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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.06.2009
Aktenzeichen: 4 B 383/09
Rechtsgebiete: SächsGemO


Vorschriften:

SächsGemO § 10 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 B 383/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zum Pirnaer Stadtfest; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein

am 18. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Juni 2009 - 4 L 268/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, die den Prüfungsumfang des Senats begrenzen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen nicht zur beantragten Änderung des angefochtenen Eilbeschlusses.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Zulassung des Antragstellers mit drei gastronomischen Ständen zu dem vom 19. bis 21.6.2009 stattfindenden Pirnaer Stadtfest mit der Begründung abgelehnt, ein Anordnungsanspruch liege weder für den Hauptantrag noch für den Hilfsantrag vor. Ein Anspruch aus § 10 Abs. 2 SächsGemO scheide aus, weil das von der ..................................................... mbH veranstaltete Stadtfest keine öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin sei. Die Antragsgegnerin sei den Benutzern des Stadtfests gegenüber nie als Betreiberin aufgetreten und habe sich für die Durchführung des Stadtfests gegenüber der GmbH auch keine Einflussmöglichkeiten vorbehalten. Zudem lasse sich keine Widmung feststellen. Die Antragsgegnerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass das Stadtfest in den vergangenen zwölf Jahren von einem privaten Trägerverein veranstaltet worden sei. Bei dem Pirnaer Stadtfest handele es sich um eine nach §§ 60b, 69 GewO festgesetzte Veranstaltung, wobei ein eventueller Zulassungsanspruch des Antragstellers auf dem Zivilrechtsweg gegenüber der ..................................................... mbH - nicht gegenüber der Antragsgegnerin - zu verfolgen sei.

2. Mit seinem Beschwerdevorbringen macht der Antragsteller demgegenüber geltend, das Stadtfest falle unter den Begriff der öffentlichen Einrichtung, weshalb sich die Zulassung nicht nach § 70 GewO richte. Die Veranstaltung werde im öffentlichen Interesse durchgeführt und mit Fördermitteln in Höhe von 30.000 € (von 64.000 € Gesamtkosten) subventioniert. Dies sei ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung. Einer förmlichen Widmung bedürfe es nicht. Mit dem Stadtfest repräsentiere sich die Antragsgegnerin für ein breites Publikum; es bilde einen wesentlichen Teil des städtischen Marketings. Darüber hinaus stehe die Nutzung des Stadtfests jedermann ohne besondere Zulassung frei. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts habe die Antragsgegnerin als Mehrheitsgesellschafterin maßgeblichen Einfluss auf die ..................................................... mbH. Der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin sei zugleich "Aufsichtsratsvorsitzender" dieser GmbH. Auch in der Vergangenheit habe die Antragsgegnerin maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung des Stadtfests gehabt. Die Auflösung des früheren Trägervereins sei erfolgt, um die Organisation des Stadtfestes einer städtischen Gesellschaft zu übertragen. Eine solche "Flucht in das Privatrecht" dürfe nicht zur Aushöhlung des Zulassungsanspruchs aus § 10 Abs. 2 SächsGemO führen.

Mit einem am 18.6.2009 eingegangenen Schriftsatz hat sich der Antragsteller zur Ausweisung eines Alternativstandplatzes geäußert.

3. Die Antragsgegnerin hält die Beschwerde für unbegründet. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zwischenzeitlich seien alle Plätze vergeben; schon dies schließe den Erlass einer einstweiligen Anordnung aus. Der Antragsteller habe den ihm am 25.5.2009 von der ..................................................... mbH angebotenen alternativen Stellplatz an der Elbe ausdrücklich abgelehnt.

4. Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügung vom 18.6.2009 darauf hingewiesen, dass es im Beschwerdeverfahren auf die Frage ankommen kann, ob dem Antragsteller ein Standplatz an der Elbe zugestanden wurde bzw. wird. Außergerichtliche Einigungsbemühungen blieben ohne Erfolg.

5. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der einstweiligen Anordnung zu Recht ablehnt.

Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Vergabe eines Standplatzes im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 38 SächsVerf nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sämtliche Standplätze anderweitig vergeben wurden (zum Maßstab siehe BVerfG, Kammerbeschl. v. 15.8.2002, NJW 2002, 3691 f.). Anders als im Vergaberecht, auf das die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang verweist, ist die Gewährung von Primärrechtsschutz nicht durch spezialgesetzliche Regelungen ausgeschlossen; aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13.6.2006 (BVerfGE 116, 135) lässt sich deshalb nichts anderes ableiten.

Abzulehnen ist der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung jedoch deshalb, weil der Antragsteller einen Anordnungsanspruch weder im Haupt- noch im Hilfsantrag glaubhaft gemacht hat.

