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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 02.06.2009
Aktenzeichen: 4 B 287/09
Rechtsgebiete: GG, SächsVerf, SächsGemO


Vorschriften:

GG Art. 1 Abs. 1
GG Art. 1 Abs. 3
GG Art. 2 Abs. 1
SächsVerf Art. 14
SächsVerf Art. 15
SächsVerf Art. 36
SächsGemO § 35a
Gemeinderat; Gemeinderatsfraktion; allgemeines Persönlichkeitsrecht; Ehrenschutz; Bürgermeister; Neutralitätspflicht; Kommunalverfassungsstreit
1. Die Mitwirkungsbefugnisse von Gemeinderatsfraktionen bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung des Gemeinderats nach § 35a Abs. 2 SächsGemO können im Wege des Kommunalverfassungsstreits geltend gemacht werden.

2. Der Gemeinderat und seine Untergliederungen sind bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben als Teil der vollziehenden Gewalt nicht grundrechtsfähig; dies gilt auch für Gemeindefraktionen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 B 287/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Unterlassung, Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 2. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 2. März 2009 - 7 L 23/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

1. Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerinnen ist die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig (§ 61 VwGO). Das Verwaltungsgericht Dresden hat mit nunmehr rechtskräftig gewordenem Urteil vom 20.1.2009 - 7 K 1388/06 - (veröffentlicht in juris) festgestellt, dass es sich bei der Antragstellerin um eine Fraktion i. S. v. § 35a SächsGemO handele. Den gegen dieses Urteil gerichteten Zulassungsantrag des Stadtrats der Antragsgegnerin zu 2. hat der Senat mit Beschluss vom 6.5.2009 - 4 A 116/09 - abgelehnt. Im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besteht kein Anlass, den Fraktionsstatus der Antragstellerin - und damit deren Beteiligungsfähigkeit in Anwendung von § 61 Nr. 1 oder 2 VwGO (zum Streitstand: Gern, Sächsisches Kommunalrecht, 2. Aufl., Rn. 904 m. w. N.) - abweichend zu beurteilen.

Durchgreifende Bedenken gegen das Vorliegen einer hinreichenden Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) bestehen nicht. In ihrer Beschwerdeschrift hat sich die Antragstellerin sowohl mit der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt als auch die Gründe dargelegt, aus denen sie die Änderung dieses Beschlusses begehrt. Bei eilbedürftigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dürfen die formellen Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht überspannt werden (siehe Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 146 Rn. 41 a. E.).

2. In der Sache bleibt die Beschwerde der Antragstellerin jedoch ohne Erfolg. Die von ihr dargelegten Gründe, die den Prüfungsumfang des Senats begrenzen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen nicht zur beantragten Änderung des angefochtenen Eilbeschlusses.

2.1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur künftigen Unterlassung der Äußerung "(es) ist ... Aufgabe aller demokratischen Parteien, dafür zu sorgen, dass wir Rechtsextremisten weder in unserem Stadtrat noch auf unseren Straßen haben", mit der Begründung abgelehnt, ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin bestehe weder gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. noch gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. Als nichtrechtsfähiger Zusammenschluss von Mandatsträgern könne sich die Antragstellerin nicht über Art. 19 Abs. 3 GG auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen. Zur Verfolgung von Persönlichkeitsrechten ihrer Mitglieder sei sie als Fraktion nicht berufen. Aus kommunalrechtlichen Rechtspositionen, die in einem Kommunalverfassungsstreit verfolgt werden könnten, lasse sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht ableiten. Allerdings sei es der Antragsgegnerin zu 1. als kommunalem Organ verwehrt, einseitig Partei für oder gegen eine Stadtratsfraktion zu ergreifen. Amtliche Äußerungen von Bürgermeistern seien nicht an den Grundsätzen der Meinungsfreiheit, sondern am Neutralitäts- und Mäßigungsgebot zu messen, das sich sowohl auf Tatsachenbehauptungen als auch auf Werturteile erstrecke. Daran gemessen sei die von der Antragstellerin gerügte Äußerung der Antragsgegnerin zu 1. vom 21.1.2009 nicht zu beanstanden, weil sie nicht den von der Antragstellerin vorgetragenen Erklärungsgehalt gehabt habe. In der - auf Presseanfragen zum Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20.1.2009 (a. a. O.) am 21.1.2009 über das städtische Presseamt abgegebenen - Erklärung liege weder ein manipulativer Aufruf an andere Stadtratsmitglieder zur Ächtung der Antragstellerin noch werde der Antragstellerin die Meinungs- oder Vereinigungsfreiheit abgesprochen. Die Antragsgegnerin zu 1. habe sich nicht an den Stadtrat oder dessen Fraktionen gewandt, sondern die von der Presse angemahnte politische Auseinandersetzung an die politischen Parteien verwiesen.

