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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 02.06.2009
Aktenzeichen: 5 A 169/08
Rechtsgebiete: SächsKAG, BauGB


Vorschriften:

SächsKAG § 3 Abs. 3
BauGB § 135 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 A 169/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abwasserbeitrags; Stundung wegen landwirtschaftlicher Nutzung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 2. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 22. Januar 2008 - 2 K 2457/04 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.961,23 € festgesetzt.

Gründe:

Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 22.1.2008 hat keinen Erfolg. Aus dem Antragsvorbringen ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Auch die geltend gemachte Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die auf die Verpflichtung des Beklagten zur teilweisen Stundung eines Abwasserbeitrags gerichtete Klage vom 7.10.2004 abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht die "weitergehende" Stundung des bestandskräftig festgesetzten Abwasserbeitrags in Bezug auf die mit einem Wohnhaus nebst Garagen bebaute Teilfläche des klägerischen Grundstücks, auf der sich auch die Zufahrt und der Hausgarten befinde, abgelehnt. Bei bebauten Teilflächen eines Grundstückes setze die Stundung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Sächsisches Kommunalabgabengesetz - SächsKAG - voraus, dass die Bebauung ausschließlich der landwirtschaftlichen Nutzung diene. Dies sei hier deshalb nicht der Fall, weil dieser Grundstücksteil unstrittig auch für die privaten Wohnzwecke des Klägers genutzt werde.

1.

Der Kläger wendet dagegen unter dem Gesichtspunkt der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Wesentlichen ein, dass das Verwaltungsgericht die Formulierung "ausschließlich" in § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SächsKAG rechtsfehlerhaft ausgelegt habe. Dieser Vortrag greift nicht durch. Er ist nicht geeignet, den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu stützen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen dann, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so infrage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (SächsOVG, Beschl. v. 12.11.2007 - 5 B 247/07 -, st. Rspr.).

Dies ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht Dresden hat zu Recht angenommen, dass § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SächsKAG eine Stundung für bebaute Teilflächen eines Grundstückes nur dann gestattet, wenn die Bebauung ausschließlich der landwirtschaftlichen Nutzung dient. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig und unmissverständlich. "Ausschließlich" bedeutet nach seinem Wortsinn "alleinig", "lediglich", "nur" oder "uneingeschränkt". Eine private Mitnutzung dieses Grundstücksteils zu Wohnzwecken, als Hausgarten oder ähnliches schließt mithin die Stundung aus. Die bebauten Teilflächen des Grundstücks, für welche der Kläger eine weitergehende Stundung begehrt, dienen nicht ausschließlich der landwirtschaftlichen Nutzung. Dies ist zwischen den Beteiligten unstrittig.

Der Kläger geht fehl, wenn er meint, dass die Formulierung "ausschließlich" an dieser Stelle nur auf den Gegensatz zwischen baulicher und gewerblicher Nutzung im Sinne des § 133 Baugesetzbuch - BauGB- und landwirtschaftlicher Nutzung im Sinne des § 135 BauGB hinweisen solle, denn § 3 Abs. 3 SächsKAG verhält sich nur zur Stundung bei einer landwirtschaftlichen Nutzung und erwähnt weder § 133 BauGB noch die gewerbliche Nutzung. Die Formulierung "ausschließlich" kann daher nur auf die landwirtschaftliche Nutzung als solche bezogen sein.

Dieses Verständnis der hier maßgeblichen Vorschrift wird schließlich durch seine Entstehungsgeschichte bestätigt. In der Begründung des insoweit wortgleichen Gesetzesentwurfes der Staatsregierung für ein Sächsisches Kommunalabgabengesetz wird zu § 3 SächsKAG ausgeführt, dass dessen dritter Absatz besondere Stundungsbestimmungen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe enthalte. Sodann heißt es wörtlich: "Die Regelung ist den Vorschriften des § 135 Abs. 4 des Baugesetzbuches und des § 10 Abs. 10 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Baden-Württemberg nachgebildet. Von dem Anspruch auf Stundung werden sowohl land- und forstwirtschaftliche Anbauflächen als auch der Wirtschaftteil der Hofstelle erfaßt. Nicht begünstigt sind die Wohnteile und anderweitig genutzten Teile der Hofstelle." (LTDrS 1/2843). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber das Problem einer nicht landwirtschaftlichen Nutzung bzw. Mitnutzung der Hofstellen nicht nur gesehen, sondern durch die wörtliche Übernahme des § 10 Abs. 10 Satz 2 Nr. 1 des Kommunalabgabengesetzes von Baden-Württemberg in der damals gültigen Fassung gerade der Lösung zuführen wollte, dass ein Stundungsanspruch bei bebauten Teilflächen eines Grundstücks nur bei ausschließlicher landwirtschaftlicher Nutzung besteht.

2.

Die Rechtssache hat auch nicht die vom Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung. Der Kläger geht zwar davon aus, dass die Frage der Stundungsmöglichkeit für bebaute Teilflächen, auf denen sich die "Betriebsleiterwohnung eines landwirtschaftlichen Familienbetriebes" befinde, über den Einzelfall hinausreiche und in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden könne. Dieser Vortrag erfüllt die Voraussetzungen für den geltend gemachten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO jedoch nicht.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Sinne der Rechtseinheit der Klärung bedarf. (Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl., § 124 Rn. 10). Die vom Kläger aufgeworfene Frage könnte zwar, wie der Kläger vorträgt, eine große Zahl von bäuerlichen Wiedereinrichtungsbetrieben betreffen. Sie ist indessen nicht klärungsbedürftig, weil sie sich aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig beantworten lässt. Der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf es hierfür nicht (vgl. auch Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl., § 132 Rn. 10 m. w. N.). 3.

Schließlich liegt auch die behauptete Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) nicht vor. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.8.1996 (BVerwGE 101, 382 ff.), von der das Verwaltungsgericht Dresden abgewichen sein soll, ist zu den Stundungsvoraussetzungen des § 135 Abs. 4 BauGB ergangen. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall nicht anzuwenden und kann eine Divergenzrüge folglich nicht tragen (BVerwG, Beschl. v. 7.3.1960 - VIII B 5.60 -, NJW 1960, 979). Die hier streitentscheidende Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SächsKAG und § 135 Abs. 4 BauGB befassen sich zwar letztlich beide mit der Stundung von Beiträgen für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Der Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SächsKAG ist indessen mit der vom Bundesverwaltungsgericht näher beleuchteten Vorschrift des § 135 Abs. 4 BauGB gerade nicht identisch, sondern beschränkt die Stundung auf Fälle einer "ausschließlichen" landwirtschaftlichen Nutzung eines bebauten Grundstücks oder Grundstücksteils. Dagegen setzt eine Stundung von Erschließungsbeiträgen gemäß § 135 Abs. 4 BauGB nur die "landwirtschaftliche Nutzung" des Grundstücks, nicht hingegen eine ausschließliche landwirtschaftliche Nutzung voraus. Von daher kann die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.8.1996 zu § 135 Abs. 4 BauGB für die Anwendung und Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SächsKAG nicht fruchtbar gemacht werden (vgl. zur Divergenzrüge bei unterschiedlichen Normen mit gleichem Regelungsgehalt Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl., § 132 Rn. 15 m. w. N.; zur Divergenz bei der Anwendung einer im Wortlaut abweichenden Nachfolgeregelung BayVGH, Beschl. v. 23.8.2007 - 14 ZB 07.1334 - juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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