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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.12.2008
Aktenzeichen: 4 B 3/07
Rechtsgebiete: BSHG, SGB X
Vorschriften:
BSHG § 103 | |
BSHG § 144 | |
SGB X § 2 Abs. 3 S. 2 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 4 B 3/07
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Kostenerstattung
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein
am 15. Dezember 2008
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 9. November 2006 - 3 K 2035/02 - wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht.
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird auf 30.074,07 € festgesetzt.
Gründe:
Der zulässige Antrag des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig ist nicht begründet. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen aufgrund der Einwendungen des Beklagten nicht vor.
Der Beklagte macht gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wonach er zu einer Erstattung von Sozialhilfekosten verurteilt wurde, die von dem Kläger für eine Hilfeempfängerin aufgewendet wurden, zunächst geltend, dass die Hilfeempfängerin vor ihrer Aufnahme in ein Heim im Zuständigkeitsbereich des Klägers, ihren gewöhnlichen Wohnort nicht im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehabt habe. Damit könne er auch nicht als erstattungspflichtiger Träger des letzten gewöhnlichen Aufenthalts vor der Heimunterbringung in Anspruch genommen werden.
Entgegen dieser Einwendung ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Kläger als örtlich zuständiger Träger erstattungspflichtig ist, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob der Erstattungsanspruch aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X - wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat - oder aus § 103 BSHG folgt. Das Verwaltungsgericht dürfte zu Recht davon ausgegangen sein, dass die Hilfeempfängerin vor ihrer Aufnahme in ein Heim in bei ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in und somit im Zuständigkeitsbereich des Klägers hatte.
Zwar liegt eine polizeiliche Meldung über den damaligen Aufenthaltsort der Hilfeempfängerin nicht vor. Aus den weiteren Gesamtumständen dürfte jedoch folgen, dass die im Jahr 1911 geborene Hilfeempfängerin bis zu ihrer Heimunterbringung im Jahr 1938 in der elterlichen Wohnung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. In dem Aufnahmeantrag des Bezirksfürsorgeverbandes an den Provinzialverband in vom 21.8.1946 wird als gewöhnlicher Aufenthalt, die Anschrift der Eltern in bei genannt. In dem ärztlichen Gutachten vom 13.8.1946 wird ausgeführt, dass die Hilfeempfängerin nach dem Besuch einer zweijährigen Fachbildungsschule ständig zu Hause gewesen sei; als gewöhnlicher Aufenthalt wird die Anschrift der Eltern in genannt. Der Vorstand der Anstalt hatte zudem in einem Schreiben an das Kreiswohlfahrtsamt vom 15.8.1946 bemerkt, dass die Hilfsbedürftige bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit ihren gewöhnlichen Aufenthalt in gehabt habe. Mit diesen noch in zeitlichem Zusammenhang zur Aufnahme im Jahr 1938 erfolgten Angaben, liegen erhebliche Anhaltspunkte für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts in vor. Soweit der Beklagte mit seinem Hinweis auf die große Entfernung zwischen und und die Möglichkeit einer wohnortnäheren Aufnahme in eine Einrichtung auf einen anderen gewöhnlichen Aufenthalt hinweist, wird dies nicht durch belastbare Tatsachen gestützt.
Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach eine örtliche Zuständigkeit auch an einen gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Jahr 1949 anknüpfen könne. Für den Erstattungsanspruch nach § 103 BSHG, § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X kann auch auf einen gewöhnlichen Aufenthalt vor 1949 abgestellt werden.
Eine Regelung wonach ein gewöhnlicher Aufenthalt nur im Geltungsbereich des BSHG und des SGB X begründet werden konnte, gibt es nicht. Aus § 144 BSHG ergibt sich vielmehr umgekehrt, dass nur in den zwei dort angesprochenen Ausnahmefällen einer Leistungsgewährung vor Inkrafttreten des neuen Rechts und der Feststellung einer Kostenerstattungspflicht vor Inkrafttreten des neuen Rechts, die Kostenerstattung zwischen den Sozialhilfeträgern vom Anwendungsbereich des neuen Rechts ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. v. 15.6.1998, DVBl. 1998, 1133). Liegen die Voraussetzungen des § 144 BSHG - wie hier - nicht vor, dann findet das neue Recht unter einer tatbestandlichen Rückanknüpfung Anwendung. Bei dieser tatbestandlichen Rückanknüpfung kann auch auf einen gewöhnlichen Aufenthalt vor Geltung des BSHG / SGB X und damit auch vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland abgehoben werden (OVG M-V, Urt. v. 18.9.2003, 1 L 124/03, zitiert nach juris).
Da der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel nicht vorliegt, ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen; eine Gerichtskostenfreiheit besteht nicht (§ 194 Abs. 4, § 188 Satz 2 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der erstinstanzlichen Festsetzung gegen die keine Einwendungen von den Beteiligten vorgebracht wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
Ende der Entscheidung
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