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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2008
Aktenzeichen: 4 B 251/08
Rechtsgebiete: VwGO, KrW-/AbfG, VerpackV


Vorschriften:

VwGO § 114 S. 2
KrW-/AbfG § 13 Abs. 3
VerpackV § 6 Abs. 4
1. Die Sicherung des Rücknahme- und Kreislaufsystems der Verpackungsverordnung kann einer gewerblichen Altpapiersammlung entgegen stehen (wie BVerwGE 125, 337).

2. Ein vollständiges Verbot der gewerblichen Sammlung von PPK-Abfällen aus Haushalten zur Sicherung des Rücknahme- und Kreislaufsystems der Verpackungsverordnung ist unverhältnismäßig.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 B 251/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abfallrechts; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein

am 3. November 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 1. Juli 2008 - 2 L 162/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Änderung der Festsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf jeweils 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

Die von ihr innerhalb der Beschwerdefrist dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren beschränkt ist, führen - von der Streitwertfestsetzung abgesehen - zu keiner Änderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die für sofort vollziehbar erklärte Untersagung der Sammlung von Altpapier aus privaten Haushalten im Bescheid vom 29.4.2008 wiederhergestellt und gegen das dort angedrohte Zwangsgeld angeordnet. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid sei materiell rechtswidrig. Es könne offen bleiben, ob § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Abs. 2 KrW-/AbfG die Einschaltung Privater oder nur eine Eigenverwertung zulasse. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Aufstellung blauer Tonnen für PPK-Abfälle sei jedenfalls als gewerbliche Sammlung i. S. v. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG zulässig. Die Antragstellerin habe als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb mit langfristigen Liefer- und Abnahmeverträgen den Nachweis erbracht, die eingesammelten Papierabfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zuzuführen. Überwiegende öffentliche Interessen i. S. v. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG stünden der gewerblichen Altpapiersammlung nicht entgegen. Die Antragsgegnerin habe eine unzumutbare Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit ihrer öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung nicht hinreichend dargetan. Dies gelte sowohl hinsichtlich der geltend gemachten Einnahmeausfälle, des Wegfalls von Arbeitsplätzen bei der .................... GmbH, der mittelbaren Auswirkungen auf die Finanzierung des städtischen Personennahverkehrs als auch hinsichtlich der Planungssicherheit des Entsorgungsträgers und vertraglicher Vereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin und der .................... GmbH. Aus den vorgenannten Erwägungen seien neben der Untersagungsverfügung auch das unselbstständige Werbeverbot und die Zwangsgeldandrohung rechtswidrig.

2. Zur Begründung ihrer am 16.7.2008 erhobenen und mit Schriftsatz vom 4.8.2008 begründeten Beschwerde macht die Antragsgegnerin geltend, ihr Bescheid vom 29.4.2008 sei formell und materiell rechtmäßig. Das Verwaltungsgericht habe § 13 KrW-/AbfG fehlerhaft ausgelegt. § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG schließe die Überlassung von PPK-Abfällen an private Dritte aus; die gesetzliche Überlassungspflicht dürfe auch nicht umgangen werden. Der flächendeckenden PPK-Sammlung der Antragstellerin im Stadtgebiet stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen, so dass die Untersagungsverfügung trotz des zwischenzeitlich erbrachten Nachweises der ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung nicht unverhältnismäßig sei. Eine flächendeckende Altpapiererfassung Privater widerspreche dem gesetzlichen Regel-Ausnahmeverhältnis der Abfallentsorgung. Für die vom Verwaltungsgericht vertretene einengende Auslegung des Begriffs der "öffentlichen Interessen" i. S. v. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG biete das Gesetz keine Grundlage. Nach Sinn und Zweck des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes seien fiskalische Belange der entsorgungspflichtigen Körperschaft durchaus zu berücksichtigen. Die zu erwartende Reduzierung der von der öffentlich-rechtlichen Entsorgung erfassten Altpapiermenge um 60 % im Jahr 2008 habe erhebliche Auswirkungen auf die Abfallgebühren, die - schon beim derzeitigen Stand - um mindestens 10 € im Jahr pro Haushalt steigen müssten. Bei einer durchgängig reduzierten Altpapiermenge in den Folgejahren sei mit einer deutlich stärkeren Erhöhung zu rechnen. Eine genauere Kalkulation dürfe der Antragsgegnerin beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht abverlangt werden.