2.2. Zur Begründung der gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde führt die Antragstellerin aus, das Verwaltungsgericht habe das Bestehen von Unterlassungsansprüchen zu Unrecht verneint. Die Äußerung der Antragsgegnerin zu 1. habe sich erkennbar auf die Antragstellerin bezogen und enthalte mit der Verwendung des Begriffes "rechtsextremistisch" ein beleidigendes Werturteil in Form einer unzulässigen Schmähkritik. Weder dem politischen Arbeitsprogramm der Antragstellerin noch ihren Handlungsmaximen ließen sich Hinweise für eine rechtsextremistische Haltung entnehmen. Mit ihrer kompetenzwidrigen und das Neutralitätsgebot verletzenden Äußerung habe sie die Antragsgegnerin zu 1. in ihren Organrechten als Stadtratsfraktion verletzt. Durch den - ersichtlich gegen die Antragstellerin gerichteten - Boykottaufruf seien die Beteiligungsrechte der Antragstellerin bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Stadtrat (§ 35a Abs. 2 SächsGemO) sowie das Antrags- und Rederecht der Fraktion verletzt. Insoweit werde der Unterlassungsanspruch im Wege des Kommunalverfassungsstreits gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichtet.

Die ehrverletzende und diskriminierende Äußerung der Antragsgegnerin verletze die Antragstellerin darüber hinaus in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) sowie aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht) verletzt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Antragstellerin über Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtsfähig. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Ehrenschutz stehe auch der Antragstellerin zu. Eine Rechtsverletzung gegenüber der Stadtratsfraktion "als solcher" betreffe zugleich den nichtrechtsfähigen Verein bürgerlichen Rechts als zivilrechtliche "Hülle" der Antragstellerin. Hinsichtlich des grundrechtlich begründeten Unterlassungsanspruchs werde die Antragsgegnerin zu 2. in Anspruch genommen (Rechtsträgerprinzip).

2.3. Die Antragsgegnerinnen halten die Anträge der Antragstellerin für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Beschwerdebegründung genüge nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Bei der Antragstellerin handele es sich nicht um eine Fraktion. Die Antragsbefugnis fehle, weil der angeblichen Fraktion die geltend gemachten grundrechtlichen und organschaftlichen Unterlassungsansprüche offensichtlich nicht zustehen könnten. Weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund liege vor.

2.4. Die Beschwerde der Antragstellerin ist insgesamt unbegründet.

Im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren mit Schriftsatz vom 17.3.2009 dahin präzisiert, dass sie im Wege der einstweiligen Anordnung einen auf die Verletzung von Organrechten gestützten Unterlassungsanspruch gegen die Antragstellerin zu 1. sowie einen - ausschließlich aus den Grundrechten abgeleiteten - Unterlassungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. verfolgt. Diese Anträge haben weder gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. (siehe 2.4.1.) noch gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. (siehe 2.4.2.) Erfolg.