Mit seinem Hauptantrag begehrt der Antragsteller die vorläufige "Zulassung zur gastronomischen Bewirtung auf dem Obermarkt in Pirna" "entsprechend seinem Angebot vom 23.4.2009". Damit begehrt der Antragsteller die Zuweisung eines bestimmten Stellplatzes für das anstehende Stadtfest. Ein dahingehender Anspruch lässt sich aus § 10 Abs. 2 SächsGemO jedoch nicht ableiten. Die angesprochene Regelung gewährleistet ein subjektiv-öffentliches Recht der Einwohner, öffentliche Einrichtungen der Gemeinde nach gleichen Grundsätzen zu benutzen. Ist ein Stadtfest als öffentliche Einrichtung ausgestaltet, besteht ein Anspruch von Einwohnern auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Zulassung zum Stadtfest (siehe etwa BayVGH, Urt. v. 17.2.1999, GewArch 1999, 197), grundsätzlich aber kein Anspruch auf Zuweisung eines bestimmten Stellplatzes. Bei der Auswahl der Standorte und Zuweisung konkreter Plätze für zugelassene Bewerber besteht vielmehr ein sehr weites Organisationsermessen der Gemeinde (siehe HessVGH, Beschl. v. 27.11.1992, GewArch 1993, 248 zur vergleichbaren Problematik bei der Zuweisung von Standplätzen für Beschicker eines Weihnachtsmarkts). Besondere Gründe, aus denen - beim Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 SächsGemO - der Antragsteller einen Anspruch auf einen Standplatz am Obermarkt haben könnte, sind nicht erkennbar.

Da der Antragsteller keinen Anspruch auf Zuweisung eines Standplatzes am Obermarkt hat, ist auch sein Hilfsantrag, mit dem er eine Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, auf die ..................................................... mbH mit dem Ziel einzuwirken, dem Antragsteller eine gastronomische Bewirtung "entsprechend seinem Angebot vom 23.4.2009 auf dem Obermarkt in Pirna" zu gewähren, unbegründet.

Soweit das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers bei verständiger Würdigung (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO) des Beschwerdevorbringens auch die vorläufige Zuweisung eines anderen Standplatzes umfasst, ist ein Anordnungsanspruch ebenso wenig glaubhaft gemacht. Der vom Antragsteller geltend gemachte Zulassungsanspruch setzt voraus, dass es sich bei dem Stadtfest um eine öffentliche Einrichtung i. S. v. § 10 Abs. 2 SächsGemO handelt. Das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung ist im Ergebnis der im Beschwerdeverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht überwiegend wahrscheinlich.

Eine ausdrückliche Widmung des Stadtfests als öffentliche Einrichtung liegt selbst nach dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers nicht vor. Die vom Antragssteller vorgetragenen Umstände lassen auch keinen hinreichend sicheren Schluss auf eine konkludente Widmung des seit mehreren Jahren veranstalteten Stadtfests zu. Für eine Widmung bedarf es der Erkennbarkeit des Behördenwillens, dass die jeweilige Sache einem bestimmten öffentlichen Zweck dient, was vorrangig aus einer Benutzungsordnung, aus allgemeinen Vertragsbedingungen oder aus der Vergabepraxis abgeleitet werden kann (Gern, Sächsisches Kommunalrecht, 2. Aufl., Rn. 586 m. w. N.). Auf solche Indizien kann sich der Antragsteller nicht stützen. Zur Darlegung einer konkludenten Widmung hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass die Einrichtung durch ihre Ausgestaltung und Organisation zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben geeignet und bestimmt sei. Dazu hat er auf das städtische Marketingkonzept sowie darauf verwiesen, dass sich die Antragsgegnerin durch das Stadtfest für ein breites Publikum darstelle; zudem gebe es keine Zugangsbeschränkungen für Besucher. Diese Umstände mögen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auf eine Widmung hindeuten können, sprechen nach Lage der Akten aber noch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für eine entsprechende Zweckbestimmung seitens der Antragsgegnerin. Dies geht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu Lasten der Antragstellerin, die ihre Beschwerde gegen den Eilbeschluss vom 10.10.2009 erst am gestrigen Abend begründet hat. Bei dieser Beurteilung kann dahinstehen, ob der am 22.4.2008 gegenüber der ..................................................... mbH erlassene "Auflagenbescheid" der Antragsgegnerin, der auf das Sächsische Polizeigesetz gestützt wurde, ansonsten aber keine Rechtsgrundlagen benennt, für die Festsetzung einer Veranstaltung gemäß §§ 60b, 69 GewO spricht, wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat.

Damit ist der Eilantrag unabhängig davon abzulehnen, ob dem anwaltlich vertretenen Antragsteller im Rahmen der am 25.5.2009 durchgeführten Besprechung seitens der ..................................................... mbH ein alternativer Standplatz an der Elbe angeboten wurde, den der Antragsteller abgelehnt hat. Der zwischen den Beteiligten im Beschwerdeverfahren streitig gestellte Verlauf dieses Gesprächs lässt sich im Rahmen des Beschwerdeverfahren kurzfristig nicht mehr aufklären.

Nach alledem ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Bei der Streitwertfestsetzung gemäß §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG orientiert sich der Senat an der erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die Einwendungen nicht erhoben wurden. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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