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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 4 B 400/08
Rechtsgebiete: VwGO, SächsJAPO


Vorschriften:

VwGO § 91
SächsJAPO § 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 B 400/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Neuerbringung der Zweiten Juristischen Staatsprüfung Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng, den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt

am 26. Mai 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. November 2008 - 5 L 1866/08 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem der Antrag abgelehnt wurde, den Antragsteller im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zum schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/1 zuzulassen, hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den - auf vorläufige Zulassung zum schriftlichen Teil der Juristischen Staatsprüfung 2009/1 gerichteten - Antrag des Antragstellers gemäß § 123 VwGO mit dem angefochtenen Beschluss ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Antragsteller habe einen entsprechenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die geltend gemachten Verfahrensmängel der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2007/2, an welcher der Antragsteller als Wiederholer erfolglos teilgenommen habe, könnten für die Annahme eines solchen Anspruchs nicht fruchtbar gemacht werden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass er einen auf Neuerbringung von schriftlichen Prüfungsleistungen gerichteten Antrag nicht innerhalb der Monatsfrist des § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO gestellt habe. Im Übrigen sei der geltend gemachte Anordnungsanspruch nicht gegeben, weil der Antragsteller bei der überwiegenden Anzahl der in Rede stehenden Aufsichtsarbeiten seiner Rügepflicht nicht in der gebotenen Weise nachgekommen sei. Im Zusammenhang mit der Begründung der Beschwerde beantragt der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zulassung zum schriftlichen Teil des Zweiten Staatsexamen 2010/1.

2. Gegenstand des zulässigen Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz ist nicht mehr - wie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht - die Zulassung zum schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2009/1, sondern die Zulassung zum schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2010/1 (Schriftsatz v. 26.5.2009). Die Änderung ist zulässig, weil sie sachdienlich ist (§ 91 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung); der Prozessstoff wird hierdurch nicht verändert und es entspricht der Prozessökonomie, dass der Antragsteller insoweit nicht auf die Betreibung eines erneuten Eilverfahrens nach § 123 VwGO in der ersten Instanz verwiesen wird. Gleichwohl kann das Beschwerdeverfahren nur Erfolg haben, wenn die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat bei Beschwerden in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, durchgreifen (vgl. hierzu VGH BW, Beschl. v. 18.1.2006 - 11 S 1455/05 - zit. nach juris, BayVGH, Beschl. v. 10.7.2006 - 1 CS 06.983 - zit. nach juris und BayVGH, Beschl. v. 9.6.2005 - 11 CS 05.478 - zit. nach juris).

3. Die von dem Antragssteller dargelegten Gründe geben zur Änderung des angefochtenen Beschlusses keine Veranlassung.

3.1 Soweit der Antragsteller geltend macht, der Antragsteller habe die Frist des § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO nicht versäumt, kann sein Vorbringen nicht zum Erfolg der Beschwerde führen.

Nach § 10 Abs. 1 SächsJAPO kann der Prüfungsausschuss auf Antrag eines Prüfungsteilnehmers oder von Amts wegen anordnen, dass von einem bestimmten Prüfungsteilnehmer oder von allen Prüfungsteilnehmern die Prüfung oder einzelne Teile derselben zu wiederholen sind, wenn sich erweist, dass das Prüfungsverfahren mit Mängeln behaftet war, die die Chancengleichheit erheblich verletzt haben. Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift bestimmt, dass ein Antrag nach Absatz 1 unverzüglich schriftlich beim Landesjustizprüfungsamt zu stellen ist. Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO ist die Geltendmachung ausgeschlossen, wenn seit dem Abschluss des Teils des Prüfungsverfahrens, der mit dem Mangel behaftet war, ein Monat verstrichen ist. Damit bringt § 10 SächsJAPO zum Ausdruck, dass ein Prüfling, der sich durch äußere Umstände bei einer Prüfung gestört fühlt, dies unverzüglich der Prüfungsaufsicht mitzuteilen hat, wird der gerügte Mangel nicht oder nicht hinreichend beseitigt oder ausgeglichen, hat er zur Wahrung seiner Rechte unverzüglich schriftlich beim Landesjustizprüfungsamt einen Antrag auf Beseitigung des Mangels, insbesondere auf Wiederholung der Prüfungsleistung zu stellen. § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO kommt die Bedeutung zu, dass ein Antrag nach Absatz 2 Satz 1 nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg gestellt werden kann, wenn seit dem Abschluss des - möglicherweise mängelbehafteten - Prüfungsteils (schriftliche oder mündliche Prüfung) ein Monat verstrichen ist. Eine solche Fristversäumung führt zur Präklusion dahin, dass der Kandidat sich in diesem Fall auf den behaupteten Verfahrensfehler nicht mehr berufen kann (vgl. VGH BW, Beschl. v. 16.8.2006 - 9 S 675/06 - zit. nach juris - zu der mit § 10 SächsJAPO vergleichbaren Vorschrift des § 24 Abs. 2 Satz 3 und 4 JAPrO sowie OVG NRW, Beschl. v. 9.10.2008, DVBl. 2009, 172 zu § 13 Abs. 4 Satz 3 JAG).

Nach diesem Maßstab der rechtlichen Prüfung ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller einen Antrag auf Wiederholung der mündlichen Prüfung innerhalb von einem Monat nach Abschluss des schriftlichen Teils der Zweiten Juristischen Staatsprüfung im Juni 2007 gestellt hat.