2.4.1. Die von der Antragstellerin beantragte einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO im kommunalrechtlichen Organstreitverfahren ist zulässig, aber unbegründet.

Gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. macht die Antragstellerin eine Verletzung von Organrechten als Stadtratsfraktion geltend. Mit der Begründung, die Antragsgegnerin zu 1. habe durch die über das Presseamt abgegebene Erklärung Mitwirkungsrechte der Antragstellerin als Stadtratsfraktion aus § 35a Abs. 2 SächsGemO verletzt, ist die Antragstellerin in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt (zu den Anforderungen siehe SächsOVG, Beschl. v. 15.8.1996, SächsVBl. 1997, 14 f.).

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung ist jedoch unbegründet, weil die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch auf Unterlassung der verfahrensgegenständlichen Äußerung durch die Antragsgegnerin zu 1. glaubhaft gemacht hat. Für einen im Organstreitverfahren zu verfolgenden Unterlassungsanspruch reicht eine Verletzung objektiv-rechtlicher Vorschriften nicht aus; vielmehr muss aufgrund des geltend gemachten Rechtsverstoßes eine unmittelbare Verletzung wehrfähiger Rechte des jeweiligen Organs drohen. Dies ist auf der Grundlage des Beteiligtenvorbringens und des übrigen Akteninhalts nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Die auf Presseanfragen zum Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 20.1.2009 am 21.1.2009 über das städtische Presseamt als E-Mail an vier Zeitungen versandte Erklärung der Antragsgegnerin zu 1.,

"Das Gerichtsurteil und die Begründung dafür liegen der Stadt noch nicht vor. 'Unabhängig vom Gerichtsurteil ist es Aufgabe aller demokratischen Parteien, dafür zu sorgen, dass wir Rechtsextremisten weder in unserem Stadtrat noch auf unseren Straßen haben', so Oberbürgermeisterin Helma Orosz" - so der vollständige Wortlaut -,

lässt eine drohende Verletzung von wehrfähigen Organrechten der Antragstellerin aus § 35a Abs. 2 SächsGemO nicht besorgen. Nach der genannten Vorschrift wirken Fraktionen bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung mit; sie dürfen ihre Auffassungen auch öffentlich darstellen. Die angesprochene Regelung umschreibt die Aufgaben der Fraktionen in allgemeiner Weise und umfasst damit insbesondere das Recht von Gemeinderatsfraktionen, nach Maßgabe der Sächsischen Gemeindeordnung und der jeweiligen Geschäftsordnung des Gemeinderats Vorschläge für die Tagesordnung zu unterbreiten, Anträge zu stellen, und sich aktiv an den Beratungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse zu beteiligen. Dabei handelt es sich um wehrfähige Organbefugnisse.

Eine unmittelbar drohende Verletzung dieser Organbefugnisse der Antragstellerin wird der Äußerung der Antragsgegnerin zu 1. nicht entnommen werden können. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin dürfte die Erklärung vom 21.1.2009 schon nicht als Aufruf der Antragsgegnerin zu verstehen sein, die Fraktionstätigkeit der Antragstellerin innerhalb oder außerhalb des Stadtrats zu boykottieren oder anderweitig in gesetzeswidriger Weise zu behindern. Mit ihrer Erklärung vom 21.1.2009 hat die Antragsgegnerin zu 1. bei verständiger Würdigung nicht etwa angekündigt, ihre Stellung als Stadtratsvorsitzende (§ 51 Abs. 1 SächsGemO) zu missbrauchen, um Anträge der Antragstellerin zu missachten oder die Ausübung anderer Mitwirkungsrechte als Fraktion in anderer Weise zu beeinträchtigen. Die im Zusammenhang mit dem kurz zuvor vor dem Verwaltungsgericht verlorenen Rechtsstreit um den Fraktionsstatus der Antragstellerin abgegebene Erklärung der Antragsgegnerin zu 1. dürfte vielmehr als Aufruf an die politischen Parteien und an die Öffentlichkeit zur politischen Auseinandersetzung mit der Antragstellerin innerhalb und außerhalb des Stadtrats zu verstehen sein. Davon ist das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen.

