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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.06.2008
Aktenzeichen: 4 B 543/06
Rechtsgebiete: SGB X, BSHG


Vorschriften:

SGB X § 2 Abs. 3
SGB X § 105
SGB X § 111 S. 1
BSHG § 97 Abs 2
1. § 111 Satz 1 SGB X ist auch auf Erstattungsansprüche nach § 2 Abs. 3 SGB X anwendbar.

2. Die Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X soll eine rasche Abwicklung von Erstattungsverfahren ermöglichen und dient dem Vorrang der zeitnahen

Rechtssicherheit.

3. Zur Geltendmachung i. S. v. § 111 Satz 1 SGB X muss der Erstattungsgläubiger zumindest die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des

Anspruchs maßgeblich sind, und den Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitteilen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 4 B 543/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kostenerstattung von Sozialhilfeaufwendungen

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein ohne mündliche Verhandlung

am 27. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 29. Juni 2006 - 3 K 510/04 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erstattung von Aufwendungen, die ihm vom 1.12.1998 bis 21.12.1998 für die Gewährung von Eingliederungshilfe für Herrn A. K. (Nachfolgend: Hilfeempfänger) entstanden sind.

Der geborene Hilfeempfänger wurde 1977 wegen einer Psychose in die damalige Nervenklinik N........ aufgenommen; zuvor hatte er seinen ständigen Aufenthalt in Sachsen. Nach dem Inkrafttreten des Bundessozialhilfegesetzes im Beitrittsgebiet gewährte das Land Brandenburg dem seelisch behinderten Hilfeempfänger Eingliederungshilfe (§§ 39 ff. BSHG) in Höhe des jeweiligen Tagessatzes der Einrichtung. Nach dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Funktionalreform im Land Brandenburg vom 13.7.1994 (GVBl. S. 382) führte der Kläger die Hilfegewährung fort, indem er die in einer Leistungsvereinbarung (§ 93 Abs. 2 BSHG) vom 28.1.1998 nach Tagessätzen geregelten Kosten der R....... Kliniken GmbH für eine Ganztagsbetreuung nach monatlichen Abrechnungen übernahm und dem Hilfeempfänger durch Bescheid vom 29.6.1998 einen monatlich im Voraus auszuzahlenden Barbetrag (§ 21 Abs. 3 BSHG) bewilligte. Im Dezember 1998 entstanden dem Kläger dadurch Aufwendungen in Höhe von 1.579,02 €, wovon zuletzt ein Betrag in Höhe von 1.069,66 € für die vollstationäre Unterbringung und den Barbetrag für den Zeitraum vom 1. bis 21.12.1998 ungedeckt blieb.

Mit einem am 22.12.1999 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom 21.12.1999 ersuchte der Kläger den Beklagten um eine Erstattung der bislang entstandenen Kosten sowie um die Übernahme der weiteren Sozialhilfegewährung. Letzterem kam der Beklagte ab November 2001 nach. Das Schreiben vom 21.12.1999 enthält folgenden Betreff: "Anmeldung eines Kostenerstattungsanspruch gem. § 2 Abs. 3 SGB X i. V. m. § 102 Abs. 2 und § 113 SGB X", den Namen und das Geburtsdatum des Hilfeempfängers sowie die Angabe "Aufnahme in die R....... Kliniken GmbH (ehem. Landesklinik N........): 1977". Weitere Angaben zur Konkretisierung des Erstattungsanspruchs enthält das ohne Anlagen versandte Schreiben nicht.