Da die .................... GmbH über einen Organschaftsvertrag mit der ....................... GmbH verbunden sei, habe ein verschlechtertes Betriebsergebnis unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die .................... GmbH habe sowohl für das flächendeckende "Iglusammelsystem" mit 150 Papieriglus an 104 Standorten als auch für ein neues Papierentsorgungskonzept mit haushaltsnahen Altpapiertonnen und für Sortieranlagen erhebliche Mittel investiert, um ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Etwa 80 % des PPK-Aufkommens verwerte die .................... GmbH selbst, die verbleibenden 20 % würden nach Maßgabe entsprechender Vereinbarungen über das Duale System verwertet. Bei der zu erwartenden Verringerung des Altpapieraufkommens für die öffentlich-rechtliche Entsorgung müsse der Personalbestand um mindestens 10 % verringert werden; zudem sei die Finanzierung der - im Einzelnen dargelegten - Zins- und Tilgungsbelastung für die Investitionen der letzten Jahre gefährdet. Perspektivisch könnten die Anlagen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems mit einem vertretbaren Kostenaufwand nicht mehr vorgehalten werden. Im Falle eines Rückzugs der Antragstellerin sei eine ordnungsgemäße Altpapierentsorgung nicht mehr gewährleistet. Dies berühre nicht nur die Planungssicherheit, sondern auch die vertraglichen Beziehungen der Antragsgegnerin zur GmbH und zur ...................... AG (DSD). Die Abstimmungsvereinbarung mit der DSD stelle sicher, dass kein Widerruf der Systemfeststellung für Verkaufsverpackungen nach § 6 Abs. 4 VerpackV erfolge. Im Entsorgungsgebiet betrage der Anteil an Verpackungen zwischen 17 % und 20 % der PPK-Abfälle. Da die Sammlung der - nicht in den Systembetrieb eingebundenen - Antragstellerin auch Verpackungen erfasse, sei die quotengerechte Erfassung und Verwertung von Papierverpackungen gefährdet. Dies laufe öffentlichen Interessen in erheblicher Weise zuwider. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht den Streitwert mit 100.000 € zu hoch bemessen; angemessen seien 20.000 €.

3. Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der Bescheid vom 29.4.2008 sei formell und materiell rechtswidrig. Eine ordnungsgemäße Anhörung sei nicht erfolgt. Für die privaten Haushalte bestehe wegen der beabsichtigten Eigenverwertung unter Einbeziehung der Antragstellerin schon keine Überlassungspflicht hinsichtlich der PPK-Abfälle; zumindest liege eine zulässige gewerbliche Sammlung vor. Insbesondere drohe kein Widerruf der landesweiten Systemfeststellung. Das Verwaltungsgericht habe den Streitwert zutreffend festgesetzt.

4. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.4.2008 zu Recht wiederhergestellt bzw. angeordnet.

Die auf die abfallrechtliche Generalklausel des § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG gestützte Untersagung der Sammlung von Altpapier aus privaten Haushalten, das Verbot der Auslieferung und Entleerung entsprechender Abfallbehälter sowie das Werbeverbot (Nr. 1 des Bescheids) dürften sich im Hauptsacheverfahren ebenso als rechtswidrig erweisen wie die auf § 2 Nr. 2, § 20 SächsVwVG gestützte Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheids).

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheids dient die Anordnung Nr. 1 der Durchsetzung der gesetzlichen Überlassungspflicht des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Gemäß dieser Vorschrift sind Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushalten verpflichtet, diese dem nach Landesrecht (in Sachsen: Landkreise, kreisfreie Städte oder Abfallverbände, § 3 Abs. 1 SächsABG) zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen.

Die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Fragen zum Umfang der Überlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG muss auch im Beschwerdeverfahren offen bleiben, weil sie nicht entscheidungserheblich sind. Für eine abschließende Klärung der damit verbundenen Rechtsfragen, die in der obergerichtlichen Rechtsprechung in unterschiedlicher Weise beantwortet werden (siehe jüngst OVG Schl.-H., Urt. v. 22.4.2008, NVwZ 2008, 922, 924 f.; OVG Hamburg, Beschl. v. 8.7.2008 - 1 Bs 91/08 -, juris), ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kein Raum.

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG besteht keine Überlassungspflicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit dies dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen wird und nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.

Zweifel daran, dass die PPK-Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet werden, bestehen nach der ausdrücklichen Erklärung der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren nicht mehr.