Zu Unrecht meint der Antragsteller, die von ihm geltend gemachten Rügen von Verfahrensfehlern im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 SächsJAPO seien als Antrag im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 SächsJAPO zu qualifizieren. Dies ist aufgrund der bereits angesprochenen Auslegung von § 10 SächsJAPO nicht der Fall. Die Rüge eines Verfahrensmangels und ein - an das Landesjustizprüfungsamts gerichteter - Antrag auf Wiederholung der Prüfung oder eines Prüfungsteils sind grundsätzlich rechtlich zu unterscheiden. Dies hat zur Folge, dass in der Geltendmachung von Prüfungsmängeln nicht eo ipso ein Antrag auf Wiederholung der Prüfung oder Teilen hiervon liegt.

Sofern der Antragsteller der Auffassung ist, durch seine eidesstattlichen Versicherung vom 14.11.2008 glaubhaft gemacht zu haben, dass er einen solchen Antrag wirksam bereits am 6.6.2007 gestellt habe, teilt der Senat diese nicht. Die dort enthaltenen Äußerungen des Antragstellers dürften einen ausreichenden Hinweis darauf nicht enthalten; auch hier hat er insoweit im Wesentlichen lediglich geschildert, dass er Frau , einer Mitarbeiterin des Landesjustizprüfungsamts, über erlittene oder zu befürchtende Lärmbelästigungen berichtet hat, nicht aber, dass er einen Antrag auf Wiederholung von Prüfungsarbeiten gestellt hat.

Selbst wenn - wofür es ausreichende Hinweise nicht gibt - die in der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 14.11.2008 genannte Mitarbeiterin einen solchen Antrag am 6.6.2007 zu Protokoll genommen hätte, läge kein wirksamer Antrag nach § 10 Abs. 2 Satz 1 SächsJAPO vor. Nach dieser Vorschrift muss der Antragsteller den in Rede stehenden Antrag schriftlich beim Landesjustizprüfungsamt stellen. Das bedeutet, dass ein wirksamer Antrag nur angenommen werden kann, wenn er vom Antragsteller oder einem Vertreter eigenhändig unterzeichnet wird. Dies ließe sich hier unter der in Rede stehenden Voraussetzung nicht annehmen.

Schließlich ergibt sich auch aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung von Herrn vom 15.12.2008 nicht, dass der Antragsteller einen fristgemäßen Antrag auf Wiederholung einer Prüfung gestellt hat. Insbesondere ist daraus nicht ersichtlich, dass Frau einen solchen Antrag jemals entgegen genommen hätte.

3.2 Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, der Antragsgegner habe ihn auf § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO nicht hingewiesen, habe deswegen seine Fürsorgepflicht verletzt und könne sich demzufolge nicht mit Erfolg auf diese Vorschrift berufen. Für eine Fürsorgepflichtverletzung dürfte hier kein Anhalt bestehen. Von angehenden Juristen kann grundsätzlich verlangt werden, dass sie sich im Zusammenhang mit behaupteten Verfahrensmängeln der Prüfung umgehend über die gebotenen Schritte zur Wahrung ihrer Interessen informieren (vgl. hierzu auch HessVGH, Urt. v. 19.12.1997 - 8 UE 3603/97 -, juris Rn. 124). Nur im Ausnahmefall kann ein Hinweis auf die entsprechende Rechtslage im Hinblick auf die Fürsorgepflicht erforderlich sein. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Kandidaten ansonsten kaum in der Lage wären, die zur Wahrung ihrer Interessen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn - wie hier - die Betroffenen einen Antrag auf Wiederholung der Prüfung wegen Verfahrensmängel innerhalb eines Monats nach Abschluss des Teils des Prüfungsverfahrens mit Aussicht auf Erfolg geltend machen können.

3.3 Soweit der Antragsteller vorbringt, die Präklusionsregelung des § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO sei unwirksam, weil die Verordnungsermächtigung in § 8 Satz 2 Nr. 7 SächsJAG nicht den Erfordernissen des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf bzw. Art 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspreche, und darauf hinweist, die Ausschlussfrist hätte nur durch den Gesetzgeber selbst geregelt werden dürfen und verstoße zudem gegen den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie gegen Art. 19 Abs. 4 GG, wirft er verfassungsrechtliche Fragen auf, die im summarischen Verfahren nach § 123 VwGO nicht abschließend geprüft werden können. Im Regelfall kann von der Verfassungsmäßigkeit einer Norm ausgegangen werden, es sei denn, dass deren Verfassungswidrigkeit offensichtlich ist. Ein strengerer Prüfungsmaßstab gilt nur, wenn wegen der Natur der Sache eine Klärung in einem späteren Hauptsacheverfahren nicht stattfinden (BayVGH, Beschl. v. 25.9.2000 - 21 ZE 99.1241 - zit. nach juris) oder effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden kann. Hier kann der Senat kann offen lassen, welcher Maßstab bei der Prüfung der in Rede stehenden Verfassungsfragen anzulegen ist. Denn Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO bestehen ersichtlich nicht. Mit § 8 Satz 2 Nr. 7 SächsJAG dürfte der Gesetzgeber entsprechend Art. 75 Abs. 1 Satz 2 SächsVerf bzw. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG eine Regelung getroffen haben, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Verordnungsermächtigung hinreichend bestimmt. Die übrigen verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers greifen nicht durch. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach eine vergleichbare Regelung im Freistaat Bayern keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (BVerwG, Urt. v. 22.6.1994 - 6 C 37/92 - zit. nach juris).

3.5 Ist nach Auffassung des Senats die Wiederholung der in Rede stehenden Prüfung im Hinblick auf § 10 Abs. 2 Satz 3 SächsJAPO ausgeschlossen, bedarf es nicht mehr der Prüfung, ob die Einwände des Antragstellers gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts im Übrigen durchgreifen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an der Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten keine Einwendungen vorgebracht haben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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