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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.07.2009
Aktenzeichen: 3 D 49/09
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 57 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 D 49/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zurückschiebung

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung von Prozesskostenhilfe

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald, den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein

am 15. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 2. März 2009 - 3 K 806/08 - geändert. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt , zu den Bedingungen eines im Verwaltungsgerichtsbezirk Dresden ansässigen Rechtsanwalts bewilligt.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten hat Erfolg, da sie die Kosten der Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann und die Erfolgsaussichten der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen ihre Zurückschiebung wegen einer im Prozesskostenhilfeverfahren nicht "durchzuentscheidenden" Rechtsfrage als offen und damit als hinreichend im Sinne von § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO anzusehen sind.

Prozesskostenhilfe soll das Gebot der Rechtsschutzgleichheit (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG) verwirklichen, indem Bemittelte und Unbemittelte in den Chancen ihrer Rechtsverfolgung gleichgestellt werden. Da das Bewilligungsverfahren den grundsätzlich gebotenen Rechtsschutz nicht selbst bietet, sondern erst zugänglich macht, dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Die Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO dient nicht dazu, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Insbesondere darf das Bewilligungsverfahren nicht dazu benutzt werden, die Klärung streitiger Fragen im Hauptsacheverfahren zu verhindern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2003, NVwZ 2004, 334 m. w. N.).

Rechtsgrundlage für die Zurückschiebung der Klägerin ist § 57 Abs. 2 AufenthG. Danach soll ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, der von einem anderen Staat rückgeführt oder zurückgewiesen wird, unverzüglich in einen Staat zurückgeschoben werden, in den er einreisen darf. Zwar lagen die Voraussetzungen dieser Vorschrift unstreitig vor, nachdem die Klägerin wegen Ablaufs ihres bis 29.9.2007 gültigen Schengen-Visums bei der Einreise in die Republik Polen am 30.9.2007 um 1.00 Uhr von den dortigen Behörden zurückgewiesen worden und vollziehbar ausreisepflichtig war. Auch ist das den Bundespolizeibehörden nach der Soll-Vorschrift des § 57 Abs. 2 AufenthG eingeräumte Ermessen im Regelfall auf die Zurückschiebung reduziert, so dass eine andere Ermessensentscheidung nur ausnahmsweise bei Vorliegen atypischer Umstände in Betracht kommt. Solche wären wohl zu verneinen, wenn man gescheiterte Ausreiseversuche unabhängig davon, ob sie freiwillig oder zwangsweise unternommen wurden, als Regelfälle ansieht, auf die die Vorschrift des § 57 Abs. 2 AufenthG zugeschnitten ist (vgl. Funke-Kaiser, GK-AufenthG § 57 Rn. 44; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., § 57 Rn. 6). Gleichwohl könnte in Erwägung zu ziehen sein, ob die Zurückschiebung als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung in Form des unmittelbaren Zwangs ermessenfehlerhaft ist, weil sie wegen der Bereitschaft der Klägerin zur freiwilligen Ausreise gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstieß. Soweit das Verwaltungsgericht einen solchen Verstoß verneint hat, weil für die Behörden nicht erkennbar gewesen sei, dass die Klägerin in nächster Zeit erneut zu einer freiwilligen Ausreise finanziell in der Lage gewesen wäre, bedarf diese Frage schon deshalb näherer Prüfung im Hauptsacheverfahren, weil das Landgericht Görlitz mit Beschluss vom 9.11.2007 (Az.: 2 T 167/07) mit Bezug auf die im Rahmen der Zurückschiebung beantragte und vom Amtsgericht Görlitz angeordnete Sicherungshaft die Verhältnismäßigkeit gegenteilig beurteilt hat. Das Prozesskostenhilfeverfahren ist zur Klärung der Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme der Zurückschiebung nicht geeignet.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. In Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe werden Gerichtskosten nicht erhoben und Kosten des Gegners nicht erstattet (§ 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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