Der Kläger erhob am 29.12.1999 Klage, mit der er u. a. die Erstattung der seit 1995 entstandenen Sozialhilfekosten begehrte. Nach einer Teilklagerücknahme (Zeitraum vom 1.1.1995 bis 30.11.1998) und übereinstimmenden Erledigungserklärungen (Zeitraum vom 22.12.1998 bis 31.10.2001) hat das Verwaltungsgericht Leipzig die Klage hinsichtlich des streitig gebliebenen Zeitraums vom 1.12. bis 21.12.1998 durch Urteil vom 29.6.2006 - 3 K 510/04 - mit der Begründung abgewiesen, der Erstattungsanspruch sei nach § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen, weil der Kläger ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht worden sei, geltend gemacht habe. Die Ausschlussfrist habe spätestens mit Ablauf des 21.12.1999 geendet. Der Zeitpunkt, für den eine Sozialhilfeleistung erbracht werde, bestimme sich nach dem materiellen Leistungsrecht und richte sich im Regelfall nach der Bewilligung der Leistung im Verhältnis von Sozialhilfeträger und Hilfeempfänger. Bei einer zeitlich unbefristeten Bewilligung nach Tageskostensätzen sei auch dann von einer tagesgenauen Bewilligung auszugehen, wenn die Abrechnung zwischen Sozialhilfe- und Klinikträger monatlich erfolge und dem Hilfeempfänger ein Barbetrag monatlich im Voraus ausgezahlt werde. Aus § 111 Satz 2 SGB X, der gemäß § 120 Abs. 2 SGB X in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung anwendbar sei, ergebe sich nichts anderes. Insbesondere komme es nicht darauf an, wann der Sozialhilfeträger das Entgelt für die Leistungserbringung an den Einrichtungsträger gezahlt habe. Soweit die Klägerin Prozesszinsen für die Zeit vom 29.12.1999 bis zur Bezifferung der Klageforderung am 5.4.2004 beanspruche, sei die Klage ebenfalls abzuweisen, weil die geltend gemachte Forderung im angesprochenen Zeitraum nicht hinreichend bestimmt gewesen sei.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, er habe einen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 1.069,66 € aus § 2 Abs. 3 SGB X. Das Verwaltungsgericht habe § 111 Satz 1 SGB X fehlerhaft angewandt. Das am 22.12.1999 beim Beklagten eingegangene Schreiben wahre die Frist für den gesamten Dezember 1998. Die Hilfegewährung sei nicht tagesbezogen erfolgt, vielmehr habe die unbefristete Bewilligung zu monatlichen Hilfeleistungen geführt. Aus der mit der Einrichtung abgeschlossenen Leistungsvereinbarung (§ 93 BSHG) für das Jahr 1998, die eine Entgeltregelung nach Anwesenheits- und Abwesenheitstagen enthalten habe, lasse sich nichts anderes ableiten. Die gesetzliche Ausschlussfrist beginne mit dem Ende des Monats, für den Sozialleistungen erbracht worden seien, und wirke auf den Anfang des Monats zurück. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe der Kläger auch einen Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit der Klage. Die Höhe der entstandenen Kosten sei zwischen den Beteiligten nie streitig gewesen; dies gelte auch für jene Zeiträume, hinsichtlich derer der Beklagte die Kosten während des erstinstanzlichen Verfahrens gezahlt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 29. Juni 2006 - 3 K 510/04 - zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 1.069,66 zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von 4 % aus 14.631,29 € für die Zeit ab Rechtshängigkeit bis zum 5.4.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Behördenakten des Klägers und Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten über die Berufung ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Kostenerstattung (siehe 1.) noch auf Zahlung von Prozesszinsen (siehe 2.).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung von Kosten in Höhe von 1.069,66 € für den Zeitraum vom 1.12. bis 21.12.1998. Ein solcher Erstattungsanspruch aus § 2 Abs. 3 SGB X oder aus § 105 SGB X ist nach § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen, weil er nicht fristgerecht geltend gemacht wurde. 1.1. Hat die örtliche Zuständigkeit gewechselt, muss die bisher zuständige Behörde gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X die Leistungen noch solange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. Diese hat nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X der bisher zuständigen Behörde die nach dem Zuständigkeitswechsel noch erbrachten Leistungen auf Anforderung zu erstatten.

Nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 26.5.2004, ThürVBl. 2004, 284), des Oberverwaltungsgerichts Berlin (Urt. v. 10.2.2005 - 6 B 21.03 -, juris) und des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 28.8.2007 - 1 L 59/05 -, juris) kommt ein Anspruch aus dieser Vorschrift ungeachtet dessen in Betracht, dass der Kläger beim Wechsel der örtlichen Zuständigkeit mit Inkrafttreten von Art. 7 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (BGBl. I. S. 944) am 27.6.1993 für die Gewährung von Eingliederungshilfe an den Hilfeempfänger noch nicht sachlich zuständig war, sondern die sachliche Zuständigkeit erst nach der landesrechtlichen Funktionalreform zum 1.1.1996 vom Amt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg übernahm. Diese folge insbesondere aus Sinn und Zweck des - § 105 Satz 1 SGB X gegenüber spezielleren - § 2 Abs. 3 SGB X, der einerseits eine nahtlose Leistungsgewährung sicherstellen, andererseits den zur Weiterleistung verpflichteten Hilfeträger finanziell so stellen solle, als wäre der Hilfefall mit dem Zuständigkeitswechsel von dem nunmehr zuständigen Träger übernommen worden.

