Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.02.2008
Aktenzeichen: 4 B 553/05
Rechtsgebiete: GG, BImSchG, BVerfGG, TSchutzG, TSchNutztV, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 14
BImSchG § 5
BImSchG § 6
BImSchG § 16 Abs. 1
BVerfGG § 79 Abs. 1
TSchutzG § 16 a
TSchNutztV § 33 Abs. 3
TSchNutztV § 33 Abs. 4
VwGO § 43
VwGO § 127
1. Ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 VwGO liegt vor, wenn die Beteiligten unterschiedliche Auffassungen zu Reichweite und Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vertreten.

2. Inhalt und Reichweite des passiven Bestandschutzes, der einem Betreiber einer Legehennenanlage zukommt, richten sich nach dem Regelungsgehalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

3. Tierschutzrechtliche Regelungen zur Haltung von Legehennen gehören zu den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, nicht aber zum gesetzlichen Regelungsinhalt der Genehmigung. Enthält eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb einer Legehennenanlage keine tierschutzrechtlichen Regelungen, vermittelt sie auch keinen auf tierschutzrechtliche Fragen bezogenen passiven Bestandsschutz.

4. Im Hinblick auf die Übergangsfristen des § 33 Abs. 3 und 4 Tierschutzschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TSchNutztV - ist nicht erkennbar, dass die Regelungen dieser Verordnung über die Haltung von Legehennen unverhältnismäßig in Grundrechte des Anlagenbetreibers eingreifen.

5. Die Anschlussberufung nach § 127 VwGO ist in der Regel nur zwischen Prozessbeteiligten des Berufungsverfahrens möglich. Richtet sich die Anschlussberufung gegen einen Dritten, ist sie nur statthaft, wenn dieser notwendiger Streitgenosse des Berufungsklägers ist.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 4 B 553/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Betriebs einer Legehennenanlage

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 19. Februar 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 1. wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 7. Juni 2005 - 7 K 1992/02 - geändert.

Die Klage der Klägerin gegen den Beklagten zu 1. wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die rechtlichen Anforderungen für die Legehennenhaltung im Betrieb der Klägerin.

Die Klägerin betreibt auf der Grundlage einer bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 7.3.1996 eine Legehennenanlage in T..... mit über 780.000 Legehennenplätzen. Der Verfügungsteil dieser - der Firma P...... Z....... GmbH & Co KG erteilten - Genehmigung enthält die Feststellung, dass die Genehmigung auch die "Umrüstung der Legeeinrichtungen (Käfige) entsprechend EG-Norm auf neue Käfiggrößen einschließlich Wedeleinrichtung zur Kotabtrocknung und automatischer Eiersammlung" umfasse. Bei Erteilung der Genehmigung richtete sich die Hennenhaltung nach der Verordnung zum Schutz von Legehennen bei Käfighaltung vom 10.12.1987 (BGBl. I S. 2622 - Hennenhaltungsverordnung 1987), welche das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 6.7.1999 (BVerfGE 101, 1) für nichtig erklärte. Die Erste Verordnung zur Änderung der Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) vom 28.2.2002 (BGBl. I 1026) knüpfte die Zulässigkeit der Hennenhaltung an strengere Bedingungen. Die Haltungsanforderungen sowie die Übergangsfristen für Altanlagen wurden während des anhängigen Klageverfahrens zuletzt durch die Zweite Änderungsverordnung vom 1.8.2006 (BGBl. I. S. 1804) geändert.

Der Beklagte zu 2. teilte der Klägerin mit Schreiben vom 6.9.2002 auf ihre vorherige Anfrage mit, dass er die TierSchNutztV für wirksam halte und diese gegebenenfalls mit Zwangsmaßnahmen durchsetzen müsse. Mit Schreiben vom 13.11.2002 bat die Klägerin den Beklagten zu 1. um Stellungnahme zur Frage, ob im Hinblick auf die TierSchNutztV beabsichtigt sei, die Genehmigung vom 7.3.1996 zu widerrufen, wonach sie berechtigt sei, Legehennen nach Maßgabe der Hennenhaltungsverordnung 1987 zu halten. Der Beklagte zu 1. teilte ihr unter dem 21.11.2002 mit, dass für einen Widerruf der Genehmigung keine Veranlassung bestehe, sie aber gleichwohl die aktuellen Bestimmungen über den Tierschutz einhalten müsse.