Ob die am 21.1.2009 über das städtische Presseamt verbreitete amtliche Erklärung - für die das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus den bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten Gründen keine Anwendung findet - in jeder Hinsicht den Anforderungen des Neutralitätsgebots entspricht, das die Antragsgegnerin zu 1. als Stadtratsvorsitzende und kommunale Wahlbeamtin (§ 51 Abs. 1 und 2 SächsGemO) insbesondere im Vorfeld einer Kommunalwahl zu wahren hat (zu den Anforderungen HessVGH, Urt. v. 22.9.2005, NVwZ 2006, 610 ff.), kann im Organstreitverfahren dahinstehen. Aus einer eventuellen Verletzung des Neutralitätsgebots könnte die Antragstellerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht ableiten, weil nichts dafür spricht, dass die allgemeine Neutralitätspflicht des Bürgermeisters zugleich als wehrfähiges Organrecht von Gemeinderatsfraktionen ausgestaltet ist. Die allgemeine Neutralitätspflicht ist nicht zum Schutz gerade von Teilorganen des Gemeinderats bestimmt, sondern dient dem öffentlichen Interesse. Ein allgemeines Beanstandungsrecht gegenüber Organhandlungen des Bürgermeisters steht Gemeinderatsfraktionen nicht zu (siehe Menke, in: Quecke/Schmid, SächsGemO, § 35a Rn. 40; Gern a. a. O., Rn. 906). Ob die streitbefangene Äußerung der Antragsgegnerin zu 1. möglicherweise Anlass für eine aufsichtsbehördliche Prüfung sein könnte, ist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur künftigen Unterlassung dieser Äußerung nicht entscheidungserheblich.

Nach alledem ist der gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichtete Antrag abzulehnen.

2.4.2. Soweit die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. begehrt, bleibt ihr Antrag ebenfalls ohne Erfolg.

Nachdem die Antragstellerin den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2. mit der Beschwerdebegründung ausdrücklich nur auf die Verletzung von Grundrechten gestützt hat, hat der Senat wegen der gesetzlichen Begrenzung des Prüfungsumfangs im Beschwerdeverfahren (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) nicht zu prüfen, ob der Antragstellerin möglicherweise ein anderweitiger Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin zu 2. zukommen kann.

Ausgehend davon ist ein Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. nicht glaubhaft gemacht.

Ein aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 15 i. V. m. Art. 14 SächsVerf) oder der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 15 SächsVerf) abzuleitender Unterlassungsanspruch scheidet mangels Grundrechtsfähigkeit der Antragstellerin aus. Als Teil der vollziehenden Gewalt mit gesetzlich zugewiesenen Aufgaben wird der Gemeinderat mit seinen Untergliederungen durch die Grundrechte des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung verpflichtet (Art. 1 Abs. 3 GG, Art. 36 SächsVerf), weshalb eine Grundrechtsträgerschaft bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ausscheidet (Menke, in: Quecke/Schmid, SächsGemO, § 27 Rn. 81; für Gemeinden siehe BVerfG, Kammerbeschl. v. 29.5.2007, SächsVBl. 2007, 215 f.; SächsVerfGH, Beschl. v. 3.5.2007, SächsVBl. 2007, 182, 183; Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Band III, Art. 19 Abs. 3 GG). Auf Organteile öffentlich-rechtlicher Gebietskörperschaften sind die Grundrechte ihrem Wesen nach nicht anwendbar, soweit sich diese Organteile - wie hier - auf ihren kommunalverfassungsrechtlichen Status berufen (siehe BVerfG, Kammerbeschl. v. 6.12.2002, NJW 2003, 1856 m. w. N. zur Grundrechtsfähigkeit von Parlamentsfraktionen; anders BerlVerfGH, Beschl. v. 19.10.1992, NVwZ 1993, 1093 f. sowie Ladeur, in: GG Alternativkommentar, 3. Aufl., Art. 19 Abs. 3 Rn. 52, für Organteile von Gemeinden).