Beim derzeitigen Verfahrensstand ist auch davon auszugehen, dass der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin voraussichtlich keine überwiegenden öffentlichen Interessen i. S. v. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 27.6.2008 - 4 B 193/08 -, juris) gehören hierzu nicht jegliche öffentlichen Belange, sondern nur die auf die Verfolgung der Zielvorgaben und Zwecke des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes gerichteten öffentlichen Interessen. Liegt ein derartiges Interesse vor, steht es der gewerblichen Sammlung nach dem Wortlaut des Gesetzes auch nur dann entgegen, wenn es das private Interesse an der gewerblichen Sammlung überwiegt. An dieser - der abfallrechtlich Zwecksetzung entsprechenden (siehe VGH BW, Beschl. v. 11.2.2008, VBlBW 2008, 295, 296 f.) - Auslegung des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG hat der Senat auch in seinem bislang unveröffentlichten Beschluss vom 23.7.2008 - 4 B 217/08 - festgehalten. Für eine Abweichung von dieser Rechtsprechung, wie sie die Antragsgegnerin begehrt, bietet das Beschwerdevorbringen keinen Anlass.

Indem § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG die abfallrechtliche Überlassungspflicht für bestimmte gewerbliche Abfallsammlungen ausschließt, nimmt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zwangsläufig in Kauf, dass öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern wirtschaft-lich lukrative Teile des zu verwertenden Abfalls von privaten Abfallsammlern entzogen werden; zugleich bleibt die öffentlich-rechtliche Entsorgungsverpflichtung bestehen. Zur Abmilderung dieses gesetzlich angelegten Spannungsverhältnisses können gewerblichen Sammlungen - anders als gemeinnützigen Sammlungen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG) - überwiegende öffentliche Interessen entgegen gehalten werden, die einen hinreichenden Bezug zur gesetzlichen Entsorgungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (§ 15 Abs. 1 KrW-/AbfG) haben. Danach dürfen gewerbliche Sammlungen von überlassungspflichtigen Abfällen nicht dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung schwerwiegend beeinträchtigt wird, zumal die "Auffangverantwortung" des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auch dann noch wahrgenommen werden muss, wenn sich der Private aus der gewerblichen Abfallsammlung zurückzieht. Ein darüber hinausgehendes Regel-Ausnahmeverhältnis ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Nach diesem Maßstab lassen sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine öffentlichen Interessen feststellen, die der Durchführung der gewerblichen Sammlung von Altpapier und Pappe voraussichtlich überwiegen werden.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin bei einem Rückzug der Antragstellerin aus der gewerblichen Abfallsammlung nicht mehr in der Lage wäre, für eine ordnungsgemäße Entsorgung von Altpapier und Pappe zu sorgen, sind beim derzeitigen Verfahrensstand nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin führt die Sammlung, Entsorgung und Verwertung von PPK-Abfällen im Stadtgebiet nicht selbst durch, sondern hat die .................... GmbH mit der Erfüllung ihrer abfallrechtlichen Pflichten beauftragt. Diese hat ausweislich Seite 7 der Beschwerdebegründung im ersten Quartal 2008 250.000 € aufgewandt, um zur Erweiterung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsangebots nach Maßgabe des städtischen Abfallwirtschaftskonzepts "haushaltsnahe Altpapierabfalltonnen" zu erwerben. Der vorgelegten Behördenakte ist weiter zu entnehmen, dass die .................... GmbH im April 2008 mit der Auslieferung blauer Tonnen an Haushalte im Stadtgebiet begonnen hat.

Welche Auswirkungen die konkurrierende Aufstellung blauer Tonnen der Antragstellerin auf das derzeitige Entsorgungssystem und dessen Finanzierung im Einzelnen hat, lässt sich beim derzeitigen Verfahrensstand nicht zuverlässig abschätzen. Soweit die Antragsgegnerin auf einen Rückgang der zu erwartenden Papiermenge um 60 % im Jahr 2008 verweist, ist eine auch nur annähernd gesicherte Erkenntnisgrundlage nicht erkennbar. Die Beschwerdebegründung nimmt dazu lediglich auf den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 23.5.2008 Bezug; auch dort wird ein Rückgang von 60 % erwähnt, aber durch nichts unterlegt (etwa durch hochgerechnete Sammelmengen, Erfahrungswerte anderer Kommunen o. ä.). Eine derart schmale Tatsachengrundlage reicht auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für eine Untersagungsverfügung nicht aus. Ob es für die Untersagung einer gewerblichen Abfallsammlung der behördlichen Darlegung konkreter Zahlen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Kostengefüge der vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführten gesamten Abfallentsorgung bedarf, wie es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 12.7.2007 (BayVBl. 2008, 181, 183) für ein Hauptsacheverfahren gefordert hat, mag dahinstehen.