Die Klägerin erhob am 13.12.2002 vor dem Verwaltungsgericht Leipzig Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1. und 2. Die Klage gegen den Beklagten zu 1. sei zulässig. Insbesondere liege ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor, weil zwischen den Beteiligten streitig sei, ob im Hinblick auf die bestandskräftige Genehmigung vom 7.3.1996 eine Pflicht zur Beachtung der aktuellen tierschutzrechtlichen Bestimmungen bestehe. Die Klage sei auch begründet. Mit der angesprochenen Genehmigung sei u. a. der Betrieb der Anlage zu den in der Hennenhaltungsverordnung 1987 vorgegebenen Bedingungen erlaubt worden. Änderungen der Rechtslage nach Bestandskraft der Genehmigung könnten nicht zur Unzulässigkeit des bisherigen Betriebs der Anlage führen. Im Übrigen seien die Regelungen der TierSchNutztV über die Hennenhaltung unwirksam, weil sie gegen Grundrechte verstießen und das dort enthaltene Verbot der Haltung von Legehennen in Käfigen nicht von der Verordnungsermächtigung des § 2a Tierschutzgesetz (TierSchG) getragen werde. Auch die Klage gegen den Beklagten zu 2. sei zulässig und begründet.

Die Klägerin beantragte zuletzt,

1. festzustellen, dass die Klägerin befugt ist, ihre Legehennen-Haltungsanlage in der bisherigen immissionsschutzrechtliche genehmigten Form, insbesondere unter Weiterverwendung der errichteten Käfiganlagen, auch nach dem 1.1.2007 fortzuführen und dass ein behördliches Einschreiten, welches auf die Beseitigung oder Änderung der Käfiganlagen gerichtet ist, einer vorherigen Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 7.3.1996 durch den Beklagten zu 1. bedarf.

2. festzustellen, dass die Klägerin befugt ist, ihre Legehennen-Haltungsanlage in der bisherigen genehmigten Form auch nach dem 1.1.2007 fortzuführen und dass der Beklagte zu 2. nicht berechtigt ist, wegen eines Verstoßes gegen Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung veterinärbehördlich einzuschreiten.

Der Beklagten hielten die gegen sie gerichtete Klage für unzulässig und unbegründet.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Verwaltungsgericht der Klage gegen den Beklagten zu 1. statt, wies die gegen den Beklagten zu 2. ab und ließ die Berufung zu. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die zulässige - gegen den Beklagten zu 1. gerichtete - Feststellungsklage begründet sei, weil die - noch bestehende - Genehmigung der Anlage vom 7.3.1996 die Klägerin ausdrücklich zur Hennenhaltung unter Bedingungen ermächtige, welche die Hennehaltungsverordnung 1987 vorgesehen habe; die gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Feststellungsklage sei unzulässig, weil das für den vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche besondere Feststellungsinteresse fehle.

Der Beklagte zu 1. hat gegen das angesprochene Urteil Berufung eingelegt, soweit der gegen ihn gerichteten Klage stattgegeben wurde. Daraufhin erhob die Klägerin nach Ablauf der Berufungsfrist Anschlussberufung, mit der sie die Änderung des Urteils insoweit erstrebt, als ihre Klage gegen den Beklagten zu 2. abgewiesen wurde.

Zur Begründung der Berufung hat der Beklagte zu 1. im Wesentlichen vorgebracht, dass die Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vom 7.3.1996 keine Erlaubnis zur Haltung von Legehennen nach der Hennenhaltungsverordnung 1987 enthalte und deshalb Maßnahmen zur Durchsetzung der verfassungsrechtlich unbedenklichen TierSchNutztV nicht entgegen stünden.

Der Beklagte zu 1. beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 7. Juni 2005 - 7 K 1992/02 - zu ändern und die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Insoweit verteidigt sie das angefochtene Urteil.

Im Übrigen meint die Klägerin, ihre gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Anschlussberufung sei zulässig. Ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO könne auch - wie hier - zwischen mehreren Beteiligten vorliegen. Ein veterinärbehördliches Einschreiten des Beklagten zu 2. zur Durchsetzung der TierSchNutztV sei nur nach Aufhebung der angesprochenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch den Beklagten zu 1. möglich. Vorher fehle es dem Beklagten zu 2. an einer Eingriffsbefugnis gemäß § 16a TierSchG. Der Rechtsstreit könne gegenüber den Beteiligten zu 1. und zu 2. nur einheitlich entschieden werden, so dass die Beklagten notwendige Streitgenossen seien. Die Anschlussberufung habe auch in der Sache Erfolg, weil die erhobene Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2. zulässig und begründet sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 7. Juni 2005 - 7 K 1992/02 zu ändern und festzustellen, dass der Beklagte zu 2. gegenüber der Klägerin nicht zu einem Einschreiten nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung berechtigt ist, solange der Bescheid des Beklagten zu 1. vom 7.3.1996 nicht geändert oder aufgehoben wurde.

