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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.07.2009
Aktenzeichen: 4 B 155/07
Rechtsgebiete: BImSchG, WHG, 9. BImSchV


Vorschriften:

BImSchG § 6
BImSchG § 10
BImSchG § 12
BImSchG § 13
WHG § 19g
9. BImSchV § 20 Abs. 2 S. 2
Bestehen zwischen Antragsteller und Behörde unterschiedliche Auffassungen, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 6 BImSchG vorliegen, dann berechtigt dies die Behörde nicht zur Nachforderung von Unterlagen über die von ihr für erforderlich gehaltenen Maßnahmen.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 B 155/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen immissionsschutzrechtlicher Anlagengenehmigung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein

am 30. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. Februar 2007 - 13 K 2805/04 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

Der zulässige Antrag des im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in den Verwaltungsrechtsstreit eingetretenen Beklagten (siehe 1.) ist nicht begründet; die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (siehe 2.) der besonderen Schwierigkeiten und der grundsätzlichen Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO liegen nicht vor (siehe 3.).

1. Das Passivrubrum war nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen zu ändern. Mit Wirkung zum 1.8.2008 ist in dem Verfahren ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (§ 173 VwGO i. V. m. §§ 239 ff, ZPO) eingetreten. In dem auf Erteilung einer immissionsschutzrechlichen Genehmigung gerichteten Verfahren ist der Landkreis Meißen an die Stelle des Freistaats Sachsen, vertreten durch das (vormalige) Regierungspräsidium Dresden, als Beklagter getreten. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 des Ausführungsgesetzes zum Bundes-Immissionsschutzgesetz und zum Benzinbleigesetz (AGImSchG) in der Fassung des am 1.8.2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung liegt die Zuständigkeit bei den unteren Immssionsschutzbehörden, somit den Landkreisen und Kreisfreien Städten (§ 1 Nr. 3 AGImSchG), wenn - wie hier - durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft nichts anderes bestimmt ist.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung liegen zunächst nicht deshalb vor, weil das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, die Genehmigung für das beabsichtigte Altholzlager könne unter einschränkenden Nebenbestimmungen etwa zur Schütthöhe und zur Löschwasserrückhaltung erteilt werden. Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt aus der Antragsgebundenheit nach § 10 BImSchG nicht, dass durch Nebenbestimmungen ein immssionsschutzrechtlicher Antrag nicht wesentlich geändert werden darf.

Nach § 10 Abs. 1 BImSchG setzt das Genehmigungsverfahren einen schriftlichen Antrag voraus, dem die erforderlichen Unterlagen beizufügen sind. Als Grundvorschrift für das Genehmigungsverfahren wird die Regelung durch weitere verfahrensrechtliche Regelungen - wie etwa § 12 BImSchG - ergänzt. Nach § 12 BImSchG kann die Genehmigung mit Nebenbestimmungen versehen werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Voraussetzungen sicher zu stellen. Da die Genehmigung nach § 6 BImSchG bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu erteilen ist, eröffnet § 12 BImSchG - anders als die Regelung in § 36 Abs. 1 VwVfG - die Befugnis, durch auch vom Antrag abweichende Nebenbestimmungen, die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen sicher zu stellen (dazu etwa: Sellner in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 1, BImSchG § 12 Rn. 139). Kann durch Nebenbestimmungen die Erfüllung der Voraussetzungen sicher gestellt werden, dann ist die Behörde verpflichtet die Genehmigung mit entsprechenden Nebenbestimmungen zu versehen. Die Behörde kann daher eine Genehmigung nicht mit der Begründung ablehnen, der Antrag nach § 10 BImSchG decke die Nebenbestimmungen nicht ab (Sellner, a. a. O, Rn. 11).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit werden auch nicht durch den Einwand des Beklagten begründet, der Antrag hätte auch wegen unvollständig vorgelegter Unterlagen nach § 20 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV abgelehnt werden können, weil trotz mehrfacher Anforderungen keine Maßnahmen zur Löschwasserrückhaltung dargestellt worden seien.

