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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.11.2003
Aktenzeichen: 3 BS 430/02
Rechtsgebiete: AuslG, AsylVfG
Vorschriften:
AuslG § 19 Abs. 1 S 1 Nr. 1 | |
AuslG § 69 Abs. 3 S 1 Nr. 2 | |
AsylVfG § 55 Abs. 3 |
2. Der Begriff der ehelichen Lebensgemeinschaft in § 19 Abs. 1 AuslG fordert, dass außer dem formalen rechtlichen Band der Ehe eine tatsächliche Verbundenheit der Ehegatten vorliegt, die regelmäßig in der Pflege einer häuslichen Gemeinschaft zum Ausdruck kommt. Die Annahme eines Ausländers, zur Wohnsitznahme in einer Asylbewerberunterkunft verpflichtet zu sein, bildet einen Umstand, der es rechtfertigt, eine knapp zweimonatige häusliche Trennung im Anschluss an die Eheschließung auf die Ehebestandszeit i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG anzurechnen.
3. § 55 Abs. 3 AsylVfG ist auf die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG und die Fiktionswirkung des § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG anwendbar.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 3 BS 430/02
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und Abschiebungsandrohung
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Künzler und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald
am 18. November 2003
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. November 2002 - 3 K 2288/02 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgerichts auf 2.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die von dem Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, lassen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und gegen die Abschiebungsandrohung im Ergebnis zu Unrecht versagt hat.
Der Antragsteller wendet sich ausschließlich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die unstreitig spätestens Ende Dezember 2001 beendete eheliche Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seiner Ehefrau habe nicht bereits ab 21.12.1999 (dem Tag der Eheschließung), sondern erst ab 15.2.2000 (dem Tag seines endgültigen Umzugs in die Wohnung der Ehefrau) bestanden. Dieser Einwand ist nicht geeignet, den vom Verwaltungsgericht verneinten Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG zu begründen. Voraussetzung für eine nach dieser Vorschrift zu verlängernde Aufenthaltserlaubnis ist, dass die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Das Tatbestandsmerkmal der Rechtmäßigkeit bezieht sich dabei nicht auf die Ehe, deren Gültigkeit ohnehin vorausgesetzt wird, sondern auf den Aufenthalt im Bundesgebiet während der maßgeblichen Ehebestandszeit (vgl. HessVGH, Beschl. v. 5.2.1998, EZAR 023 Nr. 13; Fraenkel, Einführende Hinweise zum neuen Ausländergesetz, 1991, S. 140; GK-AuslR, Stand April 1998, § 19 AuslG RdNr. 42; Hailbronner, AuslR, Stand Juli 2000, § 19 RdNr. 7; Renner, AuslR, 7. Aufl. 1999, § 19 AuslG RdNr. 5). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht den in Rede stehenden Zeitraum zwar zu Unrecht nicht auf den Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft angerechnet. Selbst wenn diese aber bis Ende Dezember 2001 mindestens zwei Jahre angedauert hätte, steht dem Antragsteller kein Rechtsanspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu, da die Dauer seines Aufenthalts vor der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis am 1.11.2000 bei der Beurteilung des nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG erforderlichen Zeitraums eines rechtmäßigen Aufenthalts während der Mindestbestandszeit der Ehe nicht berücksichtigt werden kann.