Der Beklagte zu 2. beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er hält die Anschlussberufung der Klägerin für unzulässig und unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Leipzig (zwei Bände), die von den Beklagten vorgelegten Behördenakten (zwei Aktenordner und eine Heftung) sowie die Senatsakten zu diesem Verfahren verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet, weil die Feststellungsklage der Klägerin gegen den Beklagten zu 1. zwar zulässig (sh. 1), aber unbegründet (sh. 2) ist; die gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Anschlussberufung ist unzulässig (sh. 3).

1. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen sind unabhängig davon erfüllt, dass nach sächsischem Landesrecht weder das Regierungspräsidium Leipzig noch eine andere Behörde des Beklagten zu 1. für den Vollzug der hier angesprochenen Regelungen der TierSchNutztV zuständig ist. Gemäß § 2 Abs. 2 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierschutzgesetz und zu weiteren tierschutzrechtlichen Vorschriften (SächsAGTierSchG) vom 6.1.2004 (SächsGVBl. S. 1) sind die Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter der Landkreise und kreisfreien Städte für den Vollzug des Tierschutzgesetzes sowie der auf dem Gebiet des Tierschutzes erlassenen Rechtsvorschriften zuständig. Die tierschutzrechtliche Zuständigkeit des Beklagten zu 2. schließt das Bestehen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1. jedoch ebenso wenig aus wie dessen Erklärung, die strengeren tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Haltung von Legehennen seien immissionsschutzrechtlich ohne Belang und gäben keinen Anlass, die 1997 erteilte Genehmigung ganz oder teilweise aufzuheben. Ein streitiges Rechtsverhältnis der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1. liegt schon deshalb vor, weil die Beteiligten unterschiedliche Auffassungen zu Reichweite und Inhalt der erteilten Genehmigung vertreten. Damit ist die Anwendung von Normen des öffentlichen Rechts, die das Verhalten der Beteiligten steuern soll, auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt streitig (vgl. VGH BW, Urt. v. 19.3.2007, a. a. O.; NdsOVG, Urt. v. 18.12.2007 - 11 LC 139/06 -; einschränkend OVG LSA, Urt. v. 16.8.2007 - 2 L 94/05 -, juris). Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der von ihr beantragten Feststellung, weil die Nutzung ihrer Käfiganlagen für die Haltung von Legehennen gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 TierSchNutztVO nur noch bis zum Ablauf des 31.12.2008 möglich ist. Im Hinblick auf den erheblichen organisatorischen und wirtschaftlichen Aufwand für eine Umrüstung ihrer Anlage hat die Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung ein berechtigtes Interesse an der Klärung des zwischen den Beteiligten streitigen Regelungsgehalts der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

2. Die Feststellungsklage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Sie ist trotz der bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG vom 7.3.1996 nach Ablauf der Übergangsfrist des § 33 Abs. 4 Satz 1 TierSchNutztV am 31.12.2008 nicht mehr berechtigt, ihre Käfighaltungsanlage für Legehennen in bisheriger Form weiterzubetreiben.

Die Bestandskraft der angesprochenen Genehmigung und ein sich daraus ergebender Bestandsschutz stehen dem nicht entgegen. Inhalt und Reichweite des der Klägerin für ihre Haltungsanlage zustehenden passiven Bestandsschutzes richten sich nach dem Regelungsgehalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 7.3.1996. Aus der - dafür maßgeblichen - Sicht eines verständigen Adressaten enthält die Genehmigung weder in ihrem Verfügungssatz noch in ihrer zur Auslegung ergänzend heranzuziehenden Begründung tierschutzrechtliche Regelungen zur Legehennenhaltung. Zwar enthält die Genehmigung vom 7.3.1996 im Verfügungsteil die Feststellung, dass sie auch die Umrüstung der Legeeinrichtungen (Käfige) "entsprechend EG-Norm" auf neue Käfiggrößen einschließlich Wedeleinrichtung zur Kotabtrocknung und automatischer Eiersammlung umfasse; hiermit werden jedoch hinreichend konkrete tierschutzrechtliche Aussagen über die Haltung von Hennen nicht getroffen. Nichts anderes gilt für den Fall, dass die Genehmigung eine Anlage mit 780.160 Legehennenplätzen betrifft.