1.2. Der erkennende Senat ist demgegenüber in einem unveröffentlichten Urteil vom 23.11.2004 - 4 B 200/03 - für einen mit dem anhängigen Verfahren vergleichbaren Sachverhalt mit dem Gesetzeswortlaut davon ausgegangen, dass als Anspruchgrundlage für das Erstattungsbegehren eines brandenburger Landkreises hinsichtlich einer Hilfegewährung ab dem 1.1.1996 nicht § 2 Abs. 3 SGB X, sondern nur § 105 SGB X in Betracht komme, weil der Landkreis Sozialleistungen als von Anfang an unzuständiger Leistungsträger erbracht habe. Für die im Streit stehende Eingliederungshilfe in einer der in § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG a. F./ § 97 Abs. 4 BSHG n. F. genannten Einrichtungen sei nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG in der seit dem 27.6.1993 geltenden Fassung der damalige Landeswohlfahrtsverband Sachsen - der Rechtsvorgänger des Beklagten - als überörtlicher Sozialhilfeträger zuständig gewesen (§ 100 Abs. 1 Nr. 1, § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG, §§ 2, 3 SächsAG BSHG), wobei die Hilfegewährung des Landkreises im maßgeblichen Zeitraum nicht auf dem - von § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X vorausgesetzten - Wechsel der örtlichen Zuständigkeit beruht habe.

Bei Anwendung von § 105 Abs. 1 SGB X wäre ein Erstattungsanspruch des Klägers bereits gemäß § 105 Abs. 3 SGB X ausgeschlossen, weil Sozialhilfeträger erst von dem Zeitpunkt ab zur Kostenerstattung verpflichtet sind, von dem ihnen die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht bekannt sind. Diese Kenntnis konnte der Beklagte frühestens mit Eingang des Schreibens vom 21.12.1999 am 22.12.1999 erlangen. 1.3. Auf welche der beiden allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen ein Kostenerstattungsanspruch gestützt werden könnte, kann letztlich offen bleiben, weil beide Ansprüche gemäß § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen sind. Nach dieser - auch auf Erstattungsbegehren gemäß § 2 Abs. 3 SGB X anwendbaren (SächsOVG, Urt. v. 23.11.2004 - 4 B 200/03 -, Urteilsabdruck S. 12 im Anschluss an OVG NRW, Urt. v. 19.12.2002, ZFSH/SGB 2003, 475; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 25.10.2000, ZFSH/SGB 2001, 163 f.; ThürOVG, Urt. v. 26.5.2004 - 3 KO 76/04 -, juris) - Vorschrift ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

1.3.1. Insoweit mag dahinstehen, ob der Auffassung des Verwaltungsgerichts zuzustimmen ist, die Sozialhilfeleistungen an den Hilfeempfänger seien "betreuungstäglich" bzw. "taggenau" erbracht worden, weshalb die Ausschlussfrist für die bis zum 21.12.1998 erbrachten Leistungen bei Eingang des an den Beklagten gerichteten Schreibens am 22.12.1999 bereits verstrichen gewesen sei. Der erkennende Senat hat die Frage, wann die von einem Sozialhilfeträger übernommenen und mit der Einrichtung eines Dritten abgerechneten stationären und teilstationären Eingliederungshilfeleistungen dem Hilfeempfänger gegenüber erbracht werden, bislang nicht entschieden. Als Anknüpfungspunkte kommen die Bewilligung an den Hilfeempfänger, die tatsächliche Zuwendung der Sach- oder Geldleistung in der Einrichtung oder deren Vergütung durch den Sozialhilfeträger in Betracht; dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt (Urteilsabdruck S. 9). Eine abschließende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage liegt - soweit ersichtlich - nicht vor. Für den Bereich des Jugendhilferechts ist das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 10.4.2003 - 5 C 18/02 -, juris Rn. 12) von einer "bedarfsorientierten Zeitabschnittsbezogenheit" der Hilfegewährung ausgegangen, wobei der Jugendhilfeträger die Zeitabschnitte durch die Ausgestaltung des Abrechnungsverhältnisses mit dem zur Leistungserbringung herangezogenen Dritten konkretisiere. Danach sei für das Entstehen einer nicht von vornherein auf einen bestimmten Bewilligungszeitraum beschränkten Leistung auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X eingreife. Bei einer monatlichen Abrechnung der Einrichtung und monatlichen Zahlung des Hilfeträgers trete die Erfüllungsfiktion jedenfalls mit der Zahlung durch den Hilfeträger ein. Diese Erwägungen sprechen nach Auffassung des erkennenden Senats eher dafür, hinsichtlich des Beginns der Ausschlussfrist auf die nachträgliche Zahlung der in der Einrichtung erbrachten Hilfegewährung seitens des Klägers abzustellen. Ausgehend davon wäre das beim Beklagten am 22.12.1999 eingegangene Schreiben noch innerhalb der Zwölf-Monats-Frist eingegangen, wie es der Kläger vorträgt.

