistungen und Verwaltungsfähigkeiten anführt, die der Antragsgegner seinen Auswahlüberlegungen ebenfalls zugrunde gelegt hat. Auch die abschließende Feststellung, dass es in dem Beurteilungszeitraum vom 16.12.2003 bis 31.5.2004 Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit nichtrichterlichem Personal nicht ansatzweise gegeben habe, steht nicht im Widerspruch zu den vom Antragsgegner zu Lasten der Antragstellerin berücksichtigten Problemen jeweils zu Beginn eines Amtsantritts, da dabei deren nachfolgende Bewältigung entsprechend der sich aus den einschlägigen Beurteilungen ergebenden günstigen Entwicklung erkannt worden ist.

3. Gelangt der Dienstherr bei der Beurteilung zu dem Ergebnis, dass mehrere Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung im Wesentlichen gleich geeignet sind, so kann er die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen (sog. Hilfskriterien) treffen, z.B. nach dem Dienst- oder Lebensalter. Hinsichtlich der Bestimmung des Auswahlkriteriums steht ihm ein weites Ermessen zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1993, DVBl. 1994, 118), das grundsätzlich auf zweierlei Art ausgeübt werden kann. Der Dienstherr kann sich entweder für den Regelfall auf eine verbindliche Rangfolge der anzuwendenden Hilfskriterien festlegen, so dass im zu beurteilenden Einzelfall eine nähere Begründung nur dann erforderlich ist, wenn wegen besonderer Umstände ausnahmsweise von der Regel abgewichen werden soll. In Ermangelung einer durch ständige Verwaltungspraxis begründeten Rangfolge ist die vom Antragsgegner in der Beschwerdeerwiderung gewählte Art der Ermessensausübung durch Abwägung aller im Einzelfall erheblichen Umstände und Interessen gleichermaßen zulässig.

Ausgehend davon unterliegt die Heranziehung des höheren Lebensalters des Beigeladenen als maßgebliches Hilfskriterium keinen rechtlichen Bedenken. Der Antragsgegner hat die längere Verweildauer der Antragstellerin am Amtsgericht ebenso berücksichtigt wie ihr höheres Dienstalter und die gleichwertigen familiären Interessen der Antragstellerin und des Beigeladenen am Erhalt einer Dienststelle in Wohnortnähe. Die Erwägung, das um über fünf Jahre höhere Lebensalter des Beigeladenen stärker zu gewichten als die jeweiligen Abweichungen von nur einem Jahr hinsichtlich der Verweildauer am Amtsgericht (vor dem 1.6.2004) und des Dienstalters, hält sich im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden Ermessensspielraums, wobei der Senat im Hinblick auf die erhebliche Differenz von mehreren Jahren ausschließen kann, dass die Gewichtung zugunsten der Antragstellerin ausgefallen wäre, wenn der Antragsgegner - wie geboten - die seit dem 1.6.2004 ausgeübte Tätigkeit der Antragstellerin bei der Bestimmung ihrer amtsgerichtlichen Verweildauer hinzugerechnet hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 47 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 5 Satz 1 lit. a und Satz 2 GKG 2004. Danach ist das (End-)Grundgehalt der Besoldungsgruppe R 2, das bei Eingang des Verfahrens bei dem Verwaltungsgericht 5.395,39 € betragen hat (vgl. Anl. IV zum BBesG [BGBl. 2003 I S. 1809]), mit 13 zu vervielfachen, dieser Betrag zur Hälfte anzusetzen und wegen des vorläufigen Charakters des Eilverfahrens nochmals zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG 2004).

Ende der Entscheidung

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