Auch wenn die Art der Haltungseinrichtung von Legehennen Einfluss auf die Emissionen haben kann, die von der Legehennenhaltung etwa in Form von Luftverunreinigungen (§ 3 Abs. 4 BImSchG) ausgehen, rechtfertigt dies nicht die Annahme, tierschutzrechtliche Regelungen seien Gegenstand der hier angesprochenen Genehmigung. Entgegen den Ausführungen der Klägerin wäre eine Umstellung der Haltungsform von Käfig- zu Bodenhaltung nicht etwa aus tierschutzrechtlichen Erwägungen, sondern aus - rein immissionsschutzrechtlichen Gründen - nur dann nach § 16 Abs. 1 BImSchG genehmigungsbedürftig, wenn die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorrufen könnte, die für eine Prüfung nach § 6 Abs. Nr. 1 BImSchG erheblich wären. Da tierschutzrechtliche Regelungen nicht zum Prüfungsmaßstab des § 6 Abs. Nr. 1 BImSchG gehören, vermag die Auffassung der Klägerin zur Legalisierungswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht zu überzeugen.

Für ihr Feststellungsbegehren kann die Klägerin auch nichts daraus herleiten, dass ihre Hennenhaltungsanlage bei Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in materieller Hinsicht die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllte. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Anlage bietet dessen Inhaber keine Gewähr dafür, dass er die Anlage künftig stets so betreiben kann, wie sie genehmigt wurde (NdsOVG, Urt. v. 18.12.2007, a. a. O.; Jarass, BImSchG, 7. Aufl. § 6 Rn. 32). Im Gegensatz zum Baurecht gibt es im Immissionsschutzrecht keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass eine dem Genehmigungsinhaber eingeräumte Rechtsposition trotz nachträglicher Rechtsänderungen im Allgemeinen zu belassen oder nur gegen Entschädigung zu entziehen wären (BVerwG, Urt. v. 18.5.1982, BVerwGE 65, 313, 317; NdsOVG, Urt. v. 18.12.2007, a. a. O.).

Dies gilt nicht nur hinsichtlich der in § 5 BImSchG genannten Grundpflichten, sondern auch für die tierschutzrechtlichen Anforderungen. Enthält eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung - wie hier - keine tierschutzrechtlichen Regelungen, vermittelt sie auch keinen auf tierschutzrechtliche Fragen bezogenen passiven Bestandsschutz. Der an die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts anknüpfende Bestandsschutz reicht - ebenso wie seine Legalisierungswirkung - nicht weiter als der Regelungsinhalt einer Genehmigung. Aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG lässt sich eine weitergehende Legalisierungswirkung nicht ableiten. Nach der angesprochenen Regelung darf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur erteilt werden, wenn "andere öffentlich-rechtliche Vorschriften" der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Zu diesen - weit zu fassenden (siehe Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band I, Stand September 2007, § 6 BImSchG Rn. 23) - anlagenbezogenen Vorschriften gehören auch die tierschutzrechtlichen Normen zur Haltung von Legehennen, wobei der erkennende Senat mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urt. v. 19.3.2007, a. a. O.) und dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Urt. v. 18.12.2007, a. a. O.) mit Blick auf die (verfahrensrechtliche) Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG davon ausgeht, dass die tierschutzrechtlichen Regelungen zur Haltung von Legehennen zu den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen gehören, nicht aber zum gesetzlichen Regelungsinhalt einer Genehmigung. Die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Anforderungen für das Halten von Legehennen ist danach von der Immissionsschutzbehörde unabhängig davon zu prüfen, dass tierschutzrechtlich kein Erlaubnis- oder Gestattungserfordernis besteht (§ 11 Abs. 1 Nr. 3a Tierschutzgesetz); die Bindungswirkung einer erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erstreckt sich jedoch nicht auf tierschutzrechtliche Anforderungen. Dies entspricht dem Charakter der Genehmigung als "umfassende Unbedenklichkeitserklärung" (Dietlein, a. a. O., § 6 Rn. 29 m. w. N.) mit einem nur sehr eingeschränkten (passiven) Bestandsschutz gegenüber nachträglichen Rechtsänderungen.