1.3.2. Die Wahrung der vorgenannten Ausschlussfrist setzt allerdings voraus, dass das klägerische Schreiben auch den inhaltlichen Anforderungen an eine Geltendmachung i. S. v. § 111 Satz 1 SGB X genügt. Daran fehlt es hier. Zur Geltendmachung im vorgenannten Sinne bedarf es einer erkennbar auf Rechtssicherung gerichteten empfangsbedürftigen Erklärung, für welchen Hilfeempfänger welche Sozialleistungen erbracht wurden und für welche Leistungen eine Erstattung begehrt wird. Dazu müssen zumindest die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Anspruchs maßgeblich sind, und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitgeteilt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.4.2003- 5 C 18/02 -, juris Rn. 14; OVG MV, Urt. v. 33.11.2005 - 1 L 373/04 -, juris Rn. 91; von Wulffen, SGB X, 5. Aufl., § 111 Rn. 4 jeweils m. w. N.). Entscheidend für die Auslegung von § 111 Satz 1 SGB X ist, dass der Erstattungsverpflichtete innerhalb kurzer Zeit nach der Leistungserbringung wissen soll, welche Ansprüche auf ihn zukommen, so dass er für die zu erwartenden Belastungen ggf. entsprechende Rückstellungen bilden kann. Die knapp bemessene Ausschlussfrist soll eine rasche Abwicklung des Erstattungsverfahrens ermöglichen und dient dem Vorrang der Schaffung einer zeitnahen Rechtssicherheit gegenüber einer materiellen Einzelfallgerechtigkeit. Damit nimmt das Gesetz in Kauf, dass Erstattungsgläubiger in Fällen, in denen die Ermittlung des Erstattungsanspruchs Schwierigkeiten bereitet, keinen finanziellen Ausgleich für ihre Aufwendungen erhalten (siehe BayVGH, Beschl. v. 22.8.2001 - 12 B 99.889 -, juris Rn. 18; BSG, Urt. v. 28.2.2008 - B 1 KR 13/07 R -, juris Rn. 19; Schwabe, ZfF 2003, 217, 220 jeweils m. w. N.).

Nach diesem Maßstab genügt das Schreiben des Klägers vom 21.12.199 den Anforderungen an eine fristwahrende Geltendmachung nicht, weil es aus Sicht eines verständigen Empfängers keine hinreichend konkrete Angaben zur erbrachten Sozialleistung und zu den maßgeblichen Zeiträumen enthält. Welche Art der Hilfegewährung der Kläger erbracht hat, ist dem Schreiben nicht klar zu entnehmen. Die dort enthaltene Formulierung, nach der um "Übernahme der Gewährung der Sozialhilfe" gebeten werde, lässt in Verbindung mit der Bitte um "Anerkennung (des) Kostenerstattungsanspruches" und unter Berücksichtigung des Betreffs des Schreibens bei verständiger Würdigung zwar erkennen, dass die Erstattung von Sozialhilfeleistungen für einen namentlichen benannten Hilfeempfänger begehrt wurde, der sich seit 1977 in der "R....... Kliniken GmbH (ehem. Landesklinik N........)" aufgehalten habe. Der Oberbegriff der "Sozialhilfe" (§ 1 Abs. 1 BSHG/§ 8 SGB XII) ist jedoch zu allgemein und unbestimmt gefasst, um deutlich werden zu lassen, für welche Art von Hilfeaufwendungen der Kläger eine Erstattung begehrt (vgl. Schwabe, a.a.O. S. 223). An der unzureichenden Konkretisierung der Hilfegewährung ändert es nach den Umständen des Falles nichts, dass die Einrichtung und das Aufnahmejahr benannt wurden. Die Aufnahme des Hilfeempfängers in die "ehemalige Landesklinik" im Jahr 1977 lässt zwar auf eine psychiatrische Behandlung zur damaligen Zeit schließen. Welche Hilfe jedoch in der Folgezeit seitens der R....... Kliniken GmbH vermittelt wurde, war für einen verständigen Empfänger des Schreibens jedoch ebenso wenig erkennbar wie der für den Erstattungsanspruch maßgebliche Zeitraum von Hilfegewährung und Erstattungsbegehren. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das im Schreiben erwähnte Aufnahmejahr 1977 deutlich vor dem Inkrafttreten des Bundessozialhilfegesetzes lag und der Kläger keine Angaben mitgeteilt hat, aus denen etwa auf die Erkrankung oder Behandlung des Hilfeempfängers hätte geschlossen werden können.