Die Pflicht zur Einreichung vollständiger Unterlagen i. S. v. § 10 BImSchG, bei deren Nichterfüllung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV ein Antrag regelmäßig abzulehnen ist, bezieht sich auf die zur Prüfung nach § 6 BImSchG erforderlichen Unterlagen. Erforderlich ist die Vorlage von Unterlagen, die alle Gesichtspunkte erfassen, die für die dort genannten Genehmigungsvoraussetzungen Bedeutung haben. Angesprochen sind damit auch Unterlagen, die eine Prüfung der wasserrechtlichen Anforderungen an die beabsichtigte Anlage ermöglichen. Bei Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen nach § 19 g WHG bezieht sich die Prüfung auf den Ausschluss der Besorgnis von Verunreinigung der Gewässer oder sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften.

Die Klägerin ist dieser Verpflichtung nachgekommen. In ihrem Genehmigungsantrag vom 8. November 2001 hat sie in der beigefügten Umweltverträglichkeitsuntersuchung das Vorhaben der Altholzlagerung detailliert beschrieben und insbesondere die in der Anlage vorgesehenen Altholzsortimente aufgeführt. In der Untersuchung wird zur Frage der Belastung von Löschwasser ausgeführt, dass eine Auswaschung der Holzschutzmittel durch das Löschwasser nicht gegeben sei. Organische Schadstoffe würden durch das Feuer verbrennen und seien im Löschwasser kaum enthalten. Durch ein Feuer könnten nur in geringem Umfang Schwermetalle freigesetzt werden; die Konzentration sei im Verhältnis zur Holzmenge relativ gering, wobei auch zu berücksichtigen wäre, dass der Grundwasserflurabstand zwischen sieben und elf Metern betrage, so dass Schwermetalle im Boden zurückgehalten würden. Zur Sicherheit solle nach einem Brand eine Beprobung des Bodens vorgenommen werden.

Mit dieser Darstellung des Vorhabens war die Behörde in die Lage versetzt, auch zu prüfen, ob wegen einer im Brandfall bestehenden Wassergefährdung durch kontaminiertes Löschwasser Maßnahmen für eine Löschwasserrückhaltung erforderlich sind. Eine Veranlassung zu wiederholten Nachforderungen von Unterlagen auch zu "Maßnahmen der Löschwasserrückhaltung" - etwa Schreiben des damaligen Regierungspräsidiums vom 4.4.2002 - bestand nicht. Der Sache nach haben sich die Nachforderungen nicht auf fehlende Unterlagen, sondern auf eine abweichende behördliche Auffassung zur Notwendigkeit einer Löschwasserrückhaltung bezogen. Bestehen zwischen Antragsteller und Behörde unterschiedliche Auffassungen, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 6 BImSchG vorliegen, dann berechtigt dies die Behörde nicht zur Nachforderung von Unterlagen über die von ihr für erforderlich gehaltenen Maßnahmen.

Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht deshalb, weil in dem angefochtenen Urteil ein wasserrechtlicher Auflagenvorbehalt entsprechend Art. 8 Nr. 4 des Investitionserleichterungs- und Wohnlandgesetzes angesprochen ist und damit auf § 13 BImSchG a. F. abgehoben wurde, wonach die immissionsrechtliche Genehmigung mit einem Vorbehalt einer nachträglichen wasserrechtlichen Auflage erlassen werden konnte. Auch wenn die Neufassung von § 13 BImSchG durch Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.1.2001 (BGBl. I S. 1950) den Vorbehalt nicht mehr anspricht, ändert dies nichts an der Zulässigkeit einer wasserrechtlichen Nebenbestimmung.

3. Aus den Ausführungen unter Nr. 2 folgt, dass die vom Beklagten vorgebrachten Fragen ohne weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind und keine besonderen Schwierigkeiten i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufwerfen. Daraus folgt des Weiteren, dass auch wegen der aufgeworfenen Frage zur Löschwasserrückhaltung der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt.

Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, besteht keine Veranlassung ihre außergerichtliche Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat orientiert sich an dem im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung der am 7./8. Juli 2004 beschlossenen Änderungen) in Nr. 19.1.1 vorgeschlagenen Wert von 2,5 % der Investitionssumme, mindestens des Auffangwerts.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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