Ob die Antragstellerin - neben ihrer durch § 35a Abs. 1 SächsGemO öffentlich-rechtlich ausgestalteten Organstruktur - zugleich als nichtrechtsfähiger Verein anzusehen ist, wie es die Antragstellerin unter Hinweis auf zivilgerichtliche Rechtsprechung (OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.7.2003, NJW-RR 2004, 619; ähnlich LAG Hamm, Urt. v. 12.12.2002 - 1 (11) Sa 1813/01 -, juris; ähnlich Gern a. a. O., Rn. 460; Lunau/Zieschang, SächsVBl. 2008, 9, 11 f.) zur Begründung ihrer Grundrechtsfähigkeit geltend macht, kann im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dahinstehen. Aus einer - angenommen - "Zwitterstellung" von Gemeinderatsfraktionen wird sich ein grundrechtlich gestützter Unterlassungsanspruch jedenfalls deshalb nicht herleiten lassen, weil die Antragstellerin den Eilantrag ausdrücklich auf ihren kommunalverfassungsrechtlichen Fraktionsstatus und damit auf die Wahrnehmung öffentlicher Funktionen als Teilorgan der Gemeinde stützt. Den mit dem Unterlassungsantrag beanspruchten Ehrenschutz verfolgt die Antragstellerin nicht in Ausübung eines "Jedermannsrechts", wie es einem nichtrechtsfähigen Verein oder seinen Mitgliedern zukommen kann, sondern gerade in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlich-rechtlicher Sonderrechte. Die Antragstellerin hat den Eilantrag nicht etwa unter Hinweis auf ihre Rechtsnatur als nichtrechtsfähiger Verein, sondern - ausweislich der Antragsschrift - nur als Fraktion i. S. v. § 35a SächsGemO gestellt. Selbst im Beschwerdeverfahren begehrt die Antragstellerin eine vom Verfahrensausgang unabhängige Kostentragung der Antragsgegnerinnen (Schriftsatz v. 17.3.2009, S. 15), wie sie nur im Ergebnis eines Kommunalverfassungsstreits, nicht aber im Streit zwischen einem zivilrechtlichen Verein und einer Behörde in Betracht kommen kann. Selbst wenn die Antragstellerin als nichtrechtsfähiger Verein anzusehen wäre, muss sie sich an diesem Prozessverhalten festhalten lassen.

Im Übrigen ist zumindest zweifelhaft, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner verfassungsrechtlichen Ausprägung als Schutz vor abträglichen Äußerungen in der Öffentlichkeit (BVerfG, Kammerbeschl. v. 6.12.2002 a. a. O.) seinem Wesen nach (Art. 19 Abs. 3 GG) auf nichtrechtsfähige Vereine anwendbar sein kann (siehe Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 19 Rn. 70). Einer abschließenden Klärung der damit im Einzelnen verbundenen Rechtsfragen bedarf es mangels Grundrechtsfähigkeit der Antragstellerin indessen nicht.

Damit ist auch der gegen die Antragsgegnerin zu 2. gerichtete Eilantrag abzulehnen.

3. Nach alledem ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Für die Kostenverteilung im gerichtlichen Verfahren kommt es - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht darauf an, ob ihr im kommunalverfassungsrechtlichen Verfahren als Stadtratsfraktion ein organisationsinterner Erstattungsanspruch zusteht (siehe Gern, a. a. O., Rn. 908).

Bei der Streitwertfestsetzung gemäß §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG orientiert sich der Senat an der erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die Einwendungen nicht erhoben wurden. Insoweit legt der Senat für die gegen die Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. gerichteten Anträge jeweils 2.500,00 € zugrunde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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