Mit der Forderung einer mindestens zweijährigen Dauer der Ehebestandszeit soll einer sich daraus ergebenden Verfestigung der Lebensverhältnisse des ausländischen Ehegatten Rechnung getragen werden, die bei tatsächlichem Getrenntleben auf Dauer nicht eintreten kann. Der Begriff der ehelichen Lebensgemeinschaft in § 19 Abs. 1 AuslG fordert daher, dass außer dem formalen rechtlichen Band der Ehe eine tatsächliche Verbundenheit der Ehegatten vorliegt, die regelmäßig in der Pflege einer häuslichen Gemeinschaft zum Ausdruck kommt (BVerwG, Beschl. v. 30.9.1998, InfAuslR 1999, 72 f). Gemessen daran ist der hier zu bewertende Zeitraum von knapp zwei Monaten zwischen der Eheschließung im Bundesgebiet und dem endgültigen Umzug in die gemeinsame Ehewohnung - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auf die Ehebestandszeit anzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Antragsteller - wie von ihm ohne Beibringung der angekündigten Belege behauptet - tatsächlich bereits ab Dezember 1999 bei seiner Ehefrau in B. gewohnt und sich nur für jeweils einen Tag nach P. begeben hat, um bei der dortigen Ausländerbehörde die Aufhebung der räumlichen Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung zu beantragen. Denn auch der Glaube des Antragstellers, zur Wohnsitznahme in der Asylbewerberunterkunft in B. bis zu einer Aufhebung der räumlichen Beschränkung der Aufenthaltsgestattung verpflichtet zu sein, bildet einen Umstand, der der Annahme einer tatsächlichen Verbundenheit mit seiner Ehefrau bei nicht einmal zweimonatiger häuslicher Trennung im Anschluss an die Eheschließung offensichtlich nicht entgegensteht.
Der Antragsteller kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG jedoch auch dann nicht beanspruchen, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft zwei Jahre bestanden haben sollte. Wie dargelegt, besteht der Anspruch nur bei Rechtmäßigkeit des Aufenthalts während der maßgeblichen Ehezeit. Diese Voraussetzung erfüllt der Antragsteller nicht, weil sein Aufenthalt ab Eheschließung bis zur Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mindestens zwei Jahre lang, sondern nach der rechtskräftigen Ablehnung seines Asylbegehrens erst ab 1.11.2000 aufgrund der erstmaligen Erteilung einer bis 31.10.2001 befristeten Aufenthaltserlaubnis sowie der anschließenden auf § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG beruhenden Fiktionswirkung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 18.10.2001 rechtmäßig war. Der Aufenthalt vor der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 1.11.2000 ist hingegen nicht zu berücksichtigen. Zwar war der Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens am 28.1.2000 im Besitz von Aufenthaltsgestattungen nach dem Asylverfahrensgesetz. Unabhängig von der Frage, ob diese wegen der auf die Durchführung des Asylverfahrens begrenzten Funktion einen "rechtmäßigen" Aufenthalt im Sinne ausländerrechtlicher Regelungen zu begründen vermögen, kann aber jedenfalls die Dauer des gestatteten Aufenthalts eines erfolglos Asylsuchenden nach § 55 Abs. 3 AsylVfG nicht auf den erforderlichen Zeitraum eines rechtmäßigen Aufenthalts nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG angerechnet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.6.1997, BVerwGE 105, 28 <32 f> zur Anrechnung nach § 9 Abs. 5 Nr. 2 DVAuslG). Denn in Fällen, in denen der Erwerb eines Rechts, hier der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängt, sieht § 55 Abs. 3 AsylVfG die Berücksichtigung von Aufenthaltszeiten auf der Grundlage einer Aufenthaltsgestattung nur dann vor, wenn der Ausländer unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt wird, woran es vorliegend fehlt. Im Ergebnis das Gleiche gilt für den Aufenthalt ab Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 21.1.2000. Da § 55 Abs. 3 AsylVfG auch Regelungen über "Vergünstigungen" erfasst, nach denen es auf eine bestimmte Dauer des Aufenthalts ankommt, ist die Vorschrift auf die Fiktion eines rechtmäßigen Aufenthalts nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG ebenfalls anwendbar (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AuslR, Stand April 2001, § 69 AuslG, RdNr. 36), weswegen der Antrag vom 21.1.2000 diese Wirkung nicht auslösen konnte. Zu keinem anderen Ergebnis führen schließlich die von der Antragsgegnerin wiederholt verfügten Verlängerungen der Aufenthaltsgestattung. Vielmehr gingen diese ebenso wie die darauf gerichteten Anträge des Antragstellers ins Leere, nachdem die Aufenthaltsgestattung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG kraft Gesetzes mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Bundesamtes am 28.1.2000 erloschen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 3, § 14, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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