Damit genügt das Schreiben des Klägers vom 21.12.1999 nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 111 Satz 1 SGB X. Da § 111 Satz 2 SGB X gemäß der Übergangsvorschrift des § 120 Abs. 2 SGB X in der vor dem 1.1.2001 geltenden Fassung anwendbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v.10.4.2003 - 5 C 18/02 -, juris Rn. 9), wie es das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat (Urteilsabdruck S. 8), kommt es für die Berechnung der gesetzlichen Zwölf-Monats-Frist nicht darauf an, ob die Neufassung des § 111 Satz 2 SGB X auf Erstattungsansprüche von Sozialhilfeträger anwendbar sind, die in Erstattungsfällen der vorliegenden Art keine Entscheidung über ihre Leistungspflicht im Sinne der vorgenannten Regelung mehr treffen (ablehnend etwa BayVGH, Beschl. v. 22.8.2001 - 12 B 99.998 -, juris Rn. 15 f.; BSG, Urt. v. 28.2.2008 - B 1 KR 13/07 R -, juris Rn. 15 f.). Soweit das Bundessozialgericht einen Fristablauf nach § 111 Satz 1 SGB X als im Klageverfahren ausnahmsweise unbeachtlich ansieht, wenn der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger seine Verpflichtung zur engen Zusammenarbeit im vorangegangenen Verwaltungsverfahren schwer verletzt hat (Urt. v. 10.5.2007 - B 10 KR 1/05 R -, juris), sind die von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls ersichtlich nicht erfüllt, weil der Beklagte vor Eingang des Schreibens vom 21.12.1999 ersichtlich keine Kenntnis von dem angesprochenen Hilfefall hatte.

Nach alledem scheidet ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für den noch streitig gebliebenen Zeitraum aus.

2. Einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 4 % aus einem Betrag von 1.069,66 € seit Rechtshängigkeit sowie aus einem Betrag von 14.631,29 € für die Zeit ab Rechtshängigkeit bis zum 5.4.2004 hat die Klägerin ebenso wenig. Hinsichtlich der Zinsen aus dem erstgenannten Betrag ergibt sich dies schon daraus, dass der Klägerin eine Hauptforderung in dieser Höhe aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht zusteht. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u. a. Beschl. v. 25.1.2006, NVwZ 2006, 605 f.) zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Prozesszinsen in sinngemäßer Anwendung von § 291 BGB voraussetzt, dass die Höhe des klägerischen Erstattungsanspruchs feststeht. Dies setzt voraus, dass der Anspruch eindeutig bestimmt oder rechnerisch unzweifelhaft - ohne weitere Rechtsanwendung - ermittelt werden kann. Diese Voraussetzung war jedenfalls vor dem 5.4.2004 nicht erfüllt, weil die Klageforderung erst mit dem am 5.4.2004 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 1.4.2004 beziffert wurde. Von einem der Höhe nach stets unstreitig gewesenen Kostenerstattungsanspruch kann - entgegen dem Klägervorbringen - keine Rede sein; auch dies hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt (Urteilsabdruck S. 13). Damit scheidet ein Anspruch des Klägers auf Prozesszinsen insgesamt aus.

Da das Verwaltungsgericht die Klage in dem hier verfahrensgegenständlichen Umfang zu Recht abgewiesen hat, ist die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 5.5.2004 - KSt 1/04 -, juris), der sich der Senat angeschlossen hat, ist das Berufungsverfahren nach § 188 Satz 2, § 194 Abs. 5 VwGO nicht mehr gerichtskostenfrei.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass sich die die vom Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Rechtsfragen zur Anwendung von § 111 SGB X auf sozialhilferechtliche Streitigkeiten nach dem BSHG noch in einer größeren Anzahl von Verfahren in entscheidungserheblicher Weise stellen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47, 52 Abs. 3 GKG auf 1.069,66 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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