Angesichts der unzureichenden Tatsachengrundlagen zum Rückgang der PPK-Sammelmengen bei der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung bestehen auch keine hinreichend belastbaren Erkenntnisse zu den Auswirkungen auf die Höhe künftiger Abfallgebühren, zu den Auswirkungen auf Arbeitsplätze bei der .................... GmbH oder zur Mitfinanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Plauen. Mit Blick auf die Beschwerdebegründung merkt der Senat allerdings an, dass nicht nur das dort zitierte Verwaltungsgericht Karlsruhe, sondern auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in der sich anschließenden Beschwerdeentscheidung eine Gebührenerhöhung um etwa 10 € pro Einwohner (nicht: Haushalt) und Jahr zur Begründung eines überwiegenden öffentlichen Interesses für die Untersagung einer gewerblichen Sammlung nicht hat ausreichen lassen (VGH BW, Beschl. v. 11.2.2008, VBlBW 2008, 295, 298). Die - aus städtischer Sicht durchaus nachvollziehbaren - Erwägungen der Antragsgegnerin zur Erhaltung von Arbeitsplätzen und zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs weisen im Übrigen keinen auf die Zielvorgaben und Zwecke des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz gerichteten Bezug auf und können der gewerblichen PPK-Sammlung daher nicht als überwiegende öffentliche Interessen entgegen gehalten werden (in diesem Sinne auch VGH BW, Beschl. v. 11.2.2008 a. a. O.).

Ob die Durchführung der gewerblichen Sammlung im Holsystem möglicherweise eine Änderung des im Beschwerdeverfahren vorgelegten Vertrags des Antragsgegnerin mit der DSD AG oder gar einen Widerruf der Systemfeststellung (§ 6 Abs. 4 VerpackV) für Verkaufsverpackungen zur Folge haben könnte, lässt sich im vorliegenden Verfahren nicht beurteilen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Sicherung des Rücknahme- und Kreislaufsystems der Verpackungsverordnung als gewichtiger öffentlicher Belang einer gewerblichen Altpapiersammlung entgegenstehen kann (siehe BVerwG, Urt. v. 16.3.2006, BVerwGE 125, 337). Anders als in dem vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom (8.7.2008 - 1 Bs 91/08 - juris) entschiedenen Fall, auf den die Beschwerdebegründung verweist, besteht angesichts der von der Antragstellerin im Stadtgebiet durchgeführten Sammlung kein greifbarer Anhaltspunkt für die Annahme, dass das Rücknahmesystem für Verkaufsverpackungen ihre landesweite Anerkennung im Freistaat Sachsen verlieren könnte.

Soweit die Antragsgegnerin sinngemäß ausführt, die gewerbliche Altpapiersammlung gefährde den Systembetrieb für Verpackungsabfälle, weil der erforderliche Nachweis über die erfassten und einer stofflichen oder energetischen Verwertung zugeführten Mengen bei einer unkontrollierten Sammlung nicht geführt werden könne, wurden diese Erwägungen in der Begründung des angefochtenen Bescheids nicht herangezogen. Ob sie als ergänzende Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO zu berücksichtigen sind, mag dahinstehen. Jedenfalls beim derzeitigen Stand des Verfahrens erscheint dem Senat ein vollständiges Verbot der gewerblichen Sammlung unverhältnismäßig, weil es nicht nur Verpackungen erfasst, sondern sämtliche Arten von Papier, Pappen und Kartonagen (und damit auch z. B. Zeitungen, Zeitschriften und Werbeprospekte, die einen nicht unerheblichen Anteil des Altpapieraufkommens ausmachen).

Zu den von der Antragsgegnerin angeführten negativen Auswirkungen der gewerblichen Sammlung hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Durchführung gewerblicher Abfallsammlungen durch Dritte in die Risikosphäre der vertragsschließenden Parteien gehört und der Sammlung deshalb nicht als überwiegendes öffentliches Interesse entgegen gehalten werden kann.

Nach alledem dürfte sich das Verbot der gewerblichen Sammlung von Altpapier aus privaten Haushalten einschließlich der ergänzenden Verbote in Nr. 1 des Bescheids vom 29.4.2008 im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen. Im Hinblick darauf ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin wiederherzustellen.

Wegen des damit verbundenen Wegfalls der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzung des § 2 Nr. 2 SächsVwVG ist zugleich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die auf §§ 20, 22 SächsVwVG gestützte Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheids) anzuordnen.

Dementsprechend ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Senat hält einen Streitwert in Höhe von 20.000,00 € für Verfahren der vorliegenden Art für angemessen (§§ 47, 52, Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG); die davon abweichende Festsetzung des Verwaltungsgerichts ist entsprechend zu ändern.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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