Da die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Klägerin vom 7.3.1996 keinen Bestandsschutz gegen nachträgliche Änderungen der tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Haltung von Legehennen vermittelt, ist diese nicht auf Dauer berechtigt, ihre Käfighaltungsanlage unter Hinweis auf die Bestandskraft der Genehmigung weiterzubetreiben. Nicht anders als die frühere Hennenhaltungsverordnung enthält die TierSchNutztV Haltungsvorschriften für Legehennen, die nach dem insoweit unverändert gebliebenen Regelungskonzept des Verordnungsgebers ohne weitere Umsetzungsakte von den Tierhaltern zu befolgen sind (VGH BW, a. a. O.); dies gilt auch für die Klägerin. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6.7.1999 (BVerfGE 101, 1) lässt sich in diesem Zusammenhang nichts anderes ableiten. Das Bundesverfassungsgericht hat am Ende seines Urteils ausgeführt, dass sich die Rechtsfolgen der festgestellten Nichtigkeit der Hennenhaltungsverordnung vom 10.12.1987 nach § 79 Abs. 2 BVerfGG richteten. Vorhandene Käfiganlagen, die auf unanfechtbar gewordenen Genehmigungen beruhten, blieben vorbehaltlich besonderer, den Bestandsschutz begrenzender Vorschriften in ihrem Bestand geschützt. Hieraus lässt sich zugunsten der Klägerin jedoch nicht ableiten, dass die nach früherer Rechtslage bestandskräftig genehmigten Käfiganlagen uneingeschränkt weiter genutzt werden dürften. Zum einen gelten die erteilten Genehmigungen nur mit dem Inhalt fort, den sie nach allgemeinen ("einfach-rechtlichen") Grundsätzen haben (VGH BW, Urt. v. 19.3.2007, a.a.O.). Zum anderen war der Verordnungsgeber durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999 nicht etwa gehindert, eine neue Verordnung zu erlassen, um tierschutzrechtlichen Belangen bei der Haltung von Legehennen Rechnung zu tragen.

Zweifel an der Vereinbarkeit der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung der Verordnung mit höherrangigem Recht sind aus Sicht des Senats nicht veranlasst. Soweit die Klägerin im gerichtlichen Verfahren zunächst geltend gemacht hat, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sei formell und materiell verfassungswidrig, hat sie daran - mit Blick auf die nunmehr geltende Fassung der Verordnung - in der mündlichen Verhandlung des Senats nicht mehr festgehalten. Im Hinblick auf die Übergangsfristen des § 33 Abs. 3 und 4 TierSchNutztV lässt sich - trotz der nicht unerheblichen Investitionen der Klägerin - auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das verfassungsrechtliche geschützte Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 31 SächsVerf) oder in andere Grundrechte der Klägerin feststellen.

3. Die gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Anschlussberufung der Klägerin gemäß § 127 VwGO ist unzulässig. weil der Beklagte zu 2. nicht Berufungskläger ist und zwischen dem Beklagten zu 1. und dem Beklagten zu 2. keine notwendige Streitgenossenschaft besteht. Die Zulässigkeit der Anschlussberufung nach § 127 VwGO ist mit der Berufung eng verbunden und nur innerhalb einer fremden Berufung zulässig; sie ist deshalb in der Regel nur zwischen Prozessbeteiligten des Berufungsverfahrens möglich. Richtet sich die Anschlussberufung - wie hier - gegen einen Dritten, ist sie nur statthaft, wenn dieser notwendiger Streitgenosse des Berufungsklägers ist (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. § 127 Rn. 11). Eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 64 VwGO i. V. m. § 62 ZPO ist gegeben, wenn das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen nur einheitlich festgestellt werden kann oder die Streitgenossenschaft aus sonstigen Gründen eine notwendige ist. Die Notwendigkeit zu einer gegenüber den Streitgenossen einheitlichen Entscheidung kann bestehen, wenn die Rechtskraft des Urteils allen Streitgenossen gegenüber wirken muss oder wenn eine Identität des Streitgegenstandes vorliegt (v. Albedyll, in Bader, VwGO, 3. Aufl., § 64, Rn. 10). Notwendige Streitgenossenschaft ist auch anzunehmen, wenn nur alle Kläger bzw. Beklagte gemeinsam prozessführungsbefugt sind. Keiner der angesprochenen Fälle der notwendigen Streitgenossenschaft liegt hier vor. Die Klage gegen den Beklagten zu 1. betrifft primär Inhalt und Umfang der bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 7.3.1997, während mit der Klage gegen den Beklagten zu 2. vorbeugender Rechtsschutz gegenüber Anordnungen nach § 16a Tierschutzgesetz begehrt wird. Aus dem Umstand, dass Inhalt und Reichweite der angesprochenen Genehmigung auch bei der Klage gegen den Beklagten zu 2. bedeutsam sind, ergibt sich nicht, dass das Urteil zu der Klage gegen den Beklagten zu 1. notwendig gegen und für den Beklagten zu 2. wirken muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.

Beschluss vom 19. Februar 2008

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000 € festgesetzt (§ 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG). Hierbei orientiert sich der Senat am jährlichen Gewinn der Klägerin.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück